Entscheidungsdatum
03.02.2023Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §59 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Schmalzl über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 24.04.2017, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Tiroler Bauordnung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Auflagen 1. bis 4. des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos gestrichen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
Mit Eingabe vom 04.08.2016, beim Bürgermeister der Gemeinde Z (im Folgenden: die belangte Behörde) eingelangt am 05.08.2016, suchte AA (im Folgenden: der Beschwerdeführer) bei der belangten Behörde um Erteilung der Baubewilligung für den Abbruch des bestehenden Wintergartens und den Zubau eines Wintergartens auf Gst**1, KG Z, an und legte hierzu Planunterlagen vor.
Mit Bescheid 24.04.2017, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für den Neubau eines Wintergartens auf Gst**1, KG Z, „nach Maßgabe der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Planunterlagen (samt den vom hochbautechnischen Sachverständigen formulierten Änderungen)“ unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Die (offenbar vom hochbautechnischen Sachverständigen formuliert) Nebenbestimmungen 1. bis 4. lauten:
1. „Das Dach des Lagers im Westen des Kellergeschosses ist nur in jenem Bereich als begehbar auszuführen, welcher außerhalb der 4 m Abstandsflächen liegt oder weniger als 1,5 m über das anschließende Gelände ragt.
2. Dahingehend ist eine Abzäunung im Abstand von 2,0 m parallel zur nordseitigen Garage auf dem Dach des Lagers einzurichten (siehe obige Darstellung).
3. Die Tür vom neuen Wintergarten auf die westseitige Terrasse ist geringfügig nach Norden zu versetzen um nur mehr auf jenen Bereich zu gelangen, welcher weniger als 1,5 m über das anschließende Gelände ragt.
4. Die in den Einreichplänen südlich der neuen Abzäunung dargestellte Absturzsicherung auf jenem Teil des Daches über dem Kellergeschoss im Abstandsbereich, welcher mehr als 1,5 m über dem anschließenden Gelände ragt, ist zu entfernen.“
Wie die belangte Behörde weiter ausführte, werde der beantragte Abbruch des bestehenden Wintergartens nicht bewilligt, da diesbezüglich ein Abbruchbescheid, Zl ***, seitens der belangten Behörde bereits ergangen sei.
Der vom Beschwerdeführer vorgelegte und mit einem entsprechenden Genehmigungsvermerk der belangten Behörde versehene Einreichplan der Planungs- und Projektmanagement *** GmbH vom 03.08.2016, Projekt Nr 15-38, zeigt in Rot als Neubau den zu errichtenden Wintergarten, welcher sich auf dem Dach eines bereits vorhandenen Baukörpers befindet. Außerhalb des zu errichtenden Wintergartens findet sich auf dem verbleibenden Dach des nämlichen Baukörpers keinerlei rote Kenntlichmachung, jedoch der Vermerk „Terrasse Bestand unverändert lt Bescheid Nr ***“.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht „Einspruch“ und führte diesen aus wie folgt:
„Sehr geehrter Herr Bürgermeister Ing. BB!
Hiermit erhebe ich AA gegen den Bescheid Zahl: *** vom 24.04.2017 Einspruch.
Zu Punkt 2 (begehbare Terrasse):
Im Jahr 1984 wurde das bestehende Wohnhaus kommissioniert, im gleichen Jahr wurde diese begehbare Terrasse verhandelt, lt damaliger Bauordnung waren hier andere Vorschriften als heute.
Außerdem wurde auf Seite der Nachbarn mündlich zugesagt, dass diese Terrasse begehbar benützt werden darf.
Diese Terrasse wurde von 1985 bis zum heutigen Zeitpunkt von mir komplett als Terrasse genutzt, ich möchte diese auch weiterhin als Terrasse nutzen.“
Mit Schreiben vom 18.06.2018, Zl LVwG-2017/43/1372-4, erging folgender Verbesserungsauftrag an den Beschwerdeführer:
„Gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat eine Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Es wird Ihnen daher gemäß § 13 Abs 3 AVG ausdrücklich aufgetragen, bis längstens 05.07.2018 entsprechend der oben zitierten Vorschrift mitzuteilen, was ihr Begehren ist, dh worüber das Landesverwaltungsgericht Ihrer Ansicht nach wie zu entscheiden hat, und dies zu begründen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die im Bescheid enthaltenen Nebenbestimmungen untrennbar mit dem Hauptinhalt des Bescheids verbunden sind. Dh dass die allfällige Anfechtung der Nebenbestimmungen gegebenenfalls die Aufhebung des gesamten Bescheids zur Folge haben kann.
Sollten Sie dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachkommen, muss Ihre Eingabe gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen werden.“
Daraufhin teilte der Beschwerdeführer mit E-Mail von 25.06.2018 mit:
„Wie am 22.06.2018 telefonisch besprochen habe ich nun am Wochenende die erforderlichen Unterlagen soweit ich es verstanden habe zusammengestellt.
Ich lege Ihnen anbei den genehmigten Plan von 1984 bei – die begehbare Terrasse (Garten) ist hier grün eingezeichnet.
In diesem Grund es ist ersichtlich, dass die Terrasse (Garten) lt. der damaligen Bauordnung 1984 lt. dem Bausachverständigen Spiss Karl begehbar ist und lt. Tiroler Bauordnung 1984 nicht genehmigungspflichtig war.
Ich habe Ihnen auch noch 2 Seiten des Bescheides der Gemeinde Z beigelegt – sowie Grundrisse der bestehenden Terrasse.
Kurz zur Erklärung:
Grün = derzeit genutzte Terrasse
Gelb = soll nun nicht mehr genutzt werden (soll abgetrennt werden) – wird aber seit 1984 als Terrasse genutzt und möchte ich auch weiterhin als Terrasse nutzen
Rot = genutzt und genehmigter Wintergarten
Es wird im Moment von mir wie seit 1984 die komplette Terrasse genutzt.
Sollte die Terrasse nun nicht mehr von mir – aus welchen Gründen auch immer – genutzt werden dürfen werde ich die Terrasse bzw. den Garten in den ursprünglichen Zustand lt genehmigten Plans 1984 versetzen und komplett nutzen.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme bitten Sie um Mitteilung sollten Sie noch andere Unterlagen benötigen.“
II. Beweiswürdigung:
Der oben festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt der Behörde bzw dem beim Landesverwaltungsgericht geführten Akt.
III. Rechtliche Beurteilung:
1. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens
Wie oben zu Punkt I. dargestellt, erging in Bezug auf den durch den Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 24.04.2017 erhobenen „Einspruch“ ein Verbesserungsauftrag des Landesverwaltungsgerichts. Daraufhin legte der Beschwerdeführer nähere Ausführungen vor. In Zusammenschau ist für das Landesverwaltungsgericht deutlich erkennbar, dass der Beschwerdeführer begehrt, die Nebenbestimmungen 1. bis 4. des angefochtenen Bescheides mögen behoben werden. Dies, da durch diese Nebenbestimmungen ganz offensichtlich die Nutzung des Daches des bestehenden, als „Lager“ bezeichneten Bauteils als Terrasse eingeschränkt werden soll.
2. Gegenstand des behördlichen Verfahrens
Beim Bauverfahren handelt es sich, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausspricht, um ein Projektgenehmigungsverfahren. Das heißt, dass Gegenstand des behördlichen Verfahrens immer (nur) das Projekt ist, welches der Bauwerber zur Genehmigung vorgelegt hat. Dieses besteht dem Bauansuchen zufolge im Zubau eines Wintergartens, welcher in den korrespondierenden Einreichplänen in Rot als Neubau dargestellt ist. Weder dem Bauansuchen noch den Einreichplänen kann entnommen werden, dass der Beschwerdeführer bezweckt hätte, die Erteilung einer Baubewilligung für die Nutzung des gegenständlichen Daches als Terrasse zu erwirken.
Da sich die Nebenbestimmungen daher eindeutig auf einen Bereich beziehen, welcher nicht Gegenstand des Bauansuchens war, hat diesbezüglich die belangte Behörde die Grenzen des Bauansuchens und damit ihre Zuständigkeit überschritten.
Es war daher spruchgemäß der Beschwerde stattzugeben.
Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass die Nutzung der gegenständlichen Terrasse anhand der Vorbescheide (insbesondere Genehmigung des „Lagers“) zu beurteilen ist und gegebenenfalls die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes in Bezug auf diesen Genehmigungsstand aufzutragen wäre.
IV. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG konnte unterbleiben, da bereits auf Grundlage der Akten ersichtlich war, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und weder Menschenrechte und Grundfreiheiten oder Grundrechte dem entgegenstanden. Es waren ausschließlich rechtliche Fragen zu erörtern und keinerlei zusätzliche Sachverhaltsermittlungen vonnöten (vgl zB VwGH Ra 2019/08/0101 vom 09.07.2019).
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a Schmalzl
(Richterin)
Schlagworte
BaubewilligungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2023:.LVwG.2017.43.1372.5Zuletzt aktualisiert am
21.02.2023