Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des K in H, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. Februar 1995, Zl. 317.399/7-III/4/94, betreffend Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. Februar 1995 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 21. Juli 1994, betreffend die Verweigerung der Nachsicht vom Ausschluß der Gewerbeausübung zum Zwecke der Ausübung des Handelsgewerbes gemäß § 124 Z. 11 GewO 1994, keine Folge gegeben. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei ab 1985 insgesamt achtmal strafgerichtlich verurteilt worden. Zweimal sei er allerdings wegen teilweise derselben Delikte sowohl in Deutschland als auch in Österreich verurteilt worden - in einem Fall unter Ausspruch einer Zusatzstrafe, im anderen Fall ohne eine solche. Drei dieser acht Verurteilungen stellten Ausschlußtatbestände i.S.d. § 13 Abs. 1 GewO 1994 dar. Abgesehen von der ersten Verurteilung des Beschwerdeführers (zu fünf Monaten Freiheitsstrafe) wegen schwerer Körperverletzung aus dem Jahre 1983 durch das Landesgericht Feldkirch vom 17. April 1985 könnten sämtliche strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers unter den Begriffsgruppen "strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen" und "strafbare Handlungen gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweiszeichen" zusammengefaßt werden. Die insoferne "erste einschlägige" ausschlußbegründende Verurteilung sei durch das Landesgericht Feldkirch am 30. April 1986 ausgesprochen worden. Über den Beschwerdeführer sei wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden (Ausweisdokumente und Reisepässe), des Vergehens der Urkundenunterdrückung und des Vergehens des Diebstahls eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten verhängt worden. (Diese Strafe sei als Zusatzstrafe zur Verurteilung vom April 1985 verhängt worden). Den dritten Ausschlußtatbestand stelle schließlich eine Verurteilung durch das Amtsgericht Baden-Baden (Deutschland) vom 18. Dezember 1992 dar. Dem Beschwerdeführer sei eine Geldstrafe in Höhe von 200 Tagessätzen auferlegt worden, weil er sich im November 1992 der Urkundenfälschung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und des Diebstahls schuldig gemacht habe. Mit Ausnahme der (eher geringfügigen) Verurteilung durch das Bezirksgericht Feldkirch vom 28. November 1985 wegen Betruges stünden sämtliche der in die genannten Begriffsgruppen fallenden Verurteilungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der offensichtlich besonders ausgeprägten Spielleidenschaft des Beschwerdeführers; dies ergäbe sich aus den bezughabenden Strafakten und sei auch vom Beschwerdeführer im Verfahren angedeutet worden. Die einschlägigen strafbaren Handlungen hätten dem Beschwerdeführer nahezu ausschließlich dazu gedient, sich Spielmöglichkeiten in Casinos zu verschaffen. Der Beschwerdeführer bestreite zwar den Zusammenhang zwischen der beabsichtigten Gewerbeausübung und seinen Verurteilungen. Dem sei allerdings entgegenzuhalten, daß gerade die Ausübung des Handelsgewerbes in vielfacher Weise Gelegenheit zur Begehung von Fälschungen und zu Handlungen gegen fremde Sachwerte und insoweit zur Begehung ähnlicher Delikte biete. Zwar lägen die der letzten Verurteilung zugrundeliegenden Verfehlungen bereits mehr als zwei Jahre zurück (mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 24. Februar 1994 sei zusätzlich über jene strafbaren Handlungen abgesprochen worden, die bereits Gegenstand der Verurteilung durch das Amtsgericht Baden-Baden vom Dezember 1992 gewesen seien), doch sei dieser Zeitraum (vor allem im Verhältnis zum Zeitraum von ungefähr sieben Jahren, währenddessen sich der Beschwerdeführer mehrmals einschlägig strafbar gemacht habe) zu kurz, um die Überwindung dieser starken Neigung und damit auch die Mißbrauchsbefürchtung i.S.d. § 26 Abs. 1 GewO 1993 ausschließen zu können. Auf die, den ersten Ausschlußtatbestand darstellende Verurteilung des Landesgerichtes Feldkirch vom 17. April 1985 wegen schwerer Körperverletzung sei allerdings "nicht näher einzugehen" gewesen. Die Begehung der zugrundeliegenden strafbaren Handlung liege nämlich bereits mehr als elf Jahre zurück; sie stelle das einzelne Delikt des Beschwerdeführers gegen Leib und Leben dar. Aus diesen Gründen, sowie aufgrund der Art der Straftat, fehle daher ein entscheidungswesentlicher Zusammenhang im Hinblick auf die Ausübung des beabsichtigten Gewerbes.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im "Recht auf richtige Anwendung der angewandten Gesetzesstelle, nämlich § 26 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994" verletzt. Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, der Ausschluß von der Ausübung eines Gewerbes gemäß den §§ 13 Abs. 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 GewO 1994 bzw. die Verweigerung der diesbezüglichen Nachsicht sei nach der Absicht des Gesetzgebers nicht als Strafe, sondern als "administrative Sicherungsmaßnahme" zu beurteilen. Von einer Sicherungsmaßnahme könne im Hinblick auf eine konkrete Gefahr nur dann gesprochen werden, wenn durch diese das Risiko der Verwirklichung des Gefahrenmoments verringert werde. Unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr sei eine entsprechende Eignung der maßgeblichen Straftat daher nur dann anzunehmen bzw. sei die Verweigerung der Nachsicht angebracht, wenn es sich um Delikte handle, die notwendigerweise im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit stünden oder durch diese zumindest erleichtert würden. Zweifellos stehe keines der vom Beschwerdeführer begangenen Delikte im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit und es könnten diese somit auch nicht dem Begriff "Wirtschaftsdelikte" zugeordnet werden. Es sei ferner weder einzusehen, noch nachvollziehbar, weshalb die Nichterteilung der verfahrensgegenständlichen Nachsicht das Risiko der Verwirklichung des Gefahrensmoments verringern sollte. Wenn im Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten ausgeführt werde, daß durch die Vielzahl der Verurteilungen sowie aufgrund der Verschiedenartigkeit der einzelnen Delikte das Verhältnis des Beschwerdeführers zu den bestehenden Rechtsvorschriften ein gestörtes sei, so sei dem entgegenzuhalten, daß ein Persönlichkeitsbild nicht nur durch die Heranziehung einzelner Straftaten zum Ausbruch gebracht werden könne, sondern daß es hiezu jedenfalls auch der Berücksichtigung der gesamten Lebensumstände im Einzelfall bedürfe. Die Einhaltung bestehender Rechtsvorschriften, vor allem im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung, könne vom Beschwerdeführer schon deshalb erwartet werden, da kein Zusammenhang der strafbaren Handlungen mit einer Gewerbeausübung bestehe und weiters die letzte von ihm begangene Straftat bereits mehr als zwei Jahre zurückliege. Weder nach der Eigenart der strafbaren Handlungen noch nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers sei die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten.
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt. Dies gilt auch, wenn mit dem angeführten Ausschlußgrund vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.
Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde (§ 346 Abs. 1 Z. 1) im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen strafbaren Handlung bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen der von der belangten Behörde festgestellten Verurteilungen, meint aber, daß es weder nach der Eigenart der diesen Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen noch nach seinem Persönlichkeitsbild gerechtfertigt wäre, die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftaten durch ihn bei Ausübung des beabsichtigten Gewerbes zu befürchten. Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Die belangte Behörde legte in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführlich und in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise dar, aufgrund welcher Erwägungen sie aus dem seit 1985 gezeigten Verhalten des Beschwerdeführers zur Auffassung gelangte, daß weder nach der Eigenart der von ihm begangenen strafbaren Handlungen noch nach seiner Persönlichkeit die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gewerbes nicht befürchtet werden müßten. Zwar ist - was zunächst die Eigenart der strafbaren Handlungen anlangt - im Beschwerdefall davon auszugehen, daß die gegen fremdes Vermögen und gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden gerichteten strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers nicht im Zuge einer Gewerbeausübung begangen wurden. Allerdings bietet - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - gerade die Ausübung des Handelsgewerbes in vielfacher Weise Gelegenheit zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen und gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und insoweit zur Begehung ähnlicher (gegen dieselben Rechtsgüter gerichtete) Delikte, wie sie den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers zugrundelagen. Davon ausgehend erweist sich aber die - aus der Eigenart der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen ableitbare - Befürchtung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer werde bei Ausübung des beabsichtigten Gewerbes gleiche oder ähnlichen Straftaten begehen wie jene, derentwegen er verurteilt wurde, nicht als rechtswidrig.
Gleichfalls nicht als rechtswidrig ist es zu erkennen, wenn die belangte Behörde in Würdigung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers angesichts mehrerer strafbarer Handlungen über einen längeren Zeitraum, welche auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten - ohne daß es weiterer Ermittlungen bedurft hätte, und ohne daß ihr ein Begründungsmangel anzulasten wäre - auf ein Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers schloß, das die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei der Ausübung des beabsichtigten Gewerbes befürchten läßt.
Dem Umstand jedoch, daß die letzte vom Beschwerdeführer begangene Straftat mehr als zwei Jahre zurückliegt, kann schon im Hinblick auf die Dauer dieses Zeitraumes nach den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen nicht jenes Gewicht beigemessen werden, das die in Rede stehende Annahme der belangten Beörde als rechtswidrig erscheinen ließe.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995040138.X00Im RIS seit
20.11.2000