Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des O in G, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes für Steiermark vom 22. Mai 1995, Zl. 04/17 Fe 7-92/10, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 23. September 1992 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung "Versicherungsmakler gemäß § 103 Abs. 1 lit. c Z. 23 GewO. 1973" am näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 entzogen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, mit Beschluß vom 16. März 1992 habe das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung dürfe nur unter der Voraussetzung unterbleiben, daß die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Im Hinblick darauf, daß der Antrag auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden sei, sei eine im Interesse der Gläubiger gelegene Gewerbeausübung "faktisch ausgeschlossen".
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf Grund unterschiedlicher Vorschreibungen der Sozialversicherungsanstalt sei es überhaupt erst zu einem beträchtlichen Beitragsrückstand gekommen. Mit Schreiben vom 31. Jänner 1992 sei der Beitragsrückstand von S 97.556,12 auf S 45.500,-- reduziert worden. Bei der nächsten Vorschreibung habe der Beschwerdeführer dann wieder einen höheren Betrag ohne Angabe von Gründen "erhalten". Die letzte Vorschreibung betrage nunmehr S 51.430,--. Unabhängig, ob das jetzt richtig sei oder nicht, ersuche er gleichzeitig mit diesem Schreiben, den obgenannten Rückstand mittels Abbuchungsauftrag in drei Raten zu bezahlen. Aus diesem Grund (Bezahlung des Beitrages) werde um Stattgebung der Berufung ersucht. Er habe sich nie in seiner Berufsausübung etwas zu Schulden kommen lassen. Könne er sein Büro nicht weiterführen, sei seine Existenz zerstört.
Der Landeshauptmann von Steiermark gab dieser Berufung mit Bescheid vom 22. Mai 1995 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, laut Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 28. September 1994 hafteten auf dem Beitragskonto des Beschwerdeführers Beiträge in Höhe von S 150.000,-- aus. Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 könne die Behörde von der Entziehung der Gewerbeberechtigung absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei nach dieser Gesetzesstelle von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage vom Rechtsträger erwartet werden könne, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen werde. Hiebei komme es darauf an, daß die bestehenden Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit erfüllt würden. Aus der Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 28. September 1994 sei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer seine bestehenden Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit an die genannte Kasse nicht erfüllt habe. Es habe sich im Gegenteil durch die fortlaufende Gewerbeausübung der ursprüngliche Rückstand noch vergrößert. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß die weitere Gewerbeausübung keinesfalls im Interesse der Gläubiger gelegen sei, zumal sich die Beitragsrückstände nicht verringert hätten und auch bei Fälligkeit die Forderungen der Sozialversicherungsanstalt nicht erfüllt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach seinem gesamten Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtentziehung seiner Gewerbeberechtigung verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bzw. dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe ohne "auf den jedenfalls erstinstanzlich indizierten Umstand meiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse in irgendeiner Weise Rücksicht zu nehmen", keine wie immer gearteten Erhebungen hinsichtlich der Einkommensverhältnisse aus der Führung seines Gewerbebetriebes vorgenommen, "obgleich ihr auf Grund der von mir zu erbringenden Steuerleistungen ja bereits auf Grund der Vorschreibungen des Sozialversicherungsträgers" hätte erkenntlich sein müssen, daß er über hinreichendes Einkommen verfüge, sohin die Frage zu überprüfen sei, aus welchem Grund die Beitragsleistungen gegenüber dem Sozialversicherungsträger nicht ordnungsgemäß abgedeckt worden seien. Es hätte sich bei einem derartigen Vorgehen der Behörde zweifelsfrei erwiesen, daß er - abgesehen von den Forderungen des Sozialversicherungsträgers - Rückstände, die aus der Trennung einer geschäftlichen Partnerschaft entstanden seien, habe zügig abbauen können, und sohin die Aufrechterhaltung des Gewerbebetriebes sehr wohl im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Soweit sich sohin "die erstinstanzliche Behörde" ausschließlich auf einen Gläubiger beziehe, ohne die tatsächlichen sonstigen Umstände in irgendeiner Weise zu berücksichtigen, habe sie es unterlassen, die erforderlichen, für eine rechtliche Beurteilung hinreichenden Umstände des Falles zu erheben. Die Entziehung der Gewerbeausübung solle und dürfe nicht gleichsam dem Wunsch eines Gläubigers und dessen Durchsetzung dienen. Dies würde dazu führen, daß aus einer rückständigen Zahlungsposition trotz des sich bereits aus dem Rückstand zwangsläufig ergebenden Einkommens eines Gewerbetreibenden trotz sonstiger völlig ordnungsgemäßer Geschäftsgebarung die Entziehung der Gewerbeberechtigung durchgeführt werde, mit der Maßgabe, daß hiedurch zwangsläufig erst der Ausfall von Zahlungen eintrete. Es werde sohin genau das Gegenteil von dem ausgelöst, daß mit einem Absehen der Entziehung der Gewerbeberechtigung Befriedigung der Gläubiger durch Führung des Gewerbebetriebes erreicht werden solle. Soweit sich sohin die belangte Behörde ausschließlich auf eine Schuldposition beziehe, "die angeblich bzw. auch faktisch in letzter Zeit nicht abgebaut werden konnte", sei dies für eine ordnungsgemäße Beurteilung der Frage der Beibehaltung der Gewerbeberechtigung unzureichend und entspringe einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.
Nach § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn mit den angeführten Ausschlußgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.
Gemäß § 87 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die belangte
Behörde von der Entziehung der Gewerbeberechtigung
gem. § 87 Abs. 2 GewO 1994 hätte absehen müssen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Zl. 94/04/0002, mwH) dargetan hat, ist im Grunde des § 87 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage von der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Außer den bereits bestehenden Gläubigerforderungen müssen somit die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen.
Ausgehend von der sich so darstellenden Rechtslage ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde
-
jedenfalls erkennbar - aus der im angefochtenen Bescheid dargestellten, gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bestehenden Schuld, die
-
unbestritten - trotz Fälligkeit nicht beglichen wurde, den Schluß zog, daß der Beschwerdeführer über die erforderlichen liquiden Mittel zur rechtzeitigen Begleichung der mit der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verknüpften Verbindlichkeiten nicht verfügt. Dies insbesondere auch in Ansehung der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Darlegung, der auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten wird, daß durch die fortlaufende Gewerbeausübung sich der ursprüngliche Rückstand noch vergrößert hat. Insoweit geht der Beschwerdeeinwand fehl, die Entziehung der Gewerbeausübung dürfe nicht dem Wunsch eines Gläubigers und dessen Durchsetzung dienen.
Soweit in der Beschwerde aber darauf abgestellt wird, daß mit einem Absehen der Entziehung der Gewerbeberechtigung Befriedigung der Gläubiger durch Führung des Gewerbebetriebes erreicht werden soll, so wird damit die Rechtslage verkannt. Wie bereits oben ausgeführt, ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden.
Auch die Verfahrensrüge vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen. Dies schon deshalb, weil die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels nicht aufgezeigt wird. Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich wiederholt dargelegt hat, ist - solange nicht die Erwartung der Zahlung bei Fälligkeit besteht - auch eine den Abbau von Schulden in sich schließende Unternehmensentwicklung rechtlich nicht erheblich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1992, Zl. 92/04/0128). Davon abgesehen setzen die im Zusammenhang mit § 87 Abs. 2 GewO 1994 stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraus (vgl. schon das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1984, Zl. 84/04/0055, u.a.).
Die sohin zur Gänze unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995040143.X00Im RIS seit
20.11.2000