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L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung eines Antrags auf Aufhebung eines Bebauungs- und Flächenwidmungsplans auf Grund Zumutbarkeit des ordentlichen RechtswegsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
1. Mit dem auf Art139 Abs1 Z3 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge folgende Verordnungen als gesetzwidrig aufheben:
"Verordnung des Gemeinderats der Marktgemeinde Senftenberg vom 28.06.2021 (gem. Tagesordnungspunkt 12) betreffend Festlegung des Bebauungsplans gem. §§29 ff NÖ Raumordnungsgesetz in der Katastralgemeinde Priel, in jenem Umfang, als die Straßenfluchtlinie nicht entlang der nördlichen Abgrenzung des rot schraffiert dargestellten Teilstücks gemäß dem einen integrierenden Bestandteil diese[s] Antrags bildenden Auszug[s] aus dem Flächenwidmungsplan (Beilage ./A) festgelegt ist"
und
"Verordnung des Gemeinderats der Marktgemeinde Senftenberg vom 28.06.2021, Änderungspunkt 18 der 2. Änderung des örtlichen Raumordnungs-programms (gem. Tagesordnungspunkt 13) betreffend Festlegung des Flächen-widmungplans gem. §§14 ff NÖ Raumordnungsgesetz in der Katastralgemeinde Priel, in jenem Umfang, als im Bereich des Grundstücks Nr 741/1 GB 12122 Priel im Anschluss an das Grundstück Nr 223 GB 12122 Priel das rot schraffiert dargestellte Teilstück gemäß dem einen integrierenden Bestandteil diese[s] Antrags bildenden Auszug[s] aus dem Flächenwidmungsplan (Beilage ./A) als Verkehrsfläche gewidmet ist."
2. Der Antragsteller führt zur Antragslegitimation Folgendes aus:
Er sei alleiniger Eigentümer der Liegenschaft EZ1 GB 12122 Priel unter anderem mit dem Grundstück Nr 223 und mit dem Anwesen Priel 9 und Priel 9a. Rechtsvorgänger im Eigentum seien die Eltern des Antragstellers gewesen. Nördlich an das Grundstück Nr 223 KG Priel schließe das Grundstück Nr 741/1 im Eigentum der Marktgemeinde Senftenberg (Nutzung: Sonstige) an.
Durch den bestehenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan seien die Interessen des Antragstellers nicht bloß potenziell, sondern aktuell beeinträchtigt, da die Plandokumente den vom Antragsteller begehrten und ihm zustehenden Rückübereignungsanspruch dahingehend hindern, dass die Voraussetzungen des §12 Abs8 NÖ Bauordnung 2014 bei Bestand des aktuellen Flächenwidmungs- und Bebauungsplans nicht gegeben seien. Der Antragsteller habe alle ihm offenstehenden Möglichkeiten seines individuellen Rechtswegs ausgenützt.
3. Im Hinblick auf die historische Entwicklung führt der Antragsteller zusammengefasst Folgendes aus:
Im Zuge des Antrags auf Baubewilligung vom 14. November 2007 sei dem Antragsteller bzw dessen Rechtsvorgänger mitgeteilt worden, dass eine Zusammenlegung der Grundstücke .1, 222 und 223 zu erfolgen hätte. Festzuhalten sei aber, dass im Zuge des Antrags auf Baubewilligung vom 14. November 2007 eine Bautätigkeit im Bereich des Grundstücks 222 nicht gegeben bzw nicht Antragsgegenstand gewesen sei. Es hätte daher jedenfalls eine Vereinigung der Grundstücke .1 und 223 ausgereicht, eine Vereinigung mit dem Grundstück 222 sei nicht notwendig gewesen. Die Voraussetzungen für eine Grundabtretung im nördlichen Bereich des Grundstücks 222 seien somit nicht gegeben gewesen. Dessen ungeachtet sei die Grundabtretung in weiterer Folge vorgenommen worden, hiefür sei eine Entschädigung nicht geleistet worden, obgleich es sich nicht um eine erstmalige Grundabtretung gehandelt habe und darüber hinaus die Voraussetzungen für eine Grundabtretung nicht vorgelegen seien.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Senftenberg vom 7. September 2017, Zl BP100/2017 sei der Antrag der Rechtsvorgänger des Antragstellers auf unentgeltliche Rückübereignung der Grundstückparzellen Nr 329/1, 220/1, 223, KG Priel, als unzulässig zurückgewiesen worden. Es sei darauf verwiesen worden, dass die vorgenommenen Abtretungen entsprechend -dem seinerzeit rechtsgültigen Bebauungs- und Flächenwidmungsplan vorgeschrieben worden seien und eine Änderung der Straßenfluchtlinie nach erfolgter unentgeltlicher Abtretung nie beschlossen worden sei. Eine Rückübereignung könne nur dann erfolgen, wenn die Widmung einer Grundfläche, die unentgeltlich abgetreten worden sei, als öffentliche Verkehrsfläche aufgehoben werde. Auf Grund der Tatsache, dass die betroffenen Grundstücksteile nach wie vor nach dem Stand des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans als öffentliche Verkehrsflächen ausgewiesen seien, fehle der entsprechende Tatbestand der unentgeltlichen Rückübereignung.
Gegen diesen Bescheid sei durch die Rechtsvorgänger des Antragstellers fristgerecht Berufung erhoben worden mit dem Hinweis, dass in keinem der Fälle eine Änderung im Bebauungs- oder Flächenwidmungsplan oder in der Straßenfluchtlinie nach erfolgter Grundabtretung beschlossen worden sei. Die Flächen befänden sich im Privateigentum der Gemeinde und seien bis zum Zeitpunkt der Entscheidung und auch der Berufungserhebung nicht in das öffentliche Gut überführt worden. Bereits damals hätten die Voreigentümer des Antragstellers darauf hingewiesen, dass kein Bedarf für den Grundstücksteil gegeben sei, weil dadurch weder eine durchgängige, gleich breite Verkehrsfläche geschaffen werde noch ein zwingender Bedarf an einer einseitig verbreiteten öffentlichen Verkehrsfläche in diesem Bereich bestehe. Tatsächlich habe es sich damals und auch heute noch um einen Teil der Hofwiese des Antragstellers gehandelt. Diese diene seit der Abtretung weder dem fließenden noch dem ruhenden Verkehr.
Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Senftenberg habe mit Bescheid vom 17. Jänner 2018, Zl Bp.107/2017, P 9 der Berufung nicht Folge gegeben.
Auf Grund dieser Umstände habe der Vertreter des Antragstellers mit der Marktgemeinde Senftenberg neuerlich im Sommer 2021 Kontakt aufgenommen. Am 30. August 2021 habe bei der Marktgemeinde Senftenberg ein Termin unter Beisein des Bürgermeisters der Marktgemeinde Senftenberg und weiterer Gemeindevertreter stattgefunden. Es sei insbesondere darauf verwiesen worden, dass die im Bebauungs- und Flächenwidmungsplan vorgesehene Straßenbreite sachlich nicht gerechtfertigt sei. Dies deshalb, da sie weder für die derzeitigen noch für die absehbaren, künftigen Verkehrserfordernisse notwendig sei. Mit Schreiben vom 20. April 2022 an die Vertreter des Antragstellers sei seitens der Gemeinde bekannt gegeben worden, dass im Gutachten des Amtssachverständigen für Verkehrstechnik die erforderliche Straßenseite von 8 Metern für sinnvoll erachtet werde. Mit den zusätzlich notwendigen Flächen für Randsteine, Straßenentwässerungen und Banketten sei die im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ausgewiesene Straßenraumbreite von 8,5 Metern als erforderlich zu begründen. Eine Rückübereignung sei daher nicht möglich und vertretbar.
II. Zulässigkeit
1. Der Antrag ist unzulässig.
Die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 Z3 B-VG setzt voraus, dass ein anderer zumutbarer Weg zur Gewährung des Rechtsschutzes nicht zur Verfügung steht. Ein solcher zumutbarer Weg ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unter anderem dann gegeben, wenn bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren läuft, das dem Betroffenen Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bietet (VfSlg 13.871/1994 mwN). Dieser Grundsatz gilt auch für den Fall, dass ein Verfahren anhängig war, in welchem der Antragsteller die Möglichkeit hatte, eine amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (VfSlg 8890/1980, 12.810/1991). Ein Individualantrag wäre in solchen Fällen nur bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände zulässig (VfSlg 11.344/1987, 11.823/1988). Man gelangte andernfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (VfSlg 15.626/1999 mwN).
2. Im konkreten Fall stand es dem Antragsteller bzw dessen Rechtsvorgänger frei, gegen den seinen Antrag auf unentgeltliche Rückübereignung des betroffenen Grundstücks zurückweisenden Bescheid nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu erheben und im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen die behauptete Gesetzwidrigkeit des präjudiziellen Teiles des Bebauungs- und Flächenwidmungsplanes geltend zu machen. Ein Individualantrag wäre hier bloß bei Vorliegen – gar nicht behaupteter – besonderer, außergewöhnlicher Umstände zulässig.
3. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, dass es dem Antragsteller unzumutbar gewesen sein sollte, diesen Weg zu beschreiten; wobei anzumerken ist, dass es bei Beurteilung dieser Frage nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auf die Erfolgsaussichten der Partei in der Sache nicht ankommt (zB VfSlg 9170/1981, 13.226/1992, 13.754/1994, 16.891/2003). Dies ist eine konsequente Folge der bestehenden Verfassungsrechtslage, die Individualanträge nur als subsidiären Rechtsbehelf zulässt (VfSlg 8187/1977, 9170/1981, 9285/1981, 9394/1982, 10.251/1984). Es kommt bloß darauf an, dass sich im Zuge eines derartigen Prozesses Gelegenheit bietet, verfassungsrechtliche Bedenken gegen relevante Normen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl VfSlg 9170/1981, 9285/1981, 10.592/1985).
4. Der Antrag ist daher schon aus diesem Grund unzulässig.
III. Ergebnis
1. Dem Antragsteller fehlt es an der Legitimation zur Antragstellung gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG.
2. Der Antrag ist daher ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Weg zumutbarer, Raumordnung, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V178.2022Zuletzt aktualisiert am
27.02.2023