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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Bedenken gegen die Regelung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht; keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht; keine überlange VerfahrensdauerSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 10. Februar 1989 wurde der beschwerdeführende Rechtsanwalt für schuldig erkannt, die Disziplinarvergehen der Verletzung seiner Berufspflichten sowie der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes dadurch begangen zu haben, daß er - (nachdem er als Substitut eines Rechtsanwaltes eine Mandantin vertreten und beraten hatte) nach Beendigung des Vertretungsverhältnisses als Zeuge in einem Honorarprozeß dieses Rechtsanwaltes vernommen - entgegen der sich aus §9 Abs2 RAO ergebenden Verpflichtung Tatsachen angegeben habe, die ihm anvertraut oder in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt geworden seien und deren Geheimhaltung im Interesse der früheren Mandantin gelegen seien, ohne von der ehemaligen Mandantin von der ihm obliegenden Verschwiegenheitspflicht entbunden worden zu sein. Insbesondere habe er angegeben, der offizielle Gewinn der Mandantin sei aus verschiedenen Geschäften sehr gering gehalten worden, sodaß dieser Gewinn mit ihren finanziellen Mitteln in keiner Weise in Einklang gestanden sei; der Vertreter des damaligen Ehegatten der Mandantin habe erklärt, wenn die Forderung seines Klienten in einer bestimmten Höhe nicht erfüllt würde, werde eine Anzeige der Beklagten beim zuständigen Finanzamt erfolgen; der damalige Vertreter des Ehegatten der Mandantin habe ferner ins Gespräch gebracht, daß diese in Liechtenstein über Konten in einer bestimmten Höhe verfüge. Der beschwerdeführende Rechtsanwalt wurde hiefür zu einer Geldbuße in der Höhe von S 30.000,-- und zum Ersatz der anteiligen Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt. Von weiteren Vorwürfen wurde der Beschwerdeführer freigesprochen.
2. Der gegen den verurteilenden Teil des Disziplinarerkenntnisses erhobenen Berufung wurde mit Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) vom 14. Oktober 1991, Zl. Bkd 92/89 - 13, nicht Folge gegeben und der Beschwerdeführer zur Tragung der Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtet.
Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
"Die solcherart (durch §9 Abs2 RAO) normierte Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts ist eine der unabdingbaren Voraussetzungen für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes. Der Klient muß ... absolut darauf vertrauen können, daß Tatsachen, die seinem Anwalt im Zuge der Vertretung bekannt geworden sind, nie und unter keinen Umständen gegen ihn verwendet werden können. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der (früheren) Klientin ..., über welche der Beschuldigte aussagte, sind Tatsachen, die dem Beschuldigten als Vertreter der Genannten, mithin in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt geworden sind und deren Geheimhaltung (im allgemeinen und unter dem Aspekt, im Fall ihrer Offenbarung die Klientin der Gefahr eines Finanzstrafverfahrens auszusetzen) im Interesse der (früheren) Klientin als seiner Partei gelegen ist. Selbst wenn diese Tatsachen Akten zu entnehmen sein sollten, so vermag dies den Beschuldigten nicht zu exkulpieren: Denn durch seine Aussage in öffentlicher Verhandlung wurde das, was aktenkundig ist, verstärkt und gefestigt und damit genau das bewirkt, was durch die dem Anwalt obliegende Verschwiegenheitspflicht verhindert werden soll. Auch Tatsachen, die allgemein bekannt sind, darf der zur Verschwiegenheit verpflichtete Rechtsanwalt nicht durch seine Angaben dadurch bekräftigen, daß er sie als solche bezeichnet, die ihm aus seiner Vertretungstätigkeit bekannt geworden sind ...
Die ins Treffen geführte konkludente Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht ändert am disziplinären Fehlverhalten des Beschuldigten nichts. Auch eine solche Entbindung enthebt den Rechtsanwalt nicht einer gewissenhaften Prüfung, ob durch die Preisgabe des Geheimnisses der Klient nicht ins Gewicht fallende Nachteile (deren sich der Klient nicht ohne weiteres bewußt ist) zu befürchten hat ... Diese Prüfung mußte vorliegend schon im Hinblick auf die aus der Offenbarung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klientin dieser drohenden Gefahr eines Finanzstrafverfahrens zur unbedingten Wahrung der Verschwiegenheitspflicht - unbeschadet einer allenfalls konkludent erfolgten Entbindung - führen.
Für den Berufungswerber ist auch mit dem Hinweis auf eine ihm im Zivilprozeß auferlegte und erzwingbare Pflicht zur Zeugenaussage nichts gewonnen. Gemäß §321 Abs1 Z4 ZPO darf das Zeugnis in Ansehung desjenigen verweigert werden, was dem Zeugen in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt von einer Partei anvertraut worden ist. Der Beschuldigte hat sich bei seiner Vernehmung nicht auf diesen Zeugnisverweigerungsgrund berufen, weshalb für das Gericht auch kein Anlaß bestanden hat, darüber zu entscheiden, ob die Verweigerung der Aussage zulässig oder der Zeuge zur Aussage zu verhalten ist.
Wenn der Berufungswerber schließlich vermeint, durch die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht wäre es unmöglich, einen Honorarprozeß gegen den ehemaligen Klienten zu führen, sodaß das Anwaltsgeheimnis nicht gegenüber einem ehemaligen Klienten gelten könne, so läßt er außeracht, daß die Treuepflicht und Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts über das Vertretungsverhältnis hinaus dauert ... Nach Beendigung des Vertretungsverhältnisses ist es jedoch dem Rechtsanwalt keineswegs verwehrt, seine Honorarforderung gegenüber dem ehemaligen Klienten auch gerichtlich geltend zu machen. Dabei mag es im Einzelfall zutreffen, daß die Prozeßführung durch die Einhaltung der fortdauernden Verschwiegenheitspflicht erschwert wird. Das ändert aber nichts daran, daß auch in einem solchen Fall die Pflicht zur Wahrung der Verschwiegenheit grundsätzlich bestehen bleibt, und zwar uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn andernfalls der Klient der Gefahr eines (Finanz-)Strafverfahrens ausgesetzt würde.
Nicht gefolgt werden kann letztlich dem Berufungswerber, wenn er meint, er habe weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt und es könne ihm, selbst wenn er verurteilt wird, nicht eine Berufspflichtenverletzung angelastet werden, weil es sich um 'eine Angelegenheit in eigener Sache' handelte.
Daß das disziplinäre Fehlverhalten dem Beschuldigten auch subjektiv zuzurechnen ist, kann nach den Feststellungen des Disziplinarrates nicht zweifelhaft sein.
Die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht gehört zu den grundlegendsten Pflichten eines Rechtsanwaltes; ein Anwalt, der (wenn auch in einem Honorarprozeß jenes Rechtsanwalts, der ihn substituiert hat) diese Pflicht verletzt, verantwortet nicht nur das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes, sondern auch jenes der Berufspflichtenverletzung."
3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf ein faires Verfahren gemäß Art6 Abs1 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.
4. Die OBDK als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige -
Beschwerde erwogen:
1. Der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende §9 Abs2
RAO lautet:
"§9. (1) ...
(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse seiner Partei gelegen ist, verpflichtet. Er hat im gerichtlichen und sonstigen behördlichen Verfahren nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften das Recht auf diese Verschwiegenheit."
2.1. Die Beschwerde behauptet zwar bei Darlegung der Beschwerdegründe (III.) unter Z1, der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende §9 Abs2 RAO widerspreche dem Gleichheitsgebot, verweist zur Begründung dieser Auffassung aber auf die nachfolgenden Ausführungen unter Z2. Unter Z2 der Begründung der Beschwerde wird aber das Vorliegen von Vollzugsfehlern behauptet, auf die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Wahrung des Gleichheitssatzes aufmerksam gemacht und "um Wiederholungen zu vermeiden", auf die Ausführungen zu Z1 verwiesen - dort aber wird, wie dargetan, zur Begründung auf Z2 verwiesen, sodaß die Beschwerde zu den behaupteten Bedenken gegen die genannte Rechtsvorschrift nichts vorträgt.
2.2. Ungeachtet dessen sind beim Verfassungsgerichtshof bislang verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere auch aus der Sicht des Gleichheitssatzes gegen die genannte Rechtsvorschrift nicht entstanden (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §9 Abs2 RAO VfSlg. 6694/1972). Er sieht sich auch aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt, von dieser Rechtsanschauung abzugehen.
Gewiß lag dem genannten Erkenntnis ein Fall zugrunde, in welchem es darum ging, daß sich der Rechtsanwalt auf die Verschwiegenheitsverpflichtung berief, währenddem hier der beschwerdeführende Rechtsanwalt das Bestehen der Verschwiegenheitspflicht verneint. Auch das führt aber nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zu keiner anderen verfassungsrechtlichen Beurteilung des §9 Abs2 RAO, weil, wie insbesondere im Erkenntnis VfSlg. 10291/1984 dargetan und näher begründet wurde, der Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte im Rechtsschutzsystem insgesamt, namentlich unter dem Blickwinkel der durch Art6 EMRK verbrieften verfassungsrechtlichen Garantien eine zentrale Bedeutung zukommt; dies umschrieb der Verfassungsgerichtshof wie folgt:
"Jedermann, der sich in seinen Angelegenheiten an einen berufsmäßigen Parteienvertreter wendet, muß darauf vertrauen können, daß er nicht gerade durch Betrauung eines Parteienvertreters und Informationserteilung an diesen Beweismittel schafft (Korrespondenz, Besprechungsnotizen usw.), die dann, auf welchem Wege immer, ob durch Zeugenaussage oder durch Beschlagnahme, in die Hände der Behörde gelangen. Fehlt dieser Schutz, so fehlt ein wesentliches Element des Rechtes, sich in seinen Angelegenheiten eines Rechtsbeistandes zu bedienen." (vgl. dazu auch die dort zitierte Rechtsprechung der Höchstgerichte und Literatur).
Diese Überlegungen haben auch hier ihre uneingeschränkte Gültigkeit. Es ist im Wesen des Disziplinarrechts gelegen, daß die ihm unterworfenen Personen, hier also die Rechtsanwälte, insgesamt besonderen, verfassungsrechtlich unbedenklichen Pflichten unterliegen (vgl. - mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - etwa VfSlg. 12586/1990).
2.3. Der Beschwerdeführer wurde deshalb nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
3.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, der angewendeten Rechtsvorschrift einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt und Willkür geübt zu haben. Die belangte Behörde habe das Vorbringen des Beschwerdeführers ignoriert, da nicht auf seine Beweisanträge eingegangen worden sei. Sie habe dadurch die Rechtslage gehäuft verkannt und in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit bzw. ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren überhaupt unterlassen. Sie hätte sonst feststellen müssen, daß der Beschwerdeführer konkludent von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden sei bzw. von einer solchen Entbindung ausgehen konnte. Die Beschwerde führt dazu aus:
"Im gegenständlichen Zivilverfahren waren aber aufgrund der sonstigen Verfahrensergebnisse, insbesondere der verlesenen Zivilakten, die Tatsachen, derentwegen ich von beiden Disziplinarbehörden verurteilt wurde, bereits bekannt. Gerade aufgrund dieses Umstandes war kein Geheimnis mehr gegeben, lag auch keine Verpflichtung zu einer Verschwiegenheit mehr vor, lag jedenfalls eine konkludente Entbindung von dieser Verschwiegenheitspflicht vor, konnte ich von einer solchen konkludenten Entbindung ausgehen, ja konnten keine größeren drohenden Gefahren für die vormalige Klientin aufgrund der Notorität dieser Tatsachen entstehen.
...
Da ich aufgrund der sich bereits aus der Sachverhaltsdarstellung ergebenden Umstände (die ehemalige Klientin hat meiner Aussage nicht widersprochen, ich habe ihr Fragen bezüglich der inkriminierten Tatsachen gestellt, weder der Anwalt der vormaligen Klientin noch der zuständige Richter haben die konkludente Entbindung in Frage gestellt, die verfahrensrelevanten Tatsachen waren notorisch) mußte ich von einer konkludenten Entbindung ausgehen bzw. davon, daß ich durch meine Aussage unter anderem wegen der Notorität, und daher der Ermangelung von (neuen) Gefahren für die vormalige Klientin keine Verschwiegenheitspflicht verletzen kann. Mangels Verwirklichung der inneren Tatseite ist sohin meine Verhaltensweise jedenfalls nicht strafbar. Da mich aber die belangte Behörde lediglich aufgrund der Verwirklichung der objektiven Tatseite verurteilt hat, wurde durch dieses gehäufte Verkennen der Rechtslage mein Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt."
Weiters habe der Beschwerdeführer keine Berufspflichtenverletzung begangen, da seine Aussage als Zeuge und nicht als Anwalt seiner vormaligen Klientin erfolgt sei.
3.2. Die gerügten Verfassungseingriffe liegen hier offenkundig nicht vor:
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Bestimmung des §9 Abs2 RAO in der von ihr gewählten Weise auslegt. Insbesondere hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken, wenn die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht auch über das vertragliche Vertretungsverhältnis hinaus als beachtlich und den betreffenden Anwalt grundsätzlich bindend angesehen wird. Denn allein dadurch wird den oben dargelegten Rechtsschutzerfordernissen Rechnung getragen (so etwa schon Lohsing-Braun, Österr. Anwaltsrecht2 (1950), 118; Herz, Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwaltes im Honorarprozeß, NBl. 1957, 23ff. (25)). Auch wenn die belangte Behörde anderwärts allenfalls schon öffentlich erörterte Angelegenheiten als der Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte unterliegend wertete, bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Aber auch die weiteren Beschwerdevorwürfe des Ignorierens des Parteivorbringens, der gehäuften Verkennung der Rechtslage und der Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt bzw. eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens sind nicht begründet. Die belangte Behörde hat sich im einzelnen mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und ihre Begründung ist nicht zu beanstanden.
3.3. Der Beschwerdeführer wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
4.1. Die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums begründet die Beschwerde damit, "teleologischer Zweck" von §9 Abs2 RAO sei der Schutz der von einem Klienten dem Anwalt erteilten Information gegenüber Dritten. Sinn dieser Bestimmung sei es jedoch nicht, den Anwalt gegenüber seinen vormaligen Klienten zu benachteiligen. Es wäre eine krasse Benachteiligung eines Rechtsanwaltes, wenn er die ihm erteilten Informationen nicht in einem Honorarprozeß geltend machen könne, da der Streitwert in Verfahren vor Gerichten und Verwaltungsbehörden in der Regel bei weitem geringer als die tatsächliche Bemessungsgrundlage für den Honoraranspruch des Rechtsanwaltes sei. Da diese Informationen unabdingbare Voraussetzung für die Berechnung der Honorarbemessungsgrundlagen seien, könne die Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwaltes bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegenüber diesen Klienten gelten.
4.2. Dieses Vorbringen ist unverständlich, weil, wie dargetan, vorliegendenfalls nicht der Beschwerdeführer, sondern ein anderer Rechtsanwalt den Honorarprozeß angestrengt hat, in welchem der Beschwerdeführer als Zeuge einvernommen worden ist.
Wie sich im übrigen aus den zu II.3.2. angestellten Erwägungen ergibt, erweist sich der angefochtene Bescheid aus verfassungsrechtlicher Sicht als unbedenklich, sodaß auch keine denkunmögliche Gesetzesanwendung vorliegt.
4.3. Unter dieser Voraussetzung wurde aber der Beschwerdeführer nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.
5. Schließlich behauptet die Beschwerde eine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 Abs1 EMRK, da zwischen dem inkriminierten Verhalten (24.11.1986) und seiner Verurteilung (14.10.1991) fast fünf Jahre vergangen seien; die Urteilsausfertigung sei ihm erst sechseinhalb Jahre (22.2.1993) nach der vorgeworfenen Tat zugestellt worden. Auch wenn das inkriminierte Verhalten noch nicht verjährt sei, verletze die überlange Verfahrensdauer, die nicht von ihm verursacht worden sei, den Beschwerdeführer im genannten Recht.
Hiezu genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 1992, B1213/91, (S 6) zu verweisen.
5.3. Der Beschwerdeführer wurde deshalb auch im bezogenen Grundrecht auf ein faires Verfahren nicht verletzt.
6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin insgesamt nicht stattgefunden. Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
7. Die Beschwerde war deshalb als unbegründet abzuweisen.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Berufsrecht Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Verschwiegenheitspflicht, fair trialEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B568.1993Dokumentnummer
JFT_10068994_93B00568_2_00