TE Lvwg Erkenntnis 2022/12/16 VGW-102/012/2947/2022, VGW-102/012/2948/2022, VGW-102/012/2949/2022, V

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Veröffentlicht am 16.12.2022
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Entscheidungsdatum

16.12.2022

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
41/01 Sicherheitsrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
SPG 1991 §83a
VStG §34b
  1. VStG § 34b heute
  2. VStG § 34b gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag. Hornschall über die Maßnahmenbeschwerde des Herrn D. E., vertreten durch Herrn Dr. H. I., Rechtsanwalt in Wien, hinsichtlich der kurzzeitigen „Anhaltung“ am 29.01.2022 beim ...denkmal in Wien, ...ring, durch Organe der Landespolizeidirektion Wien,

zu Recht:

I.     Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird der Beschwerde des Herrn D. E. Folge gegeben und festgestellt, dass die zwecks Identitätsfeststellung ausgesprochene Weigerung, ihn gehen zu lassen, (kurzzeitige „Anhaltung“) rechtswidrig war.

II.    Der Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) hat dem Beschwerdeführer, Herrn D. E., als obsiegender Partei den Schriftsatzaufwand iHv EUR 737,60 und den Verhandlungsaufwand iHv EUR 922,00, insgesamt sohin EUR 1.659,60 an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG unzulässig.

Das Verwaltungsgericht Wien fasst durch seine Richterin Mag. Hornschall über die Maßnahmenbeschwerden des Herrn A. B. und der Frau C. B., sowie des Herrn F. G., alle vertreten durch Herrn Dr. H. I., Rechtsanwalt in Wien, hinsichtlich der Ausweiskontrollen und des schriftlichen Festhaltens bzw. Abfotografierens und der Verwahrung daraus bezogener Daten am 29.01.2022 beim ...denkmal in Wien, ...ring, den

B E S C H L U S S

I.     Die Beschwerden des Herrn A. B., der Frau C. B. und des Herrn F. G. werden gemäß § 31 Abs.1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

II.    Der Beschwerdeführer A. B., die Beschwerdeführerin C. B. und der Beschwerdeführer F. G. haben dem Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) gemäß § 35 VwGVG zur geteilten Hand Schriftsatzaufwand iHv EUR 368,80 und Verhandlungsaufwand iHv EUR 461 insgesamt sohin EUR 829,80 Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

Verfahrensgang:

Mit Beschwerde vom 07.03.2022, welche am 09.03.2022 am Verwaltungsgericht Wien einlangte, beantragten Herr A. B. (im Folgenden: Erstbeschwerdeführer), Frau C. B. (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin), Herr D. E. (im Folgenden: Drittbeschwerdeführer) und Herr F. G. (im Folgenden: Viertbeschwerdeführer) durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter, Dr. H. I., Rechtsanwalt in Wien, die Ausübung unmittelbarer verwaltungsgerichtlicher Befehls- und Zwangsgewalt (in Form der „Anhaltung“ und Identitätsfeststellung der Beschwerdeführer:innen am 29.01.2022 beim ...denkmal in Wien sowie schriftliches Festhalten bzw. Abfotografieren und Verwahrung der personenbezogenen Daten des Erst- und Viertbeschwerdeführers bzw. der Zweitbeschwerdeführerin durch Organe der belangten Behörde) für rechtswidrig zu erklären. Weiters beantragten sie Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Im Wesentlichen führten sie in ihrer Beschwerde aus, sie seien durch die rechtsgrundlose Anhaltung, welche zwischen zehn und 30 Minuten dauerte, die von ihnen abverlangte und teilweise erfüllte Ausweisleistung und die damit verbundene Identitätsfeststellung in ihren einfachgesetzlichen Rechten, im öffentlichen Raum ohne Rechtsgrund nicht angehalten zu werden, sich ohne gesetzlichen Grund nicht ausweisen und einer Identitätsfeststellung unterziehen zu müssen, sowie in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechten auf Versammlungsfreiheit, Freiheit und Freizügigkeit der Person, Achtung der Privat- und Familiensphäre, sowie Gleichheit vor dem Gesetz und der Erst- und Viertbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin überdies in ihrem Grundrecht auf Datenschutz verletzt worden.

Die Beschwerdeführer:innen legten nach Aufforderung des Verwaltungsgerichts Wiens vom 10.03.2022 am 21.03.2022 drei als Beweise angeboten Videoaufnahmen über den Vorfall vor. Ein viertes Video, welches in der Beschwerde erwähnt wurde, konnte wegen technischer Probleme nicht hochgeladen werden.

Die Beschwerde wurde der Landespolizeidirektion Wien (im Folgenden: belangte Behörde) mit Schreiben vom 04.05.2022 mit der Aufforderung, die Verwaltungsakten vorzulegen, und einem Hinweis auf die Möglichkeit, eine Gegenschrift zu erstatten, übermittelt.

Die belangte Behörde erstattete am 24.05.2022 zu jeder Geschäftszahl eine Gegenschrift, somit insgesamt vier Gegenschriften. Die darin enthaltenen Ausführungen zum Sachverhalt und der Rechtslage sind abgesehen von geringfügigen Anpassungen in den Sachverhaltsdarstellungen gleichlautend. In diesen führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sich bei verschiedenen Versammlungen von Corona-Maßnahmengegnern Personen (zum Teil unter Verwendung von Uniformen oder Teilen derselben) als Polizeibeamte geriert hatten und dieser Problematik daher vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die Amtshandlung habe zehn bis 15 Minuten gedauert und sei nicht in unangemessener Form erfolgt. Amtshandlungen neben der (Aufforderung zur) Identitätsfeststellung seien nicht erfolgt. Der Notizzettel mit den Daten der Beschwerdeführer sei am Ende des Einsatzes vernichtet worden. Als Rechtsgrundlage für die Identitätsfeststellungen nannte die belangte Behörde die Überprüfung des Verdachts einer Übertretung von § 83a Abs. 1 SPG. Um dem bestehenden Verdacht nachzugehen, sei es unumgänglich gewesen, die Personen kurz anzuhalten und die Aufschriften genauer in Augenschein zu nehmen. Zur rechtlichen Beurteilung sei es notwendig gewesen, einen rechtskundigen Beamten beizuziehen. Die Maßnahme sei nicht überschießend gewesen. Die belangte Behörde beantragte die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. Als Kosten beantragte sie den Schriftsatz- und Vorlageaufwand. Als Beilage übermittelte sie lediglich ein Funkprotokoll vom 29.01.2022.

Am 05.07.2022 fand unter Anwesenheit der Beschwerdeführer:innen und ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer die Beschwerdeführer:innen und die Zeug:innen Frau J. K., Herr L. M., Herr N. O. und Herr P. O. vernommen wurden.

Die Verhandlung wurde am 08.07.2022 fortgesetzt. Vernommen wurden die Zeug:innen Bezirksinspektor Q. R., Bezirksinspektor S. T. und Bezirksinspektorin U. V.. Im Zuge der Verhandlung wurden die drei vorgelegten Videos abgespielt.

Mit Äußerung vom 18.07.2022 wies die belangte Behörde auf das bereits vorgelegte Funkprotokoll vom 29.01.2022 hin, in welchem noch vor den Amtshandlungen gegen die Beschwerdeführer:innen von der Sichtung einer mit polizeiähnlicher Uniform bekleideten Person die Rede ist. Sie stellte außerdem den Antrag, den Verhandlungsaufwand im gesetzlichen Ausmaß zuzusprechen.

Am 16.09.2022 wurde die öffentliche, mündliche Verhandlung abermals fortgesetzt. Als Zeugen vernommen wurden Herr HR Mag. N. W. und Herr Major X. Y.. Das Beweisverfahren wurde nach der Vernehmung mit verfahrensleitendem Beschluss geschlossen.


Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes und des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

1.)      Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer sind Polizeibeamt:innen.

2.)      Die Beschwerdeführer:innen trafen sich am 29.01.2022 gegen 12:30 Uhr gemeinsam mit weiteren Personen beim ...denkmal am ...ring, Wien, um im Anschluss gemeinsam an einer politischen Kundgebung im …-Park, Wien, teilzunehmen.

3.)      Die Beschwerdeführer:innen trugen an diesem Tag Zivilkleidung. Auf ihre Oberbekleidung brachten sie Aufkleber mit der Aufschrift „Kritischer Polizist“ an. Die Aufkleber zeigen einen rot-weiß-roten Pinselstrich vor gelben Hintergrund. Der darüber liegende Schriftzug ist schwarz, in Blockbuchstaben und in einer Schriftart ohne Serifen gehalten. Die Schriftart des Aufklebers weist zwar eine gewisse Ähnlichkeit zur Schriftart auf, in der das Wort „POLIZEI“ beispielsweise auf Ärmelabzeichen oder der Oberbekleidung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes geschrieben ist. Die Farbgebung des Aufklebers weicht aber stark von der typischerweise mit der Polizei bzw. deren Uniformen assoziierten Gestaltung (v.a. gelbe, weiße oder silbern reflektierende Schrift auf zumeist dunkelblauem Hintergrund) ab. Die Beschwerdeführer:innen waren nicht die einzigen aus der Gruppe, die die Aufkleber trugen. Die Aufkleber wurden vom Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer auf Brusttaschenhöhe getragen. Die Zweitbeschwerdeführerin trug den Aufkleber auf ihrem rechten Oberarm. Die Beschwerdeführer:innen trugen keine Uniform oder Uniformteile.

4.)      Bezirksinspektor Q. R., der als Zugskommandant am ...denkmal im Einsatz war, informierte Kompaniekommandant Major X. Y. telefonisch darüber, dass Personen mit Aufklebern mit den Worten „Kritischer Polizist“ gesichtet wurden. Dieser erteilte ihm den Auftrag, die Gruppe anzuhalten und den Sachverhalt aufzuklären. Per Funk meldete Major Y. (Funkname: …) den Sachverhalt seinem Abschnittsleiter (Funkname: …). Per Funk wurde angekündigt, dass Hofrat Mag. N. W. (Funkname: …) als Behördenvertreter der Landespolizeidirektion Wien vor Ort komme. Um 12:45 Uhr wurde per Funkspruch durch Major Y. nochmals der Auftrag erteilt, die Gruppe anzuhalten bis der Behördenvertreter vor Ort ist, um die Situation zu klären. Eine Anweisung zur Ausweiskontrolle wurde nicht gegeben.

5.)      Als sich die Gruppe, der die Beschwerdeführer:innen angehörten, schließlich auf den Weg in Richtung der politischen Kundgebung machte, stiegen mehrere Polizeibeamt:innen aus ihren Fahrzeugen. Insgesamt waren ungefähr 20 Polizeibeamt:innen vor Ort.

6.)      Der Erstbeschwerdeführer wurde von einem Bezirksinspektor aufgefordert, sich mit einem Lichtbildausweis auszuweisen. Der Erstbeschwerdeführer fragte nach dem Grund der Amtshandlung, worauf er keine für ihn zufriedenstellende Antwort erhielt. Er kam der Aufforderung aber trotzdem nach. In Folge verlangte der Bezirksinspektor mit Verweis auf den Aufkleber „Kritischer Polizist“ auch die Aushändigung des Dienstausweises. Auch dieser Aufforderung kam der Erstbeschwerdeführer nach. Während dieser Amtshandlung standen um den Erstbeschwerdeführer und den Bezirksinspektor in einiger Entfernung weitere Polizeibeamt:innen herum. Wäre der Erstbeschwerdeführer dem Bezirksinspektor ausgewichen, hätten auch die restlichen Polizeibeamt:innen versuchen können, ihn aufzuhalten. Seine Daten wurden auf einem Stück Papier festgehalten, das nach Weitergabe der Daten an die Ordnungsdiensteinheit zur Dokumentation der Amtshandlung am Ende des Einsatzes vernichtet wurde.

7.)      Jener Bezirksinspektor, der mit dem Erstbeschwerdeführer interagierte, sprach noch während dieser Amtshandlung auch den Viertbeschwerdeführer an. Der Bezirksinspektor forderte den Viertbeschwerdeführer mit dem Ausruf „Stopp“ auf stehenzubleiben und verlangte, dass er einen Ausweis vorweist. Auch der Viertbeschwerdeführer kam der Aufforderung nach. Auf seine Frage nach der rechtlichen Grundlage der Amtshandlung bekam der Viertbeschwerdeführer keine Antwort. Er wurde gefragt, ob er Polizist sei, jedoch nicht aufgefordert, seinen Dienstausweis zu zeigen. Auch die erhobenen Daten über den Viertbeschwerdeführer wurden auf Papier festgehalten, an die Ordnungsdiensteinheit weitergegeben und das Papier am Ende des Einsatzes vernichtet.

8.)      Der Erst- und Viertbeschwerdeführer erhielten nach dem Eintreffen von Major Y. auf Nachfrage dessen Dienstnummer und die Auskunft, dass sie mit dem Aufkleber an einer Versammlung teilgenommen haben und es bei anderen Demonstrationen Personen gegeben habe, die sich wahrheitswidrig als Polizist:innen ausgegeben haben. Bei diesen wurden auch Identitätsfeststellungen durchgeführt, weshalb das auch bei dem Erst- und Viertbeschwerdeführer gemacht wurde. Im Hintergrund sei abgeklärt worden, ob § 83a SPG im vorliegenden Fall greife. Das sei nicht der Fall, weil keine Uniformen oder Uniformteile getragen wurden. Deshalb gebe es keine Anhaltung und der Erst- und Viertbeschwerdeführer dürften gehen.

9.)      Die Zweitbeschwerdeführerin wurde durch einen Polizeibeamten aufgefordert, einen Lichtbildausweis und ihren Dienstausweis vorzuweisen. Sie kam der Aufforderung unverzüglich nach und händigte beide Ausweise aus. Der Polizeibeamte scannte die Ausweise mit seinem Diensttelefon und gab ihr die Dokumente anschließend wieder zurück.

10.)    Vor den Drittbeschwerdeführer stellte sich Bezirksinspektorin U. V., die als Gruppenleiterin im Einsatz war, und fragte ihn nach einem Ausweis. Um ihn herum standen weitere Polizeibeamt:innen, die ihn, wäre er Bezirksinspektorin V. ausgewichen, aufhalten hätten können. Auf die Frage nach der rechtlichen Grundlage für die Ausweisleistung folgte eine längere Diskussion zwischen dem Drittbeschwerdeführer und Bezirksinspektorin V.. Auf Aufforderung des Drittbeschwerdeführers an die Bezirksinspektorin, ihn gehen zu lassen, antwortete sie ihm, dass sie das noch abklären müsse. Daraufhin kamen zwei Personen in Zivilkleidung hinzu. Einer davon war Hofrat Mag. N. W., der Behördenvertreter der Landespolizeidirektion Wien. Zwischen Hofrat Mag. W. und dem Drittbeschwerdeführer entfachte ebenfalls eine Diskussion darüber, warum der Drittbeschwerdeführer seinen Ausweis herzeigen solle. Der Drittbeschwerdeführer erklärte, dass er kein dienstliches Abzeichen trage und den Grund für die Amtshandlung wissen wolle. HR Mag. W. erklärte das damit, dass er sich als Polizist ausgegeben habe. Die Amtshandlung wurde von Hofrat Mag. W. schließlich ohne erfolgte Ausweisleistung beendet. Als sich der Drittbeschwerdeführer daraufhin entfernen wollte, wurde er von HR Mag. W. noch einmal zurückgerufen und auf die Maskenpflicht hingewiesen. Während der Amtshandlung standen mehrere Polizeibeamt:innen in unmittelbarer Nähe beim Drittbeschwerdeführer.

11.)    Es waren ungefähr 20 Polizei:beamtinnen vor Ort im Einsatz. Es wurde durch die sich im Einsatz befindenden Polizeibeamt:innen keine Zwangsgewalt ausgeübt. Während der beanstandeten Amtshandlungen standen sowohl in Richtung …platz als auch in Richtung Z. mehrere Polizeibeamt:innen. Seitlich in Richtung Fahrbahn des ...rings stand eine weitere Gruppe, die mit dem Drittbeschwerdeführer interagierte. Die Beschwerdeführer:innen wurden von den Polizeibeamt:innen jedoch nicht umzingelt oder gar eingekesselt. Die Aufstellung wies mehrere Lücken auf und die Polizeibeamt:innen standen teilweise weit voneinander entfernt. Sie standen auch nicht in Bereitschaft, sondern in lockerer Haltung. Dahinter konnten sich auch andere Demonstrierende frei bewegen und wurden von den Amtshandlungen nicht abgeschirmt. Während der Amtshandlungen gegen die Beschwerdeführer:innen gingen auch einige Personen aus der Gruppe weiter, darunter auch solche, die einen Aufkleber „Kritischer Polizist“ trugen.

12.)    Teilweise standen die Polizeibeamt:innen bei den Amtshandlungen in der Dreiecksposition. Dabei steht die angehaltenen Person mittig und je ein:e Beamt:in links und rechts versetzt. Diese Aufstellung wird eingesetzt, um auf Flucht- oder Angriffsversuche reagieren zu können. Die Amtshandlungen gegen die Zweitbeschwerdeführerin, den Erst- und Viertbeschwerdeführer erfolgten nicht in dieser Formation.

13.)    Die Amtshandlungen gegen den Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer dauerten ungefähr fünfzehn bis 20 Minuten. Die Amtshandlung gegen die Zweitbeschwerdeführerin dauerte unter fünf Minuten.

14.)    Personendurchsuchungen nach Uniformteilen, etwa unter der Oberbekleidung, wurden nicht durchgeführt.


Beweiswürdigung:

Ad 1.) Die Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin, des Dritt- und des Viertbeschwerdeführer als Polizeibeamt:innen wurde von diesen in der Beschwerde und bei ihrer Vernehmung vorgebracht. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, der Umstand wurde auch von der belangten Behörde nicht bestritten.

Ad 2.) Die Schilderung der Zusammenkunft beim ...denkmal und des Aufmachens in Richtung der politischen Kundgebung ergibt sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführer:innen in der Beschwerde und aus ihren Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022.

Ad 3.) Dass die Beschwerdeführer:innen Zivilkleidung trugen und darauf Aufkleber befestigten geht aus ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022 und den Aussagen der Exekutivbeamt:innen in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.222 hervor. Der Aufkleber „Kritischer Polizist“ wurde dem Verwaltungsgericht Wien in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022 vorgelegt und dem Akt beigegeben. Der Vergleich des Aufklebers mit dem Polizeilogo bzw. der Farbgebung der Polizeiuniformen erfolgte anhand der Bilder in Anlage A und C der Uniformschutzverordnung – USV BGBl. II Nr. 205/2016 idF BGBl. II Nr. 254/2019. Dass die Beschwerdeführer:innen nicht die einzigen aus der Gruppe waren, die die Aufkleber trugen, wurde sowohl von ihnen, als auch von den vernommenen Zeug:innen, u.a. der Zeugin J. K., ausgesagt. Dass der Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer die Aufkleber auf Brusttaschenhöhe trugen und die Zweitbeschwerdeführerin den Aufkleber auf ihrem rechten Oberarm trug, ist in den drei dem Verwaltungsgericht Wien vorgelegten Videos ersichtlich.

Ad 4.) Der Inhalt der Funksprüche ist im vorgelegten Funkprotokoll ersichtlich. Die Zuordnung der Funknamen zu Major Y., dem Abschnittsleiter und HR Mag. W. ergibt sich aus den Gegenschriften der belangten Behörde und der Aussage von Major Y. in der Verhandlung vom 16.09.2022. Dass die erste Meldung über die Beschwerdeführer:innen von Bezirksinspektor R. kam, sagte Major Y. in der Verhandlung vom 16.09.2022. Dass der Auftrag zur Anhaltung von Major Y. kam, gab Bezirksinspektor Q. R. in der mündlichen Verhandlung von 08.07.2022 an. Das deckt sich auch mit dem Funkprotokoll. Dass Bezirksinspektor R. Zugskommandant und Major Y. Kompaniekommandant für den Einsatz waren, geht aus den Aussagen von Bezirksinspektor R. und Bezirksinspektor S. T. hervor.

Ad 5.) Die Einschätzung der Beschwerdeführer:innen über die Anzahl der Polizeibeamt:innen, welche in den Einsatz am ...denkmal involviert waren, deckt sich im Wesentlichen mit den Angaben der von Bezirksinspektor R. und Bezirksinspektorin V. in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2022 und der Zeug:innen J. K., L. M., N. O. und P. O. in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022.

Ad 6.) Die Amtshandlung gegen den Erstbeschwerdeführer wurde von diesem in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022 geschildert. Im Umfang der Feststellung ist die Schilderung auch in Anbetracht der Aussagen der weiteren Zeug:innen glaubhaft. Dass der Erstbeschwerdeführer keine entsprechende Antwort auf seine Frage nach dem Grund der Identitätsfeststellung erhielt, erscheint schlüssig. Bei der Vernehmung der Exekutivbeamt:innen in der Verhandlung vom 08.07.2022 entstand der Eindruck, dass sich die am Einsatz beteiligten Exekutivbeamt:innen selbst nicht gänzlich im Klaren darüber waren, nach welcher Rechtsgrundlage sie handeln. Dass der Polizeibeamte zunächst einen Lichtbildausweis und im Anschluss den Dienstausweis verlangte, deckt sich auch mit der Angabe von Bezirksinspektor T. in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2022. Gleiches gilt für die Erfassung der Daten auf Papier. Die Feststellung zur Weitergabe der Daten an die Ordnungsdiensteinheit zur Dokumentation der Amtshandlung gründet sich auf die Aussage von Bezirksinspektor R. in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022. Die Feststellung zur Vernichtung des Papiers nach Einsatzende gründet sich auf die Gegenschrift der belangten Behörde vom 24.05.2022. Dass der Erstbeschwerdeführer von den restlichen Polizeibeamt:innen nicht umzingelt wurde, sondern diese in einiger Entfernung standen, ist in den vorgelegten Videos ersichtlich.

Ad 7.) Die Amtshandlung gegen den Viertbeschwerdeführer wurde von diesem in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022 geschildert. Im Umfang der Feststellung ist die Schilderung auch in Anbetracht der Aussagen der weiteren Zeug:innen glaubhaft. Dass auch der Viertbeschwerdeführer keine entsprechende Antwort auf seine Frage nach dem Grund der Identitätsfeststellung erhielt, erscheint aus den in Punkt 6. genannten Gründen schlüssig. Die Feststellungen zur Datenaufnahme und -weitergabe gründen sich auf die Aussagen von Bezirksinspektor T. und auf die Gegenschrift der belangten Behörde vom 24.05.2022.

Ad 8.) Die Schilderung des Gesprächsverlaufs zwischen dem Erst- und Viertbeschwerdeführer und Major Y. deckt sich im Wesentlichen in den Angaben des Erstbeschwerdeführers und von Major Y.. Er ist außerdem in Video 1 (video_2022-01-30_20-47-18) ab Minute 03:20 dokumentiert. Die Beendigung der Amtshandlung erfolgt im Video zu Minute 04:00.

Ad 9.) Die Amtshandlung gegen die Zweitbeschwerdeführerin wurde von dieser in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022 geschildert und wurde in den festgestellten Sachverhaltselementen von der belangten Behörde nicht bestritten. Dass die Ausweise gescannt und nicht fotografiert wurden, geht aus der Gegenschrift der belangten Behörde vom 24.05.2022 zur Zahl VGW-102/012/2948/2022 hervor.

Ad 10.) Die Amtshandlung gegen den Drittbeschwerdeführer wurde von diesem in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2022 geschildert und ist in Anbetracht der Aussagen der weiteren Zeug:innen im Umfang der Feststellung auch glaubhaft. Sowohl der Drittbeschwerdeführer als auch Bezirksinspektorin V. gaben an, dass es sie miteinander interagiert haben. Dass der Drittbeschwerdeführer von Bezirksinspektorin V. gesagt wurde, dass der Sachverhalt noch abgeklärt werden müsse, gaben sowohl der Drittbeschwerdeführer als auch die Bezirksinspektorin in ihrer jeweiligen Vernehmung an. Dass um ihn herum mehrere Polizeibeamt:innen standen, geht aus der Schilderung in der Beschwerde und aus dem vorgelegten Video 3 (video_2022-01-30_20-47-28) hervor. Das Gespräch des Drittbeschwerdeführers mit Hofrat Mag. N. W. wurde in Video 1 (ab Minute 00:00) und Video 3 festgehalten. In beiden Videos ist nicht das ganze Gespräch akustisch nachvollziehbar. Es ist aber erkennbar, dass die Diskussion über die Ausweisleistung in Zusammenhang mit dem Aufkleber und § 83 SPG stattfand. Der Behördenvertreter gibt als Grund wiederholt an, dass sich der Drittbeschwerdeführer als Polizist ausgegeben habe. Der Behördenvertreter beendet die Amtshandlung schließlich ohne auf die Ausweisleistung zu beharren (Video 3, Minute 00:58). Auf die Maskenpflicht verweist er erst, als sich der Drittbeschwerdeführer bereits entfernen möchte (Video 3, Minute 01:07).

Ad 11.) Die Feststellungen zur Art, wie die Amtshandlungen gegen die Beschwerdeführer:innen jeweils durchgeführt wurden, ergeben sich aus einer Zusammenschau der vorgelegten Videos und der Aussagen der Beschwerdeführer:innen und Zeug:innen in der mündlichen Verhandlung. V.a. die Aussage von Bezirksinspektor R., Bezirksinspektor T., Bezirksinspektorin V. und Major Y. sprechen gegen eine Umzingelung oder Einkesselung der Beschwerdeführer:innen. Dass Zwang ausgeübt wurde, wurde auch von den Beschwerdeführer:innen nicht behauptet. Die Aufstellung der Polizeibeamt:innen ist weiters in den vorgelegten Videos, vor allem Video 2 (video_2022-01-30_20-47-24), nachvollziehbar. Eine Einkesselung ist nicht zu erkennen, alleine schon, weil in der Aufstellung der Polizist:innen zahlreiche Lücken bestanden. Sie verändern ihre Positionen auch nach Beendigung der Amtshandlung nicht wesentlich, was darauf hinweist, dass die Beschwerdeführer:innen auch davor schon vorbeigehen hätten können. In Video 3 ist ersichtlich, dass die um die Amtshandlung versammelten Polizeibeamt:innen nicht in Bereitschaft stehen, sondern in lockerer Haltung und verstreut. Die Feststellung, dass während der Amtshandlungen gegen die Beschwerdeführer:innen auch einige Personen einfach weitergegangen sind, gründet sich auf die glaubhafte Aussage von Bezirksinspektor T. in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2022 und auf die Äußerung der belangten Behörde in der Gegenschrift vom 24.05.2022. Ebenso sagte er aus, dass er zwei Kolleg:innen seiner Gruppe die Auskunft gab, dass Personen, die der Aufforderung stehen zu bleiben, nicht nachgekommen sind, einfach weitergehen könnten.

Ad 12.) Dass einige Amtshandlungen in der Dreiecksposition geführt wurden, gründet sich auf die Aussage von Major Y. über seine Wahrnehmung, als er zum ...denkmal kam. Die Feststellung, dass es sich dabei nicht um die Amtshandlungen gegen die Zweitbeschwerdeführerin, den Erst- und Viertbeschwerdeführer handelte, gründet sich darauf, dass die diese weder in der Beschwerde noch in ihren Aussagen im Zuge der mündlichen Verhandlung angaben, von mehr als einer Person – wenn auch im Umfeld mehrere andere Polizeibeamt:innen standen – beamtshandelt worden zu sein.

Ad 13.) Die Angabe der Dauer der Amtshandlung gegen den Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer mit 15 bis 20 Minuten durch die Beschwerdeführer deckt sich mit der Anhaltedauer, die aus dem Funkprotokoll der belangten Behörde hervorgeht. Demzufolge wurden gegen 12:45 Uhr einige Beamt:innen losgeschickt, um die Demonstrierenden anzuhalten. Um 13:03 Uhr erfolgte ein Funkspruch, dass Identitätsfeststellungen erfolgt seien.

Ad 14.) Eine Personendurchsuchung wurde von den Beschwerdeführer:innen nicht behauptet. Das deckt sich mit den Aussagen von Bezirksinspektor R. und Bezirksinspektor T. in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2022.


Rechtsgrundlagen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 14/2019 lauten:


         Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

1.   […]

2.   gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3.   […]

wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Artikel 132. (1) […]

(2) Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

§ 34b Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 194/1999 lautet:

Identitätsfeststellung

§ 34b. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zur Feststellung der Identität einer Person ermächtigt, wenn diese auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach entweder glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt oder mit Gegenständen betreten wird, die auf ihre Beteiligung an der Tat hinweisen. § 35 Abs. 2 und 3 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, ist sinngemäß anzuwenden.

§ 83a Sicherheitspolizeigesetz – SPG BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. Nr. 662/81992 lautet:

Unbefugtes Tragen von Uniformen

§ 83a. (1) Wer, außer für szenische Zwecke, die gemäß Abs. 2 bezeichneten Uniformen oder Uniformteile eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Bundesministeriums für Inneres oder der Landespolizeidirektion an einem öffentlichen Ort (§ 27 Abs. 2) trägt, ohne ein solches Organ zu sein, oder sonst durch Gesetz oder Verordnung dazu ermächtigt zu sein, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen. Gleiches gilt für das Tragen einer Uniform oder von Uniformteilen, die auf Grund ihrer Farbgebung und Ausführung geeignet sind, den Anschein einer gemäß Abs. 2 bezeichneten Uniform oder eines Uniformteiles zu erwecken.

(2) Der Bundesminister für Inneres bezeichnet durch Verordnung die Uniformen oder Uniformteile im Sinne des Abs. 1.

§ 35 VwGVG – Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 109/2021 lautet:

Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(3a) § 47 Abs. 5 VwGG ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.



Rechtliche Beurteilung:

1.       Die Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG an ein Verwaltungsgericht setzt voraus, dass ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt (vgl. VwGH 14.03.2018, Ra 2017/17/0937). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Weil das Gesetz auf Befehle, also auf normative Anordnungen abstellt, sind behördliche Einladungen zu einem bestimmten Verhalten auch dann nicht tatbildlich, wenn der Einladung Folge geleistet wird. Die subjektive Annahme einer Gehorsamspflicht ändert noch nichts am Charakter einer Aufforderung zum freiwilligen Mitwirken. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein ausdrücklicher Befolgungsanspruch nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (VwGH vom 20.04.2022, Ra 2021/01/0418 mwN).

2.       Die Beschwerdeführer:innen machen geltend, durch die Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren subjektiven Rechten verletzt worden zu sein. Zu prüfen ist zunächst, ob die behauptete Verletzung durch Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten erfolgte. Die einschreitenden Exekutivbeamt:innen handelten in ihrer Funktion als Verwaltungsorgane, nämlich in ihrer Funktion als Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Rahmen der Hoheitsverwaltung, indem sie für die Landespolizeidirektion Wien das Sicherheitspolizeigesetz 1991 – SPG vollzogen. Ihre Handlungen waren gegen die Beschwerdeführer:innen als individuell bestimmte Adressaten gerichtet und ergingen unmittelbar, d.h. nicht als Vollstreckungsakt, und relativ formfrei, d.h. nicht in Form eines Bescheides (Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 [2021], 381f).

3.       Die Verletzung von subjektiven Rechten durch einen Akt der Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt weiters das Vorliegen von Befehls- oder Zwangsgewalt voraus. Diese ist nach der oben angeführten Rechtsprechung zunächst gegeben, wenn physischer Zwang ausgeübt wird (Zwangsgewalt) oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (Befehlsgewalt). Wurde weder physischer Zwang ausgeübt, noch die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs angedroht, kann Befehlsgewalt auch vorliegen, wenn bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (VwGH vom 20.04.2022, Ra 2021/01/0418 mwN). Die Amtshandlungen gegen die Beschwerdeführer:innen erfolgten unstrittig ohne Anwendung von physischem Zwang und somit ohne Zwangsgewalt.

4.        Im Fall des Erst- und Viertbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin lag auch kein Befehlsakt iSd höchstgerichtlichen Judikatur vor:

Zwar erging an sie die Aufforderung, stehen zu bleiben und sich auszuweisen, jedoch wurde im Falle der Nichtbefolgung keine unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht. Eine mündliche Äußerung eines Verwaltungsorgans ist nur dann als Befehl zu werten, wenn sie nach den Umständen des Falles hinreichend deutlich als normative Anordnung zu erkennen ist (VwGH vom 18.10.2017, Ra 2017/02/0041). Der Ausruf „Stopp“ oder die einfache Aufforderung, einen Ausweis vorzuweisen, erfüllt im gegenständlichen Fall die Anforderungen an den ausdrücklichen Befolgungsanspruch eines Befehlsaktes nicht (vgl. VwGH vom 20.12.2016, Ra 2015/03/0048: Die Anweisung einen gesperrten Bereich „jetzt zu verlassen“ und dass der Betroffene einer Anweisung „Folge zu leisten habe“ vermittelt hingegen ein hohes und ernstzunehmendes Maß an Bestimmtheit und verdeutlicht, dass das Verbleiben am Ort nicht freigestellt wurde).

Alternativ ist vom Vorliegen von Befehlsgewalt auch dann auszugehen, wenn bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist. Dabei kommt es darauf an, ob die Betroffenen im Falle ihrer Weigerung unmittelbaren physischen Zwang zu gegenwärtigen hätten (VwGH vom 26.06.2018, Ra 2018/95/0184). Bei der Prüfung, ob eine Anhaltung vorliegt, ist bspw. neben dem Wortlaut und der Bestimmtheit der Aufforderung durch die Behördenorgane auch maßgeblich, ob dem Betroffenen das Verlassen des Ortes der Amtshandlung oder das Verbleiben an diesem allenfalls freigestellt wurde, und ob sich die Beamten in einer Weise verhalten haben, dass aus der Sicht des Betroffenen - unabhängig von subjektiven Eindrücken - die Überzeugung entstehen musste, er werde im Fall seiner Weigerung ohne weitere Aufforderung mit Zwang mitgenommen bzw.  angehalten werden (VwGH vom 18.10.2017, Ra 2017/02/0041). Stellen sich die Aufforderungen eines Polizeibeamten jedoch unter voller Berücksichtigung aller Begleitumstände nur als Einladung dar, die der Betroffene nach eigenem Gutdünken unerfüllt lassen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass er deshalb unverzüglich - das ist jedenfalls ohne Dazwischentreten weiterer Verwaltungsakte - physischem (Polizei-)Zwang unterworfen werde, um den gewünschten Zustand zu erreichen, so handelt es sich dabei um keinen Befehlsakt (VwGH vom 18.10.2017, Ra 2017/02/0041).

Die Zweitbeschwerdeführerin und der Erst- und Viertbeschwerdeführer gaben jeweils an, nur von einem Polizeibeamten zum Stehenbleiben und zur Ausweisleistung aufgefordert worden zu sein. Zwar waren insgesamt rund 20 Exekutivbeamt:innen anwesend und hätten bei der zwangsweisen Durchsetzung einer Identitätsfeststellung oder Festnahme mitwirken können, das alleine reicht jedoch für den Eindruck einer unmittelbar bevorstehenden zwangsweisen Durchsetzung nicht aus. Gerade bei Versammlungen kommt es oftmals zu einem größeren Polizeiaufgebot. Dabei kommt den Exekutivbeamt:innen auch die Aufgabe zu, durch ihre bloße Anwesenheit für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Die Beschwerdeführer:innen wurden, entgegen ihren Behauptungen, durch die anwesenden Exekutivbeamt:innen auch nicht umzingelt oder gar eingekesselt. Vielmehr spricht deren lose Aufstellungen mit mehreren größeren Lücken und in nicht aufmerksamer Haltung bei objektiver Betrachtungsweise gegen den Eindruck, dass bei Nichtbefolgung der Anordnung mit der unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen war. Dieser Eindruck musste durch den Umstand, dass einige Personen der Aufforderung, stehen zu bleiben und einen Ausweis vorzuzeigen, sanktionslos nicht nachgekommen waren, weiter entkräftet werden.

Aufgrund des Umstands, dass die Zweitbeschwerdeführerin, der Erst- und Viertbeschwerdeführer der Aufforderung, stehenzubleiben und einen Ausweis vorzuweisen, unverzüglichen Folge leisteten, ist vielmehr davon auszugehen, dass sie ihre Ausweise freiwillig vorlegten. Zwar ist es für die Qualifikation als Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht erforderlich, dass Betroffene gegenüber den Verwaltungsorganen klarstellen, die Maßnahme abzulehnen (VwGH vom 16.06.2018, Ra 2018/05/0184). Im vorliegenden Fall führte die sofortige Entsprechung jedoch dazu, dass es von Seiten der Verwaltungsorgane zu gar keiner impliziten oder expliziten Manifestation eines Befehls kommen musste. Behördliche Einladungen zu einem bestimmten Verhalten sind auch dann nicht tatbildlich, wenn der Einladung Folge geleistet wird (vgl. VwGH vom 12.09.2007, Zl. 2005/03/1053 zur Aufforderung zur Ausweisleistung durch ein Naturwacheorgan; VwGH vom 27.5.1999, 99/11/9981 zur Aufforderung im Zuge der Anhaltung eines Lenkers, einen Ausweis vorzuweisen). Die subjektive Annahme einer Gehorsamspflicht ändert noch nichts am Charakter einer Aufforderung zum freiwilligen Mitwirken (vgl. VfSlg. 14.887/1997). Bei der Zweitbeschwerdeführerin ist die Freiwilligkeit aufgrund der kurzen Dauer der Amtshandlung und der unverzüglichen Ausweisleistung besonders deutlich. Aber auch der Erst- und Viertbeschwerdeführer übergaben ihre Ausweise, ohne dass der Exekutivbeamte die zwangsweise Durchsetzung androhen musste. Sie erkundigten sich zwar nach der Rechtsgrundlage, kamen der Aufforderung aber auch nach Unterbleiben einer für sie zufriedenstellenden Auskunft nach. Das Festhalten der Daten aus den vorgezeigten Ausweisen und die kurzfristige Speicherung erfolgte ebenfalls ohne Anwendung von Befehls- oder Zwangsgewalt.

Aufgrund der fehlenden Ausübung von Befehls- oder Zwangsgewalt liegt bei den Maßnahmenbeschwerden des Erst- und Viertbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin kein tauglicher Verfahrensgegenstand vor. Die Beschwerden sind somit als unzulässig zurückzuweisen.

5.       Im Fall des Drittbeschwerdeführers kam es ebenfalls nicht zur Anwendung von physischem Zwang und damit zu keinem Einsatz von Zwangsgewalt, es wurde aber ein Befehlsakt iSd höchstgerichtlichen Judiktaur gesetzt:

Im Gegensatz zum Erst- und Viertbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin folgte der Drittbeschwerdeführer der Aufforderung, seinen Ausweis vorzuweisen, nicht freiwillig. Nach einer Diskussion über die Rechtsgrundlage einer Identitätsfeststellung mit der einschreitenden Exekutivbeamtin forderte er sie auf, sie gehen zu lassen, was sie ihm mit der Auskunft, sie müsse die Situation noch abklären, verweigerte. Aufgrund der Bestimmtheit der Verweigerung ist hier von einem ausdrücklichen Befolgungsanspruch auszugehen (vgl. VwGH vom 20.12.2016, Ra 2015/03/0048). In Zusammenschau mit dem Umstand, dass – anders als bei den restlichen Beschwerdeführer:innen – während der Amtshandlung weitere Exekutivbeamt:innen in unmittelbarer Nähe zum Drittbeschwerdeführer standen, konnte für diesen auch bei objektiver Betrachtungsweise der Eindruck entstehen, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung, an Ort und Stelle zu verweilen, mit der unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen war.

Die Verletzung des Drittbeschwerdeführers in seinen subjektiven Rechten durch eine Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt war somit möglich und die daher Maßnahme auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen:

Gemäß § 34b Verwaltungsstrafgesetz – VStG sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität einer Person ermächtigt, wenn diese auf frischer Tat betreten wird. Zwar weigerte sich der Drittbeschwerdeführer, an einer Identitätsfeststellung mitzuwirken und war seine Identität wohl auch nicht anders feststellbar, jedoch ist fraglich, ob er überhaupt auf frischer Tat betreten wurde. Die Betretung „auf frischer Tat“ iSd § 34b VStG setzt nämlich voraus, dass die Person eine als Verwaltungsübertretung strafbare Handlung verübt und bei Begehung dieser Tat betreten wird, wobei das erste dieser beiden Erfordernisse bereits erfüllt ist, wenn das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Verübung einer Verwaltungsübertretung mit gutem Grund – und damit vertretbar - annehmen konnte (VwGH 18.06.2008, 2005/11/0048).

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gingen von einer möglichen Verletzung des § 83a Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz – SPG aus. Diese Annahme war jedoch im vorliegenden Fall nicht vertretbar: § 83a Abs. 1 Satz 1 SPG macht das unbefugte Tragen von gemäß § 83a Abs. 2 SPG bezeichneten Uniformen oder Uniformteilen eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Bundesministeriums für Inneres oder der Landespolizeidirektion an einem öffentlichen Ort, außer für szenische Zwecke, zur Verwaltungsübertretung. Gleiches gilt gemäß Satz 2 leg cit auch für das Tragen einer Uniform oder von Uniformteilen, die auf Grund ihrer Farbgebung und Ausführung geeignet sind, den Anschein einer gemäß Abs. 2 bezeichneten Uniform oder eines Uniformteiles zu erwecken. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach dieser Vorschrift nicht strafbar, ihre Straffreiheit knüpft abstrakt an die Organstellung an und setzt nicht voraus, dass sich die uniformtragende Person im Dienst befindet (Hauer/Keperling, SPG3 (2005) 850). Diese Straffreiheit erklärt zwar, warum die einschreitenden Exekutivbeamt:innen durch die Kontrolle von (Dienst-)Ausweisen feststellen wollten, ob es sich bei den Beschwerdeführer:innen um Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes handelt. Der gegenständliche Aufkleber mit der Aufschrift „kritischer Polizist“ war jedoch aufgrund seiner Farbgebung und restlichen Aufmachung so wenig geeignet, den Anschein eines geschützten Uniformteiles zu erwecken, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes schon auf den ersten Blick hätten erkennen müssen, dass eine Verwaltungsübertretung nach § 83a Abs. 1 SPG jedenfalls nicht vorliegt, zumal ihnen die selbst getragenen Uniformen der Landespolizeidirektion Wien bestens bekannt waren.

6.       Die Exekutivbeamt:innen konnten somit nicht vertretbar von der Begehung einer Verwaltungsübertretung ausgehen. Der Maßnahme gegen den Drittbeschwerdeführer fehlte es daher an einer tragfähigen Rechtsgrundlage und war sie somit rechtswidrig.

7.       Es ist zwar nachvollziehbar, dass die belangte Behörde ein intensives Interesse an der Aufklärung von Sachverhalten, bei denen sich Personen fälschlicherweise als Polizist:innen ausgeben, hat. Dem Vorbringen der belangten Behörde, es sei für die rechtliche Beurteilung unumgänglich gewesen, die Personengruppe kurz anzuhalten, ist jedoch nicht zu folgen. Stattdessen wäre es ausreichend gewesen, wenn die sich vor Ort befindlichen Exekutivbeamt:innen den Sachverhalt (Aufkleber „Kritischer Polizist“) detaillierter weitergeben hätten, sodass ihre über Funk informierten Vorgesetzten eine bessere Einschätzung treffen konnten bzw. hätte die Anweisung durch die Vorgesetzten, die Gruppe am Weitergehen zu hindern, erst nach weiteren Erkundigungen über den Sachverhalt erfolgen dürfen. Zumindest hätten sich die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei ihren Vorgesetzten erkundigen müssen, auf welcher konkreten Rechtsgrundlage sie handeln sollen. Eine Rechtsgrundlage für eine „vorläufige“ Festnahme oder Anhaltung von Personen bis zum Eintreffen eines Behördenvertreters, damit dieser eine genaue rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes vornehmen kann, gibt es nicht.

8.       Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 35 VwGVG i.V.m. der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl II Nr. 517/2013. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird, ist gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Durch Verordnung des Bundeskanzlers sind Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand festzusetzen (vgl. § 1 VwG-AufwErsV).

Der Erst- und Viertbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wandten sich in der Beschwerde gegen die Feststellung ihrer Identitäten, die mit der dafür erfolgten kurzfristigen Hinderung am Weitergehen eine Einheit darstellen. Ihre Beschwerden wurden in diesem Punkt zurückgewiesen, weshalb sie als unterlegene Parteien gemäß § 35 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwGVG die Aufwendungen des Rechtsträgers der belangten Behörde (Bund) im Zusammenhang mit diesen Beschwerdepunkten aufzuerlegen waren. Die belangte Behörde machte sowohl Vorlage-, Schriftsatz- als auch Verhandlungsaufwand geltend. Die belangte Behörde legte zwar insgesamt vier Gegenschriften vor, aufgrund des beinahe identen Inhalts ist der Schriftsatzaufwand jedoch nur einmal zu ersetzen. Vorlageaufwand ist der belangten Behörde nicht zu ersetzen, weil sie keinen Verwaltungsakt vorlegte. Der Verhandlungsaufwand ist nach Rechtsprechung des VwGH auch bei mehreren Verhandlungsterminen nur einmal zu ersetzen (VwGH vom 4.12.2020, Ra 2019/01/0163).

Der Drittbeschwerdeführer wandte sich gegen die Hinderung am Weitergehen durch die Organe der belangten Behörde. Seine Beschwerde wurde in diesem Punkt bestätigt, weshalb dem Drittbeschwerdeführer als obsiegender Partei der Ersatz seiner Aufwendungen gemäß § 35 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 1 VwG-AufwErsV, genauer des Schriftsatz- und Verhandlungsaufwands, zusteht.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Befehls- und Zwangsgewalt; Qualifikation; Freiwilligkeit; subjektive Rechte; Identitätsfeststellung; Versammlung; Uniform

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.102.012.2947.2022

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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