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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §41 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner über die Beschwerde der M in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 6. Mai 1993, GZ. 56.037/39-I/7/93, betreffend Verlängerung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe gemäß § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin studierte seit dem Wintersemester 1987/88 an der Universität für Bildungswissenschaften X Pädagogik als erste und bildungswissenschaftliche Psychologie als zweite Studienrichtung (Fächerkombination). Am 2. Mai 1990 legte sie die erste Diplomprüfung dieser Studienrichtungen ab und suchte an diesem Tag um Studienbeihilfe an.
Wegen ihrer Tätigkeit als Studentenvertreterin ab dem Sommersemester 1992 wurde ihr für das Wintersemester 1992/93, das ihr sechstes Semester im zweiten Studienabschnitt war, die Verlängerung der Studienbeihilfe um ein Semester bewilligt. Am 18. Feber 1993 (bei der Studienbeihilfenbehörde eingelangt am 15. März 1993) stellte sie gemäß § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG einen Antrag auf Verlängerung der Anspruchsdauer um ein weiteres Semester. Sie gab an, für die Überschreitung der Anspruchsdauer sei eine umfangreiche und zeitaufwendige Diplomarbeit maßgeblich, die sie am 1. Dezember 1992 übernommen habe. Ihrem Antrag legte sie neben einer Reihe von Nachweisen über abgelegte Prüfungen auch eine Bestätigung von Univ.-Doz. Dr. E bei (Diplomarbeit von überdurchschnittlichem Umfang und Zeitaufwand; Übernahme am 1. Dezember 1992). Mit Schreiben vom 16. März 1993 bestätigte Univ.-Doz. Dr. E schließlich, daß der überdurchschnittliche Umfang und der Zeitaufwand der Diplomarbeit aus einem intensiven Literaturstudium und zeitaufwendiger Literaturbeschaffung mittels Fernleihe aus dem Ausland resultiere.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Mai 1993 hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen und nach Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes und der Rechtslage in der Begründung ausgeführt, daß die Studiendauer gemäß der Studienordnung für die Studienrichtung Pädagogik, BGBl. Nr. 472/1973, für den zweiten Studienabschnitt vier Semester betrage; Anspruch auf Studienbeihilfe bestehe daher für fünf Semester. Die Beschwerdeführerin befinde sich im Sommersemester 1993 im siebenten Semester des zweiten Studienabschnittes (für ihre Hochschülerschaftstätigkeit sei ihr ein zusätzliches Semester Studienbeihilfe gewährt worden), sie habe also die Anspruchsdauer um ein Semester überschritten. Sie habe die Verlängerung der Anspruchsdauer um ein Semester beantragt und ihre Studienverzögerung mit ihrer besonders zeitaufwendigen und umfangreichen Diplomarbeit begründet, die sie am 1. Dezember 1992 übernommen habe. In rechtlicher Hinsicht sei dazu festzustellen, daß der von ihr angeführte Grund der überdurchschnittlich zeitaufwendigen Diplomarbeit nicht als maßgeblicher Grund für ihre Studienverzögerung gelten könne. Sie habe ihre Diplomarbeit erst gegen Ende des sechsten Semesters (am 1. Dezember 1992) übernommen und hätte die Anspruchsdauer auch dann überschritten, wenn die Diplomarbeit nicht überdurchschnittlich umfangreich gewesen wäre, weil zur Abfassung einer durchschnittlichen Diplomarbeit üblicherweise ein Semester benötigt werde. Die Verlängerung der Studiendauer sei somit auf den verspäteten Beginn, nicht aber auf den Umfang und die Zeitaufwendigkeit der Diplomarbeit zurückzuführen.
Am 24. Mai 1993 stellte die Beschwerdeführerin ein Ansuchen auf Gewährung einer Studienunterstützung und führte ua. aus, der Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 1993 beruhe auf einem Mißverständnis. Sie habe bereits im Wintersemester 1991/92 mit der Abfassung der Diplomarbeit begonnen, belegen könne sie dies ab dem 24. Juni 1992. Den Termin 1. Dezember 1992 habe sie deshalb angegeben, weil "Übernahme", wie es im Antragsformular stehe, nach ihrem Verständnis für sie der Zeitpunkt sei, zu dem sie dem Betreuer das fertige Konzept samt Inhaltsangabe vorgelegt habe. Diesem Ansuchen legte sie eine vom Institutsvorstand Dr. E gefertigte Bestätigung vom 24. Juni 1992 vor, aus der hervorgeht, daß die Beschwerdeführerin an einer Diplomarbeit "Der Suizid" arbeite und berechtigt sei, Werke aus der Universitätsbibliothek zu entlehnen. In der Folge wurde der Beschwerdeführerin wegen sozialer Bedürftigkeit am 19. Juli 1993 eine einmalige Studienunterstützung in der Höhe von S 36.000,-- gewährt.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 1993 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 (StudFG), anzuwenden.
Gemäß § 6 Z. 2 StudFG ist Voraussetzung für die Gewährung von Studienbeihilfe, daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist.
Nach § 18 StudFG umfaßt die Anspruchsdauer grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).
Gemäß § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG hat der zuständige Bundesminister auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde bei Studien im Ausland, überdurchschnittlich umfangreichen und zeitaufwendigen wissenschaftlichen Arbeiten oder ähnlichen außergewöhnlichen Studienbelastungen die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester zu verlängern, wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird.
Gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Studienordnung für die Studienrichtung Pädagogik, BGBl. Nr. 472/1973 in der Fassung BGBl. Nr. 612/1974, besteht das Studium dieser Studienrichtung aus zwei Studienabschnitten, von denen jeder vier Semester umfaßt.
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, die im angefochtenen Bescheid aufgestellte Behauptung, sie habe die Diplomarbeit erst am 1. Dezember 1992 übernommen, stehe im Widerspruch zum Akteninhalt. Sie habe mit ihrem Ansuchen die Bestätigung vom 24. Juni 1992 vorgelegt, die von ihrem Studienbetreuer Univ.-Doz. Dr. E unterfertigt sei. Schon diese vorgelegte Bestätigung widerlege die Behauptung des bekämpften Bescheides, daß die Übernahme der Diplomarbeit von der Beschwerdeführerin erst mit 1. Dezember 1992 erfolgt sei. Was in der Zwischenzeit geschehen sei, sei allein die Erweiterung des Themas der Diplomarbeit von zunächst "Der Suizid" auf "Die Unerträglichkeit des Seins. Zur Phänomenologie des Suizides". Die belangte Behörde hätte im angefochtenen Bescheid daher nicht vom 1. Dezember 1992 als Datum der Übernahme der Diplomarbeit ausgehen dürfen, sondern vom 24. Juni 1992.
Diese aufgezeigten Widersprüche der Beweisergebnisse hinsichtlich des entscheidungswesentlichen Termins der Übernahme der Diplomarbeit finden im Akteninhalt keine Deckung. Im Antragsformular gab die Beschwerdeführerin an, die Diplomarbeit am 1. Dezember 1992 übernommen zu haben. Erst anläßlich ihres Ansuchens auf Gewährung einer Studienunterstützung am 24. Mai 1993, also NACH Erlassung des angefochtenen Bescheides, gab sie der Studienbeihilfenstelle gegenüber bekannt, schon vor diesem Zeitpunkt an der Abfassung der Diplomarbeit gearbeitet zu haben.
Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG ist der angefochtene Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof jedoch aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu prüfen. Nach ständiger Rechtsprechung darf der Verwaltungsgerichtshof Tatsachen, die erst im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren neu vorgebracht werden, auch dann nicht berücksichtigen, wenn der Beschwerdeführer für diese Tatsachen Beweise anzubieten vermag. Der Behörde kann daher nicht als eine vom Verwaltungsgerichtshof wahrnehmbare Rechtswidrigkeit angelastet werden, daß sie sachverhaltsmäßig davon ausgegangen ist, daß die Beschwerdeführerin die Diplomarbeit erst am 1. Dezember 1992 übernommen hat.
Die belangte Behörde konnte somit ihre Entscheidung unbedenklicherweise auf die Angaben der Beschwerdeführerin und die vorgelegten Bestätigungen des Institutsvorstandes stützen. Davon ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit darin zu erkennen, daß die belangte Behörde den widerspruchsfrei feststehenden Sachverhalt der rechtlichen Würdigung unterzog, auch eine durchschnittlich umfangreiche Diplomarbeit erfordere eine Arbeitszeit von einem Semester und die Zeitspanne vom 1. Dezember 1992 bis zum Ende des Wintersemesters 1992/93 wäre jedenfalls zu knapp gewesen, sodaß die Verlängerung der Studiendauer auf den verspäteten Beginn, nicht aber auf den Umfang und die Zeitaufwendigkeit der Diplomarbeit zurückzuführen sei.
Da die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993120180.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
23.12.2011