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20/02 Familienrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. August 1995, Zl. SD 953/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. August 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer, der Anfang des Jahres 1991 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist sei, habe am 4. März 1991 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und einen Tag später die Ausstellung eines Befreiungsscheines beantragt. Aufgrund seiner Ehe und des ihm erteilten Befreiungsscheines sei ihm ein Sichtvermerk mit Gültigkeitsdauer bis 27. März 1994 erteilt worden. Mittlerweile sei die Ehe des Beschwerdeführers vom Bezirksgericht Hernals gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Aus den Urteilsgründen ergebe sich, daß die Ehe nur deshalb geschlossen worden sei, um dem Beschwerdeführer eine Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung zu verschaffen. Aufgrund dieses Fehlverhaltens, das im übrigen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes führen könne, sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG rechtskräftig abgewiesen worden.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG anlange, so sei festzuhalten, daß die beiden in Wien lebenden Schwestern des Beschwerdeführers nur dann vom Schutzbereich der genannten Bestimmung erfaßt wären, wenn sie mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt lebten, wofür sich jedoch aus dem Akt keine Hinweise ergäben. Darüber hinaus sei zu bedenken, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers ebenso wie seine Beschäftigung hinsichtlich deren jeweiliger Berechtigung (zumindest teilweise) auf der rechtsmißbräuchlich eingegangenen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin basierten. Selbst wenn man unbeschadet dessen dennoch einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers annehmen wolle, wäre damit für ihn nichts gewonnen. Denn diesfalls wäre die Ausweisung aufgrund des Dringend-geboten-Seins dieser Maßnahme nach der genannten Bestimmung zulässig. Wer, wie der Beschwerdeführer, grob rechtsmißbräuchlich (ausschließlich) zu dem Zweck vorgehe, um sich aus dem Blickwinkel des Fremdenwesens wesentliche Berechtigungen zu verschaffen, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, welche die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung (im Interesse eines geordneten Fremdenwesens) notwendig erscheinen lasse.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde wird ausdrücklich eingeräumt, daß der Beschwerdeführer (lediglich) über einen bis 27. März 1994 gültigen Sichtvermerk verfügt habe, und daß sein am 21. Jänner 1994 gestellter Antrag auf "Verlängerung eines Sichtvermerkes" (richtig: Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung) mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. März 1995 im Instanzenzug abgewiesen worden sei. Damit begegnet die auf entsprechenden Feststellungen beruhende Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, keinen Bedenken. Aufgrund dieses unrechtmäßigen Aufenthaltes - und nicht wie von der Beschwerde irrigerweise angenommen aufgrund der Nichtigerklärung der Ehe des Beschwerdeführers - war (vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG) die Ausweisung zu verfügen (§ 17 Abs. 1 FrG).
2. Was die Zulässigkeit der Ausweisung des Beschwerdeführers im Grunde des § 19 FrG anlangt, so wurde diese von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung - mit zutreffender und ausreichender Begründung bejaht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Eingehung einer Ehe allein zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen um einen Rechtsmißbrauch, der als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens zu werten ist und solcherart zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (konkret: zum Schutz der öffentlichen Ordnung) die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten erscheinen läßt (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 28. April 1995, Zl. 95/18/0441, und Zl. 95/18/0464, sowie das Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 95/18/1184). Gleiches gilt für die Erlassung einer Ausweisung.
3. Ob, wie in der Beschwerde behauptet, aufgrund des zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschlossenen Assoziierungsabkommens aus dem Jahr 1963 seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union einem türkischen Staatsangehörigen, der "über eine Arbeitsbewilligung verfügt, ... auch eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen ist", braucht im vorliegenden Fall nicht näher untersucht zu werden, weil mit dem angefochtenen Bescheid nicht über die Erteilung/Versagung einer Aufenthaltsbewilligung abgesprochen, sondern ausschließlich eine Ausweisung gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde.
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995181322.X00Im RIS seit
02.05.2001