Entscheidungsdatum
26.01.2023Norm
BAO §4 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch RA B, ***, ***, vom 28. Dezember 2020 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 23. November 2020, Zl. ***, mit welchem die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 13. März 2019, Zl. ***, betreffend Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** erhobenen Berufung dieser ersatzlos behoben wird.
2. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Sachverhalt:
1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:
1.1.1.
Mit Kaufvertrag vom 22. März 2001 erwarb Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) von der Gemeinde *** das aus Einlagezahl *** des Grundbuches *** im Teilungpslan des C vom 12. Februar 2001, GZ. ***, neu aufgestellte Grundstück Nr. *** Baufläche und Wald im Ausmaß von 3.000 m². In § 3 des Kaufvertrages findet sich folgende Bestimmung:
„Bei der Vorschreibung der Aufschließungsabgabe wird vereinbart, dass für die Fläche der bestehenden Bodenschutzanlage keine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben wird und dass für die Berechnung der Aufschließungsabgabe der Einheitssatz bei der Errechnung herangezogen wird, der im Jahre 2000 - im Zeitpunkt des Kaufansuchens - gegolten hat. Die vertragsgegenständliche Liegenschaft liegt im Bauland-Betriebsgebiet. Dem Käufer ist daher auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft eine Tierhaltung gestattet, die
über die übliche Haltung von Haustieren nicht hinausgeht.“
1.1.2.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 8. Oktober 2001, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Lagerhalle und eines Pferdestalles auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) erteilt.
Mit Schreiben vom 26. Jänner 2009 wurde eine Fertigstellungsmeldung nach der NÖ Bauordnung 1996 für dieses bewilligte Bauvorhaben erstattet.
1.1.3.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 23. September 2003, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) erteilt.
Mit Schreiben vom 10. Mai 2007 wurde eine Fertigstellungsmeldung nach der NÖ Bauordnung 1996 für dieses bewilligte Bauvorhaben erstattet.
1.1.4.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 10. Dezember 2007, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Lagerhalle und eines überdachten Abstellplatzes auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) erteilt.
Mit Schreiben vom 4. April 2013 wurde eine Fertigstellungsmeldung nach der NÖ Bauordnung 1996 für dieses bewilligte Bauvorhaben erstattet.
1.1.5.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 16. Februar 2011, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines überdachten Mistplatzes auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, 24***) erteilt.
Mit Schreiben vom 12. April 2013 wurde eine Fertigstellungsmeldung nach der NÖ Bauordnung 1996 für dieses bewilligte Bauvorhaben erstattet.
1.1.6.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2020 beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung für die Errichtung einer Überdachung auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***).
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Juni 2020, Zl. ***, wurde die Errichtung einer Überdachung auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) bewilligt. Gleichzeitig wurde das Grundstück Nr. *** KG *** gemäß § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 11 NÖ Bauordnung 2014 für die Fläche zum Bauplatz erklärt, die im Bauland liegt. Dieser Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs in Rechtskraft.
1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:
1.2.1.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 2. Oktober 2020, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 eine Aufschließungsabgabe im Betrag von € 37.893,66 vorgeschrieben. Begründend wird unter Wiedergabe der Bestimmung des § 38 NÖ Bauordnung 2014 dargelegt, dass die Gemeinde gesetzlich dazu verpflichtet sei, aus Anlass der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage einen Beitrag des Grundeigentümers zu den Kosten der Verkehrsaufschließung des Bauplatzes einzuheben. Die Aufschließungsabgabe sei gemäß § 38 Abs. 3 NÖ Bauordnung aus dem Produkt von Berechnungslänge, Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz errechnet worden. Der Einheitssatz betrage gemäß der Verordnung des Gemeinderates € 550,- betragen. Die Berechnung der Aufschließungsabgabe stelle sich demnach wie folgt dar:
Bauplatz Nr. Fläche Berechnungslänge BKK Einheitssatz Aufschließungsabgabe
*** 3.038 m² 55,1181 1,25 € 550,00 € 37.893,66
1.2.2.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass er beantrage, den Bescheid vom 2. Oktober 2020, Zl. *** aufzuheben und auf Basis des Kaufvertrages zu bestimmen. Zeitgleich beantrage er, ihm die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da offensichtlich dieser Abgabenbescheid gegen die Kaufvereinbarung verstoße.
1.2.3.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 23. November 2020, Zl. ***, wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften dargelegt, dass das Grundstück Nr. ***, KG *** im Rahmen des rechtskräftigen Bescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Juni 2020, Zl *** zum Bauplatz erklärt worden sei. Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 2. Oktober 2020, Zl. ***, sei für das Grundstück ***, KG ***, für eine Fläche von 3.038 m² eine Aufschließungsabgabe in Hohe von € 37.893.66 vorgeschrieben worden. Die Behörde sei verpflichtet gewesen, eine Abgabenvorschreibung gemäß der NÖ Bauordnung 2014 durchzuführen. Eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien über Abgaben habe hier keine Anwendung zu finden.
1.2.4.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2020 brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** ein und begründete diese im Wesentlichen wie seine Berufungsschrift vom 19. Oktober 2020.
1.2.5.
Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 22. Februar 2022, LVwG-AV-129/002-2021, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Mit Erkenntnis vom 23. August 2022, Zl. ***, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich auf und führte begründend im Wesentlichen aus, dass der Grundsatz der Einmaligkeit einem weiteren Anfall der Abgabe auch dann entgegenstehe, wenn der Abgabentatbestand bereits in der Vergangenheit verwirklicht wurde, die Abgabe aber nicht vorgeschrieben wurde und nunmehr Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Von der Behörde und vom Verwaltungsgericht seien dazu Erhebungen vorzunehmen und Feststellungen zu treffen, ob bereits früher entsprechende Abgabenansprüche (und - gegebenenfalls - in welcher Höhe) entstanden waren.
1.4. Fortgesetztes Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:
Vom erkennenden Gericht wurde für den 24. November 2022 eine mündliche Verhandlung anberaumt, in deren Verlauf von der Beschwerdeführervertreterin Unterlagen (Fertigstellungsmeldungen zum Einfamilienhaus und Pferdestalles) vorgelegt. Von Seiten des Vertreters der belangten Behörde wurde ausgeführt, dass die erstmalige Bauplatzerklärung mit Bescheid vom 15. Juni 2020 erfolgt sei. Es bleibe daher bei der vertretenen Rechtsansicht, dass bislang keine förmliche Bauplatzerklärung stattgefunden hat, obwohl dies grundsätzlich möglich gewesen wäre.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Marktgemeinde *** und durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.
1.5. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahre 2001 grundbücherlicher Eigentümerin des Grundstückes Nr. *** KG ***, welches die topographische Anschrift ***, ***, aufweist:
[Abweichend vom Original – Bilder nicht wiedergegeben]
„…
…“
(Quelle: imap Geodaten des Landes Niederösterreich, Abfrage vom 21. Jänner 2021)
Gemäß dem geltenden Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde *** weist das gegenständliche Grundstück eine Widmung als Bauland-Betriebsgebiet auf.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 8. Oktober 2001, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Lagerhalle und eines Pferdestalles auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) erteilt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 23. September 2003, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) erteilt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 10. Dezember 2007, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Lagerhalle und eines überdachten Abstellplatzes auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) erteilt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 16. Februar 2011,
Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines überdachten Mistplatzes auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) erteilt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Juni 2020, Zl. ***, wurde die Errichtung einer Überdachung auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) bewilligt. Gleichzeitig wurde das Grundstück Nr. *** KG *** erstmals gemäß § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 11 NÖ Bauordnung 2014 für die Fläche zum Bauplatz erklärt, die im Bauland liegt.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 2. Oktober 2020, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 erstmals eine Aufschließungsabgabe im Betrag von € 37.893,66 vorgeschrieben.
1.6. Beweiswürdigung:
Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen (s.o. Punkt 1.5.) nicht entgegentritt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung (BAO) idF BGBl. I Nr. 99/2020:
§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
2.2. NÖ Bauordnung 2014 idF LGBl. 52/2018:
Aufschließungsabgabe
§ 38. (1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2
1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder
2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2, 3 und 5 erteilt wird.
Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am 1. Jänner 1970 und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Die Aufschließungsabgabe nach Z. 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3, vorletzter Satz, bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude im Sinn des § 23 Abs. 3 erster Satz oder eine großvolumige Anlage errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben. …
(3) Die Aufschließungsabgabe (A) ist eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Sie wird aus dem Produkt von Berechnungslänge (BL), Bauklassenkoeffizient (BKK) und Einheitssatz (ES) errechnet:
A = BL x BKK x ES
Bei der Vorschreibung ist jeweils der zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung oder Erteilung der Baubewilligung (Abs. 1) geltende Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz anzuwenden. …
(4) Die Berechnungslänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates:
Bauplatzfläche = BF BL =
(5) Der Bauklassenkoeffizient beträgt:
in der Bauklasse I 1,00 und
bei jeder weiteren zulässigen Bauklasse um je 0,25 mehr,
in Industriegebieten ohne Bauklassenfestlegung 2,00
bei einer Geschoßflächenzahl
o bis zu 0,8 1,5
o bis zu 1,1 1,75
o bis zu 1,5 2,0 und
o bis zu 2,0 2,5
Ist eine höchstzulässige Gebäudehöhe festgelegt, ist der Bauklassenkoeffizient von jener Bauklasse abzuleiten, die dieser Gebäudehöhe entspricht.
Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25 sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.
2.3. NÖ Bauordnung 1996 idF LGBl. 8200-11:
Bauplatz, Bauverbot
§ 11. (1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das
1. hiezu erklärt wurde oder
2. durch eine vor dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte Änderung von Grundstücksgrenzen geschaffen wurde und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder
3. durch eine nach dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte oder angezeigte Änderung von Grundstücksgrenzen ganz oder zum Teil aus einem Bauplatz entstanden ist und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder
4. am 1. Jänner 1989 bereits als Bauland gewidmet und mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil, ausgenommen solche nach § 15 Abs. 1 Z. 1, § 17 Abs. 1 Z. 9 und § 23 Abs. 3 letzter Satz, bebaut war.
(2) Auf Antrag des Eigentümers ist ein Grundstück im Bauland zum Bauplatz zu erklären, wenn es
1. a) an eine bestehende oder im Flächenwidmungsplan vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche unmittelbar angrenzt oder
b) mit einer solchen durch eine Brücke verbunden ist oder verbunden werden kann oder
c) mit einem im Grundbuch sichergestellten Fahr- und Leitungsrecht, das dem Bebauungsplan nicht widerspricht, verbunden wird oder
d) die Widmung Bauland-Sondergebiet aufweist und durch eine im Flächenwidmungsplan vorgesehene im Eigentum des Bauplatzeigentümers stehende private Verkehrsfläche mit einer öffentlichen Verkehrsfläche verbunden ist,
2. aufgrund seiner Gestalt, Beschaffenheit und Größe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und den Festlegungen im Bebauungsplan bebaut werden darf,
3. nicht in einer Aufschließungszone (§ 75) liegt, und wenn
4. die Bauplatzerklärung dem Zweck einer Bausperre (§ 74 Abs. 4 oder § 23 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz, LGBl. 8000) nicht widerspricht, oder
5. die Aufschließung des Grundstücks zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht unwirtschaftliche Aufwendungen für öffentliche Einrichtungen auf dem Gebiete des Straßenbaues, der Wasserversorgung oder der Abwasserbeseitigung wegen seiner Entfernung von bereits aufgeschlossenem Gebiet zur Folge hat.
Verliert ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück, das weder mit einem Gebäude noch mit einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) bebaut ist, durch Umwidmung nach den Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, die Baulandwidmung, erlischt die Bauplatzerklärung.
Aufschließungsabgabe
§ 38. (1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2
1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder
2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2 und 3, für den kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag oder keine entsprechende Abgabe vorgeschrieben und entrichtet worden ist, erteilt wird. Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am 1. Jänner 1970 und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Die Aufschließungsabgabe nach Z. 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3, letzter Satz, bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben. …
(3) Die Aufschließungsabgabe (A) ist eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2007. Sie wird aus dem Produkt von Berechnungslänge (BL), Bauklassenkoeffizient (BKK) und Einheitssatz (ES) errechnet:
A = BL x BKK x ES
Bei der Vorschreibung ist jeweils der zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung oder Erteilung der Baubewilligung (Abs. 1) geltende Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz anzuwenden. …
(4) Die Berechnungslänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates:
Bauplatzfläche = BF BL =
(5) Der Bauklassenkoeffizient beträgt:
in der Bauklasse I 1,00 und
bei jeder weiteren zulässigen Bauklasse um je 0,25 mehr, in Industriegebieten
ohne Bauklassenfestlegung 2,00
bei einer Geschoßflächenzahl
o bis zu 0,8 1,5 o bis zu 1,1 1,75 o bis zu 1,5 2,0 und o bis zu 2,0 2,5
Ist eine höchstzulässige Gebäudehöhe festgelegt, ist der Bauklassenkoeffizient
von jener Bauklasse abzuleiten, die dieser Gebäudehöhe entspricht.
Wird eine Aufschließungsabgabe aufgrund einer Bauplatzerklärung (Abs. 1 Z. 1) vorgeschrieben und ist für das Grundstück keine
* Bebauungshöhe (Bauklasse) oder Geschoßflächenzahl oder
* höchstzulässige Gebäudehöhe
festgelegt, ist bei der Berechnung kein Bauklassenkoeffizient anzuwenden:
A = BL x ES
Erfolgt die Vorschreibung nach Abs. 1 Z. 1 im Zusammenhang mit einer Baubewilligung oder
* nach Abs. 1 Z. 2 und ist keine
* Bebauungshöhe oder Geschoßflächenzahl oder
* höchstzulässige Gebäudehöhe
festgelegt, dann ist der Bauklassenkoeffizient von der bewilligten Höhe des Gebäudes oder der großvolumigen Anlage abzuleiten; z.B. Höhe entspricht der Bauklasse II = Bauklassenkoeffizient 1,25:
A = BL x 1,25 x ES
Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25 sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.
(6) Der Einheitssatz ist die Summe der durchschnittlichen Herstellungskosten einer 3,00 m breiten Fahrbahnhälfte,
* eines 1,25 m breiten Gehsteiges,
* der Oberflächenentwässerung und der Beleuchtung der Fahrbahnhälfte und des Gehsteiges
pro Laufmeter. Dabei ist für die Fahrbahn eine mittelschwere Befestigung einschließlich Unterbau und für Fahrbahn und Gehsteig eine dauernd staubfreie Ausführung vorzusehen. Der Einheitssatz ist mit Verordnung des Gemeinderates festzusetzen.
2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) idF BGBl. I Nr. 109/2021:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist begründet.
3.1.1.
In der Sache ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungen außer Streit stehen.
Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Frage reduzieren, ob im Lichte des Einmaligkeitsgrundsatzes eine Aufschließungsabgab anlässlich der Bauführung im Jahre 2020 erfolgen durfte.
3.1.2.
Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.
3.1.3.
Gemäß § 38 Abs. 1 Zif. 1 NÖ Bauordnung 2014 ist dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt wurde.
Die - erstmalige - Erklärung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes zum Bauplatz erfolgte mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Juni 2020, Zl. ***, in dem die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Überdachung auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) bewilligt wurde.
Der Zeitpunkt, zu dem sich der Abgabentatbestand des § 38 Abs. 1 Zif. 1 NÖ Bauordnung 2014 verwirklicht hat, ist der Zeitpunkt der Rechtskraft des Bescheides über die Bauplatzerklärung (vgl. VwGH 2008/17/0095 und VwGH Ro 2014/17/0026, zur wortidenten Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1996). Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist für die Frage der Verpflichtung zur Entrichtung einer Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 wegen rechtskräftiger Bauplatzerklärung ohne Bedeutung, ob das Grundstück überhaupt zum Bauplatz zu erklären gewesen wäre. Diese Frage wäre in dem Verfahren zur Bauplatzerklärung zu klären gewesen, nicht jedoch nach Eintritt der Rechtskraft des Bauplatzerklärungsbescheides in dem Verfahren betreffend die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 (vgl. VwGH 2002/17/0067 und VwGH 2000/17/0259). Die Vorschreibung einer Abgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z 1. NÖ Bauordnung 2014 auf Grund der Bauplatzerklärung konnte somit grundsätzlich unabhängig davon erfolgen, ob das Grundstück zuvor bereits ein Bauplatz war.
3.1.4.
Nach der nunmehr vom Verfassungsgerichtshof zu Bestimmungen, die den Grundsatz der Einmaligkeit bei der Vorschreibung einer bestimmten Abgabe normieren, vertretenen Auffassung sind davon auch Beiträge erfassen, die nicht entrichtet worden sind, weil sie verjährt sind (vgl. VfGH 4. März 1997, Slg. Nr. 14.779). Diese Berücksichtigung von verjährten Abgabenansprüchen im Zusammenhang mit dem positivierten Grundsatz der Einmaligkeit hat nur insofern zu erfolgen, als es sich nicht um einen neuen Abgabentatbestand handelt. Diese Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bedeutet, dass nur dann, wenn die Abgabenvorschreibung auf Grund eines nach dem allfälligen Eintritt der Verjährung neu geschaffenen Abgabentatbestandes erfolgt, trotz des Grundsatzes der Einmalbesteuerung eine Abgabenvorschreibung erfolgen kann, obwohl allenfalls für dasselbe Grundstück früher bereits ein Abgabenanspruch betreffend dieselbe Abgabe (aber auf Grund eines anderen, die Abgabepflicht auslösenden Sachverhalts, insofern also auf Grund eines "anderen Tatbestands") entstanden war, jedoch infolge Nichtvorschreibung und damit eingetretener Verjährung es nicht zu einer Abgabenentrichtung gekommen ist.
Im Beschwerdefall erfolgte die Vorschreibung der Abgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 aus Anlass der Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz. Dieser Tatbestand war jedoch bereits in § 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 enthalten. Es handelt sich somit nicht um einen "neuen Abgabentatbestand" im Sinne der erwähnten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes. Von einem "neuen Abgabentatbestand" spricht der Verfassungsgerichtshof, wenn eine bestimmte Abgabe bei Vorliegen verschiedener Tatbestände vorgeschrieben werden kann und einer dieser Tatbestände, der die Abgabenpflicht auslöst, "neu" ist (VfSlg. 14.779/1997: ", weil durch die Neuregelung im Verhältnis zur Vorläuferfassung ein neuer Abgabentatbestand geschaffen worden war"). In einem solchen Fall steht nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine Verjährung der Abgabe der Vorschreibung auf Grund der Verwirklichung jenes Sachverhaltes, der nach der neuen Fassung des Gesetzes (zusätzlich) die Abgabenpflicht auslöst, nicht entgegen. Diese Differenzierung hat zur Folge, dass es nicht schlechthin darauf ankommt, ob Verjährung hinsichtlich der in Rede stehenden Abgabe eingetreten ist, sondern darauf, ob zu den früher schon geregelten Tatbeständen, die die Abgabenpflicht (hinsichtlich ein und derselben Abgabe) auslösten, ein weiterer Tatbestand, bei dessen Vorliegen diese (selbe) Abgabe vorgeschrieben werden kann, hinzugetreten ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon zu § 14 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1976 vertreten hat, bezieht sich der Grundsatz der Einmaligkeit, wie er seinerzeit in
§ 14 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1976 normiert war und nunmehr in § 38 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 verankert ist, auf "Aufschließungsleistungen" schlechthin (vgl. VwGH 83/17/0221, VwGH 84/17/0154 und VwGH 94/17/0277). Der Einmaligkeitsgrundsatz nach § 38 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1996 erfasst daher alle Aufschließungsleistungen, wie sie früher u.a. in den §§ 14 und 15 NÖ BauO 1976 vorgesehen waren. Es ist insofern unerheblich, ob die Entrichtung der Abgabe auf Grund einer Vorschreibung wegen des ersten oder wegen des zweiten Tatbestandes in § 14 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 erfolgte. Die Berücksichtigung unter dem Gesichtspunkt der Einmaligkeit hat in beiden Fällen zu erfolgen. Bei der nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 11. März 2004, B 1528/01) erforderlichen Berücksichtigung einer allenfalls eingetretenen Verjährung bewirkt dies, dass eine eingetretene Verjährung jedenfalls zu berücksichtigen ist, gleichgültig, ob die Abgabenpflicht seinerzeit auf Grund der Verwirklichung desselben Sachverhaltes, der aktuell die Abgabepflicht auslöste (im Beschwerdefall: die Bauplatzerklärung) oder auf Grund eines anderen Sachverhaltes eingetreten ist.
Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall bereits die Erteilung der Baubewilligung im Jahre 2001 zur Erfüllung eines Abgabentatbestandes im Zusammenhang mit der Vorschreibung von Aufschließungsbeiträgen geführt hatte und dieser früher entstandene Abgabenanspruch der nunmehrigen Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe entgegensteht, selbst wenn diese Abgabe nicht entrichtet worden ist und der Abgabenanspruch nunmehr verjährt ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.1.5. Ergänzendes:
Gemäß § 39 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 ist eine Ergänzungsabgabe (auch) vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 eine Baubewilligung für den Neu- oder Zubau eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage erteilt wird und bei einer Grundabteilung (§ 10 Abs. 1 NÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 166/1969, und NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200) nach dem 1. Jänner 1970 ein Aufschließungsbeitrag bzw. nach dem 1. Jänner 1989 eine Ergänzungsabgabe oder bei einer Bauplatzerklärung eine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben und bei der Berechnung kein oder ein niedrigerer Bauklassenkoeffizient als jener, der der nunmehr höchstzulässigen Bauklasse oder Gebäudehöhe entspricht, angewendet wurde.
Die Ergänzungsabgabe ist aus diesem Anlass auch dann vorzuschreiben, wenn bei einem bebauten Bauplatz noch nie ein Aufschließungsbeitrag, eine Aufschließungsabgabe oder eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben wurde.
Von dem zur Zeit der den Abgabentatbestand auslösenden Baubewilligung (§ 23) anzuwendenden Bauklassenkoeffizienten war daher der bei der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages bzw. der Aufschließungsabgabe oder der Ergänzungsabgabe angewendete Bauklassenkoeffizient – mindestens jedoch 1 – abzuziehen und die Differenz mit der Berechnungslänge (abgeleitet vom Ausmaß des Bauplatzes zur Zeit der den Abgabentatbestand auslösenden Baubewilligung) und dem zur Zeit dieser Baubewilligung geltenden Einheitssatz zu multiplizieren.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.
Schlagworte
Finanzrecht; Aufschließungsabgabe; Abgabenanspruch; Abgabenfestsetzung; Bauplatzerklärung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2023:LVwG.AV.129.007.2021Zuletzt aktualisiert am
02.03.2023