TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/27 93/10/0099

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Veröffentlicht am 27.11.1995
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Index

L40017 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung
Polizeistrafen Tirol;
L40057 Prostitution Sittlichkeitspolizei Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
LPolG Tir 1976 §14 lita;
StGB §34 Z18;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §44a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der S in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. Jänner 1993, Zl. 1/95-2/1992, betreffend Übertretung des Tiroler Landes-Polizeigesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 1. März 1994) wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 20. Mai 1992 von 23.45 bis 0.25 Uhr in einer näher bezeichneten Wohnung in I mit dem Manfred T. gegen Entgelt einen Geschlechtsverkehr außerhalb eines behördlich bewilligten Bordells durchgeführt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs. 1 lit. a iVm § 14 Abs. 1 lit. a Tiroler Landes-Polizeigesetz (LPG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde macht zunächst geltend, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß Manfred T. "lediglich oral befriedigt" worden sei, wobei nicht festgestellt werden könne, ob die Beschwerdeführerin oder die Prostituierte N. "diese orale Befriedigung durchgeführt" habe. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens stehe somit fest, daß die Beschwerdeführerin mit Manfred T. "nie einen Geschlechtsverkehr durchgeführt" habe. Unter "Geschlechtsverkehr" sei im Sinne des Sexualstrafrechts nämlich "der Beischlaf, sohin der normale Geschlechtsverkehr" zu verstehen.

Mit diesen Darlegungen verkennt die Beschwerde das Gesetz. Tatbestandsmäßig ist nach § 14 lit. a LPG die gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an Personen des anderen Geschlechts zu deren sexueller Befriedigung. Beim Oralverkehr handelt es sich um "Hingabe des eigenen Körpers an Personen des anderen Geschlechts zu deren sexueller Befriedigung" im Sinne des gesetzlichen Tatbestandes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1991, Zl. 91/10/0112).

Ebensowenig zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit auf, soweit sie sich gegen die Annahme des angefochtenen Bescheides wendet, die Beschwerdeführerin habe den Tatbestand der soeben zitierten Vorschrift verwirklicht. Im erwähnten Zusammenhang ist der Beschwerde entgegenzuhalten, daß der Zeuge Manfred T. am 21. Mai 1992 angab, er habe "den Geschlechtsverkehr mit beiden Mädchen durchgeführt". Die Beschwerdeführerin selbst hat dem Vorhalt der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz, sie habe am 20. Mai 1992 von 23.45 bis 0.25 Uhr in einer näher bezeichneten Wohnung in I mit dem Manfred T. einen Geschlechtsverkehr gegen Entgelt durchgeführt, und dem gleichlautenden Straferkenntnis in mehreren schriftlichen Stellungnahmen und ihrer Berufung lediglich entgegengehalten, es seien Tatort und Tatzeit nicht ausreichend konkretisiert. Davon ausgehend ist die den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zugrundeliegende Beweiswürdigung nicht als unschlüssig anzusehen; dies auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde sowohl die Beschwerdeführerin als auch Manfred T. erklärten, sich nicht erinnern zu können, ob T. (auch) mit der Beschwerdeführerin oder nur mit der Prostituierten N. geschlechtlich verkehrt habe.

Aus welchen Gründen die Beschwerde zur Auffassung gelangt, es sei "die Tathandlung im angefochtenen Berufungserkenntnis eine ganz andere als jene im Straferkenntnis", ist nicht nachvollziehbar. Mit dem angefochtenen Bescheid wird der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben; damit wird der oben wiedergegebene Spruch des Straferkenntnisses rezipiert. Der Vorwurf der Beschwerde trifft somit nicht zu.

Die Beschwerde zeigt auch keine bei der Strafbemessung unterlaufene Rechtswidrigkeit auf. Sie vertritt die Auffassung, es sei von persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin auszugehen, die "als sehr beengt zu bezeichnen sind". Die Beschwerdeführerin habe überdies nunmehr davon "abgelassen", sich als Prostituierte zu betätigen, und sich somit seit längerer Zeit wohlverhalten.

Die belangte Behörde hat im Rahmen der Strafbemessungsgründe u.a. dargelegt, die Beschwerdeführerin habe nach ihren Angaben kein eigenes Einkommen und sei auf die Unterstützung durch ihren Lebensgefährten angewiesen. Mit dem Hinweis auf "beengte persönliche Verhältnisse" vermag die Beschwerde somit nicht aufzuzeigen, daß die belangte Behörde von unrichtigen Annahmen über die Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin ausgegangen wäre. Der bloße Hinweis auf "beengte persönliche Verhältnisse" stellt für sich alleine auch keinen Anhaltspunkt für einen bei der Strafbemessung unterlaufenen Gesetzesverstoß dar. Ebensowenig war die belangte Behörde gehalten, den Umstand, daß zwischen der Tat und der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Zeitraum von nahezu sieben Monaten vergangen war, als Milderungsgrund zu berücksichtigen; dabei handelt es sich nicht um "längere Zeit" im Sinne des § 34 Z. 18 StGB (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 14. Jänner 1985, Zl. 84/10/0212).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Inhalt der Berufungsentscheidung Inhalt des Spruches Diverses Persönliche Verhältnisse des Beschuldigten Rechtsnatur und Rechtswirkung der Berufungsentscheidung Spruch der Berufungsbehörde (siehe auch AVG §66 Abs4 Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides) Verweisung auf die Entscheidungsgründe der ersten Instanz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993100099.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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