Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 22. Mai 1995, Zl. UVS 30.5-145/94-7, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen ein Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 19. Mai 1994 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 bestraft. Dieses Straferkenntnis wurde ihm nach dem in den Verwaltungsstrafakten erliegenden Rückschein unter der Anschrift "R 8, 6... E" nach vergeblichen, am 20. Juni 1994 und 21. Juni 1994 unternommenen Zustellversuchen durch Hinterlegung beim Postamt mit Beginn der Abholfrist am 21. Juni 1994 zugestellt.
Die gegen dieses Straferkenntnis am 7. Juli 1994 zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 63 Abs. 5 AVG iVm § 24 VStG als verspätet zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Mit Schreiben vom 13. Oktober 1994 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer darauf hin, daß - ausgehend vom Zustelldatum 21. Juni 1994 - die am 7. Juli 1994 zur Post gegebene Berufung als verspätet eingebracht zu betrachten sei und daß diese Rechtswirkung lediglich dann nicht eintrete, wenn der Beschwerdeführer nachweisen könne, daß er wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang habe Kenntnis erlangen können. Sollte der Beschwerdeführer - so heißt es in dem Schreiben weiter - diesen Umstand geltend machen, werde er ersucht, "nachstehende Fragen zu beantworten:
1)
Waren Sie zum Zeitpunkt des ersten Zustellversuches am 20.6.1994 sowie zum Zeitpunkt des zweiten Zustellversuches bzw. der Hinterlegung am 21.6.1994 von der Abgabestelle (Wohnung)
a)
tagsüber
b)
über längere Zeit
abwesend?
2) Wann sind Sie an die Abgabestelle zurückgekehrt?
Sollte innerhalb der Ihnen gesetzten Frist keine Stellungnahme unter Anführung von Beweismitteln (ANFÜHRUNG VON ZEUGEN, VORLAGE VON HOTELRECHNUNGEN, ETC.) zur Glaubhaftmachung Ihrer Angaben erfolgen, wird ohne Ihre weitere Anhörung angenommen, daß die Zustellung durch Hinterlegung rechtswirksam vorgenommen worden ist."
Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14. November 1994 wie folgt:
"Ich habe mich bis Ende Juni in Wien aufgehalten, wo ich Betriebswirtschaft studiere. Am Montag, den 27.6.1994, habe ich bei Doz. P in L eine Prüfung abgelegt und bin dann erst Anfang Juli nach Vorarlberg zurückgekehrt."
Kann eine Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt
werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der
Empfänger ..... regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist
das Schriftstück nach § 17 Abs. 1 des Zustellgesetzes im Falle
der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt ..... zu
hinterlegen. Nach § 17 Abs. 3 leg. cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger ..... wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zlen. 92/02/0021, 0022) hat jemand, der Zustellmängel behauptet, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen.
Diesem Erfordernis hat der Beschwerdeführer nicht entsprochen, weil er seine Behauptung, im Zeitpunkt der Zustellung von Abgabestelle abwesend gewesen zu sein, nicht durch ein taugliches Beweisanbot untermauert hat.
Wenn der Beschwerdeführer meint, aus seinem Schreiben vom 14. November 1994 gehe eindeutig hervor, daß er seine "Beteiligtenvernehmung" beantragt habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß im Verwaltungsstrafverfahren
- unbeschadet des im Berufungsverfahren für mündliche Verhandlungen geltenden Grundsatzes der Unmittelbarkeit (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 923) - keine Notwendigkeit zur Durchführung einer persönlichen Einvernahme des Beschuldigten zum Beweis für von ihm bereits schriftlich deponierte Behauptungen besteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Juni 1986, Zl. 86/03/0076, und vom 29. Jänner 1987, Zl. 86/02/0132).
Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, "Doz. P in L" als Zeugen namhaft gemacht zu haben, so betrifft das entsprechende Vorbringen im Schriftsatz vom 14. November 1994 lediglich den im gegebenen Zusammenhang nicht relevanten 27. Juni 1994.
So gesehen geht die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte ihn zur Präzisierung seines Beweisanbotes anleiten müssen, fehl. Im übrigen wurde der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben der belangten Behörde vom 13. Oktober 1994 klar und deutlich auf das Erfordernis der Anführung bestimmter Beweismittel zur Glaubhaftmachung seiner Angaben hingewiesen. Von einer Verletzung der Manuduktionspflicht kann daher keine Rede sein. Ein Formgebrechen im Sinne des § 13 AVG liegt nicht vor.
Es ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, eine im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz relevante Abwesenheit von der Abgabestelle darzutun, und - ausgehend von der am 21. Juni 1994 rechtswirksam gewordenen Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - die Rechtzeitigkeit der dagegen erhobenen Berufung verneinte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel ParteienvernehmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995030200.X00Im RIS seit
20.11.2000