TE Dok 2022/5/10 2022-0.146.366

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Veröffentlicht am 10.05.2022
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Norm

BDG 1979 §43 Abs2 BDG i.V.m. §91

Schlagworte

tätl. Auseinandersetzung aD, ungeb. Verh.ggü Kollegen

Text

Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 09.05.2022 nach der am 09.05.2022 in Anwesenheit des Beamten, des Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beamte ist schuldig

1.    er hat am 29.06.2021 um 01.50 Uhr in N.N.., N.N. neben der dortigen BP-Tankstelle in zivil und außer Dienst in alkoholisiertem Zustand eine tätliche Auseinandersetzung mit A.A. gehabt, wobei es zur gegenseitigen Körperverletzung gekommen ist,

2.   er hat sich gegenüber den amtshandelnden Kollegen unkooperativ und uneinsichtig benommen, indem er sich zunächst geweigert habe, sich zu legitimieren und erst nach mehrmaliger Aufforderung seinen Ausweis zeigte und immer wieder darauf hingewiesen habe, ein Kollege zu sein und nachfragte, ob es tatsächlich erforderlich wäre, Anzeige zu erstatten (Offizialdelikt)

er hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 begangen.

Über den Beamten wird gem. § 92 Abs. 1 Zi 2 BDG die Disziplinarstrafe der Geldbuße im Ausmaß von € 500,- (in Worten fünfhundert) verhängt.

Dem Beamten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.

Begründung

Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige der Dienstbehörde vom 23.12.2021 sowie den Erhebungen der LPD N.N.

Sachverhalt:

Am 29.07.2021 langte in der Personalabteilung der LPD N.N. ein Bericht des Referats N.N. ein, wonach der Beamte im Verdacht steht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben.

Der Beamte traf sich in den Abendstunden des 28.06.2021 mit einem ehemaligen Kollegen der EGS, B.B. (Verdeckter Ermittler im Bundeskriminalamt seit 01.06.2021, wird in ggst. Akt als Zeuge geführt) in N.N. zum Bier trinken.

Um 01:50 Uhr geriet der Beamte mit A.A. aufgrund eines Feuerzeugs in Streit. Der Streit eskalierte, als sich der Beamte und A.A. gegenseitig zu schlagen begonnen haben. Von beiden Beamten wird angegeben, dass der jeweils andere angefangen habe und man sich lediglich der notwendigen Verteidigung bedient habe. Der Beamte und B.B. konnten, nachdem sie laut Angaben eines Zeugen den Tatort fluchtartig verlassen haben, am selben Abend kurze Zeit später von der Funkwagenbesatzung angehalten werden. In der Grundmeldung wird angeführt, dass der Beamte und B.B. folgendes sinngemäß angegeben haben: „Wir sind doch Kollegen. Bitte schreibt keine Anzeige. Es ist alles in Ordnung. Wir gehören doch zu euch. Wir sind nur gestürzt, es ist alles in Ordnung. Es ist jetzt eh nur eine Identitätsfeststellung, oder? Wir sind beide verdeckte Ermittler bei der EGS. Bitte, bitte nicht aufnehmen. Wir sind doch auch schon so lange bei der Polizei. Wir haben auch unsere Dienstwaffen dabei.“ A.A. gibt später ebenfalls an, dass B.B. eine Waffe bei sich gehabt habe.

Es konnte jedoch weder durch die anwesenden EB noch durch weitere Zeugen festgestellt werden, dass der Beamte und B.B. tatsächlich Dienstwaffen bei sich haben. Der Beamte und B.B. standen unter Alkoholeinfluss und verhielten sich den einschreitenden Beamten gegenüber uneinsichtig und unkooperativ, zumal der Beamte anfangs gegenüber den einschreitenden Beamten angab, lediglich gestürzt zu sein und deshalb verletzt sei. Der Beamte legitimierte sich erst auf mehrmaliges Nachfragen der Beamten widerwillig mit einem Ausweisdokument, zuvor betonte er immer wieder ein Kollege zu sein.

Durch mehrere Zeugen wurde bestätigt, dass es zwischen dem Beamten und A.A. zu einer Auseinandersetzung gekommen ist, wobei sie sich gegenseitig mehrere Faustschläge verpasst haben. Nach Beendigung der Amtshandlung begab sich der Beamte auf die PI N.N. und erkundigte sich, was von den einschreitenden Beamten aufgenommen wurde. Ihm wurde mitgeteilt, dass eine Anzeigenlegung bzgl. des Verdachts der gegenseitigen Körperverletzung gelegt werde. Um 04:30 Uhr begab sich der Beamte auf die PI N.N. und erkundigte sich erneut, was von den EB aufgenommen wurde und wie es nun „weitergehen“ werde. Er wurde abermals von der Anzeigenlegung in Kenntnis gesetzt.

Beweismittel:

Aussagen der Zeugen:

C.C. wurde am 26.08.2021 in der Vernehmungszone der Justizanstalt N.N. im Beisein einer Dolmetscherin der englischen Sprache als Zeuge vernommen. C.C. gab dabei an, sich zur Vorfallszeit am N.N. in der Nähe der dortigen Tankstelle aufgehalten zu haben. Es hätten sich dann zwei Männer zu ihm gesetzt. Gemeinsam wären dann mehrere Dosen Bier getrunken worden. Als das Bier ausging habe sich der Mann mit den längeren Haaren (B.B.) zu der Tankstelle begeben, um Wodka und Juice zu kaufen. C.C. und der Mann mit der Glatze (der Beamte) wären sitzen geblieben. Es seien dann zwei Männer gekommen. Die beiden Männer (D.D. und A.A.) hätten den Beamten angesprochen, woraufhin es zu einem Wortgefecht gekommen sei und die beiden Männer auf den Beamten eingeschlagen haben sollen. Der Beamte habe sich gewehrt und zurückgeschlagen. D.D. und A.A. sollen mit den Schlägen angefangen haben. Als die Polizei kam, seien der Beamte und B.B. davongelaufen.

D.D. gibt an, dass er zur Vorfallzeit mit seinem Freund A.A. im N.N. in mehreren Lokalen unterwegs war. Auf dem Weg zum N.N. seien sie auf zwei Männer (der Beamte und B.B.), welche sich als Türsteher vorstellten, getroffen und unterhielten sich. Sie seien dann ohne den Beamten und B.B. weitergezogen und haben später E.E. (Freundin) angerufen damit diese sie am N.N. abholen kommt. Dort habe E.E. auf D.D. und A.A. gewartet und eine Zigarette rauchen wollen. A.A. sei in Richtung Tankstelle weggegangen, um einen Passanten nach einem Feuerzeug zu fragen. A.A. sei dann nicht zurückgekommen, weshalb er ihn zu suchen begann. Er hätte dann A.A. neben dem Beamten wahrgenommen. Auf der Bank sei ein Schwarzafrikaner (Anm. C.C.) gesessen. Der Beamte und C.C. sollen lautstark auf A.A. eingeredet haben. Plötzlich habe ihn der Beamte am linken Oberarm gepackt und sinngemäß gesagt „Was willst du, verschwinde“. A.A. habe den Beamten gefragt, warum er auf D.D. losgehe. Sekunden später habe der Beamte A.A. einmal mit der Faust in das Gesicht geschlagen. Er habe ihn dabei am Kinn getroffen. Der Beamte habe weiter versucht auf A.A. einzuschlagen. Dieser habe sich gewehrt und den Beamten ebenfalls mit der Faust im Gesicht getroffen. D.D. sei dann zu E.E. gelaufen, jedoch bemerkte er, dass A.A. und der Beamte wieder rauften. Er habe abermals versucht den Streit zu schlichten. Der Beamte habe A.A. am T-Shirt erfasst und zu Boden geworfen. Dabei sei das T-Shirt von A.A. zerrissen. Der Beamte habe noch mehrmals auf den am Boden liegenden A.A. eingeschlagen. Als B.B. dazu kam, habe dieser schreiend den Beamten aufgefordert, sich zu beruhigen. Irgendwann haben sich der Beamte und B.B. in Richtung N.N. entfernt. Schusswaffen habe D.D. nicht gesehen. D.D. wurde bei dem Vorfall nicht verletzt.

A.A. gibt an, den Beamten und einen Schwarzafrikaner nach einem Feuer gefragt zu haben. Daraufhin sei der Beamte aufgestanden und habe sich bedrohlich vor ihm „aufgebaut“. Er sei zunehmend aggressiver geworden, bis er A.A. am Oberarm gepackt und zurückgestoßen habe. Der Zeuge D.D. sei A.A. zu Hilfe gekommen. Der Beamte habe dann D.D. mit beiden Händen gegen dessen Brust gestoßen, ihn aber nicht verletzt. A.A. hätte sich zwischen die beiden gestellt, um die Situation zu beruhigen. Der Beamte habe A.A. dann einmal mit der rechten Faust in das Gesicht geschlagen. A.A. sei dabei am Kinn getroffen worden. Der Beamte habe noch ein paar Mal auf A.A. eingeschlagen. Der Beamte habe keine Anstalten gemacht mit den Schlägen aufzuhören, weshalb A.A. aus Selbstschutz begonnen habe sich zu wehren indem er auf den Beamten einschlug. Es sei gegenseitig aufeinander eingeschlagen worden, bis plötzlich ein zweiter Mann (B.B.) hinzugekommen sei. Dieser habe eine Schusswaffe aus der Bauchtasche gezogen und sie A.A. gezeigt. Dann habe der Mann die Schusswaffe wieder eingesteckt. Die Männer sollen dann bemerkt haben, dass die Polizei kommt und seien davongelaufen. A.A. betont, sich nur verteidigt zu haben.

B.B. gibt an, sich am 28.06.2021 kurz nach 22:00 Uhr mit seinem Kollegen und Freund, dem Beamten, im N.N. getroffen zu haben. Sie hätten dann in zwei Lokalen alkoholische Getränke konsumiert. Gegen Mitternacht seien sie dann in Richtung Tankstelle am N.N. gegangen. Sie hätten sich dann jeder eine Dose Bier gekauft und sich beim N.N. auf eine Brüstungsmauer gesetzt. Im Nahebereich sei ein Schwarzafrikaner gesessen und seien sie mit diesem ins Plaudern gekommen. Unter anderem sollen sie sich über Suchtgift und Waffen unterhalten haben. Gegen 01:45 Uhr sei B.B. dann allein zur Tankstelle gegangen, um Getränke zu kaufen. Bei Verlassen der Tankstelle habe er bemerkt, dass zwei Männer auf den Beamten eingeschlagen haben. Er sei sofort hingelaufen und habe die beiden Männer von dem Beamten weggestoßen. Er habe sofort bemerkt, dass der Beamte aus der Nase blutete. Der Beamte habe dann geschrien „Pass auf, der hat ein Messer“. Aufgrund dessen seien sie in Richtung N.N. davongelaufen. B.B. gibt an, zur Vorfallzeit nicht im Dienst gewesen zu sein und keine Schusswaffe mitgeführt zu haben.

Verletzungen:

Verletzungen des Beamten:

Der Beamte habe durch den Vorfall massive Verletzungen im Gesichtsbereich erlitten (unter anderem unstillbares Nasenbluten), weshalb er vom 09.07.2021 bis 12.07.2021 in der Klinik N.N. stationär behandelt wurde (siehe Patientenbrief vom 12.07.2021). Außerdem begab er sich noch am 29.06.2021 zur Behandlung in das UKH (siehe Befundbericht), wo eine Schädelprellung mit Blutergussbildung der linken Augenhöhle, eine Nasenbeinprellung mit Nasenbluten, eine Rissquetschwunde an der Innenseite der Oberlippe und eine Prellung der rechten großen Zehe diagnostiziert wurden. In einem polizeichefärztlichen Gutachten vom 12.10.2021 wurde durch F.F. eine leichte Körperverletzung mit Gesundheitsschädigung, mit Berufsunfähigkeit von nicht mehr als 14-tägiger Dauer festgestellt.

Verletzungen des A.A.:

Verletzungen an Nase, Lippe und Augenbraue. Näheres nicht bekannt.

Verantwortung:

Der Beamte gibt zusammengefasst in seiner Stellungnahme vom 29.09.2021, übermittelt von der Rechtsanwaltkanzlei N.N., an, dass zur Vorfallzeit ein junger Mann auf ihn zugekommen sei und ohne Vorwarnung auf ihn eingeschlagen habe. Der Beamte habe versucht ohne zurückzuschlagen, den Angriff abzuwehren. Plötzlich sei ein zweiter junger Mann gekommen und habe dieser den Beamten ebenfalls attackiert. Der Beamte wäre schließlich gestolpert und habe sich aufgrund der beiden Angreifer zu wehren begonnen. Da der Beamte ein Messer bei einem der Männer wahrgenommen habe, seien B.B. und er davongelaufen. Weil der Beamte immer wieder Scheinkäufe im Bereich des N.N. im Zuge seiner dienstlichen Tätigkeit bei der EGS durchführe, habe er die intervenierenden Exekutivbeamten darauf mehrmals aufmerksam machen wollen, um die „Identität“ zu schützen. Der Beamte gibt in seiner Stellungnahme weiters an, dass er, auch wenn er privat unterwegs sei und den Verdacht hege, dass eine Person mit Suchtmittel handelt, versuche, Anbahnungsgespräche mit dieser Person zu führen, um diese in weiterer Folge als Suchtmittelhändler überführen zu können. Er habe jedenfalls nicht in der Absicht gehandelt, die intervenierenden Exekutivbeamten zu einem Amtsmissbrauch zu bewegen. Auch habe weder er selbst noch B.B. eine Dienstwaffe bei sich gehabt. Er weist die Vorwürfe des A.A. zur Gänze von sich. Er habe während des gesamten Vorfalls drei kleine und ein großes Bier zu sich genommen.

Gerichtsverfahren:

Zum angeführten Vorfall wurden vom Referat N.N. Erhebungen gepflogen und am 19.11.2021 ein Abschlussbericht der StA N.N. übermittelt. (GZ: N.N.)

Das Verfahren gegen den Beamten wegen § 83 StGB wurde von der StA N.N. am 24.11.2021 gem. § 190 Ziff 2 StPO eingestellt.

Mündliche Disziplinarverhandlung:

Mit Bescheid vom 05.01.2022 wurde das ordentliche Disziplinarverfahren eingeleitet und die mündliche Verhandlung für 09.05.2022 anberaumt und durchgeführt.

Der Beamte bekannte sich zu Beginn der Verhandlung zu den Anlastungen zunächst für nicht schuldig und zeigte sich erst im Zuge der Befragung geständig und reumütig. Er gab an, dass er sich gemeinsam mit seinem Kollegen B.B. in der Nähe des N.N. in ihrer Freizeit auf mehrere Bier getroffen hätten. Coronabedingt hätten die Lokale jedoch bereits um 01.00 Uhr geschlossen, sodass sie beschlossen hätten, sich noch an der Tankstelle ein Bier zu kaufen. Als verdeckte Ermittler hätten sie interessiert wahrgenommen, dass nach 01.00 Uhr in der Nacht am Schwedenplatz sehr viel Drogengeschäfte getätigt werden. B.B. hätte deswegen auch versucht, mit einem Schwarzafrikaner ein entsprechendes „Anbahnungsgespräch“ zu führen. Als B.B. Richtung Tankstelle zum Bierkauf ging, wäre er selbst zurückgeblieben und wollte auf B.B. warten. Plötzlich und für ihn unerwartet, kamen zwei Männer auf ihn zu und der eine hätte ohne Vorwarnung auf ihn eingeschlagen. Er wollte sich nur wehren und als B.B. zurückkam, hätte er ihm zugerufen, er soll laufen, denn „die haben ein Messer“. Er hätte zwar kein Messer wahrgenommen, aber er hätte ein bestimmtes „Klicken“ gehört und dieses Geräusch glich dem Öffnen eines Messers. Unmittelbar danach wären sie von den uniformierten Kollegen aufgehalten worden. Sie wollten nur verhindern, dass die Amtshandlung keine zusätzliche Aufmerksamkeit erregte, deshalb hätten sie versucht, ohne Ausweisleistung darauf hinzuweisen, dass sie Kollegen wären. In weiterer Folge hätte er noch 2x versucht, in der PI N.N. über die Anzeigenerstattung Auskunft zu erhalten. Tatsächlich hatte er die Angst, dass seine Dienstzuteilung zur EGS aufgrund des obigen Vorfalls aufgehoben werden würde. Er wäre gerne Polizist und er wollte auch seine Tätigkeit bei der EGS weiter ausüben. Dieser Wunsch war offenbar Anlass dafür, sich in weiterer Folge etwas „ungeschickt“ zu verhalten.

Er habe seit diesem Vorfall sehr viel nachdacht und sich auch darüber Gedanken gemacht, wie sich ein Polizist in seiner Freizeit zu verhalten hat. Er wisse, dass er Fehler gemacht habe, dies werde nicht mehr vorkommen.

Im Zuge des Beweisverfahrens wurde auf die Einstellung der StA N.N. verwiesen und dass daran keine Bindungswirkung gemäß § 95 Abs. 2 BDG besteht. Der Beamte habe sich disziplinarrechtlich zu verantworten.

Die Zeugen A.A., B.B., G.G. und H.H. waren geladen, aufgrund des Geständnisses des Beamten wurde jedoch auf ihre Einvernahme verzichtet.

Der Disziplinaranwalt führte in seinem Plädoyer aus, dass der Sachverhalt aufgrund des Geständnisses und des Beweisverfahrens hinreichend geklärt ist. Der Beamte war zunächst uneinsichtig und war seine Verantwortung nicht glaubhaft, er legte jedoch im Zuge der Befragung ein Geständnis ab und sah ein, dass sich ein Exekutivbeamter auch in seiner Freizeit tadellos zu verhalten hat.

Mildernd waren das Geständnis, die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit und auch seine sehr gute Dienstbeschreibung zu werten.

Erschwerend wirkten 2 Dienstpflichtverletzungen.

Antrag: eine schuldangemessene Disziplinarstrafe

Der Verteidiger führte in seinem Plädoyer aus, dass der Beamte nun wisse, dass sich ein EB auch in der Freizeit tadellos zu verhalten hätte und legte letztlich ein reumütiges Geständnis ab. Der Beamte hätte eine ausnehmend gute Dienstbeschreibung und gilt als besonders engagiert, er leistete einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung, ist disziplinär unbescholten und war darüber hinaus auch reumütig geständig.

Antrag: Verweis

Der Beamte bedauerte in seinem Schlusswort sein Verhalten und schloss sich den Worten des Verteidigers an.

Der Senat hat dazu erwogen:

Zum Schuldspruch:

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens zu dem Erkenntnis gelangt, dass der Beamte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen hat.

Der Vorwurf lautet dahingehend, dass der Beamte in zivil und außer Dienst alkoholisiert an einer tätlichen Auseinandersetzung beteiligt war und sich anschließend gegenüber den einschreitenden Kollegen uneinsichtig und ungehalten verhielt.

Die Feststellungen ergeben sich aus der eindeutigen Aktenlage sowie aus den Ausführungen des Beamten.

Der Senat ist gem. § 95 Abs. 2 BDG nur an ein Urteil und die darin enthaltenen Tatsachenfeststellungen gebunden und nicht an eine Einstellung, dennoch hat sich der Beamte disziplinarrechtlich zu verantworten.

Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG: (Punkt 1 und 2)

Gem. § 43 Abs. 2 BDG hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 43 Abs. 2 BDG kommt es (auch) nur darauf an, ob das vorgeworfene Verhalten seinem objektiven Inhalt geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beamten in Frage zu stellen.

Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst oder ohne Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit erfolgen, ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes zu den Berufspflichten des Beamten gehört.

Gerade an das Verhalten von Exekutivbeamten werden besonders qualifizierte Anforderungen gestellt, da diese im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben in der Regel zum Schutz vor Verletzungen des gesamten StGB berufen sind und man zumindest von ihnen selbst erwarten können muss, dass sie die darin geschützten Rechtsgüter nicht verletzen. Der Beamte hat aber mit seinem gesamten Verhalten gerade diese Normen des StGB – die körperliche Integrität - verletzt.

Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft. Insofern stellt § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar und wird von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt.

Nach der Judikatur des VwGH haben Polizeibeamte auch privat und außer Dienst in der Öffentlichkeit in besonderer Weise Vorbildwirkung. Das Verhalten in der Öffentlichkeit werde in bestimmten Situationen besonders kritisch zu bewerten sein, ein Exekutivbeamter habe sich daher auch als Privatperson tadellos zu verhalten.

Vorliegendenfalls war der Beamte gegen 02.00 Uhr in zivil und außer Dienst mit einem Kollegen in N.N. unterwegs. Beide waren offensichtlich alkoholisiert und versuchten Anbahnungsgespräche im Suchtmittelbereich. Aus unbekannter Ursache kam es zwischen dem Beamten und A.A. zu einer tätlichen Auseinandersetzung, wobei der Disziplinarbeschuldigte angab, dass der Angriff für ihn plötzlich und unerwartet kam. Er wollte sich nur mehr wehren und als er glaubte, dass sein Kontrahent ein Messer zog, hätten sein Kollege und er die Flucht ergriffen. Als sie von den Kollegen aufgehalten wurden, wollten sie beide verhindern, dass noch mehr Aufsehen entstand, weshalb sie sich - im Nachhinein betrachtet – so ungeschickt verhielten.

Er habe aus seinem fehlerhaften Verhalten gelernt und wisse, dass sich ein EB auch in der Freizeit tadellos verhalten sollte.

Es bleibt somit das Verhalten des Exekutivbeamten an sich als Dienstpflichtverletzung bestehen – nämlich die Beteiligung an einer tätlichen Auseinandersetzung.

Das Verhalten des Beamten vom 29.06.21 entspricht – wie schon oben ausgeführt - nicht dem, was sich die Allgemeinheit – aber auch die Kollegenschaft - von einem Beamten der Exekutive erwartet. Es ist nicht tolerierbar, dass sich ein Polizist gegenüber den eigenen Kollegen unkooperativ verhält– auch wenn dies unter Alkoholeinfluss passiert ist. Polizisten kommen nur ihren eigentlichen Aufgaben nach, führen Verkehrskontrollen durch oder fahren zu angezeigten Verkehrsunfällen. Der Alltag eines Polizisten ist fast ausschließlich von Negativerlebnissen geprägt, sei es, dass es sich dabei um Drogendelikte, Einbrüche oder Raubüberfälle handelt. Positive Fallkonstruktionen stellen eher rühmliche Ausnahmen dar. Umso schockierender ist es für Polizisten, wenn nun die eigenen Kollegen bei Amtshandlungen einen mehr als negativen Eindruck hinterlassen.

Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Disziplinarbeschuldigten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der jüngsten Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Disziplinarbeschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaß eine Bestrafung notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen, oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 78 ff und ihr folgend das Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 14.11.2007).

Maßstab für die Strafbemessung ist vor allem das Verschulden des Disziplinarbeschuldigten in der konkreten Situation und dieses verlangt aus spezialpräventiven Gründen eine Sanktion. Als Strafrahmen sah der Senat deshalb eine Geldbuße im unteren Bereich als ausreichend an. Aus generalpräventiven Gründen muss jedoch den Kollegen vor Augen geführt werden, dass derartiges Fehlverhalten bedingungslos sanktioniert wird.

Im konkreten Fall war jedoch das Geständnis, die disziplinäre Unbescholtenheit, die sehr gute Dienstbeschreibung sowie das sehr gute Auftreten vor der DK mildernd zu werten.

Erschwerend wirkten 2 Dienstpflichtverletzungen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2023
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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