TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/28 95/04/0210

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Veröffentlicht am 28.11.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/01 Bergrecht;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §8;
BergG 1975 §100 Abs1;
BergG 1975 §100 Abs3;
BergG 1975 §103 Abs1;
BergG 1975 §103 Abs2;
BergG 1975 §103 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der Marktgemeinde G, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. September 1995, Zl. 63.220/91-VII/A/4/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren nach dem Berggesetz (mitbeteiligte Partei: P-Gesellschaft m.b.H. in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheids ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 3. April 1995 genehmigte die Berghauptmannschaft Wien unter Berufung auf § 103 Abs. 3 des Berggesetzes 1975 den Übergang der Gewinnungsbewilligung für das Abbaufeld "G" auf den Grundstücken Nr. n1 und n2 der KG G von der K-Gesellschaft m.b.H. auf die mitbeteiligte Partei.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Bescheid vom 11. September 1995 gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. § 8 AVG sowie gemäß § 103 des Berggesetzes 1975 mangels Berufungslegitimation als unzulässig zurück. In der Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges und des Inhaltes der Bestimmung des § 103 Berggesetz 1975 aus, aus Sinn und Zweck dieser Bestimmung ergebe sich, daß in einem Verfahren nach § 103 Berggesetz 1975 nur in die Rechte des alten und des neuen Bergbauberechtigten sowie in jene des Grundeigentümers - sofern dieser nicht mit dem Bergbauberechtigten ident sei - eingegriffen werde. Die Rechte und rechtlichen Interessen Dritter würden durch die Genehmigung des Überganges einer Gewinnungsbewilligung nicht berührt. Die Beschwerdeführerin sei weder Begbauberechtigte hinsichtlich des Abbaufeldes "G" noch Eigentümerin der dieses Abbaufeld bildenden Grundstücke. Es komme ihr daher in diesem Verfahren auch keine Parteistellung zu. Der Hinweis in der Berufung auf § 103 Abs. 3 leg. cit. gehe an der Sache vorbei, da mit dem angefochtenen Bescheid kein Aufschluß- und Abbauplan genehmigt worden sei. Bei einer Gewinnungsbewilligung handle es sich um einen bloßen Rechtstitel, der den Zweck habe, einen Raum, in dem ein Vorkommen grundeigener mineralischer Stoffe als abbauwürdig festgestellt worden sei (Abbaufeld), für einen späteren Abbau von einer diesen verhindernden Verbauung freizuhalten. Bei der Genehmigung eines Aufschluß- und Abbauplanes handle es sich dagegen um die Genehmigung eines konkreten Abbaues innerhalb eines Abbaufeldes, sohin um die Ausübung des durch die Gewinnungsbewilligung erlangten Rechtes. Durch die Erteilung einer Gewinnungsbewilligung bzw. durch die Genehmigung des Überganges einer solchen werde noch kein Abbau genehmigt. In einem solchen Verfahren sei auch keine Formalparteistellung der Gemeinde vorgesehen. Auch durch die Zustellung des erstbehördlichen Bescheides an die Beschwerdeführerin sei eine Parteistellung nicht begründet worden. Komme der Beschwerdeführerin aber keine Parteistellung zu, so stehe ihr auch das Recht der Berufung nicht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht sie geltend, der Hinweis der belangten Behörde, das Recht der Berufung stehe nur einer vom Bescheid betroffenen Partei zu, stelle keine Begründung dar, da ja nicht dargelegt werde, warum die Beschwerdeführerin vom Bescheid nicht betroffen werde und daher auch nicht Partei sei. Darüber hinaus würden naturgemäß durch eine Gewinnungsbewilligung und den auf dieser basierenden Kiesabbau die Interessen zahlreicher Dritter berührt. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt sei deshalb nicht erhoben worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung dargelegt, im Bewilligungsverfahren nach dem Berggesetz komme jenen Personen Parteistellung zu, die selbst oder deren Liegenschaften durch den Bergbau gefährdet gewesen sein könnten. Da die Beschwerdeführerin unmittelbare Nachbarin der Liegenschaften sei, auf denen der Kiesabbau bewilligt werden solle, ergebe sich schon aus diesem Umstand die Parteistellung der Beschwerdeführerin. Die Bergbehörde habe weiters die Beschwerdeführerin durch Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides zum Bergverfahren zugezogen. Schon daraus ergebe sich deren Parteistellung. Ihre Parteistellung ergebe sich aber auch aus § 100 Abs. 3 Bergesetz 1975, welcher im Verfahren auf Erteilung einer Abbaubewilligung und analog wohl auch im Verfahren über den Übergang einer Gewinnungsbewilligung anzuwenden sei. Letzteres ergebe sich aus dem Umstand, daß für die gegenständlichen Grundstücke lediglich eine ex lege Gewinnungsbewilligung auf Grund einer umstrittenen Übergangsbestimmung, welche durch die Berggesetz-Novelle 1990 eingeführt worden sei, bestehe. Daher sei einerseits zwar keine Abbaubewilligung erforderlich, obwohl andererseits die Gewinnungsbewilligung ohne Verfahren und Bescheid erteilt worden sei. Die Gewinnungsbewilligung umfasse nach der damaligen Rechtslage auch eine Abbaubewilligung, sodaß die für die Abbaubewilligung nunmehr gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen analog im gegenständlichen Verfahren über die Gewinnungsbewilligung zu erachten seien. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sähen jedoch eine Parteistellung der Beschwerdeführerin vor.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, bestimmt sich das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Rechtsvorschriften. Als Partei im Sinn des § 8 AVG ist jedenfalls derjenige anzusehen, dessen Rechtssphäre durch die zu treffende Maßnahme unmittelbar berührt (gestaltet) wird, wobei Parteistellung auch derjenige genießt, dem das materielle Recht keine "Berechtigungen", sondern bloß "Verpflichtungen" auferlegt. Maßgebend für die Parteistellung ist, daß die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters, daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt. Nicht entscheidend ist für die rechtliche Stellung einer Person als Partei, ob diese in einem Verfahren als Partei behandelt oder dem Verfahren beigezogen worden ist (vgl. zum Ganzen die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 104, zitierte hg. Rechtsprechung).

Aus dieser Rechtslage ergibt sich zunächst, daß für die Frage, ob der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verwaltungsverfahren Parteistellung zukommt, der Umstand, daß ihr der erstbehördliche Bescheid zugestellt wurde, bedeutungslos ist. Es ist vielmehr auf die in diesem Verfahren anzuwendenden Vorschriften des besonderen Verwaltungsrechtes zurückzugreifen.

Gemäß § 103 Abs. 1 Berggesetz 1975 geht, wenn ein Grundeigentümer Inhaber einer Gewinnungsbewilligung ist, diese, soweit sie sich auf dessen Grundstück oder Teile hievon bezieht, bei einem Eigentumsübergang auf den neuen Grundeigentümer über. Der Eigentumsübergang ist der Berghauptmannschaft anzuzeigen und nachzuweisen. Bei einem Eigentumsübergang durch Rechtsgeschäft unter Lebenden bedarf der Übergang der Gewinnungsbewilligung der Genehmigung der Berghauptmannschaft. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle geht außer im Fall des Abs. 1 eine Gewinnungsbewilligung auf einen anderen auch insoweit über, als diesem das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe auf den Grundstücken im Abbaufeld oder auf Teilen davon einschließlich des Rechtes der Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe überlassen wird. Dies ist der Berghauptmannschaft anzuzeigen und nachzuweisen. Bei einer Überlassung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden bedarf der Übergang der Gewinnungsbewilligung der Genehmigung der Berghauptmannschaft. Die Genehmigung nach Abs. 1 und 2 ist nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle zu erteilen, wenn der Erwerber glaubhaft macht, daß er über die für die Gewinnung notwendigen technischen und finanziellen Mittel verfügt, und er im Fall des Abs. 2 überdies nachweist, daß ihm das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe einschließlich des Rechtes der Aneignung dieser überlassen worden ist.

Wie sich aus diesem Inhalt der Bestimmung des § 103 leg. cit. ergibt, ist Gegenstand der Genehmigung nach § 103 Abs. 3 leg. cit. lediglich der Übergang einer bereits bestehenden Gewinnungsbewilligung vom bisherigen Inhaber auf einen neuen Rechtsträger. Der Umfang der von der übergehenden Gewinnungsbewilligung umfaßten Rechte und Pflichten wird durch eine derartige Genehmigung nicht berührt, sodaß auch die Rechte von Nachbarn, die an die von der Gewinnungsbewilligung erfaßten Grundstücke angrenzen, durch einen derartigen Vorgang nicht berührt werden können.

Wie schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargetan hat, geht der in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin gemachte Hinweis auf die Bestimmung des § 100 Abs. 3 leg. cit. fehl, weil der Regelungsgegenstand dieser Bestimmung mit jenem des § 103 Abs. 3 leg. cit. in keiner Weise vergleichbar ist. Denn gemäß § 100 Abs. 1 leg. cit. ist die Aufnahme sowie nach einer länger als fünf Jahre dauernden Unterbrechung die Wiederaufnahme des Gewinnens grundeigener mineralischer Stoffe in einem Abbaufeld spätestens drei Monate vorher der Berghauptmannschaft anzuzeigen. Der Anzeige ist ein Aufschluß- und Abbauplan beizufügen, der alle wesentlichen Einzelheiten des beabsichtigten Aufschlusses und Abbaues enthalten muß. Nach dem Abs. 2 des § 100 bedarf der Aufschluß- und Abbauplan hinsichtlich der beabsichtigten Arbeiten und vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen der Genehmigung der Berghauptmannschaft, die unter den in dieser Gesetzesstelle normierten Voraussetzungen zu erteilen ist. Gemäß § 100 Abs. 3 leg. cit. sind Parteien im Genehmigungsverfahren der Bergbauberechtigte, die Eigentümer der Grundstücke, auf denen der Aufschluß oder der Abbau beabsichtigt ist, sowie die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke und ferner alle dinglich Berechtigten und sonstigen sich nicht nur vorübergehend in der Nähe des Abbaufeldes aufhaltenden Personen, wenn ihr Leben oder ihre Gesundheit oder ihre dem Bergbauberechtigten nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet oder sie unzumutbar belästigt werden und sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung nach Abs. 5 Einwendungen gegen den Aufschluß- und Abbauplan erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Im Unterschied zum Verfahren nach § 103 Abs. 3 leg. cit., in dem es bloß um den Übergang eines im übrigen in seinem Bestand nicht berührten Rechtes geht, ist Gegenstand des Verfahrens nach § 100 leg. cit. die Genehmigung der Vornahme von bergrechtlich relevanten Arbeiten nach einem bestimmten Aufschluß- und Abbauplan, die ihrer Natur nach Auswirkungen u. a. auch auf die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke haben können. Für die von der Beschwerdeführerin gewünschte analoge Anwendung des § 100 Abs. 3 leg. cit. im vorliegenden Verfahren nach § 103 Abs. 3 leg. cit. besteht daher mangels Vergleichbarkeit des Regelungsgegenstandes keine rechtliche Grundlage.

Die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin komme im gegenständlichen Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht zu, weshalb es ihr auch am Recht zur Erhebung einer Berufung mangle, erweist sich somit als frei von Rechtsirrtum.

Damit läßt schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag der Beschwerdeführerin, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040210.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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