Entscheidungsdatum
27.12.2022Norm
WRG 1959 §12 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya vom 02. März 2022, ***, betreffend wasserrechtliche Kollaudierung, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird abgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 12 Abs. 2, 102 Abs. 1 lit. b, 121 Abs. 1 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)
§§ 17, 24, 27, 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 33/2013 idgF)
§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)
Art. 132 Abs. 1 Z 1, Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl.
Nr. 1/1930 idgF)
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt
1.1. Mit Bescheid vom 08. November 2011, ***, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya (in der Folge: die belangte Behörde) der Marktgemeinde *** (in der Folge auch: die mitbeteiligte Partei) die wasserrechtliche Bewilligung für Wasserrückhaltemaßnahmen in der Katastralgemeinde ***, darunter auch die Errichtung eines „1.250 m³ großen“ Rückhaltebeckens „***“ mit Ausbau eines 80 m langen Wiesenwegs zur Flutmulde und Auswechslung eines bestehenden Regenwasserkanals für die Ableitung des Beckennotüberlaufs. Dieser Bescheid ist rechtskräftig.
1.2. Im Zuge der Ausführung des Vorhabens kam es zu Abänderungen, welche zu Beschwerden des – nunmehrigen - Anrainers A, des Beschwerdeführers im vorliegenden Verfahren, führten.
1.3. In der Folge legte die mitbeteiligte Partei der belangten Behörde Ausführungs-unterlagen, erstellt von B, Zivilingenieure für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, datiert mit 14. September 2021, vor. Im technischen Bericht wird das Rückhaltebecken *** wie folgt beschrieben:
„2.5.1 Änderungen im Einzugsgebiet durch Agrarverfahren und Siedlungstätigkeit
Das bewilligte Projekt sah die Umleitung von Oberflächenwasser aus südlicher Richtung über zwei Fanggräben auf den Gst. *** und *** („Gebiet 3“ in nachstehender Skizze) zum RHB *** vor. Auf Grund des Entfalls eines damals vorhandenen, wasserführenden Feldweges und der tlw. Umwidmung dieses Teilgebietes zu einem Siedlungsgebiet werden nun aus dieser Richtung KEINE Oberflächenwässer mehr zum Rückhaltebecken umgeleitet.
Durch die „Flurbereinigungen“ im Zuge des Agrarverfahrens und die Siedlungserweiterung *** wurde das Einzugsgebiet des Rückhaltebeckens von urspr. rd. 13 ha auf nun rd. 9,5 ha verkleinert.
Die Fanggräben wurden nicht errichtet.
[Foto, hier nicht wiedergegeben]
2.5.2 Vergrößerung des Rückhaltebeckens und Erhöhung der Anlagensicherheit
Das luftseitige Gelände und der Zufahrtsweg wurden mit geeignetem Überschussmaterial aus dem Bauabschnitt 2 flach verlaufend an die, südlich des RHB vorhandene Geländehöhe angehoben. Der geplante Damm und die Notüberlaufscharte wurden nicht errichtet. Die Zufahrt zum Becken und zu den südlich und östlich des Beckens liegenden Äckern ist somit ohne Einschränkung durch die ursprünglich vorgesehenen, 1:10 geneigten Böschungen der Notüberlaufmulde möglich. Neben den Baukosten konnten damit auch der Wartungsaufwand und das Standsicherheitsrisiko der Beckenanlage reduziert sowie die landwirtschaftliche Nutzung des Weges erleichtert werden.
Im ursprünglichen Projekt erfolgte die Notentlastung aus dem RHB auf einer Höhe von 502,45 m ü.A. in Richtung der bebauten Ortschaft. Die geplante Dammkrone lag auf 503,00 m ü.A. und damit tiefer als das südlich angrenzende Gelände. Durch den nun ausgeführten, zum südlich des RHB vorhandenen Gelände leicht ansteigenden Weg liegt die tiefste Böschungsoberkante des RHB bei 503,0 m ü.A. im Bereich der westlich gelegenen Zulaufmulde (vgl. vorstehende Hangwasserkarte). Es erfolgt somit keine Entlastung in Richtung des bebauten Siedlungsgebietes mehr.
Insgesamt beträgt das Fassungsvermögen des Rückhaltebeckens nun ca. 1.738 m³ statt der ursprünglich geplanten 1.280 m³. Wie der beiliegenden Neuberechnung zu entnehmen ist, kann damit theoretisch das betrachtete HHQ-Ereignis nach Kreps (=2xHQ100, Abflussfülle = 1.730 m³) auch bei verstopfter Abflussdrossel zur Gänze im Rückhaltebecken zwischengespeichert und über die vorhandenen Dränagen langsam versickert werden! Ein HQ100 nach Kreps kann bei verstopftem Abfluss bei einem Wasserstand von max. 1,07 m bzw. einem ausgenutzten Rückhaltevolumen von 860 m3 aufgenommen werden. Das Freibord beträgt in diesem Fall noch 68 cm!!
Es ist daher keine Notentlastung aus dem Becken erforderlich. Die geplante Flutmulde wurde nicht ausgeführt.
2.5.3 Verkleinerung der Abflussdrossel und Ökologische Aufwertung des Beckens
Die vergrößerte Ausführung des Rückhaltebeckens und die Möglichkeit, ein HHQ bei unterbundenem Abfluss im Rückhaltebecken zwischenspeichern zu können, erlaubt eine Verkleinerung der Abflussdrossel von DN150 auf DN100 mittels eines, beckenseitig am Grundablassrohr aufgesteckten Aufstandsbogens. Dadurch wird eine kleine Fläche vor dem Grundablass als Feucht- bzw. Röhrichtzone mit einem max. Wasserstand von 15 cm geschaffen. Als weitere ökologische Aufwertung soll ein Teil der rückwärtigen Böschungsbereiche mit Sträuchern bepflanzt werden.
2.5.4 Neubemessung des Rückhaltebeckens
EINZUGSGEBIET:
Einzugsgebietsgröße: 0,095 km²
GOK Wasserscheide: 518 m ü.A.
GOK Gebietsauslass: 503 m ü.A.
Fließweg: 1,25 km
mittl. Geländeneigung: 1,2 %
Konzentrationszeit nach Kreps: 15 min
Bemessungsabfluss Rückhalteraum (HQ100): 0,80 m³/s
Fülle eines HQ100-Ereignisses nach Kreps: 860 m³
Bemessungsabfluss Anlagensicherheit (HHQ): 1,60 m³/s
Fülle eines HHQ-Ereignisses nach Kreps: 1.730 m³*
RÜCKHALTEBECKEN:
vorhandener Rückhalteraum: 1.738 m³*
bei HQ100 ausgenutzter Rückhalteraum: 810 m³
Drossel/Grundablass: DN100mm / DN200mm
Sohle Grundablass DN200: 501,12 m ü.A.
Sohle Aufstandsbogen (Drossel) DN100: 501,25 m ü.A.
Gewöhnliches Stauziel ZV (Wsp. bei HQ100): 502,21 m ü.A.
max. Abfluss bei ZV (HQ100): 22 l/s
Höchstes Stauziel ZH (Wsp. bei HHQ): 502,88 m ü.A.
max. Abfluss bei ZH (HHQ): 28 l/s
*Ein HHQ-Ereignis nach Kreps kann bei verstopftem Abfluss im RHB gespeichert werden!!!“
1.4. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der auf Einwände des Beschwerdeführers eingegangen wurde und der wasserbautechnische Amtssachverständige ein Gutachten abgegeben hatte, erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 02. März 2022, ***. Darin wurde festgestellt, dass die mit Bescheid vom 08. November 2011 bewilligten Anlagen im Wesentlichen der Bewilligung entsprechend ausgeführt worden sind. Gleichzeitig wurden geringfügige Abweichungen nachträglich genehmigt, darunter in Bezug auf das Rückhaltebecken „***“ eine Vergrößerung des Volumens um 450 m³.
Die Kollaudierungsunterlagen sind mit der Bezugsklausel des Bescheides versehen.
In der Begründung gibt die Behörde ein Gutachten des wasserbautechnischen Amts-sachverständigen vom 06. September 2021, erstattet bei einer mündlichen Verhandlung, wieder, in dem die vorgenommenen Änderungen beschrieben sind. Überdies findet sich ein weiteres Gutachten betreffend die Ausführung des Rückhaltebeckens „***“ (vom 20. Jänner 2022), die Äußerung des Beschwerdeführers zu diesem Gutachten sowie vorangegangene Beschwerden und Feststellungen aus der Verhandlungsschrift vom 06. September 2021, sowie eine neuerliche Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen (vom 25. Februar 2022) zur Eingabe des Beschwerdeführers (vom 22. Februar 2022).
Schließlich kommt die belangte Behörde zum Schluss, dass die behördliche Überprüfung ergeben hätte, dass die Anlage im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der erteilten Bewilligung errichtet worden sei und die Voraussetzungen für eine nachträgliche Genehmigung der Abweichungen gegeben wären.
1.5. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des A mit dem Begehren, den Rückbau im Sinne des im Jahre 2011 wasserrechtlich bewilligten Projektes zu veranlassen. Er begründet dies damit, dass das vergrößerte Becken auf seinen Grundstücken ohne seine Zustimmung errichtet worden wäre (angeführt sind mehrere „alte“ Grundstücksnummern; Anmerkung: das gegenständliche Gebiet war einem mittlerweile abgeschlossenen Zusammenlegungsverfahren unterzogen worden); die belangte Behörde hätte Altgrundstücke unzutreffend als Neugrundstücke bezeichnet. Weiters verweist er auf eine Vereinbarung vom 02. Mai 2019, welche gleichzeitig vorgelegt wird, deren Inhalt nicht erfüllt worden sei. Außerdem wird auf die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur GZ. LVwG-AV-768/001-2018 vom 25. August 2020 verwiesen. Schließlich wird vorgebracht, dass es durch die Vergrößerung des Beckens „***“ auf eine Bemessung von HQ5000 und die Erhöhung des sogenannten Dammkronenwegs auf Grundstück *** es zu „nachteiligen Auswirkungen zur Bodenbewirtschaftung, Staunässe und Verletzung fremder Rechte, des öffentlichen Interesses und des Eigentumsrechtes“ komme.
1.6. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich forderte die mitbeteiligte Partei zu einer Äußerung auf, in der sie dem Vorbringen des Beschwerdeführers entgegentrat und vorbrachte, dass dieser unter Missachtung der Grundgrenzen die Liegenschaft der Gemeinde teilweise mitbewirtschafte.
1.7. Am 23. August 2022 und 20. Dezember 2022 führte das Gericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der die Parteien gehört und der wasser-bautechnische Amtssachverständige (23. August 2022) sowie der Planverfasser (20. Dezember 2022) befragt wurden.
1.8. Das Gericht stellt in Bezug auf das in Rede stehende Rückhaltebecken Folgendes fest:
Gemäß der Einreichplanung und Bewilligung 2011 war das Rückhaltebecken „***“ auf den damaligen Grundstücken Nr. ***, *** und ***, KG ***, vorgesehen, wobei der im Westen angrenzende Wiesenweg als Flutmulde ausgebaut werden sollte. Weiters war die Auswechslung eines bestehenden Regenwasserkanals für die Ableitung des Beckennotüberlaufs geplant.
Die tatsächliche Ausführung des Beckens, beschrieben und dargestellt im Technischen Bericht und Bestandslageplan, beide vom 14. September 2021 (Verfasser: B Zivilingenieure für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft), welche als richtig festgestellt werden, erfolgte im Wesentlichen an derselben Position, wobei im Zuge eines Zusammenlegungsverfahrens ein eigenes Grundstück (Parzelle ***) für die Marktgemeinde *** ausgeschieden worden war. Das Abfindungsgrundstück ***, KG ***, des Beschwerdeführers, grenzt an die Liegenschaft mit dem Beckenstandort im Norden und Osten an. Durch das in Form einer „Eintopfung“, also ohne Herstellung von Dämmen, errichtete Becken wird die Liegenschaft des Beschwerdeführers nicht in Anspruch genommen. Das Beckenvolumen wurde gegenüber der Bewilligung um 450 m³ erhöht, sodass selbst ein Ereignis entsprechend dem HQ5000 ohne Ablauf aus dem Becken retendiert werden kann. Das Becken weist einen Grundablass auf, welcher ebenfalls nicht die Liegenschaft des Beschwerdeführers beansprucht. Selbst beim HQ5000 bleibt die Wasseranschlagslinie innerhalb der Grundgrenzen des Beckenstandortes, sodass selbst in diesem Extremfall kein Wasseraustritt auf die Liegenschaft des Be-schwerdeführers erfolgt. Die ursprünglich geplante Verwendung des angrenzenden (ehemaligen) Wiesenweges als Flutmulde ist entfallen. Im Zusammenhang mit der Errichtung des gegenständlichen Beckens wurde ein Zufahrtsweg geschaffen, durch dessen Ausgestaltung (Breite und Höhe) sich der Einschreiter beschwert fühlt. Bereits im Zusammenlegungsverfahren *** hatte der Einschreiter Beschwerde gegen den Zusammenlegungsplan unter anderem mit der Begründung erhoben, dass aufgrund der Aufhöhung des Zufahrtsweges und die dadurch entstandene Höhendifferenz zu seinem Grundstück seine Zufahrtsmöglichkeit zur Liegenschaft *** auf eine Länge von 80 m geschmälert sei. Die Beschwerde war als unbegründet abgewiesen worden (Erkenntnis vom 25. August 2020, LVwG-AV-768/001-2018), wobei das Gericht im Zusammenhang mit dem Regenrückhaltebecken vom Vorbringen des Beschwerdeführers ausging und daher zum damaligen Zeitpunkt keine Feststellungen zu den Auswirkungen des Beckens auf das Abfindungsgrundstück zu treffen hatte.
Negative Auswirkungen von Bestand und Betrieb des Regenrückhaltebeckens auf das Grundeigentum des Beschwerdeführers sind nicht gegeben.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu Verfahrensverlauf und Inhalt behördlicher Schriftstücke ergeben sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde und des Gerichts.
Dass das Grundeigentum des Beschwerdeführers, wie es im gegenwärtigen Zeitpunkt besteht, auch durch die abgeänderte Ausführung des in Rede stehenden Rückhaltebeckens nicht beansprucht wird, ergibt sich aus den vorliegenden Planunterlagen, die der Beschwerdeführer nicht erfolgreich in Zweifel zu ziehen vermochte, sowie aus der Begutachtung durch den wasserbautechnischen Amtssachverständigen im Zuge des wasserrechtlichen Kollaudierungsverfahrens. Dies gilt auch für den Wasserstand, wobei der Sachverständige in seinem Gutachten vom 6. September 2021 festhält, dass die Anschlagslinien der maßgeblichen HHQ-Ereignisse um 16 bzw. 5 cm unter der Grundgrenzenhöhe zu liegen kommen. Dass es durch den Betrieb des Rückhaltebeckens zu Vernässungen auf den Liegenschaften des Beschwerdeführers komme, ist nicht zu sehen und wird von diesem letztlich auch nicht behauptet. Soweit der Beschwerdeführer eine Vernässung durch die Ausführung des Zufahrtsweges geltend macht, ist auf die rechtliche Beurteilung zu verweisen.
3. Erwägungen des Gerichts
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung
von folgenden Erwägungen leiten lassen:
3.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften
WRG 1959
§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.
(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
(…)
§ 102. (1) Parteien sind:
(…)
(…)
(…)
§ 121. (1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung diese Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1).
(…)
VwGVG
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
(…)
VwGG
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
B-VG
Artikel 132.
(1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:
(…)
Artikel 133. (…)
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(…)
3.2. Rechtliche Beurteilung
3.2.1. Bei dem angefochtenen Bescheid handelt es sich um eine im wasser-rechtlichen Überprüfungsverfahren nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 ergangene Entscheidung. Im wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren kann das ursprünglich genehmigte Projekt nicht mehr bekämpft werden, sondern nur mehr die Nichtübereinstimmung der ausgeführten Arbeiten mit dem bewilligten Projekt (zB VwGH 16.12.2010, 2008/07/0220). Darauf ist auch die Beschwerde des Manfred Strohmer gerichtet, der im Kern die Verletzung seines Eigentumsrechtes behauptet, eines gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 im Wasserrechtsverfahren geschützten Rechtes, welches auch im Kollaudierungsverfahren mit den oben genannten Einschränkungen geltend gemacht werden kann. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass eine Parteibeschwerde nur insoweit zu prüfen ist, als die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes, welches dem Beschwerdeführer zukommt, behauptet wird (zB VwGH 16.02.2017, Ra 2015/05/0060). Die Wahrnehmung des objektiven Rechts obliegt einer auf die Geltendmachung der Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten beschränkten Partei nicht; daher ist das Gericht auch nicht berechtigt im vorliegenden Fall – über die Frage der Verletzung des Eigentumsrechts des Beschwerdeführers hinaus – zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall die sonstigen Voraussetzungen für eine positive wasserrechtliche Kollaudierung einschließlich der Genehmigung von Abweichungen vorliegen, etwa ob es sich bei den Änderungen um geringfügige Abänderungen handelt.
3.2.2. Aufgrund der getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers durch die gegenständliche Wasseranlage, nämlich das Regenrückhaltebecken samt Ableitung in der tatsächlichen und in den Kollaudierungsunterlagen dargestellten Ausführung nicht beeinträchtigt wird. Zum einen steht fest, dass das strittige Becken nicht auf Grundflächen des Beschwerde-führers errichtet wurde, wobei die gegenwärtigen Eigentumsverhältnisse maßgeblich sind. Soweit der Beschwerdeführer auf die Errichtung auf „Altgrundstücken“ rekurriert, ist darauf hinzuweisen, dass mittlerweile die neue Flureinteilung rechtskräftig ist und demnach kein Anlagenteil auf dem Abfindungsgrundstück des Beschwerdeführers gelegen ist. Dies musste er im Zuge der mündlichen Verhandlung am 23. August 2022 auch einräumen; die Behauptung, dass in den Plänen „die Höhe nicht richtig eingezeichnet“ sei, vermochte er nicht zu belegen. Die Frage, ob der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Ausführung der Anlage Eigentümer eines betroffenen Grundstücks gewesen ist und zum damaligen Zeitpunkt eine Verletzung seines Eigentumsrechtes erfolgt war, braucht nicht geprüft zu werden, da die Rechtsverhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich sind.
Auch vermag der Beschwerdeführer nicht zu behaupten, dass durch Ausfließen von Wasser aus dem Becken sein Grundeigentum beeinträchtig würde, ergibt sich doch aus den Planunterlagen und der Begutachtung des Sachverständigen, dass die Wasseranschlagslinien selbst beim HQ5000 innerhalb der Grenzen des Becken-standortes liegen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Judikatur Beeinträchtigungen, welche nur bei statistischen Extremereignissen stattfinden, nicht als maßgebliche Verletzungen des Eigentumsrechtes anzusehen sind (vgl. die Entscheidung vom 14.12.2017, Ro 2017/07/0030, in der eine gesicherte Beeinträchtigung einer Liegenschaft erst bei Eintritt eines Extremhochwasser-ereignisses von HQ300 nicht als Rechtsverletzung, die zur Abweisung eines Bewilligungsantrages führen hätte können, qualifiziert worden ist). Angesichts der Hochwassersicherheit bis zu HQ5000 ist im vorliegenden Fall also keine relevante Verletzung des Eigentumsrechtes des Beschwerdeführers durch das Hochwasserrückhaltebecken selbst anzunehmen.
Dies macht der Beschwerdeführer letztlich gar nicht geltend, geht es ihm doch in Wirklichkeit um die Ausgestaltung des Zufahrtsweges, um, wie im Zusammen-legungsverfahren bereits gefordert, von diesem ungehindert auf sein Grundstück fahren zu können. Dementsprechend hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2022 sein Begehren dahingehend formuliert, dass der Weg bis an die Grundgrenze geschottert werden und ein anderes Gefälle erhalten solle.
Der in Rede stehende Weg, mag er auch aus Anlass und zwecks besserer Erreich-barkeit des Rückhaltebeckens gebaut worden sein, ist jedoch mangels unmittelbarer Relevanz für das Wasserbauvorhaben selbst jedenfalls im Verlauf entlang der Grundgrenze mit der Liegenschaft des Beschwerdeführers nicht als dessen Bestandteil anzusehen. Insofern unterscheidet sich die Situation im gegenwärtigen Zustand von der ursprünglichen genehmigten, da zum damaligen Zeitpunkt ein Ausbau des Weges (allerdings auch nicht im Bereich der nunmehrigen Grundgrenze mit der Liegenschaft des Beschwerdeführers) zu einer Flutmulde vorgesehen war, was den Weg insoweit zum Bestandteil der Wasseranlage machte. Während der Weg in diesem Rahmen als Bestandteil des bewilligten Einreichprojektes aus dem Jahr 2011 angesehen werden musste, ist dies bei dem gegenständlichen nicht mehr der Fall (vgl. auch die Aussage des Amtssachverständigen im Zuge der mündlichen Verhandlung am 23. August 2022, wonach die Höhenlage des Weges entlang dem Grundstück des Beschwerdeführers für die Funktion des Beckens nicht von Bedeutung ist). Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass der Zufahrtsweg, mag er auch in den Plänen eingezeichnet sein, jedenfalls im strittigen Bereich entlang der Grenze zur Liegenschaft des Beschwerdeführers, kein wasserrechtlich bewilligungs-pflichtiger Teil des Regenrückhaltebeckens „***“ ist. Abgesehen davon, dass es dem Beschwerdeführer ganz offensichtlich – abgesehen von Ressentiments im Zusammenhang mit der benachbarten Baulandwidmung – um die Zufahrts- und Bewirtschaftungsmöglichkeiten vom und entlang des Weges geht, hat das gerichtliche Verfahren auch in diesem Zusammenhang eine relevante Beeinträchtigung des Eigentumsrechtes des Beschwerdeführers nicht aufgezeigt.
Schließlich sei auf § 14 Abs. 2 Z 3 NÖ Straßengesetz 1999 hingewiesen, wonach der Grundeigentümer zu dulden hat, dass auf der Straße anfallende Oberflächenwässer flächenmäßig auf sein Grundstück ungehindert abfließen können.
3.2.3. Zusammenfassend ergibt sich also, dass der Beschwerdeführer durch die abgeänderte Ausführung des Regenrückhaltebeckens „***“ im wasserrechtlich relevanten Umfang nicht in seinen Rechten verletzt ist. Der Beschwerde musste daher ein Erfolg versagt bleiben. Sie ist abzuweisen.
3.2.4. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, ging es doch um die Anwendung einer eindeutigen bzw. einer durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärten Rechtslage auf den Einzelfall. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen diese Entscheidung ist daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Überprüfungsverfahren; Kollaudierung; Partei;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.333.001.2022Zuletzt aktualisiert am
13.02.2023