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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. September 1994, Zl. 102.109/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der am 28. Jänner 1994 bei der österreichischen Botschaft in Zagreb gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 9 Abs. 3 leg. cit. abgewiesen, weil "nunmehr" die für das Bundesland Wien in der Verordnung BGBl. Nr. 72/1994 festgesetzte Höchstzahl von 4.300 Bewilligungen erreicht sei. Ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung könne auch bei eingehender Prüfung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich der die Erreichung der gemäß § 2 Abs. 1 AufG maßgeblichen Höchstzahl betreffenden Feststellung der belangten Behörde eine Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, vermag er der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil er nicht darlegt, was er im Falle der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme vorgebracht hätte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1985 und vom 6. Oktober 1994, Zlen. 94/18/1174 und 94/18/0639). Wenn er ferner bemängelt, daß die belangte Behörde für diese Feststellung keinerlei Nachweise vorgelegt habe, ist er darauf zu verweisen, daß sich die belangte Behörde diesbezüglich auf das von ihr gemäß § 9 Abs. 1 AufG geführte Register stützen konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 95/18/0083). Die Beschwerde legt nicht dar, warum die belangte Behörde Zweifel an der Richtigkeit des gesetzlich vorgesehenen Registers hätte haben sollen.
Der Beschwerdeführer meint aber auch, daß in seinem Fall eine Anwendung des § 3 AufG zum Tragen käme. Nach dem zweiten Satz des § 9 Abs. 3 leg. cit. ist die Entscheidung über anhängige Anträge auf das folgende Jahr zu verschieben, wenn es sich um "Anträge gemäß § 3" handelt. Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG ist eine Bewilligung "ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten von österreichischen Staatsbürgern ..." zu erteilen, "sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt".
Die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG setzt gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. voraus, daß die Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits mindestens ein Jahr besteht. Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall nach den eigenen Behauptungen des Beschwerdeführers nicht erfüllt.
Der Beschwerdeführer verweist aber auch darauf, daß ungeachtet der (im Zeitpunkt der Antragstellung) zu prüfenden Jahresfrist für den Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 3 (Abs. 3) leg. cit. maßgeblich ist, ob die Ehegatten bereits vor Eheschließung im gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Auch wenn die Belehrungspflicht nach § 13a AVG auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt ist und sich nicht auf die Belehrung in der Sache bezieht, macht der Beschwerdeführer - wie schon im Berufungsverfahren - im Ergebnis zutreffend geltend, daß die belangte Behörde den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0598 und seither in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 94/18/0870) zum Ausdruck gebracht hat, kommt es im Grunde des § 9 Abs. 3 AufG nicht allein darauf an, ob ein Rechtsanspruch nach § 3 Abs. 1 und 2 AufG besteht, vielmehr schließt die Wendung "Anträge gemäß § 3" die Bedachtnahme auch auf die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 leg. cit. mit ein. Die Behörde hat somit - bei entsprechendem Vorbringen des Fremden im Verfahren - auch diese Bestimmung in ihre Erwägungen einzubeziehen.
Eine Verkürzung der Frist des § 3 Abs. 2 AufG erfordert gemäß § 3 Abs. 3 erster Satz leg. cit. u.a., daß der Ehegatte im gemeinsamen Haushalt mit dem Fremden gelebt hat, wobei sich der Fremde während der Zeit des Zusammenlebens mit dem Ehegatten, sofern dies im Bundesgebiet der Fall war, dort grundsätzlich rechtmäßig aufgehalten haben muß (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1995, Zl. 95/21/0042, mit weiterem Nachweis).
Ausgehend von ihrer Rechtsauffassung, nur das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 und 2 AufG prüfen zu müssen, hat die belangte Behörde Feststellungen über die Voraussetzungen der Ermessensbestimmung des § 3 Abs. 3 leg. cit. nicht getroffen.
Auf diese Vorschrift hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag insofern der Sache nach bezug genommen, als er auf die Frage nach dem in den letzten drei Jahren mit seiner Ehegattin bestandenen gemeinsamen Haushalt anführte: "Österreich W W K-Gasse 22/31". Weiters ergibt sich aus den dem Antrag angeschlossenen Urkunden, insbesondere aus einem diesbezüglichen Meldezettel, daß der Beschwerdeführer zumindest seit 11. August 1993 bei seiner Ehefrau als Unterkunftgeberin gemeldet ist. Nach dem vorgelegten Mietvertrag hätte er an der oben angeführten Adresse schon wesentlich früher eine Wohnung angemietet gehabt.
Die Verneinung der Voraussetzungen für die Anwendung der Ermessensbestimmung des § 3 Abs. 3 AufG setzt voraus, daß der Beschwerdeführer nicht (oder nicht in relevanter Dauer) im gemeinsamen Haushalt mit seiner Gattin lebt (gelebt hat) und/oder er sich während eines solchen gemeinsamen Haushaltes im Bundesgebiet hier grundsätzlich nicht rechtmäßig aufhielt. Aufgrund der Aktenlage können diese Fragen weder verneint, noch bejaht werden. Um Feststellungen im aufgezeigten Sinne treffen zu können, bedarf es nämlich entsprechender Ermittlungen sowohl zum behaupteten gemeinsamen Haushalt in den letzten drei Jahren vor Antragstellung, als auch zur Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet.
Da die belangte Behörde ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsauffassung solche Feststellungen nicht getroffen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995210173.X00Im RIS seit
02.05.2001