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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des K in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Juli 1995, Zl. SD 508/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (belangte Behörde) vom 20. Juli 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes (FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer durch Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 3. Oktober 1994 wegen Suchtgifthandels gemäß § 12 Abs. 1 SGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sei. Durch diese Verurteilung sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht. Das ihr zugrundeliegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sei auch im Hinblick auf die §§ 19 und 20 FrG gerechtfertigt, weil auch bei Annahme des Vorliegens eines relevanten Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dieser Eingriff zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte Dritter sowie zum Schutz der Gesundheit dringend geboten sei. Die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen öffentlichen Interessen seien ungleich höher zu veranschlagen als die im Hinblick auf seine Lebenssituation und jene seiner Familie allenfalls vorhandenen privaten und familiären Interessen. Angesichts der mit Suchtgiftdelikten verbundenen Wiederholungsgefahr sei eine unbefristete Verhängung des Aufenthaltsverbotes notwendig.
2. In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 FrG ist gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, "wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt
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die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder
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anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft". Gemäß Abs. 2 Z. 1 der genannten Gesetzesstelle hat u.a. als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder "von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten ... verurteilt worden ist". Wird durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 19 FrG die Erlassung des Aufenthaltsverbotes "nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist". Gemäß § 20 Abs. 1 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, "wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung". Bei dieser Abwägung ist nach dem zweiten Satz der genannten Gesetzesstelle auf "1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen" sowie "2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen" Bedacht zu nehmen. Gemäß § 21 Abs. 2 FrG ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf "die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen".
4. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 12 Abs. 1 SGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist. Er bekämpft auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde nicht, daß das der Verurteilung zugrundeliegende Verhalten als bestimmte Tatsache zu werten sei, welche die Annahme rechtfertige, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung gefährde und daß somit der Tatbestand des § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt keine diesbezüglichen Bedenken.
5. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde aber vor, sie habe ihm niemals die Gelegenheit eingeräumt, seine "Parteirechte auszuüben", weshalb das gegenständliche Verwaltungsverfahren mit erheblichen Mängeln behaftet sei. Der Beschwerdeführer habe nämlich wesentliche familiäre und private Interessen im Bundesgebiet. Seine in Wien wohnende Schwester sei für ihn die einzige familiäre Bezugsperson. Im Hinblick auf seine starke persönliche Bindung an seine Schwester habe er ein äußerst schwerwiegendes familiäres Interesse, in Österreich zu bleiben. Er habe hier ein Lokal eröffnet. Er wolle dieses Lokal weiter betreiben und führe aus diesem Grunde auch einen Gerichtsprozeß, aus welchem ihm Schulden entstanden seien, die er aber gerne bereit sei zu bezahlen. Das ihm zur Last liegende Suchtgiftdelikt habe er aus jugendlichem Leichtsinn begangen; er sei aber bereit, sich durch künftiges Wohlverhalten zu bewähren. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers stelle daher keine Gefährdung für die Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dar; auch würden die Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes auf seine Schwester und ihn selbst besonders schwer wiegen, was den angefochtenen Bescheid inhaltlich rechtswidrig erscheinen lasse.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Der - volljährige und derzeit in Haft befindliche - Beschwerdeführer führt gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ins Treffen, daß dieses die Trennung von seiner einzigen familiären Bezugsperson, seiner Schwester, zu der er eine starke persönliche Bindung habe, bewirken würde. Der Hinweis auf derartige familiäre Interessen ist im vorliegenden Fall angesichts der Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftat nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Grunde der §§ 19 und 20 FrG darzutun. Der belangten Behörde ist Recht zu geben, wenn sie unter der Annahme, daß das Aufenthaltsverbot einen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers bewirkte, dieses zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte Dritter sowie zum Schutz der Gesundheit im Lichte des § 19 FrG als dringend geboten und daher als zulässig ansah. Ebenso kann der belangten Behörde kein Vorwurf gemacht werden, daß sie im vorliegenden Fall die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes maßgeblichen öffentlichen Interessen höher bewertete als die im Hinblick auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Schwester allenfalls vorhandenen privaten und familiären Interessen. Die belangte Behörde konnte sich zu Recht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufen, wonach auch bei ansonsten völliger sozialer Integration eines Fremden die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bei Suchtgiftdelikten im Hinblick auf deren besondere Gefährlichkeit nicht rechtswidrig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0027). An dieser Beurteilung ändert auch das private Interesse des Beschwerdeführers nichts, sein in Österreich eröffnetes Lokal weiterhin zu betreiben.
6. Bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde läßt somit erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt; sie war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995181275.X00Im RIS seit
20.11.2000