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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
EStG 1988 §4 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom 30. November 1992, 13/76/2-BK/Ko-1992, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Wirtschaftstreuhänder, ermittelte den Gewinn aus seinem Einzelunternehmen bis zum 31. Dezember 1988 gemäß § 4 Abs 3 EStG 1972. Mit Wirkung ab 1. Jänner 1989 ging er zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG 1988 über. Für das Streitjahr erklärte er sowohl einen Übergangsgewinn als auch einen laufenden Gewinn. Zu Lasten des laufendes Gewinnes machte er eine Investitionsrücklage im höchstzulässigen Ausmaß geltend.
Strittig ist, ob die vom Beschwerdeführer gebildete Investitionsrücklage im Verhältnis des Übergangsgewinnes zum laufenden Gewinn aufzuteilen und somit der Übergangsgewinn zu verringern, der laufende Gewinn jedoch zu erhöhen ist; in eventu, ob im Weg einer Bilanzänderung auf die gebildete Investitionsrücklage verzichtet werden darf.
Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, der nach § 4 Abs 10 EStG 1988 zu ermittelnde Übergangsgewinn stelle einen Bestandteil des vom Beschwerdeführer im Streitjahr erzielten Gewinnes im Sinn des § 9 Abs 1 leg cit dar, der für das Ausmaß der zu bildenden Investitionsrücklage maßgeblich sei. Die Nichtberücksichtigung einzelner Gewinnbestandteile (Sanierungsgewinn, Gewinn aus einer Teilbetriebsveräußerung sowie aus der Auflösung von Investitionsrücklagen) sei unzulässig, weil dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, er wolle dem Begriff "Gewinn" im § 4 Abs 1 und § 9 Abs 1 EStG 1988 jeweils andere Bedeutungen zumessen. Die vom Beschwerdeführer gebildete Investitionsrücklage sei daher (verhältnismäßig) nicht nur beim laufenden Gewinn, sondern auch beim Übergangsgewinn zu berücksichtigen. Nach § 4 Abs 2 EStG 1988 sei eine Bilanzänderung nur zulässig, wenn sie wirtschaftlich begründet sei. Der Beschwerdeführer erblicke die wirtschaftlichen Gründe für den Verzicht auf die gebildete Investitionsrücklage darin, daß diese nunmehr auch den Übergangsgewinn kürze. Von wirtschaftlichen Gründen könne daher keine Rede sein. Vielmehr seien steuerliche Gründe für die beantragte Bilanzänderung maßgeblich. Überdies habe der Beschwerdeführer trotz der von ihm für das Jahr 1992 geplanten, jedoch nicht durchgeführten Investitionen, auch in den Folgejahren Investitionsrücklagen im höchstzulässigen Ausmaß gebildet. Der beantragten Bilanzänderung könne daher nicht zugestimmt werden.
Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, der nach § 4 Abs 10 EStG 1988 zu ermittelnde Übergangsgewinn stelle ebenso wie ein Sanierungsgewinn und ein Gewinn aus einer Teilbetriebsveräußerung einen Sondergewinn dar, der, das Schicksal des laufenden Gewinnes nicht teilend, einer tariflichen Sonderbestimmung unterliege. Der Übergangsgewinn sei daher keineswegs als Gewinn im Sinn des § 9 Abs 1 EStG 1988, der für das Ausmaß der zu bildenden Investitionsrücklage maßgeblich sei, anzusehen. Es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, daß ein dem Hälftesteuersatz des § 37 EStG 1988 unterliegender Übergangsgewinn durch eine Investitionsrücklage verringert werde, im Fall der eventuell nachfolgend gewinnerhöhenden Auflösung diese Investitionsrücklage jedoch dem Normalsteuersatz des § 33 EStG 1988 unterliege. Es sei daher unzulässig, die gebildete Investitionsrücklage (verhältnismäßig) auch beim Übergangsgewinn zu berücksichtigen. Für die Bilanzänderung seien primär wirtschaftliche Gründe maßgeblich gewesen. Er habe nämlich die Absicht gehabt, das Nachbarhaus zu erwerben und anschließend rund 12 Mio S zu investieren. Im Jahr 1992 habe sich jedoch herausgestellt, daß er das Nachbarhaus nicht erwerben könne, weswegen er auf die Bildung einer Investitionsrücklage im Streitjahr verzichtet habe. Die in den Folgejahren gebildeten Investitionsrücklagen hätten keinen Einfluß auf den nunmehrigen Verzicht auf die Investitionsrücklage im Streitjahr, zumal wegen seines zunehmenden Raumbedarfes nach wie vor Erweiterungsinvestitionen geplant seien. Es sei richtig, daß auch steuerliche Gründe für die beantragte Bilanzänderung maßgeblich gewesen seien, um so sowohl ihm als auch der Abgabenbehörde ein kosten- und zeitaufwendiges Verfahren zu ersparen. Der beantragten Bilanzänderung sei daher zuzustimmen, woraus sich steuerliche Konsequenzen für das Streitjahr ergäben.
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs 1 EStG 1988 in der ursprünglichen Fassung bemißt sich die Investitionsrücklage nicht allein vom Gewinn. Das Gesetz sieht vielmehr einen adaptierten Gewinn als Berechnungsgrundlage vor, nämlich einen solchen, bei dem zwar alle anderen Betriebsausgaben, nicht aber die Gewerbesteuer und ein gewinnmindernd in Anspruch genommener Investitionsfreibetrag berücksichtigt sind. Nichts weist darauf hin, daß damit das Ausmaß der zu bildenden Investitionsrücklage nicht erschöpfend umschrieben wäre und etwa einzelne Gewinnbestandteile (Sanierungsgewinn, Gewinn aus einer Teilbetriebsveräußerung sowie aus der Auflösung von Investitionsrücklagen) aus der Bemessungsgrundlage für die Investitionsrücklage auszuscheiden wären. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. Juni 1987, 86/14/0194, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz verwiesen wird, ausgeführt hat, gehört auch ein Beteiligungsgewinn, unabhängig davon, ob im Beteiligungsunternehmen eine Investitionsrücklage gebildet worden ist, zum Gewinn des Steuerpflichtigen und damit zur Bemessungsgrundlage für die Investitionsrücklage. Dem Begriff "Gewinn" im § 4 Abs 1 und § 9 Abs 1 EStG 1988 kann daher - wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat - keine jeweils andere Bedeutung zugemessen werden. Im nach § 9 Abs 1 EStG 1988 zu adaptierenden Gewinn ist somit auch der vom Beschwerdeführer erzielte Übergangsgewinn enthalten, weswegen die belangte Behörde nicht rechtswidrig vorgegangen ist, wenn sie die vom Beschwerdeführer gebildete Investitionsrücklage im Verhältnis des Übergangsgewinnes zum laufenden Gewinn aufgeteilt und somit den Übergangsgewinn verringert, den laufenden Gewinn jedoch erhöht hat. Daran vermag der Hinweis des Beschwerdeführers, eine eventuell nachfolgend gewinnerhöhende Auflösung der zu Lasten des Übergangsgewinnes gebildeten Investitionsrücklage habe im Gegensatz zur Besteuerung des Übergangsgewinnes nicht nach § 37 EStG 1988, sondern nach § 33 leg cit zu erfolgen, nichts zu ändern. Denn tarifarische Bestimmungen haben auf die Bildung der Investitionsrücklage keinen Einfluß (vgl auch das hg Erkenntnis vom 3. Juni 1992, 87/13/0036).
Gemäß § 4 Abs 2 EStG 1988 sind nachträgliche Änderungen der Bilanz nur zulässig, wenn sie wirtschaftlich begründet sind. Der Verzicht auf eine bereits gebildete Investitionsrücklage stellt eine Bilanzänderung dar. Der Beschwerdeführer meint, der wirtschaftliche Grund für die von ihm beantragte Bilanzänderung sei darin zu erblicken, daß er die für das Jahr 1992 geplanten Investitionen nicht durchführen habe können. Dem hält die belangte Behörde zu Recht entgegen, der Beschwerdeführer würde keine Hinderungsgründe für die Bildung einer Investitionsrücklage erblicken, wenn diese in der von ihm gebildeten Höhe nur den laufenden Gewinn verringerte. Von einer aus wirtschaftlichen Gründen vorzunehmenden Bilanzänderung kann daher keine Rede sein. Dazu kommt noch, daß der Beschwerdeführer auch in den Folgejahren Investitionsrücklagen im höchstzulässigen Ausmaß gebildet hat. Schließlich stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede, es seien auch steuerliche Gründe für die beantragte Bilanzänderung maßgeblich gewesen. Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse konnte die belangte Behörde daher unbedenklich den Schluß ziehen, die beantragte Bilanzänderung sei mangels Vorliegens wirtschaftlicher Gründe unzulässig.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993140012.X00Im RIS seit
11.07.2001