TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/28 95/04/0057

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Veröffentlicht am 28.11.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Dr. N, Rechtsanwalt in X, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der G Ges.m.b.H. in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des LH von OÖ vom 2.1.1995, Zl. Ge-212764/7-1995/Pan/Neu, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit wegen Endigung eines Pachtverhältnisses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Kopf des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Jänner 1995 wird ausgeführt, die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen habe mit der Verständigung vom 23. November 1994 der G Ges.m.b.H. mitgeteillt, daß das zwischen der G Ges.m.b.H. als Verpächterin und der G Leder und Extrakte als Pächterin zur Kenntnis genommene Pachverhältnis mit Wirkung vom 19. April 1994 beendet sei. Gegen diese Verständigung habe die G Ges.m.b.H. vertreten durch ihren Rechtsanwalt Berufung eingebracht. Diese Berufung wird mit dem genannten Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung wird dargestellt, es liege im gegenständlichen Fall eine Verständigung über die Endigung eines Pachtverhältnisses vor. Eine solche stelle eine Benachrichtigung über das Löschen eines Pachtverhältnisses aus dem Gewerberegister dar. Da entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Verständigung von der Löschung einer Gewerbeberechtigung im Gewerberegister keinen Bescheid darstelle und die gegenständliche Verständigung einer derartigen Verständigung über die Löschung einer Gewerbeberechtigung gleichzuhalten sei, liege im gegenständlichen Fall kein erstinstanzlicher Bescheid vor, sodaß auch dagegen kein Rechtsmittel ergriffen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, in denen allerdings die erstbehördliche Verständigung vom 23. November 1994 nicht enthalten ist. Sie erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in den "einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten auf a) Nichtigerklärung der Beendigung der Verpachtung des Gewerbes, b) Entscheidung in der Sache" verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht er im wesentlichen geltend, im letzten Satz der in Rede stehenden erstbehördlichen Verständigung werde mitgeteilt, daß "die Ausübung dieses Gewerbes durch den Pächter mit Wirkung vom 19. April 1994 (Datum der Konkurseröffnung über das Vermögen der Firma G Ges.m.b.H.) beendet ist". Dadurch werde spruchgemäß über ein bestehendes Rechtsverhältnis abgesprochen. Es handle sich um einen verbindlichen Feststellungsbescheid, mit dem das Nichtbestehen des in Rede stehenden Pachtverhältnisses normativ angeordnet werde.

Aus dem hg. Akt Zl. 95/04/0072 ergibt sich, daß die in Rede stehende erstbehördliche Erledigung vom 23. November 1994 sowohl der G Ges.m.b.H. als auch der G Leder und Extrakte zugestellt wurde. Beide haben dagegen Berufung erhoben. Die Berufung der G Leder und Extrakte wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. Jänner 1995 als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen erhob die G Leder und Extrakte zur Zl. 95/04/0072 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 95/04/0072-5, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. Jänner 1995 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit mit der Begründung auf, das Schreiben der Erstbehörde vom 23. November 1994 sei als Bescheid zu qualifizieren. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Fall VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch im vorliegenden Verfahren nicht veranlaßt, von der in diesem Erkenntnis dargelegten Rechtsansicht abzugehen. Damit erweist sich aber der angefochtene Bescheid, der von der mangelnden Bescheidqualität der in Rede stehenden erstbehördlichen Erledigung ausging, als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040057.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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