TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/30 94/18/0896

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Veröffentlicht am 30.11.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Oktober 1994, Zl. 102.284/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 18. Oktober 1994 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ab. Gemäß dieser Bestimmung könne Fremden eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Der Beschwerdeführer lebe in der antragsgegenständlichen Wohnung mit einer Nutzfläche von 36 m2 gemeinsam mit drei anderen Personen. Ausgehend von einem grundsätzlichen Mindestbedarf von 10 m2 Nutzfläche pro Person könne im Hinblick auf eine derartige Beengtheit eine für Inländer ortsübliche Unterkunft "jedenfalls nicht vorliegen". Der Beschwerdeführer habe zwar arbeitsrechtlich in Österreich einigermaßen Fuß gefaßt, jedoch bestünden sonst keine nennenswerten Bindungen zur Republik Österreich. Es sei daher den öffentlichen Interessen an der Versagung der Aufenthaltsbewilligung Priorität einzuräumen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, eine Auskunft gemäß § 20 Abs. 1 Meldegesetz einzuholen, aus welcher sich ergeben hätte, daß in der antragsgegenständlichen Wohnung außer seiner Person lediglich zwei weitere Mitbewohner aufhältig und gemeldet seien. Weiters habe sie es verabsäumt, ihn vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis zu setzen, wodurch ihm jegliche Möglichkeit zur Stellungnahme im Rahmen des Ermittlungsverfahrens genommen worden sei.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß zum einen der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 2. Mai 1994 selbst vorgebracht hat, daß in der gegenständlichen Wohnung vier Personen gemeldet seien. Wenn nun die belangte Behörde feststellte, daß einschließlich des Beschwerdeführers vier Personen in der gegenständlichen Wohnung leben, kann eine mit der Unterlassung einer Anfrage an die Meldebehörde begründete Verfahrensrüge nicht mit Erfolg erhoben werden. Zum anderen bestand für die belangte Behörde, wenn sie dieses Vorbringen in ihre Feststellungen übernahm, keine Veranlassung für die Einholung einer Stellungnahme des Beschwerdeführers.

Zutreffend zeigt der Beschwerdeführer jedoch einen dem angefochtenen Bescheid anhaftenden Begründungsmangel auf. Die belangte Behörde ging davon aus, daß eine für Inländer ortsübliche Unterkunft nicht vorliege, wenn nicht jeder Person 10 m2 an Wohnnutzfläche zur Verfügung stünden. Welche Erwägungen dieser Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "ortsübliche Unterkunft" zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0089, mwN.).

2. Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff).

Der Ausspruch über den - in dieser Höhe begehrten - Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994180896.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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