TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/22 95/21/0002

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Veröffentlicht am 22.11.1995
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Index

20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §21 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des RE in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 11. Jänner 1994, Zl. III 108-3/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 sowie §§ 19, 20 und 21 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 11. Oktober 1990 in Jugoslawien die österreichische Staatsbürgerin AE, deren Familiennamen er seither führt, geheiratet habe. Aufgrund dieser Eheschließung habe er vom Arbeitsamt Innsbruck einen Befreiungsschein, gültig bis 29. Oktober 1995, und von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck einen Sichtvermerk, gültig bis 26. April 1994, erhalten. Am 30. Jänner 1993 habe AE vor dem Bezirksgericht Hopfgarten niederschriftlich folgendes zu Protokoll gegeben:

"Mein damaliger Freund W, derzeit K, mit dem ich rund ein halbes Jahr - noch bevor ich nach I gekommen bin - beisammen war, hat mich gezwungen, die Ehe mit RS einzugehen. W, der mich mehr als einmal geschlagen hat, hat mich auch zu diesem Zweck geschlagen, mit der Hand gegen meinen rechten Oberschenkel, damit ich mitmache. Er brachte mich und RS, den ich anläßlich dieser Fahrt erstmals sah, mit "unserem" PKW nach Jugoslawien. In D, wo dieser Ort liegt, weiß ich nicht, wir fuhren in einer Richtung ca. 12 Stunden, brachten sie mich zum Gemeindeamt und es wurde die Ehe geschlossen. RS hat dabei meinen Namen "E" angenommen. Hernach fuhren W und ich wieder nach Hause. RE blieb noch unten. Ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen. Wo RE (S) jetzt ist, weiß ich nicht. Ich weiß, daß W für die Vermittlung dieser Ehe viel Geld kassiert hat. Ich habe hievon nichts bekommen. Ich war dann noch ungefähr einen Monat mit W in Lebensgemeinschaft. In der Zeit unserer Lebensgemeinschaft hatte ich mit anderen Männern noch nichts zu tun. Ein Freund von W, ich weiß nur seinen Vornamen, von Beruf weiß ich nur "Zuhälter", hat mich dann nach I gebracht."

Die Behörde erster Instanz habe darauf gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot erlassen. Im Berufungsverfahren sei am 21. September 1993 die Zeugin H zur angeblichen Unterkunftnahme des Beschwerdeführers und der AE in Y, L 18a, einvernommen worden; sie habe folgendes angegeben:

"Mir wird ein Lichtbild des jug.StA. RE vorgezeigt. Gleichzeitig werde ich gefragt, ob dieser Mann zu irgendeinem Zeitpunkt in meinem Miethaus in Y, L 18a, wohnhaft war. Ich muß dies in Abrede stellen. Eine solche Person hat bei mir noch nie gewohnt. Auch die angebliche Ehefrau dieses Mannes (AE) ist mir vom Namen her völlig unbekannt. Ich kann mir nur erklären, daß diese Scheinmeldung aufgrund des alten Meldegesetzes getätigt wurde, wobei eine Unterschriftsleistung vom Vermieter nicht notwendig war.

Es kamen zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Postsendungen auf den Namen AE. Gewohnt hat jedoch diese Frau und dieser Mann zu keinem Zeitpunkt in dem Mietobjekt."

Am 7. Oktober 1993 sei P zum Aufenthalt und zur Eheschließung des Beschwerdeführers mit AE als Zeuge einvernommen worden; er habe folgendes angegeben:

"Ich möchte zuerst angeben, daß ich mit RE verwandt bin. Er ist mein Cousin. Wir kommen aus der gleichen Heimatstadt. Ich werde gefragt, zu welchen Zeiten ich in Y, L 18a, gewohnt habe. Dazu verweise ich auf die Meldeanfrage bei der Gemeinde Y. Ich wohnte zu folgenden Zeiten an dieser Adresse. Vom 10.5.1990 bis zum 4.2.1991 (L 18a). Vom 14.4.1993 bis dato (L 18a). RE zog mit seiner Frau A im Juni oder Juli 1991 zu mir nach Y. Ich korrigiere, es war das Jahr 1990. Wir wohnten dann zusammen für ca. 6 Monate an dieser Adresse. Dort wohnten auch noch meine Frau sowie mein Vater und meine Schwester. Ich weiß nicht, was RE und seine Frau gearbeitet haben. Ich hatte über sechs Monate keinerlei Kontakt zu den beiden, obwohl wir Zimmer an Zimmer wohnten. Wir aßen auch zusammen und unsere Frauen kochten miteinander."

Das Landesgendarmeriekommando für Tirol, Kriminalabteilung, habe am 14. Oktober 1993 bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck Anzeige gegen W wegen Verdachtes des Vergehens nach §§ 83, 105, 215 und 216 StGB zum Nachteil der AE und gegen F, Z, wegen Verdachtes des Vergehens nach § 215 StGB erhoben. Dieser Anzeige seien umfangreiche Ermittlungen vorausgegangen, in deren Verlauf eine große Anzahl von Personen niederschriftlich befragt worden sei. Das in bezug auf Scheinehen wesentliche Ergebnis dieser Ermittlungen sei folgendes:

"W ist verdächtig, im Sommer 1990 in der Wohnung in N Nr.42 - er bewohnte diese Wohnung damals gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin AE - der AE mit der Hand eine "Fotzn" ins Gesicht gegeben zu haben, damit AE mit dem jugoslawischen Staatsbürger RS eine "Ehe gegen Bezahlung", also eine "Scheinehe" eingeht. Aufgrund der Gewaltanwendung durch W erklärte sich dann AE - laut ihren Angaben - bereit, den Jugoslawen RS zu heiraten. Am 11.10.1990 wurden RS und AE in D/Jugoslawien getraut und RS nahm den Namen der AE an. Verletzt wurde AE durch die "Fotzn" des W nicht.

Im Sommer 1990 wurden offensichtlich von jugoslawischen Staatsbürgern im Raume Z heiratswillige Österreicher gesucht (siehe dazu einen Vorfallenheitsbericht des Gendarmeriepostens K vom 4.10.1990, GZ P 4956/90/has, betreffend MM - Vorfall, an die Staatsanwaltschaft Innsbruck als Beilage 12). Die jugoslawischen Staatsbürger hatten Schwierigkeiten (Aufenthaltserlaubnis usw.) und wollten durch die Eheschließungen - Scheinehen - mit österr. Staatsbürgern sich in Österreich gewisse Begünstigungen sichern; unter anderem durch die Heirat mit einem oder einer Österreicher/in leichter einen Befreiungsschein erhalten, um damit bzw. dadurch überall in Österreich arbeiten zu können usw.

Als einer der Vermittler solcher Scheinehen wird der jugoslawische Staatsbürger RM, in Jugoslawien, whft. in I, L-Straße Nr. 5, bezeichnet. Er wandte sich im Sommer 1990 an den österr. Staatsbürger F, um so an heiratswillige Österreicher/Österreicherinnen zu gelangen.

Durch die Vermittlung des F kam es dann im Herbst 1990 - unter anderen - zu Scheinehen zwischen AE und RS sowie zwischen W und

G.

Dies spielte sich so ab, daß im September 1990 W, AE, G, RS, B und F, nachdem eine Eheschließung zwischen AE und RS aufgrund des auffälligen Verhaltens der AE vor dem Standesbeamten in K gescheitert war, nach Jugoslawien fuhren und dort am 11.10.1990 in D heirateten. Es heirateten AE und RS sowie W und G. (Siehe dazu den Auszug aus dem Eheregister Nr. 38/90 vom 6.11.1990 und den Auszug aus dem Eheregister Nr. 37/90 vom 18.10.1990 als Beilagen 13 und 14). Für die Heirat sollen der AE S 30.000,-- und dem W S 14.000,-- versprochen worden sein.

AE gab an, nach der Hochzeit mit RE von der B S 7.000,-- bekommen zu haben.

W gab an, daß er für die Heirat mit G S 12.000,-- von F erhalten habe.

Die genaueren Abläufe über das Zustandekommen und die Abwicklung dieser Scheinehen mögen den beigeschlossenen Niederschriften entnommen werden. Interessant erscheint hier vielleicht, daß die jugoslawischen Beteiligten (sprich EHEPARTNER) natürlich von Scheinehen nichts wissen wollen, da dies möglicherweise ihre Abschiebung nach Jugoslawien bedeuten würde. Dem muß aber entgegengehalten werden, daß durch die Aussagen von W, AE und F und die beiden Auszüge aus dem Eheregister (vgl. Beilagen 13 und 14) wohl eindeutig belegt wird, daß es sich um SCHEINEHEN handelt.

Zu weiteren Scheinehen - vgl. dazu die niederschriftlichen Angaben des F - wurden von hier aus keine Erhebungen mehr geführt, da nach ho. Erkenntnissen diese Sachverhalte strafrechtlich nicht relevant sind bzw. nicht verfolgt werden können.

Nachdem AE und W im Herbst 1990 aus Jugoslawien zurückgekehrt waren, wohnten sie weiterhin in N Nr. 42 zusammen."

Der Beschwerdeführer habe am 26. April 1991 gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, einer österreichischen Behörde bzw. ihren Organen, unrichtige Angaben über seine persönlichen Verhältnisse gemacht, um sich die Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet in Form eines Sichtvermerkes zu verschaffen. Er habe in der von § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG geforderten Absicht unrichtige Angaben über seine persönlichen Verhältnisse gemacht, indem er glauben machte, daß er mit der österreichischen Staatsbürgerin AE eine Ehe führe, während das in Wirklichkeit nicht der Fall gewesen sei. Der Aufenthaltsverbotsgrund des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG sei eine bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1, die die Annahme rechtfertige, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer sei zulässig. Diese Maßnahme stelle einen Eingriff in das Leben des Beschwerdeführers dar, der jedoch im Hinblick auf den schwergewichtigen, evidenten Bruch der Rechtsordnung durch den Beschwerdeführer - Mißbrauch des Rechtsinstituts der Ehe zur Erreichung persönlicher Ziele, in concreto zur Erreichung der Arbeits- und Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet - zur Erreichung des im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles des Schutzes der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei (§ 19 FrG).

Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1989 zum erstenmal nach Österreich gekommen, und zwar zu einem ca. zweiwöchigen Besuch bei Verwandten in A. Danach sei er wieder nach Jugoslawien zurückgekehrt. Im Jahre 1990, etwa im April, sei er wieder nach Österreich, diesmal in den Verwaltungsbezirk K, gekommen. Der Beschwerdeführer arbeite als Hilfsarbeiter im Bundesgebiet. Bis zum Jahre 1989 sei er mit der jugoslawischen Staatsbürgerin B verheiratet gewesen, mit der er drei Kinder habe und mit der er auch seit Dezember 1992 in C wieder zusammenlebe, ohne jedoch ihr Lebensgefährte zu sein. Der Beschwerdeführer sei aufgrund der relativ kurzen Zeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet entsprechend als gering integriert anzusehen. Intensive familiäre Bindungen an das Bundesgebiet habe der Beschwerdeführer nicht, weil seine Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin AE "nur auf dem Papier" bestehe und er mit der Jugoslawin B und deren und seinen minderjährigen Kindern in C laut eigenen Angaben nicht in Lebensgemeinschaft zusammenlebe. Er lebe nur deswegen bei ihr, weil er derzeit keine andere Unterkunftsmöglichkeit habe bzw. weil B sonst die Miete für das Haus nicht bezahlen könnte. Die erfolgende Beeinträchtigung des Beschwerdeführers, der B und der Kinder müsse aufgrund des genannten schwerwiegenden öffentlichen Interesses am Nichtaufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in Kauf genommen werden.

Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes entspreche den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Nach Ansicht der belangten Behörde sei aufgrund der Schwere des Rechtsbruches und der daraus hervorleuchtenden großen Energie des Beschwerdeführers zur Erreichung seines Zieles, nämlich einer Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung in Österreich, ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot vonnöten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet; auf die Erstellung einer Gegenschrift wurde verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Sachverhaltsfeststellung, daß die Eheschließung von vornherein nur dem Zweck gedient habe, dem Beschwerdeführer die für seinen Aufenthalt und seine Beschäftigung erforderlichen Berechtigungen zu verschaffen. Der Beschwerdeführer bemüht sich, Widersprüche in den Aussagen der AE, des W, der H und des F aufzuzeigen und meint, daß bei richtiger Würdigung der von ihm ins Treffen geführten Umstände und Beweismittel die belangte Behörde zur Überzeugung hätte gelangen müssen, daß er keine Scheinehe mit AE eingegangen sei. Auch dem P sei zu Unrecht seine Glaubwürdigkeit abgesprochen worden. Hätte die belangte Behörde auch die in der Berufung angeführten Personen D und E befragt, hätte sie erkennen können, daß ein Zusammenleben tatsächlich vorgelegen sei.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Bedenken gegen die Schlüssigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung darzutun. Die belangte Behörde hat ausgeführt, aus welchen Erwägungen sie zu ihren Feststellungen gelangt ist. Diese Erwägungen stehen mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang. Der Beschwerdeführer ist darauf hinzuweisen, daß auch zwischen seinen Angaben und jenen von ihm nahestehenden Personen unüberbrückbare Widersprüche bestehen. Wenn die belangte Behörde aufgrund dieser widersprüchlichen Ermittlungsergebnisse die genannte wesentliche Sachverhaltsfeststellung traf, ist das nicht rechtswidrig. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer gerügten Unterlassung der Einvernahme des D und der E ist er darauf hinzuweisen, daß die Einvernahme des D aufgrund seiner Erkrankung (Halbseitenlähmung und schwere Sprachschwierigkeiten) nicht durchgeführt werden konnte. Im übrigen unterläßt es die Beschwerde, die Relevanz dieses Verfahrensmangels aufzuzeigen. Der Hinweis darauf, daß sich durch diese Einvernahmen ergeben hätte, daß ein Zusammenleben tatsächlich vorgelegen sei, ist in dieser Allgemeinheit im Hinblick auf die entscheidungswesentliche Sachverhaltsfeststellung, daß die Eheschließung von vornherein nur dem Zweck gedient habe, dem Beschwerdeführer die für seinen Aufenthalt und seine Beschäftigung erforderlichen Berechtigungen zu verschaffen, nicht geeignet, die Relevanz dieses Verfahrensmangels aufzuzeigen.

Die Feststellung, die Ehe sei bloß zum Zweck der Erreichung der Arbeits- und Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers geschlossen worden, begegnet somit keinen Bedenken.

Die belangte Behörde hat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung vertreten, der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG sei erfüllt. Aus dem Akt ergibt sich, daß der Beschwerdeführer seinem Sichtvermerksantrag die Heiratsurkunde beigelegt hat und der begehrte Sichtvermerk deswegen erteilt wurde, weil der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet hatte. Die Vorlage einer Heiratsurkunde stellt jedoch keine unrichtige Angabe dar, weil der darin enthaltene Familienstand im Hinblick auf den aufrechten Bestand der Ehe nicht unrichtig gewesen ist. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG sei erfüllt, ist daher verfehlt. Dies führt jedoch zu keiner Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers, weil die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, das Verhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme, im Ergebnis zutrifft. Ein Aufenthaltsverbot kann nämlich rechtens ausschließlich auf § 18 Abs. 1 FrG (gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf die §§ 19 und 20 leg. cit.) gestützt werden, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im § 18 Abs. 2 leg. cit. angeführten Fälle aufweisen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0482, mit weiteren Nachweisen). Bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG fällt entscheidend ins Gewicht, daß die Eingehung einer Ehe zwecks Erlangung fremdenrechtlich bedeutender Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch darstellt, der die öffentliche Ordnung gefährdet und seinem Gehalt nach dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gleichzuhalten ist (siehe das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0315).

Der Auffassung der belangten Behörde, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zum Schutz der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei, kann im Hinblick auf das Ausmaß der durch das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers bewirkten Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens nicht entgegengetreten werden.

Im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung hat die belangte Behörde den Aufenthalt der drei Kinder des Beschwerdeführers im Inland berücksichtigt. Hingegen fällt die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und die damit verbundene Integration nicht entscheidend zu seinen Gunsten ins Gewicht, weil der Aufenthalt nur durch die Schließung einer sogenannten Scheinehe herbeigeführt wurde. Auf das berufliche Fortkommen des Beschwerdeführers ist nicht Bedacht zu nehmen. Angesichts dessen ist die Auffassung der belangten Behörde nicht rechtswidrig, daß das hier maßgebliche öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen höher zu werten sei als die genannten privaten Interessen des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer bekämpft mit Recht die Dauer des Aufenthaltsverbotes. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, warum unter Bedachtnahme auf die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (§ 21 Abs. 2 FrG) der Wegfall des Grundes für diese Maßnahmen - unter Voraussetzung künftigen Wohlverhaltens des Beschwerdeführers (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0189) - erst nach Ablauf von zehn Jahren angenommen werden könne.

Da die belangte Behörde insoweit ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der in der Verordnung festgelegte Pauschbetrag enthält bereits die angesprochene Umsatzsteuer, sodaß das darauf gerichtete Begehren abzuweisen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995210002.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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