TE Vfgh Erkenntnis 1993/10/11 V74/92

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Veröffentlicht am 11.10.1993
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
Plandokument Nr 6040. Beschluß des Wr Gemeinderates vom 24.06.88
Wr BauO 1930 §2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes der Stadt Wien mangels neuerlicher Auflage eines wesentlich abgeänderten Entwurfs durch den Magistrat gemäß den Bestimmungen der Wr BauO 1930

Spruch

Die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 24. Juni 1988, Pr.Zl. 1797/88 (Plandokument Nr. 6040), (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 14. Juli 1988) wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Volksanwaltschaft stellt unter Berufung auf Art148 i und 148 e B-VG sowie das Landesverfassungsgesetz LGBl. f Wien 11/1987 folgenden Antrag:

"Der Verfassungsgerichtshof möge die Verordnung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes der Stadt Wien, Plan Nr. 6040, beschlossen in der Sitzung des Gemeinderates vom 24. Juni 1988, verlautbart im Amtsblatt der Stadt Wien vom 14. Juli 1988 und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom selben Tag, als gesetzwidrig erkennen und aufheben;

in eventu:

diese Verordnung in jenem Umfang, in dem sie dem Abänderungsantrag der Gemeinderäte Dr. Swoboda und Gutmannsbauer, gestellt in der Sitzung des Gemeinderatsausschusses der Stadt Wien für Stadtentwicklung und Stadtplanung am 8. Juni 1988 entspricht, nämlich betreffend den Bereich zwischen der Kaserngasse und der Maurer Lange Gasse (EZ 4, 7, 8, 9 und 17, KG Mauer), als gesetzwidrig erkennen und aufheben."

Die Antragstellerin schildert den von ihr aufgrund eines Prüfverfahrens festgestellten Sachverhalt - einschließlich des in der Sitzung des Gemeinderatsausschusses für Stadtentwicklung und Stadtplanung vom 8. Juni 1988 gestellten Antrags - wie folgt:

"Aufgrund des Prüfverfahrens hat die Volksanwaltschaft festgestellt:

Der Plan Nr. 6040 sollte den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan für das Gebiet

zwischen Maurer Lange Gasse, Kaserngasse, Rielgasse, Gebirgsgasse, Endresstraße, Maurer Hauptplatz und Geßlgasse im 23. Bezirk, KG. Mauer,

aufheben und neu festsetzen.

Hierüber wurde das Verfahren gemäß §2 der Bauordnung für Wien eingeleitet.

Der diesem Verfahren zugrundeliegende Entwurf des Magistrats der Stadt Wien/MA 21 ('Gründruck' vom 3.6.1987) sah in der südlichen Hälfte der Körnerschlösselgründe eine Widmung als Bauland-Wohngebiet vor.

Aufgrund des Beschlusses der Bezirksvertretung vom 24.3.1988 wurde deren Wunsch entsprechend sodann für den gesamten Bereich der genannten Liegenschaft die Widmung Grünland/Parkschutzgebiet vorgeschlagen; als bebaubare Fläche wurde lediglich der Bereich des Körnerschlössels selbst vorgesehen.

Erst dieser (derart geänderte) Entwurf wurde in den Monaten April und Mai 1988 öffentlich aufgelegt und auch in dieser Version vom Magistrat der Stadt Wien (MA 21) dem Gemeinderatsausschuß für Stadtentwicklung und Stadtplanung, Stadtsenat und Gemeinderat mit Vorlagebericht vom 3. Juni 1988 nach Abschluß des Verfahrens gemäß §2 der Bauordnung für Wien zur Beschlußfassung vorgelegt.

In der Sitzung des Gemeinderatsausschusses für Stadtentwicklung und Stadtplanung am 8.6.1988 wurde ein Abänderungsantrag von den Gemeinderäten Dr. Swoboda und Gutmannsbauer eingebracht, der lautet:

'Abänderungsantrag

der Gemeinderäte Dr. Swoboda und Gutmannsbauer, eingebracht in der Sitzung des Gemeinderatsausschusses der Stadt Wien für Stadtentwicklung und Stadtplanung am 8. Juni 1988 betreffend die Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes für das Gebiet zwischen Maurer Lange Gasse, Kaserngasse, Rielgasse, Gebirgsgasse, Endresstraße, Maurer Hauptplatz und Geßlgasse im 23. Bezirk, Kat. G. Mauer sowie Festsetzung einer Schutzzone gemäß §7 (1) der BO für Wien für Teile des Gebietes.

Der Entwurf zu Plan Nr. 6040, der der Bezirksvertretung zur Stellungnahme vorgelegt wurde, beinhaltet für den südlichen Bereich der Liegenschaft des Bundes bzw. der BUWOG die Ausweisung eines Baulandes mit einer Bebauungsmöglichkeit von Bauklasse I, 6,50 m bzw. 9,0 m Gebäudehöhe, eine Beschränkung der bebaubaren Fläche auf 33 % sowie eine eindeutige Abgrenzung der Waldflächen gemäß Forstgesetz im nördlichen Teil. Weiters war zur Erschließung dieser und der östlich angrenzenden Liegenschaften eine Stichstraße (Code Nr. 6155) vorgesehen.

Aufgrund der Stellungnahme der Bezirksvertretung wurde der Entwurf dahingehend geändert, daß für den Bereich zwischen Kaserngasse, Maurer Lange Gasse und Stichstraße Code Nr. 6155 anstelle der Widmung Bauland die Widmung Grünland/Parkschutzgebiet und für den Bereich des Körner Schlößls eine Bebauung gemäß Bestand ausgewiesen wurde.

Unter Abwägung der Vor- und Nachteile einer Bauland- bzw. Grünland-Widmung in diesem Bereich des 23. Bezirkes gegenüber Bereichen des dichtverbauten Stadtgebietes und unter Bedachtnahme auf die Einlöseverpflichtung (gemäß BO für Wien) gegenüber den Grundeigentümern erscheint es sinnvoll und vertretbar, eine Bebauungsmöglichkeit für den ursprünglich vorgesehenen Bereich beizubehalten.

Dies umso mehr, als das Erholungsgebiet Georgenberg als Vorfeld des Gütenbachtales bzw. des Lainzer Tiergartens (Grünland-Sww) in ca. 300 m Entfernung erreicht werden kann.

Die Bebauung sollte jedoch auf die Umgebung und auf die naturräumlichen Voraussetzungen (Topografie, Baumbestand) sowie das örtliche Stadtbild abgestimmt werden. Die Stichstraße Code Nr. 6155 soll entfallen und diese Fläche einerseits dem Bauland, andererseits dem Grünland-Sww zugeordnet werden. Durch eine derartige Festsetzung ist die Aussage hinsichtlich der Nichtverfolgung des Durchbruches der Rodauner Straße zwischen Maurer Lange Gasse und Kaserngasse auch planlich dokumentiert. Damit verbunden, sind auch die öffentlichen Durchgänge nicht mehr weiter zu verfolgen.

Für den Bereich, der als Waldfläche gekennzeichnet ist, soll die Widmung Grünland/Schutzgebiet - Wald- und Wiesengürtel ausgewiesen werden. Damit wäre auch widmungsmäßig die Erhaltung des naturnahen Raumes eindeutig zum Ausdruck gebracht.

Die gefertigten Gemeinderäte stellen daher nachstehenden

Abänderungsantrag:

Der Antrag zur Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes für das Gebiet zwischen Maurer Lange Gasse, Kaserngasse, Rielgasse, Gebirgsgasse, Endresstraße, Maurer Hauptplatz und Geßlgasse im 23. Bezirk, Kat. G. Mauer sowie zur Festsetzung einer Schutzzone gemäß §7 (1) der BO für Wien für Teile dieses Gebietes ist in folgenden Punkten abzuändern:

1)

Es ist ein Bauplatz im Umfang jenes Entwurfes, der der Bezirksvertretung zur Stellungnahme vorgelegt wurde, auszuweisen. Die bebaubare Fläche dieses Bauplatzes soll höchstens 25 % betragen und die Unterbrechung der geschlossenen Bauweise berücksichtigen (BB). Die unbebauten Baulandflächen sind gärtnerisch auszugestalten.

2)

Die Gebäudehöhen sollen im Bereich Maurer Lange Gasse zwischen ONr. 96 - ONr. 120 eine eingeschossige Bebauung berücksichtigen. An der West- bzw. Ostseite des genannten Bauplatzes soll die Bebauung zwei Geschosse nicht überschreiten. Für die dahinterliegenden Gebäude soll die Gebäudehöhe der Bauklasse I möglich sein.

3)

Die Verkehrsfläche Code Nr. 6155 soll entfallen und an deren Stelle bebaubare Bereiche entsprechend der ortsüblichen Bauweise vorgesehen werden (WI, 4,50 m bzw. 6,50 m Gebäudehöhe).

4)

Für den Bereich, der dem Forstgesetz unterliegt, ist die Widmung Grünland/Schutzgebiet - Wald- und Wiesengürtel auszuweisen.

5)

Auf die topografischen Gegebenheiten (Vorgarten) ist gemäß dem ausgewiesenen Profil Bedacht zu nehmen (Höhenkoten über Wr. Null).

6)

Die öffentlichen Durchgänge zwischen AB, CD und EF sollen entfallen.'

Im Sinne dieses Abänderungsantrages wurde der Magistratsantrag nun mit Beschluß des Gemeinderatsausschusses vom 8. Juni 1988 angenommen.

Die Beschlußfassung im Gemeinderat erfolgte am 24. Juni 1988 im Sinne des erwähnten Abänderungsantrages und wurde am 14. Juli 1988 im Amtsblatt der Stadt Wien und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundgemacht.

Am 19. Juli 1988 wurde der, bereits vom Gemeinderat beschlossene, geänderte Planentwurf Nr. 6040 von der MA 21 dem Amtsführenden Stadtrat für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Personal vorgelegt und von diesem am 12. August 1988 genehmigt (GZ: GPS-21-91/88).

Aus dem bisher Dargelegten ergibt sich somit der für den vorliegenden Antrag wesentliche Umstand, daß die vom Gemeinderat beschlossene, nämlich dem nachträglichen Abänderungsantrag des Gemeinderatsausschusses entsprechende Planvariante nicht Gegenstand der Auflage zur öffentlichen Einsicht gemäß §2 Abs3 der Bauordnung für Wien (BO) war."

Die Anlaß zur Antragstellung bietenden Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung legt die Volksanwaltschaft im wesentlichen folgendermaßen dar:

"Wie sich aus den erläuternden Bemerkungen zur BO-Novelle 1976 ergibt, war durch die Neufassung der Bestimmungen für die Erstellung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen eine 'höhere Publizitätswirksamkeit angestrebt' (siehe Geuder/Hauer, Das Wiener Baurecht, 3. Auflage 1988, S. 53).

Dies geschah unter anderem durch die Ermöglichung von schriftlichen Stellungnahmen aller Bürger im Zuge eines öffentlichen vierwöchigen Auflageverfahrens.

Hiebei stehen nach Auffassung der Volksanwaltschaft zwei Umstände unzweifelhaft fest:

1.

Der Gemeinderat ist durch die gewählte Form der 'aktiven Mitarbeit der Bevölkerung' (EB) in seiner inhaltlichen Entscheidungsfreiheit nicht beschränkt.

2.

Der Landesgesetzgeber hat dem Gemeinderat hingegen die vorangehende Durchführung des demokratischen Mitwirkungsverfahrens als verpflichtend auferlegt, sodaß seine nicht gesetzmäßige Durchführung die Beschlußfassung über den betreffenden Plan mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob das Mitwirkungsverfahren gesetzesgemäß durchgeführt bzw. ermöglicht wurde. Die Volksanwaltschaft vermeint, daß dies nicht der Fall ist.

Wie sich aus §2 der BO unzweifelhaft ergibt, hat die Beschlußfassung des Gemeinderates über einen Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan aufgrund eines Antrages des Magistrats zu erfolgen. Absatz 4 des genannten Paragraphen verpflichtet den Magistrat, bei seiner Antragstellung über Stellungnahmen der Bürger zu berichten, die er nicht berücksichtigte.

Ratio legis ist eindeutig, daß der Gemeinderat derart in die Lage versetzt werden soll, zu erfahren, wie die interessierte Bevölkerung auf die zur Diskussion gestellte Planungsabsicht reagiert. Er soll sein - unbestrittenermaßen bestehendes - Entscheidungsrecht also nicht ausüben, ohne die Ergebnisse eines geordneten Stellungnahmeverfahrens zu kennen.

Dementsprechend hat die Magistratsabteilung 21 am 3. Juni 1988 mit einem 'Vorlagebericht' den Antrag zu Plan Nr. 6040 - als Beilage 1 - dem zuständigen Gemeinderatsausschuß unterbreitet.

Der im vorigen Abschnitt erwähnte, im zuständigen Gemeinderatsausschuß gestellte, Abänderungsantrag ist wie folgt formuliert:

'Der Antrag zur Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungsplanes ... ist in folgenden Punkten abzuändern:

...'.

Wie die Magistratsabteilung 21 dem Amtsführenden Stadtrat am 12. Juli 1988 berichtete, wurde der Planentwurf Nr. 6040 ... 'aufgrund der Abänderungsanträge ... abgeändert'. In dieser Form wurde er am 24. Juni 1988 vom Gemeinderat beschlossen.

Der Antrag ist aber derart mit dem wesentlichen Mangel behaftet, daß sein Inhalt der vorgesehenen Stellungnahme der Öffentlichkeit nicht zugänglich war, weshalb auch die in §2 Abs4 verbindlich vorgesehene Berichterstattung durch den Magistrat über die ergangenen Stellungnahmen nicht erfolgen konnte.

Daraus ergibt sich nach Auffassung der Volksanwaltschaft, daß die Beschlußfassung durch den Gemeinderat mit Rechtswidrigkeit behaftet war (vgl. VfGH vom 13.3.1978, Slg. 8280).

Die Volksanwaltschaft räumt ein, daß gegen diesen Standpunkt der Einwand vorgebracht werden kann, es werde durch diese Rechtsauffassung der Gemeinderat in seinem Entscheidungsrecht unzulässig beschränkt. Es wäre nämlich in konsequenter Fortsetzung der von der Volksanwaltschaft angestellten Überlegungen dann der Gemeinderat zur Gänze an die Antragstellung des Magistrats gebunden und dürfte davon in keiner Weise abweichen.

Dem wäre freilich wiederum entgegenzuhalten, daß der Landesgesetzgeber von Wien die Erlassung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen als Akt der Verordnungsgebung konzipiert hat, der ohne Antragstellung des Magistrats überhaupt nicht zustandekommen kann. Das Zusammenwirken von Magistrat und Gemeinderat ist sohin bereits vorgegeben. Diese wird auch durch die EB zur Nov. 1976 der Wr. Bauordnung erhärtet, worin es zu §1 heißt: 'Die Ausarbeitung der Entwürfe für die Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne verbleibt wie bisher beim Magistrat (§2 Abs2). Ebenso wird die Ausarbeitung der Entwürfe für unwesentliche Abänderungen und Ergänzungen (§2 Abs5 nunmehr n.d. Novelle LGBl. 7/1990 §2 Abs8) dem Magistrat zugewiesen, um die Einheitlichkeit der Erstellung auch dieser Entwürfe für das gesamte Stadtgebiet sicherzustellen'.

Vertritt also der Gemeinderat die Auffassung, daß ein (gänzlich) anderer Plan beschlossen werden soll, muß er sich darauf beschränken, den vorgelegten und (als Entwurf) dem gesetzmäßigen Stellungnahmeverfahren unterzogenen Antrag abzulehnen. Es obläge ihm in diesem Fall, den Magistrat - dessen Vorstand gemäß §91 der Wiener Stadtverfassung der dem Gemeinderat verantwortliche Bürgermeister ist - zu veranlassen, den vom Gemeinderat gewünschten Planungsinhalt als einen vom Magistrat ausgearbeiteten Entwurf dem Stellungnahmeverfahren nach §2 Abs3 der BO zu unterziehen.

Dem Gemeinderat selbst ist es aber verwehrt, in der Form eines 'Abänderungsantrages' eigenständig Planinhalte zu entwickeln, welche nicht dem Mitwirkungsverfahren unterzogen wurden, das die Bauordnung der Wiener Bevölkerung garantiert hat."

II. Der Gemeinderat der Stadt Wien erstattete zum Verordnungsprüfungsantrag eine Äußerung mit dem Begehren, die angefochtene Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben, sowie - hilfsweise für den Fall der Aufhebung - für deren Außerkrafttreten eine Frist von sechs Monaten zu bestimmen. Im einzelnen brachte der Gemeinderat folgendes vor:

"§1 Abs1 der Bauordnung für Wien überträgt dem Gemeinderat die Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne. Unwesentliche Abänderungen und Ergänzungen dieser Pläne beschließt die örtlich zuständige Bezirksvertretung. Das bei der Festsetzung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne einzuhaltende Verfahren ist im §2 der Bauordnung für Wien geregelt, der seine geltende Fassung durch die Bauordnungsnovelle 1989, LGBl. für Wien Nr. 7/1990 erhalten hat. Im Zeitpunkt der Beschlußfassung des Gemeinderates und der Kundmachung des Plandokuments 6040 im Amtsblatt der Stadt Wien vom 14. Juli 1988 und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom selben Tag, galt noch die frühere Fassung des §2 der Bauordnung für Wien (wie in Artikel I der Bauordnungsnovelle 1989 zitiert). Schon nach dieser Fassung des Gesetzes war bei der Vorbereitung der Beschlüsse des Gemeinderates über den Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplan ein Verfahren einzuhalten, das die Anhörung der Betroffenen durch die öffentliche Auflage des Entwurfs gewährleisten sollte. In dieser Beziehung hat die Bauordnungsnovelle 1989 keine Veränderung gebracht.

Ein qualifiziertes Anhörungsrecht stand schon nach der früheren Rechtslage den Gebietskörperschaften zu. Erstreckte sich ein Entwurf auf Grundflächen, die im Eigentum von Gebietskörperschaften standen, oder war die Auszeichnung von Grundflächen für öffentliche Zwecke für Gebietskörperschaften vorgesehen, dann war ihnen Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben. Nach der zwingend vorgeschriebenen Begutachtung der Entwürfe durch den Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung und der ebenso unerläßlichen Einladung der örtlich zuständigen Bezirksvertretung, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen, war dieser dann mit dem Gutachten des vorgenannten Fachbeirates zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. War diese Auflage durch Veröffentlichung in Amtsblättern und durch Anschlag an Amtstafeln kundzumachen, so mußte der Entwurf gleichzeitig der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien und der Wiener Landwirtschaftskammer zur Kenntnis gebracht werden. Während der vierwöchigen Auflagefrist konnten sowohl diese Institutionen, als auch sonst Interessierte schriftliche Stellungnahmen beim Magistrat einbringen. Dem Magistrat stand es frei, die eingelangten Stellungnahmen bei seiner Antragstellung an den Gemeinderat zu berücksichtigen. Tat er dies jedoch nicht, so mußte er Anträge, die von den Stellungnahmen des Fachbeirates für Stadtplanung und Stadtgestaltung oder der Bezirksvertretung abwichen, besonders begründen. Ließ er andere Stellungnahmen unberücksichtigt, brauchte er über diese bloß zu berichten.

Aus der Regelung ergibt sich zunächst, daß der Gesetzgeber keineswegs die völlige Übereinstimmung des öffentlich aufgelegten Entwurfs mit jenem fordert, den der Magistrat dem Gemeinderat als Antrag vorlegt. Jede Berücksichtigung einer Stellungnahme führt zu einer Änderung des Entwurfs. Eine Beschränkung der Änderungsbefugnis des Magistrats auf solche Änderungen, die einer Stellungnahme entsprechen, ist im Gesetz nicht vorgesehen und wäre auch nicht sachgerecht. Stellungnahmen müssen nicht als förmliche Änderungsanträge mit konkretem Inhalt erstattet werden und sie können vor allem den Stellungnahmen anderer Betroffener widersprechen, sodaß Änderungen des Entwurfs häufig Kompromißcharakter haben werden. Letztlich können im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen über die Ausarbeitung des Magistratsentwurfs vorgenommene Änderungen somit bewirken, daß der Entwurf dem Gemeinderat weder in der Fassung vorgelegt wird, die er vor der öffentlichen Auflage hatte, noch in einer Fassung, die genau den erstatteten Stellungnahmen entspricht.

Der Gesetzgeber hat bei der Regelung des Verfahrens zur Verordnungserlassung bewußt in kauf genommen, daß die endgültige Fassung des Magistratsentwurfs eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes erst nach der öffentlichen Auflage entsteht. Sollen die Verfahrensvorschriften der Bauordnung für Wien nicht nutzlos sein, wird jedoch ungeachtet der vorgenommenen Änderungen die Identität des Verordnungsentwurfs gewahrt bleiben müssen.

Während die Bauordnung für Wien bloß die Beschlußfassung des Gemeinderates über den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan und seine (wesentlichen) Abänderungen fordert, ergibt sich die Notwendigkeit der Befassung weiterer Gemeindeorgane aus der Wiener Stadtverfassung. Der Magistratsantrag unterliegt der Vorberatung durch den zuständigen Gemeinderatsausschuß (§100 der Wiener Stadtverfassung) und den Stadtsenat (§95 Abs1 der Wiener Stadtverfassung) ehe er zur Beratung und Beschlußfassung an den Gemeinderat gelangt. Durch die Wiener Stadtverfassung werden die vorberatenden Organe nicht an der Erstattung von Änderungsvorschlägen gehindert und es finden sich in diesem Gesetz auch keine Bestimmungen, welche die freie Willensbildung des Gemeinderates bei der Beschlußfassung über den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan einschränken. Andererseits ist aus den dargestellten Bestimmungen der Bauordnung für Wien abzuleiten, daß jedem Beschluß des Wiener Gemeinderates über den Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplan ein Magistratsantrag zugrunde liegen muß.

Unbestritten steht es dem Gemeinderat frei, den Magistratsantrag zur Gänze abzulehnen oder unverändert anzunehmen. Zulässig wird jedenfalls auch eine Teilablehnung in dem Sinn sein, daß der Entwurf hinsichtlich eines bestimmten Teiles des von ihm erfaßten Gebietes unverändert angenommen, hinsichtlich eines anderen Teilgebiets aber abgelehnt wird. Eine solche Vorgangsweise wäre nicht als Abänderung, sondern als teilweise Ablehnung eines teilbaren Antrages zu werten. Eine Ausweitung des Plangebietes durch den Gemeinderat wäre dagegen unzulässig, solange ein entsprechender Magistratsantrag fehlt.

Strittig ist, ob und in welchem Umfang der vom Gemeinderat beschlossene Flächenwidmungs- und Bebauungsplan inhaltlich von dem Magistratsantrag abweichen darf. Wodurch inhaltliche Abweichungen veranlaßt und von wem sie im Zuge der Vorberatung oder im Rahmen der Beratung des Gemeinderates selbst vorgeschlagen werden, ist in diesem Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung.

Der Gemeinderat erachtet sich für befugt, die ihm vorliegenden, vom Magistrat ausgearbeiteten Entwürfe für Flächenwidmungs- und Bebauungspläne auch inhaltlich abzuändern. Er räumt im Hinblick auf den von der Bauordnung für Wien ausdrücklich geforderten Magistratsantrag als Grundlage eines Beschlusses über den Flächenwidmungsplan und dem Bebauungsplan ein, daß Änderungen die Identität zwischen dem beantragten und dem letztlich beschlossenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht beseitigen dürfen.

Die Verpflichtung zur öffentlichen Auflage eines Entwurfs für den Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan steht dem Änderungsrecht des Gemeinderates nicht entgegen, da sie, wie bereits ausgeführt wurde, auch dem Recht des Magistrats nicht entgegensteht, seine eigenen Entwürfe nach der öffentlichen Auflage abzuändern. In dem selben Ausmaß, in welchem dem Magistrat die Befugnis übertragen ist, seine eigenen Entwürfe vor der Antragstellung an den Gemeinderat zu ändern, wird auch dem Gemeinderat selbst ein Änderungsrecht zuzugestehen sein. Eine Minderung der Bedeutung jener Verfahrensschritte, welche der Ermittlung der Meinung von Sachverständigen, Vertretungskörpern und Betroffenen dienen, ist mit der Anerkennung des Abänderungsrechtes des Gemeinderates nicht verbunden.

Der vom Magistrat ausgearbeitete Entwurf für ein Plandokument Nr. 6040 betraf das von den Verkehrsflächen Maurer Lange Gasse, Kaserngasse, Rielgasse, Gebirgsgasse, Endresstraße, Maurer Hauptplatz und Geßlgasse umschlossene Gebiet, in welchem auch die Gründe des sogenannten 'Körnerschlössels' liegen. Wie die Volksanwaltschaft in ihrem Antrag richtig ausführt, widmete der Magistratsentwurf die südliche Hälfte dieser Gründe als Wohngebiet und damit als Bauland. Erst auf Grund der Stellungnahme der Bezirksvertretung wurde für diesen Bereich die Widmung Grünland - Parkschutzgebiet in den Entwurf aufgenommen. Diese Änderung hat nach Ansicht des Wiener Gemeinderates nicht bewirkt, daß der Entwurf als ein anderer anzusehen und daher neuerlich ein Verfahren gemäß §2 der Bauordnung für Wien mit der Einholung der Stellungnahme des Fachbeirates und der Bezirksvertretung zu beginnen gewesen wäre. Gestützt wird diese Ansicht des Gemeinderates dadurch, daß §2 der Bauordnung für Wien keineswegs verlangt, Änderungen des ursprünglichen Magistratsentwurfs erst nach der Einholung aller gesetzlich vorgesehenen Stellungnahmen vorzunehmen. Auch im Antrag der Volksanwaltschaft wird die Zulässigkeit der Änderung des Verordnungsentwurfs auf Grund der Stellungnahme der Bezirksvertretung nicht als unzulässig erachtet. Die Kritik richtet sich dagegen, daß der abgeänderte Entwurf, welcher öffentlich aufgelegt war, danach neuerlich abgeändert wurde, wodurch die Anhörungsrechte der Öffentlichkeit nicht gewahrt worden seien.

Der Sachverhalt wird von der Volksanwaltschaft richtig dargestellt. Seine Bedeutung für die Rechtmäßigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 24. Juni 1988 über das Plandokument Nr. 6040 hängt von dem Gewicht ab, das einerseits der Ermittlung der Meinung verschiedener Institutionen und der Öffentlichkeit, andererseits aber dem freien Beschlußrecht des Gemeinderates zukommt. Der Wiener Gemeinderat hält dafür, daß sein freies Beschlußrecht vorgeht, solange der vom Magistrat vorgelegte Entwurf des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes durch die Änderungen nicht zu einem anderen wird. Die Frage nach der Identität ist dabei unter Bedachtnahme auf das gesamte vom Plan erfaßte Gebiet und die Grundtendenz der Festsetzungen zu beantworten.

Die Änderung, welche der Gemeinderat auf Grund der Vorberatung im Gemeinderatsausschuß für Stadtentwicklung und Stadtplanung beschlossen hat, betrifft nur einen Teil des Plangebietes. Sie läßt dort zwar die noch während der öffentlichen Auflage vorgesehene Widmung Grünland - Parkschutzgebiet auf, ersetzt sie aber bloß durch eine lockere (Beschränkung auf 25 % der Bauplatzfläche) und niedrige Bebauungsmöglichkeit, die den Charakter eines durchgrünten Stadtteiles bewahrt. In diesem Umfang vom Magistratsantrag abzuweichen erachtet sich der Gemeinderat für berechtigt."

III. Der Antrag der Volksanwaltschaft ist, da ihm Verfahrenshindernisse nicht entgegenstehen, zulässig. Demnach ist auf den Eventualantrag nicht weiter einzugehen, zu dem bloß noch angemerkt sei, daß dem hilfsweise gestellten Begehren der Inhalt der damit verlangten Verordnungsaufhebung nicht genau entnommen werden könnte, weil der in der Sitzung des Gemeinderatsausschusses beschlossene Abänderungsantrag die geänderten Festlegungen nicht unmittelbar traf, sondern diese erst im Wege einer zeichnerischen Planänderung umgesetzt wurden.

IV. Der Antrag der Volksanwaltschaft ist auch gerechtfertigt.

Die Verfahrensparteien stimmen darin überein, daß zur Beurteilung der Gesetzmäßigkeit des Zustandekommens der angefochtenen Verordnung §2 der BauO f Wien idF vor der Bauordnungsnovelle 1989, LGBl. 7/1990, heranzuziehen ist, also in der Fassung der Novelle 1976. In dieser Fassung hatte der bezogene, unter der Rubrik "Verfahren bei Festsetzung der Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne" stehende Paragraph folgenden Wortlaut:

"§2. (1) Vor der Beschlußfassung über die Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne ist den Gebietskörperschaften Gelegenheit zur Erhebung von schriftlichen Stellungnahmen innerhalb einer gleichzeitig festzusetzenden Frist zu geben, wenn sich diese Pläne auf ein Gebiet erstrecken, in dem Grundflächen einer Gebietskörperschaft gelegen sind oder ein Antrag auf Auszeichnung von Grundflächen für öffentliche Zwecke für eine Gebietskörperschaft in diesem Gebiet gestellt worden ist; hiedurch wird das freie Entschließungsrecht der Gemeinde über die Festsetzung dieser Pläne nicht berührt.

(2) Die vom Magistrat ausgearbeiteten Entwürfe für die Festsetzung und für wesentliche Abänderungen von Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen sowie für die Verhängung der zeitlich begrenzten Bausperre (§8) sind vor Stellung der Anträge an den Gemeinderat einem Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung zur Begutachtung vorzulegen.

(3) Der Magistrat hat die Entwürfe für die Festsetzung und für wesentliche Abänderungen der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne sowie für die Verhängung der zeitlich begrenzten Bausperre (§8) der örtlich zuständigen Bezirksvertretung mit der Einladung zu übermitteln, innerhalb einer entsprechenden Frist dazu Stellung zu nehmen; diesen Entwürfen ist die gutächtliche Stellungnahme des Fachbeirates für Stadtplanung und Stadtgestaltung anzuschließen. Danach hat der Magistrat die Entwürfe und die gutächtliche Stellungnahme des Fachbeirates für Stadtplanung und Stadtgestaltung durch vier Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Zeit und Ort der Auflegung sind durch einmalige Veröffentlichung in der für amtliche Mitteilungen der Stadt bestimmten Zeitung, im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und durch Anschlag an den Amtstafeln des Rathauses und des in Betracht kommenden Bezirkes kundzumachen. Innerhalb der Auflagefrist können schriftlich Stellungnahmen beim Magistrat eingebracht werden. Zugleich mit der öffentlichen Auflegung sind die Entwürfe der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien und der Wiener Landwirtschaftskammer zur Kenntnis zu bringen; den Kammern steht es frei, zu diesen innerhalb der Auflagefrist beim Magistrat schriftlich Stellung zu nehmen.

(4) Bei der Antragstellung hat der Magistrat auch über die eingelangten Stellungnahmen, soweit er sie nicht in den Anträgen berücksichtigt hat, zu berichten. Anträge, die von der gutächtlichen Stellungnahme des Fachbeirates für Stadtplanung und Stadtgestaltung oder von der Stellungnahme der Bezirksvertretung abweichen, hat er besonders zu begründen.

(5) Die Entwürfe für unwesentliche Abänderungen und Ergänzungen der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne sind vom Magistrat auszuarbeiten."

Es ist nun zwischen der antragstellenden Volksanwaltschaft und dem Wiener Gemeinderat im grundsätzlichen nicht strittig, daß ein im Sinne der eben wiedergegebenen Bestimmungen zur allgemeinen Einsicht aufgelegter Entwurf nach Durchführung des Auflegungsverfahrens Veränderungen von einer solchen Beschaffenheit erfahren kann, die eine Neuauflegung zur allgemeinen Einsicht erfordern; unterschiedlich beantwortet wird von den Prozeßparteien lediglich die Frage, von welcher Art und Intensität jene Veränderungen sein müssen, um das gesetzliche Erfordernis der Auflegung zur allgemeinen Einsicht neuerlich auszulösen. Der Verfassungsgerichtshof, welcher die in der Grundanschauung übereinstimmende Ausgangsposition der Volksanwaltschaft und des Wiener Gemeinderates teilt, sieht sich veranlaßt, auf sein die gleichgelagerte Problemstellung im Bereich des niederösterreichischen Raumordnungsrechtes betreffendes Erk. VfSlg. 8697/1979 hinzuweisen, in dem er (ua.) folgendes ausführte:

"Es liegt auf der Hand, daß nach der öffentlichen Auflegung auf Grund der abgegebenen Stellungnahmen zum Raumordnungsprogramm der Flächenwidmungsplan nur in den seltensten Fällen vom Gemeinderat in der Form beschlossen werden kann, in der er im Rahmen des Raumordnungsprogrammes öffentlich aufgelegt wurde. Änderungen des Entwurfes auf Grund der abgegebenen Stellungnahmen sind die zwangsläufige Folge des mit der öffentlichen Auflegung verbundenen Zweckes. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um eine Änderung des im Sommer 1975 öffentlich aufgelegten Entwurfes, sondern um einen neuen, abermals zur Einsicht aufzulegenden Entwurf, ...".

Das Vorliegen eines neuen Entwurfes nahm der Gerichtshof im zitierten Fall deshalb an, weil dem nachfolgenden Gemeinderatsbeschluß einerseits ein gegenüber dem zur öffentlichen Einsicht aufgelegten Entwurf unverhältnismäßig stark gestiegener Anteil an Bauland und andererseits eine schwerwiegende Änderung der Zielsetzung der Raumordnung (bei der Schätzung des Baulandbedarfs) durch das Abstellen auf einen Zeitraum von zwanzig statt von zehn Jahren zugrundelag.

Im Hinblick auf den allgemeinen Zweck des Auflegungsverfahrens, den dieses (auch) gemäß der BauO f Wien hat, meint der Verfassungsgerichtshof, daß seine zum niederösterreichischen Raumplanungsrecht dargelegte Auffassung sinngemäß auch für den Bereich der BauO f Wien zutrifft (wobei in diesem Zusammenhang unter Bedachtnahme auf das sich aus §2 der BauO f Wien ergebende notwendige Zusammenwirken von Gemeinderat und Magistrat noch festgehalten sei, daß wohl kein ernsthafter Zweifel an der Befugnis des Gemeinderates bestehen kann, dem Magistrat die Umgestaltung und Neuauflage eines Entwurfes aufzutragen (s. insbesondere §29 Abs1 sowie §67 Abs1 der Wiener Stadtverfassung)). Beurteilt man nun die im vorliegenden Fall gegebene konkrete Situation anhand dieser Rechtsauffassung, so zeigt sich, daß der Gemeinderat nicht im Sinne des gegenüber dem aufgelegten Entwurf geänderten Magistratsantrages hätte beschließen, sondern eine neuerliche Auflage des inhaltlich umgestalteten Entwurfs hätte veranlassen müssen. Nach der Aktenlage umfaßt das Gebiet des in Prüfung stehenden Plandokumentes ungefähr 29 ha, wovon die sog. Körnerschlösselgründe insgesamt etwa 5 ha ausmachen. Die angefochtene Verordnung sieht gegenüber dem aufgelegten Entwurf die Bebauung von etwa der Hälfte dieser Grundfläche, also von rd. 2,5 ha, vor. Die zusätzlich geschaffene Baufläche in diesem Ausmaß (wenngleich - wie es in der Äußerung des Wiener Gemeinderates bezeichnet wird - bei "eine(r) lockere(n) ... und niedrige(n) Bebauungsmöglichkeit") bildet im Verhältnis zur - wie immer einzuschätzenden - Gesamtbaufläche des Planungsgebietes einen derart hohen Anteil an Bauland, daß im Sinne der zitierten Judikatur nicht mehr von der bloßen Änderung eines Entwurfes, sondern bereits von einem neuen Entwurf gesprochen werden muß.

V. Die angefochtene Verordnung war aus den dargelegten Gründen als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kundmachungsverpflichtung stützt sich auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG.

Von der Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der Verordnung wurde abgesehen, zumal das Erfordernis einer solchen Fristbestimmung weder in der Äußerung des Gemeinderates dargelegt worden noch sonst ersichtlich ist.

VI. Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG abgesehen.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Planungsakte Verfahren (Bebauungsplan), Planungsakte Verfahren (Flächenwidmungsplan), Verordnungserlassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:V74.1992

Dokumentnummer

JFT_10068989_92V00074_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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