TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/22 95/21/1071

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Veröffentlicht am 22.11.1995
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Index

20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
FrG 1993 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N in T, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 30. August 1995, Zl. Fr 2726/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. August 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Fremdengesetz ein bis 23. Mai 2000 befristetes Aufenthaltsverbot.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit einem am 26. September 1991 ausgestellten und bis 26. Oktober 1991 gültigen Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist. Am 14. November 1991 habe er die österreichische Staatsangehörige M geehelicht. Am 22. Jänner 1992 habe er um die Erteilung eines Sichtvermerkes angesucht. Durch die Eheschließung habe er einen Befreiungsschein erhalten. Er habe die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deshalb geschlossen, um sich eine Aufenthaltsberechtigung und einen Befreiungsschein zu verschaffen. Dies rechtfertige die Annahme, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährde und dieses Verhalten stelle einen evidenten Rechtsmißbrauch dar. Der Beschwerdeführer halte sich seit Oktober 1991 im Bundesgebiet auf und gehe in Österreich einer Beschäftigung nach, sei derzeit aber nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung. Die von ihm im Bundesgebiet geschaffenen Tatsachen könnten nicht zu seinen Gunsten ins Treffen geführt werden, weil er diese nur durch das Eingehen einer dem Wesen der österreichischen Rechtsordnung nicht entsprechenden Ehe erlangt habe. Weder aus dem Akteninhalt noch aus der Berufung seien nähere Bindungen zu im Inland aufhältigen Angehörigen ersichtlich. Im Rahmen der ihr obliegenden Interessenabwägung sei die Behörde zur Ansicht gelangt, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele - Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - dringend geboten erscheine.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "wegen Rechtswidrigkeit" aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Offenbar als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, daß es nicht der Richtigkeit entspreche, daß er die Ehe nur aus dem Grund geschlossen habe, um sich einen Befreiungsschein und eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Dem Inhalt des angefochtenen Bescheides sei nicht zu entnehmen, ob die Behörde seine Gattin zum Sachverhalt einvernommen und sie detailliert dazu befragt habe, aus welchem Grund sie die Ehe eingegangen sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler aufzuzeigen. Im angefochtenen Bescheid erachtete die belangte Behörde die Umstände, die auf eine "Scheinehe" hinweisen würden, durch die Angaben seiner Gattin bestätigt. Damit übernahm sie die ebenfalls im angefochtenen Bescheid angeführte erstinstanzliche Beweiswürdigung, in welcher in eindeutiger Weise ausgeführt wurde, daß nach Angaben seiner Gattin ihr für die Eheschließung S 30.000,-- in Aussicht gestellt worden wären, sie sich in einem Kaffeehaus kennengelernt und nach der Eheschließung nicht wieder gesehen hätten und ein gemeinsamer Wohnsitz nicht bestanden habe. Die Ansicht des Beschwerdeführers, die Angaben seiner Gattin seien zur Feststellung einer "Scheinehe" nicht tauglich, kann somit nicht nachvollzogen werden.

2. Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß durch das beschriebene Verhalten des Beschwerdeführers die in § 18 Abs. 1 Fremdengesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Bezugnehmend auf die §§ 19 und 20 Abs. 1 Fremdengesetz meint der Beschwerdeführer, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn nicht zulässig sei.

Dem ist zu entgegnen, daß nach ständiger hg. Rechtsprechung im Falle einer rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, somit zur Erreichung eines im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles, dringend geboten und daher im Grunde des § 19 Fremdengesetz zulässig ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. April 1994, Zl. 95/18/0464, u.a.).

Auch das Ergebnis der gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung kann nicht als rechtswidrig gesehen werden. Die belangte Behörde durfte dabei insbesondere davon ausgehen, daß das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers im Hinblick darauf, daß Aufenthalt und Beschäftigung auf das besagte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführen sind, nicht wesentlich zu seinen Gunsten zu veranschlagen ist (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 95/18/0464).

Soweit der Beschwerdeführer auf das Fehlen einer adäquaten Beschäftigung in seinem Heimatort verweist, ist ihm zu entgegnen, daß im gegebenen Zusammenhang ausschließlich das im Bundesgebiet (vor Verlassen desselben) geführte Privat- und Familienleben zu verstehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1995, Zl. 94/18/0890, uva.).

3. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995211071.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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