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21/03 GesmbH-Recht;Norm
GewO 1994 §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in A, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Mai 1995, Zl. 316.571/3-III/5/95, betreffend Bewilligung für die Ausübung eines gebundenen Gewerbes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 16. Mai 1995 verweigerte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der Beschwerdeführerin gemäß § 175 Abs. 2 GewO 1994 i.V.m. § 175 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. die Bewilligung für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften nach § 257 Abs. 1 leg. cit. im Standort A, N-straße 43, und gemäß § 176 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 leg. cit. die Genehmigung der Bestellung ihres handelsrechtlichen Geschäftsführers C zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für die Ausübung dieses Gewerbes. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei in dieser Eigenschaft mit drei in Rechtskraft erwachsenen Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 28. Juli 1994 einer Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 i.V.m. § 323a und § 5 Z. 2 GewO 1973, einer Übertretung nach § 22 Abs. 1 des Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, einer Übertretung des § 26 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz, eine Übertretung des § 10 Arbeitszeitgesetz und einer Übertretung des § 9 Abs. 1 Arbeitsruhegesetz schuldig erkannt worden. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen seien über ihn, mit Ausnahme der Übertretung nach § 22 Abs. 1 des Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, Geldstrafen in der Höhe von je S 600,-- verhängt worden. Wegen der Übertretung des § 22 Abs. 1 des Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes sei über ihn eine Geldstrafe von S 500,-- verhängt worden. C stehe in Ansehung der ihm nach dem Handelsgesetzbuch und dem Gesetz vom 6. März 1906, RGBl. Nr. 58, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung zukommenden Befugnisse ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zu. Wegen des diesen Verwaltungsstrafen zugrundeliegenden Verhaltens des C, der als eine Person nach § 13 Abs. 7 GewO 1994 zu qualifizieren sei, sei die Annahme gerechtfertigt, das Gewerbe werde im Falle der Erteilung der Bewilligung nicht im Einklang mit den hiebei zu schützenden Interessen der zu überlassenden Arbeitskräfte ausgeübt werden. Hieran vermöge weder der Umstand etwas zu ändern, daß nach den Angaben der Beschwerdeführerin C persönlich über eine Konzession für die Überlassung von Arbeitskräften verfüge und in diesem Gewerbe seit 1982 völlig unbeanstandet tätig gewesen sei, noch das Vorbringen, die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen seien insgesamt nicht als schwerwiegend zu betrachten. Auch mit der Behauptung, die Verwaltungsstrafen seien teilweise zu Unrecht verhängt worden, vermöge die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil die im gegenständlichen Verfahren entscheidende Behörde an die im (rechtskräftigen) Verwaltungsstrafverfahren festgestellten Tathandlungen gebunden sei. Es sei daher die im § 175 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 normierte Voraussetzung der gewerblichen Zuverlässigkeit der im § 13 Abs. 7 GewO 1994 genannten Personen nicht gegeben, weshalb die beantragte Bewilligung sowie die Genehmigung der Bestellung des Geschäftsführers habe verweigert werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erteilung der Bewilligung der Ausübung des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften "gemäß § 175 GewO 1994" sowie auf Erteilung der Genehmigung der Bestellung des C zum Geschäftsführer "gemäß § 176 GewO 1994" verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin (zusammengefaßt) vor, C komme kein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Beschwerdeführerin zu, weshalb er nicht als Person im Sinne des § 13 Abs. 7 GewO 1994 zu qualifzieren sei. Der Umstand allein, daß er handelsrechtlicher Geschäftsführer sei, reiche für eine derartige Qualifikation nicht aus. Die Behörde hätte vielmehr Feststellungen des diesbezüglichen Innenverhältnissen zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem handelsrechtlichen Geschäftsführer sowie über dessen rechtliche und faktische Einflußmöglichkeiten treffen müssen. Aber selbst wenn ein solcher maßgeblicher Einfluß des C auf den Betrieb der Beschwerdeführerin anzunehmen sei, erfüllten die von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Verwaltungsstrafen nicht den Tatbestand des § 258 Abs. 2 GewO 1994, da weder gegen die Vorschriften des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes verstoßen, noch unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben worden sei, noch die Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sich aus dem Arbeitsrecht einschließlich des Arbeitnehmerschutzes oder des Sozialversicherungsrechtes ergäben, erheblich verletzt worden seien. Von der belangten Behörde sei keiner der angeführten Punkte auch nur behauptet worden. Allein der Umstand, daß fünf Verwaltungsübertretungen vorlägen, erfülle noch nicht den Tatbestand der §§ 174 Abs. 1 Z. 1 und 258 Abs. 2 GewO 1994. Es seien keine Feststellungen darüber getroffen worden, inwieweit die von C begangenen Verwaltungsübertretungen eine derartige Annahme rechtfertigten. Hiefür wären Feststellungen über die Handlungen bzw. Unterlassungen und deren Qualifizierung notwendig gewesen, aus denen sich das gesamte Persönlichkeitsbild ersehen lasse. Die belangte Behörde habe auch nicht begründet, warum dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, C verfüge persönlich über die Konzession für die Überlassung von Arbeitskräften und sei in diesem Gewerbe seit 1982 völlig unbeanstandet tätig, sowie daß seit den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen keine Verwaltungsstrafen über ihn verhängt worden seien, keine Bedeutung zukomme.
Gemäß § 127 Z. 28 handelt es sich bei dem Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften um ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe. Die Bewilligung für ein derartiges Gewerbe ist gemäß § 175 Abs. 1 zu erteilen, wenn
1.
bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Bewilligung bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, und
2.
die hinsichtlich der Ausübung des betreffenden im § 127 angeführten gebundenen Gewerbes allenfalls vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen erfüllt sind.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Bewilligung zu verweigern, wenn eine der im Abs. 1 angeführten Voraussetzungen nicht vorliegt.
Gemäß § 258 Abs. 2 leg. cit. ist die für die Erteilung einer Bewilligung für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 175 Abs. 1 Z. 1 vor allem dann nicht gegeben, wenn das bisherige Verhalten des Bewilligungswerbers die Annahme rechtfertigt, daß das Gewerbe in einer den Schutz und die Rechte der Arbeitskräfte nicht gewährleistenden Art ausgeübt werden wird; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Bewilligungswerber
1.
gegen die Vorschriften des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes verstoßen hat, oder
2.
unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben hat, oder
3.
Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sich aus dem Arbeitsrecht einschließlich des Arbeitnehmerschutzes oder des Sozialversicherungsrechtes ergeben, erheblich verletzt hat.
Soweit die Beschwerdeführerin die Qualifikation ihres handelsrechtlichen Geschäftsführers C als eine Person im Sinne des § 13 Abs. 7 GewO 1994, also der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, in Zweifel zieht, ist sie auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dem alleinigen handelsrechtlichen Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. schon im Hinblick auf die rechtliche Organisationsform dieser Gesellschaften ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte im Sinne des § 13 Abs. 7 GewO 1973 zukommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 94/04/0048, und die dort zitierte Vorjudikatur). Da C, wie sich aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten ergibt, alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist, ist somit die Rechtsansicht der belangten Behörde, dieser sei als Person im Sinne des § 13 Abs. 7 GewO 1994 zu qualifizieren, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Im übrigen erweist sich die Beschwerde allerdings als berechtigt.
Wie sich aus dem oben wiedergegebenen Inhalt des § 258 Abs. 2 ergibt, ist im Zusammenhang mit der in der Z. 3 dieser Gesetzesstelle genannten Verletzung von Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sich aus dem Arbeitsrecht einschließlich des Arbeitnehmerschutzes oder des Sozialversicherungsrechtes ergeben, die Annahme, das Gewerbe werde in einer dem Schutz und die Rechte der Arbeitskräfte nicht gewährleistenden Art ausgeübt werden, nur dann gerechtfertigt, wenn die Verletzung der in der Z. 3 genannten Verpflichtungen eines Arbeitgebers eine erhebliche ist. Es hätte daher im angefochtenen Bescheid in Erfüllung der Anordnung des § 60 AVG Ausführungen darüber bedurft, ob und aus welchen Gründen die belangte Behörde die von ihr festgestellten, dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zur Last fallenden Vorschriften, die den Schutz und die Rechte von Arbeitnehmern zum Gegenstand haben, als erheblich zu qualifzieren sind.
Da die belangte Behörde diesem Erfordernis im angefochtenen Bescheid nicht nachkam, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995040157.X00Im RIS seit
20.11.2000