TE Vfgh Erkenntnis 2022/6/30 G226/2021 (G226/2021-12)

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Veröffentlicht am 30.06.2022
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Index

16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
BVG-Rundfunk ArtI
EMRK Art10
StGG Art2
ORF-G §1, §31 Abs10, §31 Abs17, §31 Abs18
RundfunkgebührenG §1, §2
VfGG §7 Abs1, §62 Abs1
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. ORF-G § 1 heute
  2. ORF-G § 1 gültig ab 01.10.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2010
  3. ORF-G § 1 gültig von 01.08.2007 bis 30.09.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2007
  4. ORF-G § 1 gültig von 01.01.2002 bis 31.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 83/2001
  5. ORF-G § 1 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/1991
  6. ORF-G § 1 gültig von 23.12.1987 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 606/1987
  7. ORF-G § 1 gültig von 01.01.1986 bis 22.12.1987 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 563/1985
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit von Bestimmungen des ORF-G betreffend die Ausnahme von der Verpflichtung zur Entrichtung des Programmentgelts für Personen, die ORF Programme ausschließlich über internetfähige Empfangsgeräte – aber ohne Empfang über Kabel, Satellit oder auf terrestrischem Weg – in Anspruch nehmen; sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Finanzierung des ORF durch Außerachtlassung der wesentlichen Personengruppe, die einen nach dem Stand der Technik gängigen Verbreitungsweg (Streamen) nutzt, angesichts der institutionellen Vorgaben des BVG-Rundfunk und der Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für den demokratischen und kulturellen öffentlichen Kommunikationsprozess

Spruch

I. 1. Die Wortfolge ", jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften" in §31 Abs10 des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-G), BGBl Nr 379/1984, idF BGBl I Nr 126/2011 sowie §31 Abs17 und §31 Abs18 ORF-G idF BGBl I Nr 50/2010 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2023 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Der Hauptantrag sowie der erste und zweite Eventualantrag werden zurückgewiesen.

III. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der antragstellenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litc B-VG begehrt der antragstellende ORF,

"–  [d]ie Wortfolge ', jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften' in §31 Abs10 ORF-G idgF BGBl I 55/2014,

in eventu

–   Die Wortfolge ', jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften' in §31 Abs10 ORF-G idgF BGBl I 55/2014, und

–   das Wort 'gleichzeitig' in §31 Abs17 ORF-G idgF BGBl I 55/2014.

in eventu

–   Die Wortfolge ', jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften' in §31 Abs10 ORF-G idgF BGBl I 55/2014, und

–   §31 Abs17 ORF-G idgF BGBl I 55/2014 zur Gänze.

in eventu

–   Die Wortfolge ', jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften' in §31 Abs10 ORF-G idgF BGBl I 55/2014,

–   §31 Abs17 ORF-G idgF BGBl I 55/2014 zur Gänze und

–   §31 Abs18 ORF-G ldgF BGBl I 55/2014 zur Gänze.

in eventu

?   Die Wortfolge ', jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften' in §31 Abs10 ORF-G idgF BGBl I 55/2014,

?   §31 Abs17 ORF-G idgF BGBl I 55/2014 zur Gänze

?   §31 Abs18 ORF-G idgF BGBl I 55/2014 zur Gänze und

?   §2 Abs1 RGG idgF BGBl I 71/2003 zur Gänze.

in eventu

?  Die Wortfolge 'jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser

Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften' in §31 Abs10 ORF-G idgF BGBl I 55/2014,

?  §31 Abs17 ORF-G idgF BGBl I 55/2014 zur Gänze

?  §31 Abs18 ORF-G idgF BGBl I 55/2014 zur Gänze,

?  §2 Abs1 RGG idgF BGBl I 71/2003 zur Gänze und

?  §2 Abs2 RGG idgF BGBl I 71/2003 sowie §3 Abs1 bis 4 RGG idgF BGBl I 71/2003 zur Gänze"

als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl 379/1984, idF BGBl I 247/2021 lauten auszugsweise wie folgt (§31 Abs10 gilt idF BGBl I 126/2011; §31 Abs17 und 18 gelten idF BGBl I 50/2010; die im dritten Eventualantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Programmentgelt

§31. (1) Jedermann ist zum Empfang der Hörfunk- bzw Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt. Die Höhe des Programmentgelts wird auf Antrag des Generaldirektors vom Stiftungsrat festgelegt. Der Generaldirektor hat einen Antrag auf Neufestlegung des Programmentgelts nach Maßgabe der wirtschaftlichen Erfordernisse zu stellen, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren ab dem letzten Antrag.

(2) Die Höhe des Programmentgelts ist so festzulegen, dass unter Zugrundelegung einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung der öffentlich-rechtliche Auftrag erfüllt werden kann; hierbei ist auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Bedacht zu nehmen. Die Höhe des Programmentgelts ist mit jenem Betrag begrenzt, der erforderlich ist, um die voraussichtlichen Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags angesichts der zu erwartenden Zahl der zur Entrichtung des Programmentgelts Verpflichteten in einem Zeitraum von fünf Jahren ab Festlegung des Programmentgelts (Finanzierungsperiode) decken zu können. Der Berechnung der Höhe des Programmentgelts zu Grunde liegende Annahmen über zu erwartende Entwicklungen haben begründet und nachvollziehbar zu sein.

(3) Die Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags entsprechen den Kosten, die zur Erbringung des öffentlich-rechtlichen Auftrags anfallen, unter Abzug der erwirtschafteten Nettoerlöse aus kommerzieller Tätigkeit im Zusammenhang mit öffentlich-rechtlicher Tätigkeit, sonstiger öffentlicher Zuwendungen, insbesondere der Zuwendung nach Abs11, sowie der in der Widmungsrücklage (§39 Abs2) gebundenen Mittel sowie unter Berücksichtigung allfälliger Konzernbewertungen. Verluste aus kommerziellen Tätigkeiten dürfen nicht eingerechnet werden.

(4)-(9) […]

(10) Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften.

(11)-(16) […]

(17) Das Programmentgelt ist gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben; eine andere Art der Zahlung tilgt die Schuld nicht.

(17a) […]

(18) Rückständige Programmentgelte können zu Gunsten des Österreichischen Rundfunks von dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren beauftragten Rechtsträger in gleicher Weise wie rückständige Rundfunkgebühren im Verwaltungsweg hereingebracht werden.

(19) […]"

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG), BGBl I 159/1999, idF BGBl I 190/2021 lauten auszugsweise wie folgt:

"Rundfunkempfangseinrichtungen

§1. (1) Rundfunkempfangseinrichtungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind technische Geräte, die Darbietungen im Sinne des Artikels I Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl Nr 396/1974, unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar machen.

(2) Die für Rundfunkempfangseinrichtungen geltenden fernmelderechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.

Gebührenpflicht, Meldepflicht

§2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des §1 Abs1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach §3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.

(2) Die Gebührenpflicht nach §1 besteht nicht, wenn

1. dem Rundfunkteilnehmer eine Befreiung (§3 Abs5) erteilt wurde oder

2. für den Standort bereits die Gebühren nach §3 entrichtet werden.

Standort ist die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird.

(3)-(5) […]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Der antragstellende ORF sei im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Auftrages zur bundesweiten Versorgung mit Hörfunk- und Fernsehprogrammen verpflichtet. Mit der Berechtigung zum Empfang von Hörfunk- bzw Fernsehsendungen des ORF gehe gemäß §31 Abs1 ORF-G die Verpflichtung zur Entrichtung eines fortlaufenden Programmentgeltes (Radioentgelt, Fernsehentgelt) einher. Gemäß §31 Abs10 ORF-G sei dieses unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§2 Abs1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 ORF-G terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt werde. Die öffentlich-rechtlichen Programme des ORF seien über "klassische" Rundfunkwege (Terrestrik, Kabel und Satellit) empfangbar und könnten auch über das Internet gestreamt werden. Für den Konsum von Fernseh- und/oder Radioprogrammen des ORF über das Internet fielen allerdings iSd Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2015, Ro 2015/15/0015, kein Programmentgelt und auch keine Rundfunkgebühren an, weil nur Geräte, die "klassische" Rundfunktechnologie (im Sinne von technischen Modulen zum Empfang von terrestrisch, über Kabel oder über Satellit verbreitete Programme) verwenden, als Rundfunkempfangsreinrichtung iSd §1 Abs1 RGG anzusehen seien. Folglich seien Nutzer, die ORF-Programme streamten, nicht als Rundfunkteilnehmer iSd §2 Abs2 RGG zu qualifizieren und dementsprechend auch nicht entgeltpflichtig iSd §31 Abs10 ORF-G.

Der ORF erachtet sich durch die angefochtenen Wortfolgen in §31 Abs10 ORF-G in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Rundfunkfreiheit (Art10 EMRK, ArtI Bundesgesetz vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks [im Folgenden: BVG Rundfunk]), Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B-VG) und Unversehrtheit des Eigentums (Art1 1. ZPEMRK, Art5 StGG) verletzt (ohne Hervorhebungen im Original):

"Das ORF-G ist die Rechtsgrundlage für die Schaffung des ORF: Gemäß §1 Abs1 ORF-G wird durch dieses Bundesgesetz eine Stiftung des öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung 'Österreichischer Rundfunk' eingerichtet. Das ORF-G normiert neben der Organisation des ORF ua auch Rechte und Pflichten des ORF. Der ORF ist sohin offenkundig Normadressat des ORF-G.

Die angefochtenen Bestimmungen regeln das Programmentgelt. Dieses gebührt dem ORF als Gegenleistung für die Bereitstellung des Programms. Das Programmentgelt wird durch einen eigenen Rechtsträger eingehoben und fließt direkt dem ORF zu. Daraus folgt, dass der ORF einen Rechtsanspruch auf das Programmentgelt hat.

Der VfGH hat in seiner Entscheidung vom 27.06.2002, G93/01, die Zulässigkeit eines Individualantrags des ORF hinsichtlich einer Bestimmung des Rundfunkgesetzes (nunmehr ORF-Gesetz) bejaht. Im dortigen Fall ging es um den Entfall einer Bestimmung, die dem ORF einen Rechtsanspruch auf Abgeltung des Entfalls an Programmentgelt einräumte. Der VfGH hat die Auffassung der Bundesregierung, wonach die dort angefochtene Bestimmung nur wirtschaftlichen Interessen des ORF zuwiderlaufe, verworfen und den Individualantrag für zulässig erachtet. Auch im gegenständlichen Fall geht es um einen Rechtsanspruch des ORF und sohin um den Eingriff in seine Rechtssphäre. Es handelt sich nicht bloß um eine faktische (wirtschaftliche) Auswirkung der Norm, sondern der ORF ist Adressat des §31 ORF-G.

Die angefochtenen Bestimmungen verletzen den ORF unmittelbar nachteilig in seinen Rechten, weil sie den Kreis der zur Zahlung des Programmentgelts Verpflichteten einschränken. Das Programmentgelt ist die Hauptfinanzierungsquelle des ORF. Etwa zwei Drittel seiner Einkünfte bezieht der ORF aus dem Programmentgelt.

Indem Streaming-only-Haushalte kein Programmentgelt zahlen, weil sie die Programme nicht über Rundfunktechnologie sondern über das Internet empfangen, entgehen dem ORF wesentliche Einnahmen.

Der Eingriff ist aktuell, weil bereits heute sämtliche Fernsehprogramme des ORF –entweder über die ORF-TVthek oder über andere Plattformen – im Live-Stream empfangen werden können. Klassische Rundfunktechnologie ist für den Empfang nicht erforderlich.

Da die Finanzierung durch das Programmentgelt und deren gesetzliche Verankerung unmittelbare Grundlage für das Bestehen des ORF sind, greifen die angefochtenen Bestimmungen in die Rechts[s]phäre des ORF unmittelbar und aktuell ein.

[…]

Es liegt [auch] kein anderer zumutbarer Weg vor, um die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene Wortfolge von §31 ORF-G bzw die anderen angefochtenen Bestimmungen an den VfGH herantragen zu können.

[…] Rundfunkfreiheit (BVG Rundfunk)

[…] Allgemeines

Das BVG Rundfunk sichert die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich, welche auch die Sicherstellung ausreichender Finanzierung erfordert:

Die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einer demokratischen Gesellschaft steht außer Zweifel, siehe auch eindrücklich (bei grundsätzlich vergleichbaren verfassungsrechtlichen Grundlagen) die sogenannten Rundfunkentscheidungen des deutschen Bundesverfassungsgerichts: 'Angesichts der grundlegenden Veränderungen der Informationswelt in den letzten Jahren, siehe nur als Beispiel Twitter als 'andere Art' eines 'Massenmediums' (zuletzt) in den USA, erscheint die Bedeutung eines funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks sogar noch gestiegen.'

Das BVG Rundfunk enthält den verfassungsrechtlichen Auftrag an den einfachen Gesetzgeber, die Unabhängigkeit des öffentlich[…]-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Das bedeutet zugleich eine institutionelle Garantie des ORF als bundesgesetzlich zu regelnde Einrichtung mit bestimmten Aufträgen.

Eine ausreichende Finanzierung (und Finanzautonomie) ist eine der wesentlichen Pfeiler der Unabhängigkeit des ORF neben und gemeinsam mit der organisatorischen Unabhängigkeit als Stiftung des öffentlichen Rechts, der Weisungsfreiheit der Organe des ORF gegenüber dem Staat und der Unabhängigkeit der programmgestaltenden/journalistischen Mitarbeiter.

[…]

Verfassungsrechtlich gebotene Anforderungen an die Finanzierung

Das BVG Rundfunk sieht zwar keine bestimmte Finanzierungsform des öffentlich[…]-rechtlichen Rundfunks, also des ORF, vor. Aus dem BVG Rundfunk ist aber abzuleiten, dass der Gesetzgeber gewährleisten muss, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet wird. Das bedeutet zugleich, dass das vom Gesetzgeber vorgesehene Finanzierungsmodell auch keine wesentlichen Lücken enthalten darf, welche die Sicherstellung der Finanzierung gefährden. Der Gesetzgeber hat sich im ORF-G für das Modell der Finanzierung über das Programmentgelt entschieden. […]

Das Finanzierungsmodell Programmentgelt muss im Wesentlichen alle Konsumenten von Rundfunkprogrammen des ORF erfassen, wobei (nur) einzelne sachlich begründete Ausnahmen (siehe die Befreiungen aus sozialen Gründen laut §3 Abs5 RGG) nicht schaden. Um das zu bewerkstelligen, muss das Finanzierungsmodell Programmentgelt technologieoffen gestaltet sein, was wie folgt näher zu begründen ist:

[…] Aus dem BVG Rundfunk lässt sich keine Einschränkung auf bestimmte Technologien für die Bereitstellung des Rundfunkkonsums ableiten. ArtI Abs1 BVG Rundfunk gibt vor, dass Rundfunk 'unter Benützung elektronischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung bzw längs oder mittels eines Leiters' erfolgen kann. Daraus lässt sich insbesondere ein Ausschluss von Streaming nicht ableiten. Auch Streaming fällt unter 'elektronische Schwingungen ohne Verbindungsleitung' oder gegebenenfalls 'längs oder mittels eines Leiters'.

Auch aus ArtI Abs2 BVG Rundfunk ergibt sich nichts Gegenteiliges. Dass der Rundfunkbegriff ein vom Veranstalter erstelltes strukturiertes 'Programm' voraussetzt, schließt Streaming nicht aus. Lediglich individuell nach den Vorstellungen eines Konsumenten abrufbare Inhalte wie bei Netflix fallen nicht unter den Rundfunkbegriff Dafür sprechen im Übrigen auch die Gesetzesmaterialien zum RGG, wenn der damalige Initiativantrag zum RGG im Jahr 1999 technologieoffen formuliert: 'Der Entwurf definiert Rundfunkempfangseinrichtungen funktionell als die zur unmittelbaren Wahrnehmbarmachung von Rundfunk bestimmten technischen Geräte. Auf eine bestimmte Gerätekonstellation kommt es daher nicht an; entscheidend ist, daß der Rundfunkkonsum dadurch ermöglicht wird'[.]

[…] Die technische Entwicklung der letzten Jahrzehnte belegt sowohl das technologieoffene Verständnis als auch dessen Notwendigkeit eindrucksvoll:

Das BVG Rundfunk ist im Jahr 1974 in Kraft getreten. Damals konnten Fernseh- und Radioprogramme in Österreich nur über terrestrische analoge Verbreitung empfangen werden (also mit Empfangsgeräten samt Antenne).

Kabelfernsehen war in Österreich erstmals im Mai 1975 verfügbar, Satellitenfernsehen für private Haushalte weltweit erst seit 1976. In Österreich gibt es Satellitenfernsehen erst seit den 1990[…]er Jahren.

Im Bereich Terrestrik hat die Aufschaltung digitaler Fernsehsignale in Österreich am 26. Oktober 2006 begonnen, ab 2014 die Umstellung von DVB-T auf DVB-T2.

Die Abschaltung des analogen terrestrischen Fernsehens wurde 2011 beendet.

Alle diese 'Technologien' sind vom Begriff des Rundfunks des BVG Rundfunk umfasst. Es besteht kein Grund, das beim Streaming anders zu sehen. Streaming ist im Vergleich zur terrestrisch digitalen Verbreitung ein anderer digitaler Übertragungsweg […].

Dieser Befund wird auch durch den Vergleich mit anderen Materien bestätigt, bei denen die Auslegung verfassungsrechtlicher Bestimmungen ebenso technologieoffen erfolgt, zB zum Recht auf Wahrung des Fernmeldegeheimnisses nach Art10a StGG, das nicht nur klassische Telefonate, sondern jede Übermittlung von Nachrichten im Fernmeldeverkehr schützt, oder zur Reichweite des Kompetenztatbestandes 'Fernmeldewesen' (siehe VfSlg 2720/1954).

[…]

Wenn man dagegen Streaming aus dem Begriff des Rundfunks des BVG Rundfunk herausnehmen wollte, würde sich gerade eine – immer größer werdende – Lücke an Finanzierung des ORF (und zahlenden Rundfunkkonsumenten) ergeben.

[…] Programmentgelt

[…] Beim Programmentgelt handelt es sich, auch nach der Judikatur des VfGH, um ein zivilrechtliches Entgelt auf gesetzlicher Basis. Auch wenn §31 Abs1 ORF-G an den terrestrischen Versorgungsauftrag anknüpft, stellt der (durch die ORF-G Novelle 2011 eingeführte) §31 Abs10 erster Satz ORF-G klar, dass auch die Versorgung(smöglichkeit) mit den ORF-Programmen über andere Verbreitungswege die Verpflichtung zur Zahlung des Programmentgelts auslöst. Das ist betreffend Verbreitung über Satellit oder Kabel auch ganz unstreitig.

[…]

VwGH Entscheidung

Der VwGH ist in seinem Erkenntnis vom 30.06.2015, Ro 2015/15/0015 zum Ergebnis gelangt, dass nur Geräte, die 'klassische' Rundfunktechnologie (im Sinne von technischen Modulen zum Empfang terrestrisch, kabel- oder satellitenverbreitete[n] Programm[en]) verwenden, als Rundfunkempfangseinrichtungen gemäß §2 Abs1 RGG zu qualifizieren sind. Dabei hat der VwGH eine einschränkende Auslegung des Begriffs Rundfunk im Sinn des BVG Rundfunk vorgenommen. Die wesentlichen Begründungselemente des VwGH waren:

[…] Die Legaldefinition von Rundfunk laut dem BVG Rundfunk sei 'sehr weit' und führe nach ihrem Wortlaut 'zu absurden Ergebnissen' wie etwa in der Literatur angesprochenen Beispielen der Unterstellung einer Homepage unter den Rundfunkbegriff

[…] Um solche 'realitätsfremden Ergebnisse' zu vermeiden, müsse der Begriff Rundfunk teleologisch reduziert werden.

[…] Der historische Gesetzgeber habe solche elektronischen Darbietungen über das Internet oder deren Vorläufer wie Telefon-Tonbanddienste nicht unter 'Rundfunk' subsumiert. Anderes habe für Darbietungen über terrestrische Sender, Satelliten oder Kabelanlagen gegolten.

[…] Weiters stütze das AMD-G, welches zwischen Rundfunk-Fernsehdiensten und neuen anderen linearen Mediendiensten wie Web-TV oder Live-Streaming unterscheide, die Annahme eines eingeschränkten Rundfunkbegriffs, welcher die Übertragung über das Internet nicht umfasst.

Nach diesem Erkenntnis des VwGH ist der Konsum von Fernseh- und Radiosendungen über Streaming nicht vom RGG umfasst, auch wenn sich das Streaming in der heutigen Lebenswelt zu einer dem Empfang via terrestrische Sender, Satelliten oder Kabelanlagen gleichwertigen und immer mehr verbreiteten Konsumart entwickelt hat. Dies hat aufgrund des Verweises auf das RGG in §31 Abs10 ORF-G bzw auf Grund der anderen angefochtenen Bestimmungen zur Folge, dass für den Empfang via Streaming kein Programmentgelt zu entrichten ist.

[…] Fernsehnutzung via Streaming in Österreich

Die Verbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen erfolgte über Jahrzehnte praktisch ausschließlich über die 'klassischen' Rundfunktechnologien Terrestrik, Kabel und Satellit. Seit Jahren ist jedoch ein Trend zu vermehrter Fernsehnutzung in Österreich über Streaming zu beobachten. Diese erfolgt zunehmend nicht nur als Ergänzung zu den 'klassischen' Rundfunkwegen (zB unterwegs auf mobilen Endgeräten), sondern auch als Ersatz für diese im stationären Bereich (zB über auf aktuellen 'Smart TVs' installierten 'Apps', mit denen Fernsehinhalte – live oder zeitversetzt – gestreamt werden können).

[…]

Die mittlerweile umfassende Internet-Verfügbarkeit und die Vielfalt zum Streaming geeigneter Geräte führen dazu, dass bereits heute die Verbreitungsmöglichkeiten zwischen Streaming und einem 'Point-to-Multipoint-Broadcast' keine relevanten Unterschiede mehr aufweisen.

Bereits heute können sämtliche Fernsehprogramme des ORF – entweder über die ORF-TVthek oder über andere Plattformen im Live-Stream empfangen werden. §3 Abs4a ORF-G ermöglicht dem ORF ausdrücklich das zeitgleiche und zeitversetzte Streaming seiner Fernseh- und Hörfunkprogramme.

Um die große gesellschaftliche Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in den neuen digitalen Zeiten zu bewahren, ist die Entwicklung des Streaming auch eine große Herausforderung für den ORF. Der ORF hat sich daher auch der strategischen Aufgabe der Weiterentwicklung von einem Public Service Broadcaster zu einer digitalen Public Service Plattform (etwa mit einer neuen Modul-Welt für alle Online-Angebote im neuen ORF-Player) gestellt und beabsichtigt, neben den linearen auch die zeitversetzten Fernsehangebote via Internet weiter auszubauen. […]

Für Hörfunkprogramme gilt im Wesentlichen das Gleiche, wenn auch mit der typischen Radionutzung geschuldeten Besonderheiten (zB findet im Auto die Integration von Smartphones bzw Internet als Voraussetzung für Streaming erst seit einigen Jahren in der breiten Masse statt, während im stationären Bereich Streaming zB über Computer, mobile Endgeräte und Geräte wie Amazons Echo ('Alexa') schon länger Usus ist). Sämtliche Radioprogramme des ORF werden vom ORF selbst über das Internet gestreamt[.] Es wird in Teilen der Branche davon ausgegangen, dass nicht DAB (digital terrestrische[s] Radio), sondern Streaming den aktuellen Standard für die terrestrische Verbreitung von Radio, UKW, ablösen wird.

Terrestrischer Rundfunk und 5G: Im neuesten netztechnischen Standard, 5G, gibt es in technischer Hinsicht bei der Übermittlung der Radio- und Fernsehprogrammströme zum Endkunden keinen Unterschied mehr zwischen 5G-Streaming und 5G-Broadcast. Das für die Codierung der audiovisuellen Signale verwendete Verfahren ist in beiden Fällen ebenso dasselbe, wie in beiden Verbreitungsnetzen IP-Technik zum Einsatz kommt. Auch Unterschiede in der audiovisuellen Qualität bestehen nicht. 5G ist anerkanntermaßen die Nachfolgetechnologie der aktuellen Form von terrestrischem Fernsehen (im Standard DVB-T2) in Europa und in dieser Hinsicht eine reine technologische Weiterentwicklung von terrestrischem Fernsehen wie es der Gesetzgeber des Rundfunkgebührengesetzes vor Augen hatte. 5G erfüllt die Kriterien von Rundfunktechnik vollumfänglich. Der zusätzlich zur linearen Programmverbreitung über 5G Netze mögliche integrierte Rückkanal ist kein Unterscheidungsmerkmal zwischen Streaming und Broadcast, weil heute bereits alle gesetzlich anerkannten Rundfunktechniken, das heißt Kabelfernsehen, Satellit und nicht zuletzt auch DVB-T2, über einen integrierten Rückkanal für die Interaktion mit dem Publikum beziehungsweise den Nutzerinnen und Nutzern dieser Rundfunkprogramme verfügen. Im 5G-Standard werden die zum Einsatz kommenden Techniken für den Endkunden überhaupt nicht mehr unterscheidbar sein. Vielmehr ermöglicht 5G ein homogenes technisch-qualitativ hochwertiges audiovisuelles Medienangebot, die leistungsfähigste Verbreitungstechnik für Rundfunk und nicht zuletzt alle heutigen und zukünftigen Formen der Wiedergabe linearer und non-linearer Rundfunkprogramme.

[…]

Finanzierung des ORF

[Der Jahresabschluss zum 31.12.2020 zeigt, dass] [d]ie Erlöse des ORF […] zu ca 67 % aus dem Programmentgelt [stammten]. Durch die sich weiterhin verschärfende Wettbewerbssituation und die Verlagerung der Nutzung des ORF auf Plattformen, in welchen dem ORF umfassende Werbebeschränkungen auferlegt sind, wird die Bedeutung des Programmentgelts für den ORF in der Zukunft noch weiter zunehmen.

Das Programmentgelt ist mit Abstand die Hauptfinanzierungsquelle des ORF.

[…] 'Streaming-Lücke'

Wenn der Empfang via Streaming nicht zur Entrichtung von Rundfunkgebühren und Programmentgelt verpflichtet, ergibt sich die sogenannte 'Streaming-Lücke' zur Finanzierung des ORF.

Wenn man die [aufgezeigte] Entwicklung der Streaming-only-Haushalte […] zugrunde legt, dann würden sich (bei sonst gleichbleibenden Parametern) Einnahmeverluste zwischen € 53 Mio im Jahr 2021 ansteigend bis € 87 Mio im Jahr 2025 ergeben, wenn Streaming-only-Haushalte für TV kein Programmentgelt entrichten[.]

[…]

Diese Werte erhöhen sich auf € 72 Mio (im Jahr 2021) bis € 119 Mio (im Jahr 2025), wenn man realistischer Weise davon ausgeht, dass es bis dahin auch beim Radio eine entsprechende Anzahl an reinen Streaming-Haushalten gibt.

Die in diesem Fall entstehende Finanzierungslücke müsste nach dem […] Prinzip der Deckung der Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags auf die zur Zahlung verpflichteten Rundfunkteilnehmer (in diesem Szenario) via 'klassischer' Rundfunktechnologie aufgeteilt werden, deren (einzelne) Beiträge also steigen müssten.

Soweit und solange (in der Zeit bis zur entsprechenden Anpassung der Höhe des Programmentgelts je Rundfunkteilnehmer) das nicht erfolgt, würde ein Teil der notwendigen Finanzierung des ORF fehlen. […]

Die geltende gesetzliche Regelung zum Programmentgelt im Sinn der Entscheidung des VwGH, Ro 2015/15/0015 führt zur Streaming-Lücke und verstößt damit gegen die […] beschriebenen verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen an die Finanzierung des ORF.

Anderes würde nur gelten, wenn §2 Abs1 RGG entgegen der Entscheidung des VwGH, Ro 2015/15/0015 (verfassungskonform) dahingehend ausgelegt werden könnte, dass auch Streaming vom Rundfunkbegriff umfasst ist und es nicht zur Streaming-Lücke kommt.

[…]

Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B-VG)

[…]

Nur jene Geräte, die 'klassische' Rundfunktechnologie (im Sinne von technischen Modulen zum Empfang terrestrisch, kabel- oder satellitenverbreitete[r] Programm[e]) verwenden, sind Rundfunkempfangseinrichtungen und demnach von der Verpflichtung zur Zahlung der Rundfunkgebühren und des Programmentgelts erfasst (§31 Abs10 ORF-G iVm §2 Abs1 RGG).

Andere Geräte, die dieselben Fernseh- und Radioprogramme ausschließlich über das Internet empfangen, begründen hingegen keine Rundfunkgebühren- und Programmentgeltleistungspflicht.

[…]

Der ORF sieht eine grundlegende und sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung darin, dass die Rundfunknutzer via 'klassischer' Rundfunktechnologie Programmentgelt zahlen müssen, Rundfunknutzer via 'Internet-Streaming' aber nicht.

Diese Ungleichbehandlung wird zusätzlich verstärkt, wenn angesichts des Nettokostenprinzips hinzu kommt, dass die Höhe des Programmentgelts für jeden zur Zahlung verpflichteten Rundfunkteilnehmer […] steigen müsste, wenn das Programmentgelt insgesamt nur noch von einer sinkenden Anzahl von Rundfunknutzern via 'klassischer' Rundfunktechnologie aufgebracht werden müsste. Im Fall einer solchen Entwicklung ist weiters zu befürchten, dass eine solche Ungleichbehandlung einen zusätzlichen Multiplikatoreffekt auslöst und im Laufe der Zeit zu noch mehr verstärktem 'Abwandern' in Richtung Streaming führt. Das würde die Finanzierungslücke nochmals vergrößern."

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt (teilweise ohne Hervorhebungen im Original):

"Zur Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, dass seine unmittelbare rechtliche Betroffenheit deshalb vorliege, weil der ORF Normadressat des ORF-G sei und einen Rechtsanspruch auf das Programmentgelt habe. Nach Auffassung der Bundesregierung verkennt der Antragsteller damit jedoch, dass schon nach Wortlaut und Systematik der angefochtenen Bestimmungen Normadressaten einerseits die zur Entrichtung des Programmentgelts verpflichteten Rundfunkteilnehmer im Sinn des §2 Abs1 RGG und andererseits die zur Einhebung des Programmentgelts zuständige Stelle, also die GIS Gebühren Info Service GmbH, sind; der ORF selbst ist nicht Normadressat. Selbst wenn man – im Einklang mit gewichtigen Stimmen in der österreichischen Fachliteratur – aus dem BVG Rundfunk ua eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Sicherstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ableitete, ergäben sich daraus noch keine spezifischen Anforderungen hinsichtlich der Art und des Verfahrens zur Sicherstellung der Finanzierung oder gar ein individualrechtlicher Anspruch. Es ist der Bundesregierung daher nicht ersichtlich – und es wird vom Antragsteller auch nicht dargelegt –, inwiefern die angefochtenen Bestimmungen in seine Rechtssphäre eingreifen (vgl zB VfSlg 14.274/1995 mwN).

[…] Auch aus dem Erkenntnis VfSlg 16.581/2002 betreffend den Entfall der Refundierungsregelung bei Gebührenbefreiung, auf das der Antragsteller zur Begründung seines Rechtsstandpunktes verweist, ergibt sich nach Auffassung der Bundesregierung keine andere Beurteilung. […]

Selbst wenn man jedoch die – nach Ansicht der Bundesregierung unzutreffende – Auffassung verträte, durch die angefochtenen Bestimmungen würde in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen, würde es im Antrag an einer hinreichenden Darlegung einer aktuellen Betroffenheit des Antragstellers in seiner Rechtssphäre fehlen. In §31 Abs2 ORF-G wird der Modus zur Festlegung der Höhe des Programmentgelts geregelt, wobei von einer fünfjährigen Finanzierungsperiode ausgegangen wird. Der Antragsteller hat nicht dargetan, dass und aus welchen Gründen es ihm wegen fehlender Einnahmen aus dem ihm gemäß §31 Abs2 ORF-G zukommenden Programmentgelt aktuell (gegenwärtig) nicht möglich wäre, den öffentlich-rechtlichen Auftrag zu erfüllen. Die gesamte Argumentation des Antrages konzentriert sich vielmehr auf eine (behauptete) Bedrohung der Finanzierung der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags in der Zukunft und auf eine finanzielle Vorsorge für zukünftige Zeiträume. Der Antragsteller ist daher in seiner Rechtssphäre keinesfalls aktuell betroffen, weshalb der Antrag jedenfalls aus diesem Grund unzulässig ist.

[…] Zu den Überlegungen über 'verfassungsrechtlich gebotene Anforderungen an die Finanzierung'

[…] Die Bundesregierung hat keinerlei Veranlassung, die Gewährleistungsfunktion des BVG-Rundfunk in Frage zu stellen. Würde man – im Einklang mit gewichtigen Stimmen in der österreichischen Fachliteratur – aus den Vorgaben des BVG-Rundfunk ua die Verpflichtung des Gesetzgeber

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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