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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GewO 1973 §25 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. März 1995, Zl. VerkR-430.005/34-1995/Aum, betreffend Entziehung einer Schiffahrtskonzession, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 79 Abs. 1 Z. 1 lit. b Schiffahrtsgesetz 1990, BGBl. Nr. 87/1989, (SchG) die mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 29. Juli 1991 erteilte Schiffahrtskonzession zur Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr sowie zur Erbringung von sonstigen Leistungen, wie insbesondere das Schleppen von Wasserschifahrern sowie das Ziehen und Schleppen bemannter Fluggeräte bzw. Schwimmkörper am Wolfgangsee. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß hinsichtlich des Beschwerdeführers insgesamt 18 Vormerkungen über rechtskräftige Verwaltungsstrafen aufschienen, darunter insgesamt
14 Bestrafungen wegen Übertretungen des SchG. Bei letzteren handle es sich unter anderem um die unerlaubte Änderung von Schiffahrtsanlagen, Übertretungen gegen Zulassungsbestimmungen und Nichtbeachtung von Auflagen bzw. Einschränkungen der schiffahrtsrechtlichen Konzession. Besonders falle jedoch die regelmäßige Nichtbeachtung behördlicher Anordnungen zur Abwendung unmittelbar drohender Gefahr ins Gewicht. Allein aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer sechsmal (wegen Übertretungen nach § 52 Abs. 2 i.V.m. § 71 Abs. 1 und 2 Z. 7 SchG) bestraft worden, wobei den Bestrafungen zehn Tathandlungen zugrunde gelegen seien. Hiebei handle es sich um grobe Verstöße, bei denen eine mögliche Gefährdung der Sicherheit von Passagieren in Kauf genommen worden sei. Auch die Verstöße gegen andere Rechtsvorschriften (Übertretungen der GewO 1973, des Wasserrechtsgesetzes, des Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG, des Oberösterreichischen Polizeistrafgesetzes) seien im Zusammenhang mit der Ausübung der Schiffahrt begangen worden. Diese Verwaltungsübertretungen im Zusammenhang mit den Übertretungen des Schiffahrtsgesetzes und deren Häufigkeit müßten zwangsläufig zu dem Schluß führen, daß beim Beschwerdeführer aufgrund seiner Persönlichkeit die Begehung weiterer Rechtsverletzungen bei der Ausübung der Schiffahrt nicht ausgeschlossen sei. Der Beschwerdeführer sei daher in bezug auf die Ausübung der Schiffahrt nicht mehr verläßlich.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 SchG ist die Konzession mit Bescheid zu widerrufen, wenn eines der im § 79 angeführten Erfordernisse nicht mehr gegeben ist.
Gemäß § 79 Abs. 1 Z. 1 lit. b SchG darf die Konzession einer natürlichen, eigenberechtigten Person nur dann erteilt werden, wenn sie in bezug auf die Ausübung der Schiffahrt verläßlich ist. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist als nicht verläßlich im Sinne des Abs. 1 Z. 1 lit. b insbesondere anzusehen, wer wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, solange die Verurteilung nicht der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt und nach Eigenart der strafbaren Handlung sowie nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung der Konzession zu befürchten ist oder wer wegen der Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben, der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958, der Hinterziehung von Monopoleinnahmen, des vorsätzlichen Eingriffes in ein staatliches Monopolrecht, der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes oder der vorsätzlichen Verletzung eines amtlichen Verschlusses nach § 48 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes von einer Finanzstrafbehörde bestraft worden ist, wenn über ihn wegen eines solchen Finanzvergehens eine Geldstrafe von mehr als 10.000 S oder neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, das Straferkenntnis noch nicht getilgt ist und nach der Eigenart der strafbaren Handlung sowie nach der Persönlichkeit des Bestraften die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung der Konzession zu befürchten ist.
Der Begriff "verläßlich" in § 79 Abs. 1 Z. 1 lit. b SchG entspricht inhaltlich dem der "Zuverlässigkeit" im Sinne des
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bis zur Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, in Geltung gestandenen - § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 (nunmehr § 175 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994). Zu seiner Auslegung kann daher
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sinngemäß - die zu letzterem Begriff entwickelte hg. Rechtsprechung herangezogen werden. Danach ist die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit einer natürlichen Person dann gerechtfertigt, wenn ihre Handlungen oder Unterlassungen so beschaffen sind, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten läßt, es werde die künftige Ausübung der gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 94/03/0174). Hat daher die eine Konzession zur Ausübung der Schiffahrt anstrebende Person ein Verhalten gesetzt, das ein Persönlichkeitsbild vermittelt, welches erwarten läßt, daß die Ausübung der Schiffahrt gegen die im Zusammenhang damit zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen werde, ist sie nicht als verläßlich im Sinne des § 79 Abs. 1 Z. 1 lit. b SchG anzusehen. Bei den maßgeblichen öffentlichen Interessen kommt insbesondere den Aspekten der Sicherheit der Schiffahrt eine wesentliche Bedeutung zu.
§ 79 Abs. 3 SchG normiert zwar, daß bei Verwirklichung der dort demonstrativ aufgezählten Tatbestände die Verläßlichkeit jedenfalls nicht gegeben ist, schließt jedoch entgegen den Vorstellungen des Beschwerdeführers keineswegs aus, daß der Mangel der Verläßlichkeit aus mehreren, nicht mit Strafen in dem in der genannten Bestimmung angeführten Ausmaß geahndeten Verstößen gegen schiffahrtsrechtliche Vorschriften abgeleitet werden kann, wenn nach dem den Verurteilungen zugrunde liegenden Gesamtverhalten die oben umschriebene Annahme gerechtfertigt ist.
Diese Annahme erscheint im Beschwerdefall schon aufgrund des dem Beschwerdeführer mit den sechs rechtskräftigen Bestrafungen wegen der Übertretungen nach § 52 Abs. 2 i.V.m.
§ 71 Abs. 1 und 2 Z. 7 SchG zur Last gelegten Verhaltens gerechtfertigt. Nach den in den Verwaltungsakten erliegenden Bescheiden des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 29. Juli 1994, auf welche in der Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen wurde, lag diesen Bestrafungen zugrunde, daß der Beschwerdeführer während der Zeit zwischen dem 2. September und dem 28. Dezember 1993 wiederholt mit einem Motorschiff am sogenannten R-Steg in S angelegt hatte, obwohl ihm die Benutzung dieser Schiffahrtsanlage mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28. August 1993 untersagt worden war. Ein Amtssachverständiger habe - so heißt es in den Bescheiden des unabhängigen Verwaltungssenates - in seinem Gutachten vom 9. Juli 1993 ausgeführt, die Lände weise schwerwiegende sicherheitstechnische Mängel auf, und zwar sowohl durch die fehlende Absturzsicherung als auch durch die erhebliche Änderung der Schiffahrtsanlage in der Gesamtkonstruktion, für deren sachverständige Beurteilung keinerlei Projekte oder Unterlagen vorlägen. In diesem Verhalten des Beschwerdeführers erblickte die belangte Behörde zu Recht eine Kette grober, die Sicherheit von Fahrgästen gefährdender Verstöße. Das sich darin manifestierende Persönlichkeitsbild ist ein solches, das auch in Zukunft weitere Verstöße gegen die mit der Ausübung der Schiffahrt im Zusammenhang stehenden öffentlichen Interessen erwarten läßt. Schon aus diesem Grund ist die Verneinung der Verläßlichkeit im Sinne des § 79 Abs. 1 Z. 1 lit. b SchG nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Von diesem Standpunkt aus erweist sich das Beschwerdevorbringen, mit dem der belangten Behörde zum Vorwurf gemacht wird, eine "Gesamtdarstellung der einzelnen im allgemeinen relativ kleinen Verwaltungsübertretungen in ihrem Sachverhalt" unterlassen zu haben, als nicht berechtigt. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, fehlt es an der Dartuung der Relevanz des geltend gemachten Mangels. Auch der Einwand, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsstrafen kämen "in Summe, allein wenn man sich schon die ausgesprochenen Geldstrafen im Verhältnis zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe ansieht," dem Kriterium des § 79 Abs. 3 SchG, "das der Gesetzgeber hier offensichtlich um behördlicher Willkür vorzubeugen, eingezogen hat, nicht einmal nahe", schlägt mit Rücksicht auf die obigen Ausführungen zu § 79 Abs. 3 SchG nicht durch.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995030144.X00Im RIS seit
11.07.2001