TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/28 93/04/0032

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Veröffentlicht am 28.11.1995
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Index

21/01 Handelsrecht;
21/03 GesmbH-Recht;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs5;
GewO 1994 §13 Abs7;
GewO 1994 §175 Abs1;
GewO 1994 §341 Abs1;
GmbHG §15;
GmbHG §89 Abs1;
GmbHG §90;
GmbHG §92 Abs1;
HGB §149;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der T-Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in S, gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, betreffend die Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. Juni 1992, Zl. 5/01-31.333/8-1992, über die Verweigerung der Konzession für das Immobilienmakler- und Immobilienverwaltergewerbe, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 42 Abs. 4 VwGG wird die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Gemäß § 175 Abs. 2 i.V.m. § 13 Abs. 7 GewO 1994 wird der T-Gesellschaft m.b.H. die Bewilligung zur Ausübung des gebundenen Gewerbes der Immobilienmakler (§ 127 Z. 18 GewO 1994) und des Gewerbes der Immobilienverwalter (§ 127 Z. 20 GewO 1994) im Standort S, L-Gasse 21, verweigert.

Gemäß § 39 Abs. 5 GewO 1994 wird die Genehmigung der Bestellung der Frau M zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin für die vorbezeichneten Gewerbe verweigert."

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. Juni 1992 wurde gemäß § 25 Abs. 2 GewO 1993 dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Konzession für das Immobilienmakler- und Immobilienverwaltungsgewerbe mit dem Standort S, L-Gasse 21, keine Folge gegeben und die beantragten Konzessionen sowie die Genehmigung der Bestellung der Frau M zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin der vorbezeichneten Gewerbe verweigert. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, laut Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerin habe die "E-Gesellschaft m.b.H. & Co KG", Luxemburg, als Gesellschafterin eine Stammeinlage von 1,000.000 Schilling übernommen und zur Gänze bar eingezahlt. Komplementär dieser Kommanditgesellschaft sei laut Gesellschaftsvertrag die "E-Gesellschaft m.b.H.", Luxemburg, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer Dr. D sei. Gesellschafter der "E-Gesellschaft m.b.H." seien gemäß Abtretungsvertrag vom 21. Mai 1991 zu vier Anteilen die "I AG Luxemburg" und zu einem Teil die Beschwerdeführerin. Dr. D sei als Verwaltungsrat per 15. Jänner 1992 in die "I AG Luxemburg" eingetreten. Ihm komme auf Grund seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer und Verwaltungsrat der vorgenannten Gesellschaften ein maßgeblicher Einfluß auf dem Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zu. Gegen Dr. D werde beim Landesgericht Salzburg die Voruntersuchung unter anderem wegen des Verdachtes des schweren gewerbsmäßigen Betruges (§§ 146 bis 148 StGB), der Veruntreuung (§ 153 StGB), der betrügerischen (§ 156 StGB) und fahrlässigen Krida (§ 159 StGB) i.V.m. §§ 15, 12 zweiter oder dritter Fall StGB geführt. Dieses Strafverfahren befinde sich derzeit noch im Stadium der Voruntersuchung; mit dessen Abschluß sei vor Ende 1992 nicht zu rechnen. Die Annahme, daß eine Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze, sei dann gerechtfertigt, wenn ihre Handlungen oder Unterlassungen so beschaffen seien, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten lasse, sie werde bei Ausübung der beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen. Zu den der Konzessionspflicht unterliegenden Tätigkeiten der Gewerbe Immobilienmakler und Immobilienverwalter gehörten unter anderem Treuhandfunktionen im Zusammenhang mit Immobilienvermittlungs-, Immobilienhandels- sowie Immobilienverwaltungstätigkeiten. Der durch die Art der beantragten Gewerbe bestimmte Kreis der öffentlichen Interessen sei gerade beim Immobilienmakler- und Immobilienverwaltergewerbe durch den Grundsatz von Treu und Glauben geprägt. Es sei nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß eine Person, die bei Ausübung der gegenständlichen Gewerbe die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen müsse, bei den angeführten Tätigkeiten der erwähnten Gewerbe neuerlich ein Verhalten zeige, welches zur Einleitung der gerichtlichen Voruntersuchung gegen Dr. D geführt habe. Die Einleitung der Voruntersuchung wegen des Verdachtes der erwähnten Delikte und deren Dauer stellten unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung öffentlicher Interessen bei Ausübung der angestrebten Gewerbe eine rechtserhebliche Tatsache im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 dar, die es jedenfalls zweifelhaft machten, ob der bestellte handelsrechtliche Geschäftsführer und Verwaltungsrat einer maßgebenden Gesellschafterin die für die Ausübung des Immobilienmakler- und des Immobilienverwaltungsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitze.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, am 14. Juli 1992 beim Amt der Salzburger Landesregierung eingelangten Berufung macht die Beschwerdeführerin geltend die Begründung der belangten Behörde stelle eine Vorverurteilung Dr. D's dar und mißachte gröblich die auch in der Menschenrechtskonvention verankerte Unschuldsvermutung. Frau M sei an keine Weisungen der Gesellschafter gebunden; Dr. D komme kein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zu.

Mit Schriftsatz vom 1. März 1993 erhob die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht bezüglich ihrer Berufung.

Mit Verfügung vom 8. März 1993 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 2 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 19. März 1993 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 16. Juni 1993 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte aus, daß ihr eine Erlassung des Bescheides bisher deshalb nicht möglich gewesen sei, da das gegen Dr. D eingeleitete Strafverfahren eine Vorfrage bilde und die belangte Behörde im Hinblick auf den Umfang dieses Strafverfahrens zur selbständigen Beurteilung derselben nicht in der Lage sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde gegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die Oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden kann, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Diese Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Diese Frist war hier im Hinblick auf die oben genannten Daten des Verwaltungsverfahrens im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde abgelaufen.

Da die belangte Behörde den versäumten Bescheid auch innerhalb der hier gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eröffneten Frist nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Im Beschwerdefall ist nicht darüber abzusprechen, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war. Mangels Sonderregelung in Übergangsbestimmungen ist daher diejenige Sach- und Rechtslage der Entscheidungsfindung zugrundezulegen, die im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegt (vgl. hiezu unter anderem das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. November 1993, Slg. Nr. 11237/A). Im Beschwerdefall ist vom Verwaltungsgerichtshof somit die GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, anzuwenden.

Gemäß § 127 Z. 18 und 20 GewO 1994 darf das gebundene Gewerbe der Immobilienmakler und Immobilienverwalter erst nach Erlangung einer Bewilligung ausgeübt werden.

Gemäß § 379 Abs. 3 GewO 1994 gelten anhängige Ansuchen um die Erteilung einer Konzession für ein Gewerbe, das nunmehr in die Gruppe der bewilligungspflichtigen gebunden Gewerbe fällt, als Ansuchen um Erteilung der betreffenden Bewilligung.

Gemäß § 175 Abs. 1 GewO 1994 ist die Bewilligung für ein im § 127 angeführtes gebundenes Gewerbe zu erteilen, wenn

1.

bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Bewilligung bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, und

2.

die hinsichtlich der Ausübung des betreffenden im § 127 angeführten gebundenen Gewerbes allenfalls vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Liegt eine der im Abs. 1 angeführten Voraussetzungen nicht vor, so ist gemäß § 175 Abs. 2 GewO 1994 die Bewilligung zu verweigern.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Gemäß § 13 Abs. 4 GewO 1994 ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist.

Gemäß § 13 Abs. 5 GewO 1994 ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, auf den der Abs. 3 anzuwenden ist oder anzuwenden war.

Gemäß § 13 Abs. 7 sind die Absätze 1 bis 6 auf andere Rechtsträger als natürliche Personen sinngemäß anzuwenden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 6 auf eine natürliche Person zutreffen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht.

Auf Grund der vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten ergänzenden, der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebrachten und nicht bestrittenen Sachverhaltserhebungen steht fest:

Auf Grund des Generalversammlungsbeschlusses der Beschwerdeführerin vom 14. Dezember 1993 ist die Gesellschaft aufgelöst. Sie befindet sich in Liquidation. Die Funktion der seit 20. März 1990 die Beschwerdeführerin selbständig vertretenden Geschäftsführerin M ist im Firmenbuch gelöscht. Liquidator ist A, welcher die Gesellschaft seit 12. Jänner 1994 selbständig vertritt.

Mit hg. Erkenntnis vom 6. November 1995, Zl. 92/04/0260, wurde A gemäß § 175 Abs. 2 i.V.m. § 13 Abs. 5 GewO 1994 die Bewilligung zur Ausübung des gebundenen Gewerbes der Immobilienverwalter (§ 127 Z. 20 GewO 1994) im Standort S, L-Gasse 21, deshalb verweigert, weil über das Vermögen der Unternehmensgruppe X-Gesellschaft m.b.H. der Konkurs eröffnet wurde und es im Rahmen dieses Konkursverfahrens zu keinem Abschluß eines Zwangsausgleiches gekommen ist, A aber seit dem 3. Februar 1987 handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft war und ihm solcherart entsprechend dem § 15 ff GesmbHG ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte dieser Gesellschaft zukam.

Eine Gesellschaft m.b.H. besteht selbst nach ihrer Löschung im Handelsregister bis zur vollständigen Verwertung und Verteilung ihres Aktivvermögens fort (vgl. Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, Seiten 697 und 721). Ihre Auflösung bildet daher insbesondere kein Hindernis gegen die Fortsetzung eines behördlichen Verfahrens betreffend die beantragte Verleihung einer Gewerbeberechtigung.

Bei der Liquidation einer GmbH kommen die Vorschriften der §§ 149, 150 Abs. 1 und 153 HGB zur Anwendung (vgl. § 90 GmbHG). Gemäß § 149 HGB vertreten die Liquidatoren innerhalb ihres Geschäftskreises die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Gemäß § 92 Abs. 1 GmbHG haben, insoweit dieses Gesetz nicht abweichende Anordnungen enthält, alle in diesem Gesetz hinsichtlich der Geschäftsführer getroffenen Bestimmungen sinngemäß auch in bezug auf die Liquidatoren Anwendung zu finden. Die Rechte und Pflichten der Liquidatoren entsprechen somit in der Regel jenen der GmbH-Geschäftsführer (vgl. Kostner-Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 4. Auflage, Rz. 782 und Reich-Rohrwig, a.a.O., Seite 703). Dem Liquidator einer GesmbH steht somit aus den für den handelsrechtlichen Geschäftsführer einer GesmbH geltenden Gründen ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte dieser Gesellschaft zu. Da gemäß § 13 Abs. 7 GewO 1994 die Abs. 1 bis 6 auf andere Rechtsträger als natürliche Personen sinngemäß anzuwenden sind, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 6 auf eine natürliche Person zuteffen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht und der Liquidator der Beschwerdeführerin aus den im hg. Erkenntnis vom 6. November 1995, Zl. 92/04/0260, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegten Gründen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, sieht der Verwaltungsgerichtshof auch im gegenständlichen Verfahren die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung der von der Beschwerdeführerin beantragten Bewilligung zur Ausübung der bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe der Immobilienverwaltung und Immobilienmakler schon in Ansehung des § 175 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 als nicht erfüllt, sodaß die Berufung der Beschwerdeführerin abzuweisen, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides jedoch der GewO 1994 entsprechend abzuändern war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993040032.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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