Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ArbVG §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der U Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 3. August 1993, Zl. 120.946/3-93, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:
Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitskräften berechtigte Beschwerdeführerin (deren Betrieb seinen Standort in L hat) überließ ihre nachstehend genannten Arbeitnehmer während der gesamten Dauer ihres jeweiligen Arbeitsverhältnisses nach den Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), BGBl. Nr. 196/1988, an jeweils nur einen Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 leg. cit. zur Arbeitsleistung in deren Betrieben in L: nämlich (nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz an die belangte Behörde vom 29. Juni 1993) an die Firma P. ihren Arbeitnehmer I. L. vom 6. Juni 1988 bis 23. Jänner 1991 und an die ATW ihre Arbeitnehmer M. F. vom 7. März 1983 bis 30. November 1990, R. S. vom 2. Mai 1988 bis zum 30. November 1990, M. W. vom 17. Juli 1989 bis 31. August 1989, G. P. vom 6. September 1989 bis 20. Februar 1990 und R. L. vom 25. September 1989 bis 14. Dezember 1989.
Mit Bescheid vom 10. September 1990 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß die Beschwerdeführerin Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG sei und als solche gemäß § 58 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet sei, für die in der angeschlossenen Beitragsrechnung angeführten Versicherten (nämlich die eben genannten Dienstnehmer) und die darin bezeichneten Zeiträume (im Gesamtzeitraum vom 1. Juli 1988, dem Tag des Inkrafttretens des AÜG, und dem 31. März 1990) allgemeine Beiträge und Sonderbeiträge in Höhe von S 131.749,40 zu entrichten. Bei ihrer Entscheidung ging die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse davon aus, daß den genannten pflichtversicherten Dienstnehmern in den jeweils in Betracht kommenden Zeiträumen gemäß § 10 AÜG jeweils das für vergleichbare (Hilfarbeiter-)Tätigkeiten in den Beschäftigerbetrieben (auf Grund von Betriebsvereinbarungen) gebührende überkollektivvertragliche und nicht nur das von der Beschwerdeführerin tatsächlich geleistete Entgelt zugestanden sei.
Mit dem im Devolutionsweg ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Begründet wurde dieser Bescheid (soweit dies im Beschwerdefall noch von Bedeutung ist) wie folgt:
"Nach der - arbeitsrechtlichen - Judikatur des Obersten Gerichtshofes (9 Ob A 196/91) wird in Satz 1 und Satz 2 (des § 10 Abs. 1 AÜG) jener Entgeltgrundanspruch geregelt, der unabhängig von der einzelnen Überlassung besteht, während Satz 3 eine ergänzende Regelung für die Zeit der Überlassung trifft. Zufolge Satz 1 und Satz 2 des § 10 Abs. 1 AÜG ist für das Grundentgelt in erster Linie eine für den Überlasserbetrieb geltende kollektivvertragliche Regelung maßgebend. Wenn kein Kollektivvertrag für den Überlasserbetrieb besteht, ist der Grundanspruch nach Satz 1 zu bestimmen. Dabei ist nicht nur auf facheinschlägige Kollektivverträge Bedacht zu nehmen, sondern auch eine ortsübliche Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes zu berücksichtigen. Der Begriff "ortsüblich" des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG stellt auf den Standort des Betriebes des Überlassers ab. Sofern es dort keine Betriebe gibt, die die zwischen Überlasser und Arbeitskraft vereinbarten Dienste in Anspruch nehmen, ist nicht auf das in der Ortsgemeinde übliche Lohnniveau, sondern auf das Lohnniveau der betreffenden als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region abzustellen.
Auf das spezielle Istlohnniveau des Beschäftigerbetriebes ist nur dann Bedacht zu nehmen, wenn schon bei Vertragsabschluß feststeht, daß der Arbeitnehmer ausschließlich in diesem Industriezweig zum Einsatz kommen wird.
Bei der Ermittlung des gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 AÜG für die Dauer der Überlassung grundsätzlich gebührenden Entgelts ist auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche Entgelt Bedacht zu nehmen. Auf das im Beschäftigerbetrieb tatsächlich gezahlte Istlohnniveau hat der überlassene Arbeitnehmer nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AÜG keinen Anspruch. Ebenso ist nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AÜG nicht auf Betriebsvereinbarungen abzustellen, sollten diese überkollektivvertragliche Löhne vorsehen.
Das nach § 10 Abs. 1 Satz 1 oder 2 AÜG zu ermittelnde Basisentgelt ist während der Überlassung fortzuzahlen, wenn es höher ist als das im Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebes geregelte Entgelt (vgl. Geppert, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien, 1989, Seite 115 ff).
Dieses Erkenntnis des OGH hat, wie erwähnt, eine arbeitsrechtliche Frage zum Gegenstand. Es mißt daher dem Vertragsabschluß entscheidende Bedeutung bei. Zufolge des Erkenntnisses des OGH ist somit bei der Ermittlung des gemäß § 10 Abs. 1, 1. Satz AÜG gebührenden Grundentgeltes nur dann auf das spezielle Istlohnniveau des Industriezweiges des Beschäftigers Bedacht zu nehmen, wenn schon bei Vertragsabschluß feststeht, daß der Arbeitnehmer ausschließlich in diesem Industriezweig zum Einsatz kommen werde.
Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung hat im Gegensatz dazu primär die tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen und die vertragliche Regelung nur ergänzend heranzuziehen (vgl. dazu etwa VwGH 88/08/0269 vom 11.12.1990, zu § 4 ASVG).
§ 539 ASVG normiert ferner, daß Vereinbarungen, wonach die Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zum Nachteil des Versicherten (ihrer Angehörigen) im voraus ausgeschlossen oder beschränkt wird, ohne rechtliche Wirkung sind.
Das vorliegende Erkenntnis des OGH kann daher nach Ansicht (der belangten Behörde), soweit es die Entscheidungsrelevanz der vertraglichen Regelung zum Gegenstand hat, hier nicht unmittelbar herangezogen werden. Vielmehr muß für die gegenständliche Beurteilung geprüft werden, ob das tatsächliche Bild der Beschäftigung jene Form der Arbeitskräfteüberlassung darstellt, wie sie § 10 Abs. 1 AÜG regeln will, oder ob ein Sonderfall vorliegt.
Zur Beurteilung des gegenständlichen Falles sind daher zunächst folgende Sachverhaltsfeststellungen maßgeblich:
Die (Beschwerdeführerin) unterliegt als Überlasser keinem Kollektivvertrag. Das Basisentgelt ist im gegenständlichen Fall daher nicht nach § 10 Abs. 1 Satz 2 zu ermitteln, sondern nach Satz 1 des § 10 Abs. 1.
(Die belangte Behörde) hat ferner durch Einsicht in die den Arbeitnehmern gemäß § 11 AÜG ausgestellten Dienstzettel, in die gemäß § 12 AÜG ausgestellten Überlassungsmitteilungen und die gemäß § 13 AÜG angelegten Aufzeichnungen sowie durch ergänzende schriftliche Befragung der (Beschwerdeführerin) folgendes festgestellt:
Sämtliche Arbeitnehmer, deren Entgelt der gegenständlichen Beitragsnachverrechnung zugrundegelegt wurde, wurden während der gesamten Zeit ihres Arbeitsverhältnisses an nur einen Beschäftiger, (die Fa. P) bzw. (die ATW) überlassen. Dies wurde zwar laut den vorgelegten Dienstzetteln nicht ausdrücklich vereinbart, jedoch ist im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung allein bedeutsam, daß die Überlassungen tatsächlich auf Dauer an nur einen Beschäftiger erfolgten. Es liegt somit nicht die Form der Arbeitskräfteüberlassung vor, die § 10 Abs. 1 AÜG in Verbindung mit den daran anknüpfenden Bestimmungen des ASVG regeln will.
§ 10 Abs. 1 ASVG geht nach ho. Ansicht vielmehr davon aus, daß der Arbeitnehmer mit dem Überlasser einen Grundvertrag schließt und in der Folge kurzfristig an diverse Beschäftiger überlassen wird. Nur unter der Voraussetzung, daß eine Aufeinanderfolge von mehreren Überlassungen an verschiedene Beschäftiger stattfindet, kann nach ho. Ansicht § 10 Abs. 1 1. Satz in dem Sinn verstanden werden, daß zur Ermittlung des Grundlohnes gemäß § 10 Abs. 1. 1. Satz darauf abzustellen ist, was in der Region des Überlassers üblicherweise für jene Arbeiten geboten wird, für die er seine Arbeitskräfte anbietet.
Bei einer Überlassung an nur einen Beschäftiger auf Dauer kann diese Interpretation des § 10 Abs. 1 1. Satz nicht gelten. In diesem Fall muß nach Ansicht (der belangten Behörde) vielmehr bei der Ermittlung des Grundentgeltes auf den Industriezweig des Beschäftigerbetriebes und auf das dort geltende Istlohnniveau abgestellt werden. Dieses Grundentgelt gebührt während der gesamten Zeit der Beschäftigung, sofern es über dem gemäß § 10 Abs. 1 3. Satz zu ermittelnden Entgelt liegt.
In diesem Fall, der wie erwähnt, von der grundsätzlichen Form der Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des Arbeitsüberlassungsgesetz (AÜG) abweicht, gewinnt ferner nach Ansicht (der belangten Behörde) die - grundsätzlich nur programmatische - Bestimmung des § 2 Abs. 3 AÜG an unmittelbar rechtlicher Bedeutung: Diese Bestimmung begründet nach ho. Ansicht das Gebot, bei der Interpretation aller unmittelbar rechtlich wirksamen Bestimmungen darauf Bedacht zu nehmen, daß sie dem Zweck des AÜG nicht zuwider laufen. Geht man nun davon aus, daß § 10 Abs. 1 AÜG auf die Aufeinanderfolge mehrerer kurzfristiger Überlassungen abstellt, so bewirkt die oben erörtert grundsätzliche Interpretation des § 10 Abs. 1 3. Satz AÜG keine Beeinträchtigung der Lohn- und Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft des Beschäftigerbetriebes und keine Gefährdung der Arbeitsplätze, da bei kurzfristigem Einsatz billiger überlassener Arbeitskräfte keine Konkurrenz mit der eingearbeiteten Stammbelegschaft zu erwarten ist. Im Falle einer Überlassung auf Dauer an nur einen Beschäftiger kann jedoch die oben genannte grundsätzliche Interpretation des § 10 Abs. 1 AÜG zu einer Entlohnung unter dem Istlohnniveau des Beschäftigerbetriebes EINES AUF DAUER BESCHÄFTIGTEN Arbeitnehmers führen und damit eine Gefährdung der Arbeitsplätze sowie der Lohn- und Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft bedeuten: Die niedrigere Entlohnung der langfristig überlassenen Arbeitskraft kann sich auch unter Berücksichtigung des mit dem Überlasser vereinbarten Zuschlages für den Beschäftiger als wirtschaftlicher erweisen als die Beschäftigung eigener Arbeitnehmer.
§ 10 Abs. 1, 1. Satz AÜG muß daher auch unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 3 AÜG im Falle einer Überlassung auf Dauer so interpretiert werden, daß der Grundlohn (§ 10 Abs. 1, 1. Satz) nur dann angemessen und ortsüblich ist, wenn er dem Istlohn des Beschäftigerbetriebes entspricht. Nach dem Günstigkeitsprinzip (vgl. Geppert, AÜG, Manz, 1989, Seite 115) gebührt dieser Grundlohn, sofern er über dem kollektivvertraglichen Lohn des Beschäftigerbetriebes liegt, während der gesamten Zeit der Überlassung.
Diese Interpretation des § 10 Abs. 1 1. Satz AÜG steht nach Ansicht (der belangten Behörde) auch mit der Anschauung des OGH (9 Ob A 196/91) im Einklang, worin dieser - unter Berücksichtigung des arbeitsrechtlich primär relevanten Vertragsabschlusses - ausführt, daß auf das spezielle Istlohnniveau im Industriezweig des Beschäftigers bei der Ermittlung des Grundentgeltes dann Bedacht zu nehmen ist, wenn schon bei Vertragsabschluß zwischen Überlasser und Arbeitskraft feststeht, daß die Arbeitskraft ausschließlich in diesem Industriezweig zum Einsatz kommen werde.
Die beiden vom gegenständlichen Verfahren erfaßten Beschäftigerbetriebe sind als den Industriezweig ihrer Region beherrschend anzusehen. Es muß daher auf den Istlohn abgestellt werden, der im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern gewährt wird.
Da dieser über dem Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebes liegt, gebührt den gegenständlichen Arbeitnehmern auch für die Zeit ihrer Überlassung die ortsübliche Überzahlung, der vergleichbaren Arbeitnehmern zu zahlende Istlohn des Beschäftigerbetriebes. Die Gebietskrankenkasse hat die gegenständliche Beitragsnachzahlung nach diesem Grundsatz bemessen. Im einzelnen wurde bei der Bemessung des Entgeltes des an die (Firma P.) überlassenen Dienstnehmers I. L. auf das laut einer im Akt befindlichen unbedenklichen Niederschrift, welche mit einer Mitarbeiterin der (Fa. P.) aufgenommen worden war, dem mit vergleichbaren Arbeiten beschäftigten Arbeitnehmer H zu zahlende Entgelt abgestellt.
Hinsichtlich der an die (ATW) überlassenen Arbeitnehmer hat die Gebietskrankenkasse jene Bestimmungen herangezogen, die zum Istlohnniveau eines vergleichbaren Arbeitnehmers der (ATW) führen.
Die Frage, ob das gemäß der Betriebsvereinbarung der (ATW) gebührende Entgelt zufolge des im Kollektivvertrag befindlichen Verweises als kollektivvertraglich anzusehen ist, ist angesichts dieser Entscheidung nicht mehr zu prüfen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 14. November 1995, Zl. 93/08/0127, mit weiteren Judikaturhinweisen) ist nach dem - grundsätzlich auch für Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG beachtlichen - Entgeltbegriff des § 49 Abs. 1 ASVG sowohl für die Bemessung der allgemeinen Beiträge als auch der Sonderbeiträge der "Anspruchslohn" (arg.: "Geld- und Sachbezüge ..., auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer ... Anspruch hat") oder (arg.: "die er darüber hinaus ... erhält") das höhere tatsächlich geleistete Entgelt maßgebend. Unter dem "Anspruchslohn" wird (werden) jenes Entgelt (jene Geld- und Sachbezüge) verstanden, auf dessen (deren) Bezahlung der betroffene Dienstnehmer bei Fälligkeit des jeweiligen Beitrages einen Rechtsanspruch hat. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Danach bleibt die Regelung der Frage, ob ein Dienstnehmer (im Sinn des § 1151 ABGB und damit auch des § 4 Abs. 2 ASVG) überhaupt einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen und in welchem Umfang er besteht und wann er fällig ist, zwar, innerhalb der gesetzlichen Schranken, der einzelvertraglichen Regelung überlassen und ist mangels auch einer solchen Vereinbarung für die Bestimmung des Entgeltes die Angemessenheit oder der Ortsgebrauch entscheidend; dies aber nur, wenn keine dem Einzelvertrag kraft Gesetzes übergeordnete Rechtsgrundlage (absolut oder zugunsten des pflichtversicherten Dienstnehmers relativ) zwingend anderes vorsieht. Demgemäß ist eine Einzelvereinbarung, die gegen eine ihr übergeordnete Rechtsgrundlage verstößt, insoweit nichtig (teilnichtig) und bildet zumindest das nach dieser Rechtsgrundlage dem pflichtversicherten Dienstnehmer zustehende Entgelt die Beitragsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge; dies unabhängig davon, ob der Dienstnehmer das ihm zustehende Entgelt vom Dienstgeber fordert bzw. ob ihm das zustehende Entgelt tatsächlich bezahlt wird.
Die oben wiedergegebene Begründung des angefochtenen Bescheides steht, wie die Beschwerdeführerin mit Recht betont, schon mit diesen allgemeinen Grundsätzen zum Entgeltbegriff des § 49 ASVG insofern in Widerspruch, als die belangte Behörde den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses nach den §§ 4 Abs. 2, 35 Abs. 1 ASVG grundsätzlich vertretenen "Primat der tatsächlichen Verhältnisse" auf den Entgeltanspruch nach § 49 ASVG überträgt und unter Hinweis auf § 539 ASVG eine spezifische sozialversicherungsrechtliche Interpretation des im Beschwerdefall hinsichtlich seiner Auslegung strittigen § 10 Abs. 1 AÜG postuliert:
Nach § 10 Abs. 1 AÜG hat die Arbeitskraft (im Sinne des § 3 Abs. 4 leg. cit., also insbesondere ein Arbeitnehmer) Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, das mindestens einmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzurechnen ist. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, denen der Überlasser unterworfen ist, bleiben unberührt. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist für die Dauer der Überlassung auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche Entgelt Bedacht zu nehmen. Gemäß § 10 Abs. 4 leg. cit. ist die Vergleichbarkeit nach der Art der Tätigkeit und der Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers sowie der Qualifikation der Arbeitskraft für diese Tätigkeit zu beurteilen.
Eine spezifisch sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Frage, ob die unstrittig als Arbeitnehmer der sie überlassenden Beschwerdeführerin (und damit als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG: vgl. u.a. das Erkenntnis vom 20. April 1993, Zl. 91/08/0180) beschäftigten Personen in den jeweils in Betracht kommenden Zeiträumen nach § 10 Abs. 1 AÜG einen höheren als den vereinbarten Entgeltanspruch (an dem sich das von der Beschwerdeführerin tatsächlich gezahlte und als Beitragsgrundlage herangezogene Entgelt orientiert hat) gegen sie gehabt haben, setzte eine entsprechende gesetzliche Anordnung voraus. Eine solche besteht aber weder nach dem AÜG noch nach dem ASVG. Der (u.a. in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269, Slg. Nr. 13.336/A, inhaltlich näher bestimmte) "Primat der tatsächlichen Verhältnisse" bei der Beurteilung der Frage, ob die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der §§ 4 Abs. 2, 35 Abs. 1 ASVG notwendigen Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen, kann - schon methodisch - nicht auf die Untersuchung des Vorliegens eines ENTGELTANSPRUCHES übertragen werden. Für eine Heranziehung des § 539 ASVG in diesem Zusammenhang fehlt aber (ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde) schon die entscheidende Voraussetzung einer Vereinbarung über den Ausschluß oder die Beschränkung der "Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes" (also des ASVG) "zum Nachteil des Versicherten", d.h. eines auf die Umgehung sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften gerichteten Parteiwillens (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 8. Oktober 1991, Zl. 90/08/0094, und vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0047). Denn die (nach Auffassung der belangten Behörde gegen § 10 Abs. 1 AÜG verstoßenden) einzelvertraglichen Entgeltvereinbarungen der Beschwerdeführerin mit den betroffenen Dienstnehmern hatten zwar - im Falle der Richtigkeit dieser Auffassung - wegen der genannten Anknüpfung des Entgeltbegriffes des § 49 ASVG an den "Anspruchslohn" auch (mögliche) mittelbare sozialversicherungsrechtliche Nachteile für die Dienstnehmer, stellten aber - mangels eines inhaltlichen Bezuges auf die Bestimmungen des ASVG - keine Vereinbarungen im Sinne des § 539 ASVG dar. Einer spezifischen sozialversicherungsrechtlichen Regelung der Rechtsunwirksamkeit solcher Vereinbarungen bedarf es im übrigen wegen der genannten Anknüpfung an den "Anspruchslohn" auch gar nicht, weil für den Fall eines Verstoßes der genannten einzelvertraglichen Regelungen gegen § 10 Abs. 1 AÜG zufolge der Bestimmung des § 8 Abs. 1 leg. cit. ohnedies anstelle dieses dann jeweils teilnichtig vereinbarten Entgeltsanspruches jener nach § 10 Abs. 1 leg. cit. getreten wäre.
Die Auslegung des § 10 Abs. 1 AÜG durch die belangte Behörde ist aber aus nachstehenden Gründen auch dann rechtsirrig, wenn man sie nur als eine von der (in der Bescheidbegründung auszugsweise wiedergegebenen) Interpretation des ersten Satzes des § 10 Abs. 1 AÜG durch den OGH abweichende (dann aber - nach den obigen Ausführungen - nicht nur für den Sozialversicherungsbereich bedeutsame) wertet:
Die Auslegung dieser Bestimmung ist seit Inkrafttreten des AÜG in mehrfacher Hinsicht strittig. Der OGH hat sich mit den entscheidenden Fragen nach dem Verhältnis der drei Sätze des § 10 Abs. 1 AÜG zueinander und nach ihrem grundsätzlichen Inhalt in eingehender Auseinandersetzung mit dem bis dahin vorliegenden Schrifttum außer in dem von der belangten Behörde auszugsweise zitierten Urteil vom 20. November 1991, 9 Ob A 196/91, Arb. 10.977, auch in dem nach § 54 ASGG ergangenen Beschluß vom selben Tag, 9 Ob A 602/91, Arb. 10.979 (vgl. zu beiden Entscheidungen mit weiteren Schrifttumshinweisen: Ritzberger-Moser, Der Entgeltanspruch der überlassenen Arbeitskraft nach § 10 Abs. 1 AÜG, DRdA 1992, 330 ff) befaßt und die dabei gewonnenen Ergebnisse in der Folge aufrechterhalten und in Detailfragen weiterentwickelt (vgl. die Entscheidungen vom 25. November 1992, 9 Ob A 305/92, DRdA 1993, 378, mit Anmerkung von Ritzberger-Moser, und vom 30. März 1993, 9 Ob A 60/93, DRdA 1994, 29, mit einer Glosse von Geppert). Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet - aus den Erwägungen des OGH in diesen Entscheidungen sowie auf Grund der darin bezogenen Gesetzesmaterialien zum AÜG (Erläuterungen der RV 450 BlgNR. XVII. GP., 11 ff, 19 f; AB 511 BlgNR. XVII. GP., 1) und des die Erwägungen stützenden Schrifttums - den Grundlinien dieser Rechtsprechung bei:
In Abweichung von sonstigen arbeitsvertragsrechtlichen Grundsätzen statuiert § 10 Abs. 1 AÜG demnach einen (nach § 8 Abs. 1 AÜG relativ zwingenden) gesetzlichen Anspruch auf ein Mindestentgelt. Wenn - wie im Beschwerdefall - im Überlasserbetrieb keine auf den zu überlassenden Arbeitnehmer nach § 10 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. anwendbare "kollektive Rechtsgestaltung" im Sinne des I. Teil des ArbVG besteht, ist die einzelvertragliche Entgeltvereinbarung zwischen dem Überlasser und dem zu überlassenden bzw. schon überlassenen Arbeitnehmer während der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses jeweils an verschiedenen Maßstäben zu messen: VOR JEDER UND UNABHÄNGIG VON DER JEWEILIGEN ÜBERLASSUNG an dem (als "Grundanspruch" bezeichneten) Anspruch auf ein (als "Grundentgelt" bezeichnetes) Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 des § 10 Abs. 1 AÜG; dieses wird durch das "angemessene, ortsübliche Entgelt" für die nach § 11 Abs. 1 Z. 4 AÜG verpflichtend zu vereinbarende voraussichtliche Art der Arbeitsleistung im Standort bzw. in der Region des Überlasserbetriebes konstituiert; und WÄHREND DER JEWEILIGEN ÜBERLASSUNG weiterhin an diesem Entgeltanspruch, der sich allerdings durch die nach Satz 3 des § 10 Abs. 1 AÜG unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit zwingend gebotene "Bedachtnahme" (mit dem in den genannten Entscheidungen näher dargestellten Inhalt) auf das im Beschäftigerbetrieb nach dem auf ihn anzuwendenden Kollektivvertrag vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende Entgelt erhöhen kann. Aus den, insbesondere auf Schrank, Grundfragen des Entgeltanspruchs überlassener Arbeitnehmer nach § 10 Abs. 1 AÜG, ZAS 1991, 49 ff, gestützten Überlegungen des OGH (vgl. dazu auch Ritzberger-Moser, Entgeltanspruch, DRdA 1992, 337) kommt es hingegen bei dieser Bedachtnahme auf Satz 3 des § 10 Abs. 1 AÜG nicht, und zwar auch nicht unter Mitberücksichtigung des § 2 Abs. 3 leg. cit., auf die im Beschäftigerbetrieb - sei es auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarungen, sei es auf Grund von Betriebsvereinbarungen - gezahlten überkollektivvertraglichen Ist-Löhne an. (Ob und aus welchen Überlegungen diese Grundsätze eine Änderung erfahren, wenn Arbeitskräfte ausschließlich oder überwiegend von einem in einer Region mit niedrigem Lohnniveau ansässigen Überlasserbetrieb an Betriebe in einer Region mit hohem Lohnniveau überlassen werden, braucht im Beschwerdefall, in dem die beiden Regionen ident sind, nicht geprüft zu werden.)
Entgegen der (von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde weiterhin geteilten) Auffassung von Schrank, Grundfragen, ZAS 1991, 51, sind hingegen - in Übereinstimmung mit dem OGH (in Arb. 10.977) und dem darin zitierten Schrifttum - für die Festsetzung des Grundentgelts nach Satz 1 des § 10 Abs. 1 AÜG nicht nur - unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit - ein (bezogen auf die nach § 11 Abs. 1 Z. 4 AÜG schon vor jeder Überlassung zu vereinbarende voraussichtliche Art der Beschäftigung) möglichst facheinschlägiger Kollektivvertrag bzw. mehrere solche in Betracht kommende Kollektivverträge maßgebend, sondern ist - wegen des im Gesetz zusätzlich genannten Moments der Ortsüblichkeit (vgl. dazu auch Ritzberger-Moser, Entgeltanspruch, DRdA 1992, 336) - auch eine (feststellbare) ortsübliche Überzahlung des solcherart ermittelten kollektivvertaglichen Mindestentgeltes, und zwar - aus den überzeugenden Gründen des OGH und des herangezogenen Schrifttums - bezogen auf den Standort bzw. die Region des Überlassers und nicht des Beschäftigerbetriebes zu berücksichtigen. Angesichts der eben angesprochenen, nach dem Gesetz maßgebenden Ortsüblichkeit ist auch das von der Beschwerdeführerin, ebenfalls im Anschluß an Schrank - vor dem Hintergrund der nach § 11 Abs. 1 Z. 1 AÜG bestehenden Verpflichtung, schon vor einer Überlassung die Höhe des überlassungsunabhängigen Grundentgelts zu vereinbaren und darüber einen Dienstzettel auszustellen - aufgeworfene Problem der Schwierigkeit (oder, wie sie in bezug auf den Beschwerdefall meint, sogar der Unmöglichkeit) der Feststellbarkeit dieses ortsüblichen Entgeltes kein für die grundsätzliche Nichtbeachtung dieses Entgeltes taugliches Argument. Allerdings kommt diesem Einwand insofern Bedeutung zu, als die (schon für die Ermittlung des angemessenen Entgelts nach § 1151 ABGB: vgl. OGH, Arb. 9.458) erforderliche "Feststellbarkeit" für den von der genannten Verpflichtung nach § 11 Abs. 1 Z. 1 AÜG betroffenen Überlasser - unter Beachtung bestehender Auskunftsmöglichkeiten bei seiner gesetzlichen Interessenvertretung, aber auch bei der Arbeitsmarktverwaltung - ohne weitwendige Erhebungen gegeben sein muß. Besteht eine solche Möglichkeit nicht, so bleibt es beim Entgelt nach dem (den) einschlägigen Kollektivvertrag (Kollektivverträgen) als Grundentgelt nach Satz 1 des § 10 Abs. 1 AÜG.
Nun hat allerdings der OGH in seiner Entscheidung vom 20. November 1991, Arb. 10.977, bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den damals zu entscheidenden Fall (in dem sich im übrigen - sowie im Beschwerdefall - die Zeit der Überlassung mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses gedeckt hat) nach der (entsprechend den allgemeinen Grundsätzen folgerichtigen) Ablehnung der Ansicht, es komme auf das Ist-Lohn-Niveau des Beschäftigerbetriebes oder - für die Bemessung des Grundentgeltes nach Satz 1 des § 10 Abs. 1 AÜG - auf die in der Region des Beschäftigerbetriebes für die vereinbarte Tätigkeit ortsüblichen überkollektivvertraglichen Entgelte an, und nach Bekräftigung seiner Auffassung, es sei für das Grundentgelt nach Satz 1 des § 10 Abs. 1 AÜG das Lohnniveau in der Region des Überlasserbetriebes maßgebend, - ohne zusätzliche Begründung - hinzugefügt: "Auf das spezielle Ist-Lohn-Niveau in der Fahrzeugindustrie" (der der damalige Beschäftigerbetrieb angehörte) "wäre nur dann Bedacht zu nehmen, wenn schon bei Vertragsabschluß zwischen den Streitteilen festgestanden wäre, daß der Kläger ausschließlich in diesem Industriezweig zum Einsatz kommen werde."
Diesen Satz hat Ritzberger-Moser (Entgeltanspruch, DRdA 1992, 336) im Sinne einer Maßgeblichkeit der Verhältnisse in der Region des Beschäftigerbetriebes verstanden und die so verstandene Auffassung - im Hinblick auf Satz 3 des § 10 Abs. 1 AÜG - abgelehnt. Dem wäre beizupflichten, wenn dieser Satz so (oder sogar, wie die belangte Behörde auf Seite 22 unrichtig zitiert, im Sinne einer Maßgeblichkeit des "speziellen Ist-Lohn-Niveaus des Beschäftigerbetriebes") verstanden werden müßte. Das ist aber nicht der Fall.
Der Verwaltungsgerichtshof versteht diesen Satz - im Gesamtzusammenhang der Begründung der Entscheidung des OGH, insbesondere der eben zitierten Anwendung dieser Grundsätze auf den damals zu entscheidenden Fall - nur im Sinne einer Konkretisierung des überlassungsunabhängigen Grundentgeltes nach Satz 1 des § 10 Abs. 1 AÜG, also des "angemessenen ortsüblichen Entgelts" für den Fall, daß schon bei Vertragsabschluß zwischen dem Überlasser und dem zu überlassenden Arbeitnehmer für den Fall seiner Überlassung seine ausschließliche Beschäftigung mit einer für die Fahrzeugindustrie typischen Tätigkeit vereinbart wurde. Mit diesem Inhalt ist aber der Satz sowohl mit dem grundlegenden Verständnis des Satzes 1 als auch des Satzes 3 vereinbar: mit Satz 1 deshalb, weil in einem solchen Fall eben das "spezielle Ist-Lohn-Niveau" der Fahrzeugindustrie für die vereinbarte branchenspezifische Tätigkeit im Standort bzw. in der Region des Überlasserbetriebes (und nicht des Beschäftigerbetriebes) das in Betracht kommende "angemessene ortsübliche Entgelt" im Sinne des ersten Satzes des § 10 Abs. 1 AÜG darstellt, das einem solchen Arbeitnehmer vor und unabhängig von der in Aussicht genommenen Überlassung (auch im Falle einer Nichtbeschäftigung) zukommen soll. Gegenüber Satz 3 des § 10 Abs. 1 AÜG kann der so verstandene Satz des OGH aber nur dann ein Harmonisierungsproblem auftun, wenn für die vereinbarte und im Falle der tatsächlichen Überlassung auch der Vereinbarung entsprechend durchgeführte Tätigkeit sowohl in den Betrieben der Region des Überlassers als auch des Beschäftigers dieselben kollektivvertraglichen Mindestentgelte gelten, weil dann (sofern man - richtigerweise - diese Entgelte als Untergrenze des angemessenen ortsüblichen Entgeltes versteht) eine Korrektur des so bestimmten Grundentgelts nach Satz 1 des § 10 Abs. 1 AÜG durch Satz 3 nicht mehr in Betracht kommt. Diese dann fehlende Korrekturmöglichkeit ist aber ausschließlich eine Konsequenz der zwischen dem Überlasser und dem zu überlassenden Arbeitnehmer getroffenen, für letzteren günstigeren Vereinbarung und stellt daher - angesichts des Vorrangs einer solchen Vereinbarung vor der gesetzlichen Regelung - keinen überzeugenden Einwand gegen die Richtigkeit der Auffassung selbst dar.
Diese Grundsätze erfahren - im dargestellten System des § 10 Abs. 1 AÜG - keine Abwandlung, wenn von vornherein die Überlassung eines Arbeitnehmers an nur einen Beschäftiger zur Leistung einer branchenspezifischen Tätigkeit vereinbart wurde. (Daß dies dann nicht gilt, wenn es sich bei dem Überlassungsvertrag um einen Scheinvertrag mit der Konsequenz gehandelt hat, daß der Arbeitsvertrag in Wahrheit zwischen dem Beschäftiger, vertreten durch den Überlasser, und der überlassenen Arbeitskraft zustandegekommen ist, bedarf keiner näheren Erörterung; in diesem Fall wäre allerdings nicht der Überlasser, sondern der Beschäftiger Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG).
Mit diesen Grundsätzen steht die Begründung des angefochtenen Bescheides in mehrfacher Hinsicht in Widerspruch:
Zunächst ist schon dem Ausgangspunkt nicht beizupflichten. Wurde (wie - entsprechend den aktenkundigen Dienstzetteln, in denen die voraussichtliche Art der Verwendung mit "Hilfsarbeiter" bzw. mit "Hilfsarbeiter im Lande Oberösterreich" umschrieben wurde - auch von der belangten Behörde angenommen) im jeweiligen Grundvertrag keine ausschließliche Überlassung eines Arbeitnehmers an nur einen Beschäftiger oder in einem Industriezweig vereinbart, so kann - schon wegen der nach § 11 Abs. 1 Z. 1 AÜG vor und unabhängig von der Überlassung zwingend vorzunehmenden Festlegung des Grundentgelts - für seine Festsetzung nicht ein erst nach Beendigung der Arbeitsverhältnisses feststehender Umstand, nämlich die tatsächliche Überlassung auf Dauer an nur einen Beschäftiger, maßgebend sein. Eine solche Auffassung wäre auch dann abzulehnen, wenn - wie die belangte Behörde meint - eine solche Überlassung nicht jene "Form" wäre, die § 10 Abs. 1 AÜG regeln wollte, und § 2 Abs. 3 leg. cit. in diesem Fall von "unmittelbarer rechtlicher Bedeutung" wäre. Führt nämlich eine Interpretation zur Unvollziehbarkeit einer für das Gesetz wichtigen Norm, zu der § 11 Abs. 1 Z. 1 AÜG zweifellos zählt, so ist sie, wenn auch eine andere, mit dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes im Einklang stehende Interpretation möglich ist, abzulehnen.
Auf den Beschwerdefall bezogen bedeutet dies, daß - ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde, wonach nicht von vornherein eine Beschäftigung im Industriezweig der beiden Beschäftigerbetriebe bzw. in diesen Betrieben selbst vereinbart worden sei - die vom OGH gemeinte Sonderform von vornherein nicht vorlag und insofern die Meinung der belangten Behörde, ihre Auffassung stünde im Einklang mit der Rechtsmeinung des OGH, unzutreffend ist.
Sollte aber, wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus verschiedenen Umständen erschließen zu können meint, schon von vornherein - entgegen den Angaben in den Dienstzetteln - eine Beschäftigung der betroffenen Dienstnehmer in den beiden Beschäftigerbetrieben "festgestanden" sein, so hätte auch dies (allerdings nur unter der weiteren Voraussetzung der Vereinbarung einer branchenspezifischen Tätigkeit, für die nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien und der Aktenlage, wonach die betroffenen Dienstnehmer durchwegs als Reinigungskraft, Staplerfahrer oder Lagerarbeiter verwendet wurden, keine Anhaltspunkte bestehen) nur die Maßgeblichkeit des angemessenen ortsüblichen Entgeltes im jeweiligen Industriezweig, dem die beiden Beschäftigerbetriebe angehörten, in der Region L zur Folge; auf das "spezielle Ist-Lohn-Niveau" der beiden Beschäftigerbetriebe selbst käme es auch dann nicht an. (Ob dies bei der Vereinbarung einer nur für einen Betrieb spezifischen Tätigkeit anders ist, braucht im Beschwerdefall, in dem derartiges zweifellos nicht vorliegt, nicht geprüft zu werden).
Zu einer anderen Beurteilung führen weder die (von der Beschwerdeführerin im übrigen in Abrede gestellte) Feststellung über die beherrschende Stellung der Beschäftigerbetriebe im jeweiligen Industriezweig ihrer Region noch die beiden für die Maßgeblichkeit der tatsächlichen Beschäftigung auf Dauer im Beschäftigerbetrieb angeführten Umstände:
Zunächst bietet schon der Wortlaut des § 10 Abs. 1 AÜG keinen zureichenden Grund für die Auffassung, diese Bestimmung wolle nicht die "Form" einer solchen Arbeitskräfteüberlassung regeln. Es ist auch nicht anzunehmen, daß dem Gesetzgeber der relativ hohe Prozentsatz der "Leiharbeitsverhältnisse", die in der Zeit der Gesetzwerdung durch ständige Beschäftigung in ein und demselben Unternehmen gekennzeichnet waren (vgl. Leutner-Schwarz-Ziniel, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, 30), nicht bekannt gewesen ist; in den Erläuterungen der RV (S. 31) ist zumindest von einem sehr hohen Prozentsatz "längerfristiger Leiharbeitsverhältnisse" die Rede. Wenn der Gesetzgeber dennoch für einen Entgeltanspruch des überlassenen Arbeitnehmers gegen den Überlasser nur die Regelung des § 10 Abs. 1 AÜG und nicht eine Sonderform vorgesehen hat, so kann ihm nicht zu Recht unterstellt werden, er habe mit § 10 Abs. 1 AÜG die genannte Form nicht regeln wollen.
Aber auch Abs. 3 des mit "Zweck" überschriebenen § 2 AÜG, wonach durch den Einsatz überlassener Arbeitskräfte für die Arbeitnehmer im Beschäftigerbetrieb keine Beeinträchtigung keine Beeinträchtigung der Lohn- und Arbeitsbedingungen und keine Gefährdung der Arbeitsplätze bewirkt werden darf, rechtfertigt (selbst für den Fall, daß von vornherein die Beschäftigung eines Arbeitnehmers in nur einem Beschäftigerbetrieb "feststeht") nicht die Auffassung, es sei für die Festlegung des Grundentgeltes nach Satz 1 des § 10 Abs. 1 AÜG das Ist-Lohn-Niveau des Beschäftigerbetriebes maßgebend. Denn erstens bezweckt und bewirkt diese alle Arbeitskräfteüberlassungen betreffende Norm unmittelbar nur den Schutz der bereits bestehenden Arbeitsplätze selbst bzw. der Lohn- und Arbeitsbedingungen der schon beschäftigten Arbeitnehmer im jeweiligen Beschäftigerbetrieb (die Abwehr der "Gefahr der Verdrängung von Stammarbeitern aus Kostengründen":
Erläuterungen zur RV, S. 12) und hat insofern die Entgeltbedingungen der überlassenen Arbeitskraft nur mittelbar im Auge (vgl. Schrank, Grundfragen, ZAS 1991, 52, und Ritzberger-Moser, Entgeltanspruch DRdA 1992, 337). Abgesehen davon handelt es sich zweitens bei der Norm des § 10 Abs. 1 AÜG um eine "weitere" (Erläuterungen zur RV, S. 13), nur für konzessionspflichtige Überlasserbetriebe geltende spezielle Regelung. Es kann daher auch nicht für eine Überlassung eines Arbeitnehmers an nur einen Betrieb eine mit dem Wortlaut der "weiteren" Norm in Widerspruch stehende Interpretation auf die allgemeine Norm gestützt werden. Schließlich ist drittens darauf zu verweisen, daß das AÜG - nach dem Scheitern mehrerer Gesetzentwürfe, die auf ein generelles Verbot der Arbeitskräfteüberlassung durch Private abgezielt hatten (vgl. Erläuterungen zur RV, S. 14; Leutner-Schwarz-Zienel, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, S. 27 ff) - hinsichtlich des Entgeltanspruchs der überlassenen Arbeitskraft lediglich bezweckt, das Prinzip "gleiche Löhne für gleiche Arbeit" wenigstens annähernd zu verwirklichen (Erläuterungen zur RV, S. 19). Von einer Gleichstellung der überlassenen Arbeitnehmer mit vergleichbaren Arbeitnehmern im Beschäftigerbetrieb schon vom Prinzip her ist weder im Gesetzestext noch in den Gesetzmaterialien die Rede.
Diese drei Überlegungen sind auch den über die Interpretation der belangten Behörde noch hinausgehenden Darlegungen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse in der Gegenschrift zur Bedeutung des § 2 Abs. 3 AÜG, die - methodisch unzulässig und inhaltlich nicht berechtigt - auf eine Umkehrung des Verhältnisses der allgemeinen zur speziellen Normen hinauslaufen, entgegenzuhalten.
Da die belangte Behörde, ausgehend von ihrer rechtsirrigen Auffassung, für die Ermittlung des Grundentgelts nach Satz 1 des § 10 Abs. 1 AÜG sei schon wegen der ausschließlichen Verwendung der betroffenen Dienstnehmer im jeweiligen Beschäftigerbetrieb das Ist-Lohn-Niveau - des jeweiligen Beschäftigerbetriebes maßgebend, die nach den obigen Darlegungen zur Art der Ermittlung des Grundentgelts erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat, ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
Diese Rechtswidrigkeit führte allerdings nur zu einer Teilaufhebung (hinsichtlich der auferlegten Beiträge für den Dienstnehmer I. L.), wenn die von der belangten Behörde offen gelassene Frage, "ob das gemäß der Betriebsvereinbarung der (ATW) gebührende Entgelt zufolge des im Kollektivvertrag befindlichen Verweises als kollektivvertraglich "(im obgenannten Verständnis des 3. Satzes des § 10 Abs. 1 AÜG) "anzusehen ist", zu bejahen wäre, wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkassse meint, die, ausgehend von diesem Entgelt, die Beitragsnachverrechnung für die der ATW überlassenen Arbeitnehmer vorgenommen hat. Da die belangte Behörde aber keine Feststellungen über den Inhalt der für die Beantwortung dieser Frage - nach dem insofern übereinstimmenden Vorbringen - in Betracht kommenden, in den jeweils maßgebenden Zeitäumen geltenden Bestimmungen des Rahmenkollektivvertrages für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie (im folgenden: RKV) getroffen und diesen Kollektivvertrag auch nicht aktenkundig gemacht hat, kann - vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Grundsatz der richterlichen Rechtskenntnis ("iura novit curia") auf einen Kollektivvertrag nicht anzuwenden ist (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, Zl. 93/08/0021, mwA) - die Richtigkeit der genannten Auffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, die im übrigen von der Beschwerdeführerin nicht geteilt wird, die vielmehr nur von einem Entgelt" aufgrund einer Betriebsvereinbarung" ausgeht, nicht abschließend beurteilt werden.
Geht man aber vom Vorbringen der Beschwerdeführerin im Einspruch und jenem der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse in ihrem Schriftsatz vom 10. März 1992 in Verbindung mit der im Akt erliegenden Betriebsvereinbarung zwischen der ATW und der Betriebsvertretung der Arbeiterschaft des Unternehmens vom 19. Oktober 1976 sowie den im Akt erliegenden für den maßgeblichen Zeitraum geltenden Kollektivverträgen, abgeschlossen zwischen dem Fachverband der Nahrungs- und Genußmittelindustrie für die ATW und dem ÖGB, mit denen für die Arbeiterschaft der ATW die Lohntafeln zum RKV geändert wurden, aus, so ist der Auffassung der Beschwerdeführerin beizupflichten:
Nach diesem Vorbringen würden in dem für die ATW geltenden RKV zwar die Lohnsätze für die einzelnen Wirtschaftszweige grundsätzlich in (einen Bestandteil dieses Kollektivvertrages) bildenden Lohntafeln festgelegt. In der Lohntafel für den Wirtschaftszweig der Tabakindustrie seien aber nur die Lohnsätze für die Dienstalterszulage fixiert, für den Stammlohn, der zusammen mit der Dienstalterszulage den Lohn bilde und der in der Betriebsvereinbarung als "Summe aus Sockellohn und Arbeitswertlohn" definiert ist, würden hingegen nur zwei "Basiswerte" bzw. "Berechnungsgrößen", nämlich der "Sockellohn" (das ist nach der Betriebsvereinbarung "der Lohnbetrag pro Arbeitsstunde, der von der Punktezahl des Arbeitsplatzes unabhängig ist") und vom "Arbeitswertlohn" (das ist nach der Betriebsvereinbarung "der Lohnbetrag pro Arbeitsstunde, der sich durch Vervielfachung der Punktezahl des Arbeitsplatzes mit dem Punktwert ergibt") nur der "Punktwert" (das ist nach der Betriebsvereinbarung "der Lohnbetrag pro Arbeitsstunde, der für einen Punkt gebührt") festgelegt; die "Punktezahl (Arbeitswert)" des Arbeitsplatzes würde - der im Akt erliegenden Betriebsvereinbarung entsprechend - erst durch diese auf einem Arbeitsplatzbewertungsverfahren beruhende Vereinbarung bestimmt. Ausgehend davon ist aber die nach den Behauptungen der Parteien in einem Anhang zum RKV bezüglich des Wirtschaftszweiges der Tabakindustrie als Zusatz zu § 11 Z. 1 und 2 RKV enthaltene Bestimmung, "daß die Entlohnung auf Grund einer Betriebsvereinbarung gemäß § 29 AVG erfolgt", zumindest hinsichtlich des Arbeitswertlohnes zutreffend (vgl. Floretta-Strasser, Kommentar zum Arbeitsverfassungsgesetz, S. 171 f). Da der 3. Satz des § 10 Abs. 1 AÜG - im Gegensatz zum zweiten Satz dieser Gesetzesstelle - nicht von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, sondern nur von Kollektivverträgen spricht, könnte als "kollektivvertragliches Entgelt" im Sinne des 3. Satzes des § 10 Abs. 1 AÜG höchstens der "Sockellohn" und die "Dienstalterszulage" gewertet werden. Für diese Lohnteile dürfte aber - nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin, dem die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nicht widersprochen hat - in den in den maßgeblichen Zeiträumen geltenden Lohntafeln der "Firmenkollektivverträge" für die ATW geringere Beträge als jene festgelegt worden sein, die von der Beschwerdeführerin ohnedies an die der ATW überlassenen Dienstnehmer gezahlt wurden.
Nach dieser Deutung liegt aber keine unzulässige "dynamische Verweisung" durch den RKV, sondern eine zulässige Delegation zur Festlegung eines Lohnteiles durch die Betriebsvereinbarung im Sinne des § 29 AVG vor (vgl. dazu Strasser, Dynamische Verweisungen in Kollektivverträgen, in Festschrift Floretta zum 60. Geburtstag, 627 ff, insbesondere 629 f; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1990, Zl. 90/08/0028).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzugeben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBL. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Entgelt Begriff Anspruchslohn Kollektivvertrag SondervereinbarungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993080208.X00Im RIS seit
06.03.2002