TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/23 94/06/0268

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Veröffentlicht am 23.11.1995
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Index

L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Salzburg;
L81705 Baulärm Salzburg;
L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
L82305 Abwasser Kanalisation Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

BauPolG Slbg 1973 §9 Abs2;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §56;
StVO 1960 §35;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 31. Oktober 1994, Zl. 1/02-33.664/6-1994, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1.) Marktgemeinde S, verteten durch den Bürgermeister; 2. E in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.170,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Ansuchen (eingelangt bei der erstmitbeteiligten Partei am 11. Mai 1992) wurde vom Beschwerdeführer um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Gartenmauer mit der Länge von 13,06 m und 1,72 m ersucht. Die verfahrensgegenständliche Mauer erstreckt sich nördlich und östlich des Vermessungspunktes 629 (nördlich in einer Länge von 13 m und östlich in einer Länge von 1,72 m). Von diesem Bauansuchen war die an der östlichen Grundgrenze bereits bestehende Mauer (in der Länge von 28 m vom Vermessungspunkt 629) - mit Ausnahme der erwähnten 1,72 m - nicht erfaßt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei wurde die Baubewilligung für die beantragte Gartenmauer unter Einhaltung u.a. nachstehender "Bedingungen und Auflagen" erteilt:

"902 5) Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ist die Hecke beginnend vom Vermessungspunkt 629 entlang der nördlichen und östlichen Grundgrenze auf eine Länge von jeweils 3,0 m zu entfernen. Innerhalb dieses Sichtdreieckes dürfen keine Bepflanzungen, Lagerung von Gegenständen erfolgen oder Autos abgestellt wurden (richtig: werden,) um die Sicht bei der Ausfahrt von Gst. 342/4 nicht zu behindern.

Ebenso ist der Mauersockel in diesem Bereich zu entfernen um die Benützung der Liegenschaft 342/4 gemäß § 56 BTG nicht zu beeinträchtigen."

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der erstmitbeteiligten Partei vom 4. März 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die angeführten Auflagen wegen eingetretener Präklusion gemäß § 42 Abs. 1 AVG abgewiesen.

Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 23. Juni 1993 wurde auf Grund der Vorstellung des Beschwerdeführers der Berufungsbescheid vom 4. März 1993 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde "rückverwiesen". Die Berufungsbehörde habe zu Unrecht eine Präklusion des Antragstellers im Bauverfahren angenommen. Die Berufungsbehörde werde "sich daher im neu durchzuführenden Berufungsverfahren inhaltlich mit den vorzitierten Berufungsausführungen und vorallem insbesondere mit der Frage der vom Anrainer ..... geforderten Ausbildung des "Sichtdreieckes" zur Erhöhung der Verkehrssicherheit für die Zufahrt des Grundstückes 342/4, KG L, auseinanderzusetzen haben". Dieser Bescheid ist rechtskräftig.

Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der erstmitbeteiligten Partei vom 5. Juli 1994 beschlossen,

"der Berufung nicht stattzugeben, d.h. es ist

a)

zur Erhöhung der Verkehrssicherheit die Hecke auf GSt. 342/2 beginnend von Vermessungspunkt 629 entlang der nördlichen und östlichen Grundgrenze auf eine Länge von jeweils 3,0 m zu entfernen;

b)

Innerhalb dieses Sichtdreieckes dürfen keine Bepflanzungen, Lagerung von Gegenständen erfolgen oder Autos abgestellt werden, um die Sicht bei der Ausfahrt von Gst. 342/4 auf die Gemeindestraße 572 nicht zu behindern;

c)

Ebenso ist der Mauersockel in diesem Bereich unverzüglich binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides der Gemeindevertretung zu entfernen."

Die Berufungsbehörde führte insbesondere aus, daß durch das verkehrstechnische Gutachten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 22. September 1993 mit der Ergänzung vom 26. November 1993 schlüssig begründet worden sei, daß aus Gründen der Verkehrssicherheit die im erstinstanzlichen Verfahren vorgesehene Abschrägung und Entfernung der Nordostecke des Grundstückes 342/2 (Ausbildung des sogenannten Sichtdreieckes) vollkommen zu Recht erfolgt sei. Mit derselben Begründung sei es aber auch notwendig, den rechten Einmündungsbereich der Verkehrsfläche 342/4 in die Gemeindewegparzelle 572 entsprechend abzurunden und die Sichtweite auf mindestens 15,0 m herzustellen.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die im Vorstellungsbescheid vom 23. Juni 1993 aufgetragene Neudurchführung des Berufungsverfahrens sei "in erster Linie deshalb erfolgt, um sich mit der Frage der Erhöhung der Verkehrssicherheit im Einmündungsbereich des Grundstückes Nr. 342/4 in die Wegparzelle 572, KG L, durch die vorgeschriebene Ausbildung des "Sichtdreieckes" im Bereich der auf dem Grundstück Nr. 342/2, der vorbezeichneten Katastralgemeinde ohne baubehördliche Bewilligung errichtete Gartenmauer des Vorstellungswerbers auseinanderzusetzen unter Berücksichtigung der im rechtskräftigen Bauplatzbescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 21. August 1963 aufgenommenen Auflage 2, und zwar "die Zufahrt zu den beiden Bauplätzen ist mit einer Breite von mindestens 5 m als eigene Wegparzelle anzulegen und muß diese am Ende einen Umkehrplatz mit einer Größe von 10,10 m erhalten. Die Wegparzelle und der Umkehrplatz können im Eigentum des Parzellierungswerbers bleiben, wenn zugunsten des zweiten Bauplatzes ein grundbücherliches Geh- und Fahrrecht eingeräumt wird", welcher bisher vom Nachbar E nicht entsprochen worden" sei. Die Baubehörde habe zur Lösung dieser Frage ein Gutachten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 22. September 1993 mit einer Ergänzung vom 26. November 1993 - dem der Vorstellungswerber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei - eingeholt. Aus den schlüssigen Ausführungen dieses Gutachtens ergebe sich die Notwendigkeit der vorgeschriebenen Abschrägung an der Nordostseite der gegenständlichen Einfriedung auf Grundstück Nr. 342/2 zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im Kreuzungsbereich Nr. 342/4 zu 572. Gerade aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotoaufnahmen sei für jeden Verkehrsteilnehmer eindeutig eine erhebliche Sichtbehinderung durch die auf dem Betonsockel aufgeführte Hecke bei der Ausfahrt von Grundstück Nr. 342/4, KG L, in Richtung X erkennbar. Eine Verbesserung dieser Sichtverhältnisse sei nach gutachtlicher Feststellung durch die bisher nicht erfolgte Verbreiterung der Zufahrt des Nachbarn E. nicht möglich. Von einer rechtswidrigen Anwendung des § 35 Abs. 2 StVO durch die Baubehörde könne keine Rede sein, weil für die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die gegenständliche Gartenmauer ausschließlich die Vorschriften des Baupolizeigesetzes zur Anwendung kämen.

In der dagegen erhobenenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat in ihrer Äußerung auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen, die Verwaltungsakten vorgelegt und eine kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat zu den vom Verwaltungsgerichtshof bei der Einleitung des Vorverfahrens aufgeworfenen Fragen eine weitere Stellungnahme abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. h Salzburger Baupolizeigesetz, LGBl. Nr. 117/1973 (im folgenden: BauPolG), in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung des Landesgesetzes, LGBl. Nr. 48/1983, bedarf die Errichtung und erhebliche Änderung von Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen sowie die Errichtung und erhebliche Änderung sonstiger Einfriedungen dann, wenn diese als Mauern, als Holzwände oder gleichartig ausgebildet sind und eine Höhe von 1,50 m übersteigen, einer Bewilligung der Baubehörde. Gemäß § 9 Abs. 1 lit. d BauPolG (in der Stammfassung) ist die Baubewilligung u.a. zu untersagen, wenn die bauliche Maßnahme den sonstigen baurechtlichen Bestimmungen (in lit.a - c ist die Einhaltung des Flächenwidmungsplanes, des Bebauungsplanes oder der Bauplatzerklärung und der Bestimmungen über die Lage der Bauten im Bauplatz angeordnet), insbesondere den bautechnischen sowie den die gesundheitlichen Anfordernisse und die Belange von Gestalt und Ansehen betreffenden, widerspricht.

§ 9 Abs. 2 BauPolG sieht vor, daß im Bescheid über die Erteilung der Bewilligung die zur Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften erforderlichen Auflagen erteilt werden dürfen.

Gemäß § 56 Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 75/1976 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung (im folgenden: BTG), dürfen Vorgärten weder entlang der Verkehrsfläche noch an den Nachbargrenzen durch Mauern, Holzwände oder gleichartig ausgebildete bauliche Anlagen eingefriedet werden, es sei denn, daß besondere Gründe diese Einfriedung verlangen und das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild hiedurch nicht gestört wird. Als gleichartig ausgebildete bauliche Anlage gilt für den Bereich von Vorgärten jedenfalls auch eine Einfriedung, deren massiver Sockel eine Höhe von 0,80 m erreicht (Abs. 1). Gemäß § 56 Abs. 3 BTG sind gemauerte oder als Holzwände oder gleichartig ausgebildete Einfriedungen über 1,50 m nur zulässig, wenn hiedurch die Benützung benachbarter Liegenschaften nicht wesentlich beeinträchtigt wird oder besondere Gründe diese Einfriedung verlangen und das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild nicht gestört wird.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß § 9 BauPolG jene Gründe abschließend aufzählt, aus denen eine Baubewilligung versagt werden könne. Liegt kein solcher Grund vor, sei die baurechtliche Bewilligung zu erteilen. Der angefochtene Bescheid führe nicht aus, welche öffentlichen Interessen, die ihre Grundlage in baurechtlichen Vorschriften hätten, der Erteilung der Baubewilligung entgegenstünden.

Zunächst ist festzustellen, daß der Beschwerdeführer zu Recht davon ausgeht, daß ihm im Hinblick auf den in den Auflagen erteilten Auftrag, einen Teil des verfahrensgegenständlichen Mauersockels zu entfernen, die Baubewilligung nicht erteilt wurde. Es ist auch zutreffend, daß § 9 BauPolG die Versagungsgründe für eine baurechtliche Bewilligung enthält. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß gemäß § § 9 Abs. 2 BauPolG die Erteilung von Auflagen im Rahmen eines Bescheides über die Erteilung der Baubewilligung nur zulässig ist, sofern sie zur Einhaltung baurechtlicher Vorschriften geboten ist. Zu untersuchen ist also zunächst, ob die Auflage betreffend die Entfernung des Mauersockels auf eine baurechtliche Vorschrift gestützt werden kann. Die Behörde erster Instanz hat im Gegensatz zu den anderen befaßten Behörden diese Auflage noch auf § 56 Bautechnikgesetz gestützt. Aus dem wiedergegebenen § 56 BTG ergibt sich, daß ein Mauersockel in der Höhe von 0,50 m nicht als eine in bezug auf eine Mauer oder Holzwand gleichartig ausgebildete bauliche Anlage im Sinne des § 56 BTG zu verstehen ist. Der verfahrensgegenständliche Mauersockel fällt daher schon aus diesem Grund nicht unter die Regelung des § 56 BTG. Diese Bestimmung kann daher keine Grundlage für die in Frage stehende baurechtliche Auflage bieten. Der von der Berufungsbehörde und der Vorstellungsbehörde zur Begründung dieser Auflage offensichtlich herangezogene § 35 StVO ist keine baurechtliche Vorschrift im Sinne des § 9 Abs. 2 BauPolG. Es stellt sich somit als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dar, wenn die belangte Behörde den Berufungsbescheid, mit dem der erstinstanzliche Bescheid samt den erteilten Auflagen bestätigt worden war, im Hinblick auf die in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Erteilung der Baubewilligung stehende Auflage der Entfernung eines Teiles des Mauersockels als rechtmäßig (offensichtlich gestützt auf § 35 StVO) angesehen und die Vorstellung abgewiesen hat. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren im Hinblick auf den Schriftsatzaufwand in Bezug auf den - im Hinblick auf vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfene Fragen - erstatteten weiteren Schriftsatz war abzuweisen, da Schriftsatzaufwand nur einmal gebührt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994060268.X00

Im RIS seit

28.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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