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L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. Dezember 1989, Zl. U-9737/16, betreffend Nichterteilung einer naturschutzbehördlichen Ausnahmebewilligung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. P, und des Vertreters der belangten Behörde, Dr. C, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 12.495,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1.1. Mit Bescheid vom 19. Dezember 1988 wies die Bezirkshauptmannschaft Kufstein den Antrag des Beschwerdeführers vom 7. März 1988 auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung zur Durchführung von Aufschüttungen in einer Höhe von ca. 1 m auf einer Fläche von
17.741 m2 auf der Grundparzelle, Gst. Nr. n1, KG Liesfeld, gemäß § 24 Abs. 1 und 3 iVm § 20 Abs. 5 und § 21 Abs. 7 des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 15/1975 (im folgenden: Tir NSchG 1974), ab.
Nach der Begründung dieses Bescheides sei dem Beschwerdeführer und der A als Grundeigentümer der Gpn. n2 und n3, beide KG Liesfeld, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 16. Oktober 1985 die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung zur Errichtung eines Lkw-Abstellplatzes auf Gp. n3 (Teilfläche) und zur Errichtung einer Lkw-Reparaturwerkstätte auf Gp. n3 unter Auflagen erteilt worden; die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Naturschutzbeauftragten sei von der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 4. Juli 1986 als unbegründet abgewiesen worden. Nunmehr beabsichtige der Beschwerdeführer, auf der Gp. n1, KG Liesfeld, die gesamte Fläche von 17.741 m2 um ca. 1 m aufzuschütten, um Niveaugleichheit mit der bereits aufgeschütteten, unmittelbar anschließenden Gp. n3 herzustellen. Die Gp. n1 befinde sich in den sogenannten "Söller Wiesen" in Kundl-Liesfeld. Unter "Liesfeld" werde das Gebiet ab der Gemeindegrenze Kundl/Wörgl (Autobahnausfahrt Wörgl-West) bis zur Kundler-Ache (Ortsgebiet Kundl) verstanden. Die nördliche Begrenzung erfolge durch den Inn, die südliche Begrenzung bilde der Berghang zur Talsohle bzw. die alte Bundesstraße. Die Gp. n1 sei durch Teilung und Abschreibung aus Gp. n4, KG Liesfeld, entstanden. Die Gp. n1 sei im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Kundl vom 4. Mai 1979 als Gewerbe- und Industriegebiet ausgewiesen. Die Grundparzelle liege nicht an der öffentlichen Straße und sei nur über dazwischenliegende Privatgrundstücke erreichbar. Zugangsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit bestünden somit nicht. Der Beschwerdeführer habe die in Rede stehende Grundparzelle mit Kaufvertrag vom 1. April 1986 erworben und sei grundbücherlicher Eigentümer.
In der Naturschutzverhandlung vom 22. Juni 1988 habe sich der Naturschutzbeauftragte gegen die beantragte Aufschüttung ausgesprochen, da die in Rede stehende Grundparzelle nach wie vor in ungeänderter Form den Charakter einer Feuchtwiese, botanisch und zoologisch, aufweise. Er habe dabei auf das Gutachten des Institutes für Zoologie der Universität Innsbruck vom 16. Juni 1985 sowie auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz beim Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, vom 4. Februar 1986, verwiesen. Weiters habe er auf den Entwurf einer Verordnung über die Erklärung der "Söller Wiesen" im Gemeindegebiet von Kundl zum Naturschutzgebiet hingewiesen.
In der gutachtlichen Stellungnahme des Institutes für Zoologie der Universität Innsbruck vom 16. Juni 1985 werde im wesentlichen ausgeführt, daß die "Söller Wiesen" in Liesfeld, Gemeindegebiet Kundl, aufgrund der Größe und Ausprägung der landschaftlichen Schönheit, der seltenen Pflanzengesellschaften und des Vorkommens einer Fülle geschützter und bedrohter Tier- und Pflanzenarten als eines der schützenswertesten Biotope des ganzen Landes angesehen werden müsse. Das Gebiet sei in vieler Hinsicht für Tirol einmalig. Eine Umwidmung in Bau- oder Industrieland sowie Bewirtschaftungsänderungen seien daher auf alle Fälle unverantwortlich.
Nach dem Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz beim Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, vom 4. Februar 1986 würden die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen den Schutzzweck der Verbote der Tiroler Naturschutzverordnung hinsichtlich der im Gutachten angeführten geschützten Pflanzen und Tierarten ganz erheblich und irreversibel beeinträchtigen. Es würde ein wesentlicher Teil des Lebensraumes zerstört. Diese Beeinträchtigung gelte auch für alle anderen als gefährdet erkannten Pflanzen und Tierarten dieses Gebietes. Die volle Erhaltung in der Größe des Lebensraumes werde durch die Seltenheit und die Einmaligkeit des Biotopes im Tiroler Inntal notwendig, zumal gerade in der nächsten Umgebung bereits eine Biotopzerstörung großen Flächenausmaßes stattgefunden habe und die verbliebenen Feuchtflächen der "Söller Wiesen" bereits Restflächen des Biotopverbundes in einem für das Funktionieren des Naturhaushaltes minimalen Flächenausmaß darstellten. Daher sei die gegenständliche Maßnahme sowohl in ihrer Gesamtheit als auch isoliert betrachtet aus naturschutzfachlicher entschieden abzulehnen. Die bereits beeinträchtigten Flächen sollten möglichst rasch dem ursprünglichen Zustand angeglichen werden.
Der Beschwerdeführer habe durch seinen ausgewiesenen Vertreter bei der Verhandlung vom 22. Juni 1988 unter anderem vorgebracht, beim Naturschutzbeauftragten handle es sich um keinen Sachverständigen. Beim Lokalaugenschein seien weder seltene Vögel noch schützenswerte Insekten oder Pflanzen gesehen worden. Es werde bestritten, daß die im Gutachten des Amtssachverständigen vom 4. Februar 1986 beschriebenen Verhältnisse noch unverändert vorlägen. Vielmehr sei gerade nach diesem Gutachten davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für den weiteren Bestand einer Feuchtwiese bereits im Jahr 1986 zerstört worden seien und die noch vorhandene Restfläche ihren Charakter als Feuchtgebietsfläche kurzfristig verlieren werde. Zum einen sei diese Fläche in ihrem Ausmaß bereits zu klein, zum anderen würde durch die Grundwasserentnahme der Biochemie Kundl, die Innverbauung und die kürzlich vorgenommene Begradigung eines Bewässerungsgrabens die notwendige Wasserversorgung nicht mehr gewährleistet. Offensichtlich sei die beabsichtigte Verordnung, mit welcher das fragliche Gebiet zum Naturschutzgebiet hätte erklärt werden sollen, auch deshalb nicht erlassen worden, weil die Aufrechterhaltung des gegebenen Bestandes nach den beschriebenen Verhältnissen nicht mehr gewährleistet erschienen sei. Jedenfalls sei das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieses Gebietes wesentlich geringer zu bewerten als jenes an der Schaffung eines Gewerbegebietes bzw. der Ansiedlung von Gewerbebetrieben. Das zoologische Gutachten vom 16. Juni 1985 sei sehr allgemein gehalten und nehme im Konkreten auf die verfahrensgegenständliche Fläche nicht Bezug. Es erübrige sich die neuerliche Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Voraussetzungen nach § 24 Abs. 1 lit. a Tir NSchG 1974 jedoch, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach lit. b bei Abwägung der öffentlichen Interessen gegeben seien.
Nach Schilderung des weiteren Verfahrensganges heißt es im erstinstanzlichen Bescheid weiter, eine Genehmigung nach § 24 Abs. 1 lit. a Tir NSchG 1974 könne schon deshalb nicht erfolgen, weil nicht nur der Naturschutzbeauftragte, sondern insbesondere auch die Gutachten des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen vom 4. Februar 1986 sowie des Institutes für Zoologie der Universität Innsbruck vom 16. Juni 1985 zum Ausdruck gebracht hätten, daß Anlagen und Maßnahmen der gewerblichen Nutzung in diesem Bereich entschieden abzulehnen seien. Die in den Gutachten beschriebenen Verhältnisse seien nach wie vor gegeben; ein Schutz der Pflanzen- und Tierarten in diesem Bereich müsse als notwendig angesehen werden. Offenbar räume der Beschwerdeführer selbst die Schutzwürdigkeit des Gebietes ein, weil er in der Verhandlung vom 2. Juni 1988 zum Ausdruck gebracht habe, daß sich die neuerliche Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung dieser Voraussetzungen erübrige. Die fachlichen Äußerungen bzw. die Gutachten stützten sich auf einen ausführlich und ausreichenden Befund; sie enthielten begründete Schlußfolgerungen, sodaß die Behörde in der Lage gewesen sei, eine Überprüfung der fachlichen Äußerungen sowie des Gutachtens auf deren Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens durchzuführen.
Was die Interessenabwägung nach § 24 Abs. 1 lit. b leg. cit. anlange, so folge aus der rechtskräftigen Flächenwidmung als Gewerbe- und Industriegebiet nicht, daß deshalb jedenfalls eine naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung erteilt werden müsse. Hinsichtlich der Grundparzellen n2 und n3, KG Liesfeld, sei zwar eine naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung erfolgt, in der Berufungsentscheidung sei jedoch ausdrücklich angeführt, daß es "die zukünftige Aufgabe der zuständigen Behörden sein werde, für die Erhaltung des verbleibenden Bereiches die notwendigen Vorkehrungen zu treffen". In den Erläuterungen des Entwurfes einer Verordnung betreffend die Erklärung der "Söller Wiesen" im Gemeindegebiet von Kundl zum Naturschutzgebiet werde ausführlich und fundiert begründet, weshalb eine Erklärung zum Naturschutzgebiet notwendig erscheine.
Anläßlich der Verhandlung vom 22. Juni 1988 sei festgestellt worden, daß sich auf der bereits naturschutzrechtlich bewilligten Gp. n3, KG Liesfeld, kein Lkw-Abstellplatz, sondern überwiegend ein Holzlagerplatz befunden habe. Der Beschwerdeführer benötige offenbar nicht einmal die schon bewilligte Grundfläche zu jenem Zweck, für den die Ausnahmegenehmigung erteilt worden sei. Daraus sei zu schließen, daß weitere Grundflächen nicht erforderlich seien. Weiters habe der Beschwerdeführer trotz nachweislicher Aufforderung keine konkreten Angaben darüber gemacht, für welchen Zweck die Aufschüttungen auf der verfahrensgegenständlichen Grundparzelle erfolgen sollten. Er habe im Schriftsatz vom 12. August 1988 ausdrücklich angegeben, daß "eine detaillierte Konkretisierung des Aufschüttungszweckes derzeit nicht abgegeben werden könne". Für die Beurteilung eines regionalwirtschaftlichen Interesses sei es jedoch sehr wohl von großer Bedeutung, welche Konzepte der Antragsteller für eine Betriebserrichtung bzw. Betriebsansiedlung verfolge. Dazu habe dieser jedoch keine näheren Auskünfte erteilt. Ein regionalwirtschaftliches Interesse könne mit einer bloßen Aufschüttung allein nicht nachgewiesen werden. Auch der Regionalbeirat der Region 30 habe sich nicht einvernehmlich für eine Ausnahmebewilligung ausgesprochen und begründete Bedenken vorgebracht. Die Arbeiterkammer habe festgehalten, daß sich allein aus der Aufschüttung einer feuchten Wiese in einem Gewerbegebiet noch kein regionalwirtschaftliches Interesse ableiten lasse. Ob für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaftskraft der Region ein besonderes öffentliches Interesse bestehe, könne erst bei Bekanntgabe der konkreten Nutzung beurteilt werden.
Es ergebe sich sohin, daß ein Überwiegen des regionalwirtschaftlichen Interesses am Vorhaben des Beschwerdeführers nicht gegeben sei.
1.1.2. Gegen diesen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er führte darin im wesentlichen aus, daß er ein Betriebsansiedlungskonzept deshalb nicht vorgelegt habe, weil ihm dies wegen der damit zwangsläufig verbundenen hohen Kosten solange nicht zugemutet werden könne, "als die Realisierbarkeit des Projektes völlig in der Luft stehe". Ausführungen darüber, daß ein Sumpfboden gewerblich in keiner Weise genutzt werden könne und aufgeschüttet werden müsse, erschienen dem Beschwerdeführer höchst überflüssig und würden auch nicht weiter erstattet. Die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein gehe von der an sich nicht haltbaren Fiktion aus, daß der Bestand schützenswerter Pflanzen und Tiere in einem Gewerbegebiet denkbar sei. Dies sei unzutreffend. Anläßlich der Widmung der gegenständlichen Flächen im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Kundl vom 4. Mai 1979 als Gewerbe- und Industriegebiet seien von den Sachabteilungen keine Einwendungen erhoben und die ökologische Bedeutung des Gebietes damit verneint worden. Eine Verordnung über die Erklärung der "Söller Wiesen" zum Naturschutzgebiet sei nach Durchführung des vorgesehenen Verfahrens nicht erlassen worden. Bereits die erfolgte Widmung eines Gebietes als Gewerbe- und Industriegebiet dokumentiere, daß das öffentliche regionalwirtschaftliche Interesse jenes an der Wahrung des Schutzzweckes nach dem Tir NSchG 1974 überwiege. Der Beschwerdeführer habe auf diese Widmung anläßlich des Abschlusses des Kaufvertrages vom 1. April 1986 vertrauen dürfen. Abgesehen davon habe der Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 22. Juni 1988 darauf hingewiesen, daß die Voraussetzungen für den weiteren Bestand einer Feuchtwiese bereits im Jahr 1986 zerstört gewesen seien und die noch vorhandenen Restflächen ihren Charakter als Feuchtgebietsfläche kurzfristig verlieren würden. Die Behörde hätte sohin die erforderlichen ergänzenden Gutachten zur Abklärung der Einwendungen einholen müssen.
1.2. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1989 wies die Tiroler Landesregierung diese Berufung als unbegründet ab.
In der Begründung dieses Bescheides wird zunächst zur Frage der Beeinträchtigung der durch den 4. Abschnitt des Tir NSchG 1974 geschützten Pflanzen- und Tierwelt Stellung genommen und ausgeführt:
Bei der von der Naturschutzbehörde am 22. Juni 1988 durchgeführten Verhandlung an Ort und Stelle habe sich der Naturschutzbeauftragte eindeutig gegen die Aufschüttung ausgesprochen, da die Grundparzelle nach wie vor den Charakter einer Feuchtwiese, botanisch wie zoologisch, aufweise. Sodann heißt es in der Begründung des angefochtenen Berufungsbescheides weiter:
"Ein Gutachten des Institutes für Zoologie der Universität Innsbruck vom 16.6.1985 kommt zum Ergebnis, daß das Gebiet der sog. "Söller Wiesen" im Liesfeld im Gemeindegebiet Kundl aufgrund seiner Größe und Ausprägung, seiner landschaftlichen Schönheit, seiner seltenen Pflanzengesellschaften und wegen des Vorkommens einer Fülle geschützter und bedrohter Tier- und Pflanzenarten als eines der SCHÜTZENSWERTESTEN BIOTOPE DES GANZEN LANDES angesehen werden muß. Das Gebiet ist in vieler Hinsicht heute schon für Tirol einmalig. Es ist gekennzeichnet durch selten gewordene Pflanzengesellschaften mit einer Fülle hochbedrohter Pflanzenarten. Diese Vielgestaltigkeit bedingt zusammen mit der extensiven Nutzung auch die Entwicklung einer besonders arten- und individuenreichen Kleintierwelt, welche wiederum die Basis für das gehäufte Auftreten besonders gefährdeter Vogelarten darstellt. Die Bedeutung dieser wenigen seit der Innkorrektur vor etwa 120 Jahren noch verbliebenen Feuchtflächen für einigermaßen intakte Großlebensräume sind nicht hoch genug einzuschätzen. Die in Rede stehenden Biotope des Liesfeldes stellen dabei heute bereits die absolut letzten großflächigen Wiesenniedermoore des gesamten Inntalbodens dar. Nach Untersuchungen von O.E. Danesch (1973) und Neuner (1979) müssen die Söller Wiesen als überregional bedeutende Orchideenbiotope angesehen werden. Zudem wurden im Gebiet für die Wissenschaft hochinteressante Bastardpopulationen zwischen den verschiedenen Orchideen festgestellt. Ergänzungsbedürftige und unvollständige Erhebungen, die noch dazu nur einen Ausschnitt aus den Söller Wiesen berücksichtigen, erbrachten bereits Nachweise von mindestens 110 verschiedenen Großschmetterlingen. Im Gutachten ausgewiesene Listen der bisher im beschriebenen Gebiet beobachteten Vögel enthalten mit 72 Arten etwa ein Viertel aller jemals in Nordtirol nachgewiesenen Arten. Somit belegen gerade die Beobachtungen über die Vogelwelt des Gebietes den immensen Wert und die unbedingte Schutzwürdigkeit der Söller Wiesen.
Der Amtssachverständige für Naturschutz beim Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, führt in seinem überaus ausführlichen Gutachten vom 4.2.1986 aus, daß die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen den Schutzzweck der Verbote der Tiroler Naturschutzverordnung, LGBl. Nr. 29/1975, hinsichtlich der erwähnten geschützten Pflanzen- und Tierarten ganz erheblich und irreversibel beeinträchtigen würden. Die volle Erhaltung der Größe des Lebensraumes wird durch die Seltenheit und die Einmaligkeit des Biotopes im Tiroler Inntal notwendig, zumal gerade in der nächsten Umgebung bereits eine Biotopzerstörung großen Flächenausmaßes stattgefunden hat und die verbliebenen Feuchtflächen der Söller Wiesen bereits RESTFLÄCHEN des Biotopverbundes in einem für das Funktionieren des Naturhaushaltes minimalen Flächenausmaß darstellen. Daher sind alle gegenständlichen Anlagen und Maßnahmen in ihrer Gesamtheit, aber auch isoliert für sich betrachtet, aus naturschutzfachlicher Sicht entschieden abzulehnen.
Ein Gutachten des Institutes für Botanik an der Universität Innsbruck vom 25.3.1985 kam zum Ergebnis, daß die gegenständlichen Feuchtbiotope im Liesfeld im östlichen Bereich der Gemeinde Kundl Rückzugsstandort für eine Fülle seltener und vom Aussterben bedrohter Pflanzen und Tiere, die nach dem Tiroler Naturschutzgesetz absolut geschützt sind, darstellen. Sie sind daher nicht nur im höchsten Maße erhaltenswert, sondern auch als Erholungslandschaft überaus bereichernd."
Zur Beweiswürdigung führt die belangte Behörde an, sie könne nicht finden, daß die abgegebenen Gutachten den Denkgesetzen widersprächen. Unbestritten würden die beantragten Schüttmaßnahmen das Feuchtbiotop "Söller Wiesen" in Liesfeld bei Kundl zerstören. Durch die Aufnahme bestimmter Pflanzen und Tiere in die rechtsgültig bestehende Naturschutzverordnung, LGBl. Nr. 29/1975, sei das öffentliche Interesse an deren Erhaltung aus Naturschutzgründen dokumentiert. Die Schutzwürdigkeit des in Rede stehenden Feuchtbiotopes werde als groß angesehen, da es aufgrund seiner landschaftlichen Schönheit, seiner seltenen Pflanzengesellschaften, seiner Größe und Ausprägung und wegen des Vorkommens einer Fülle geschützter und bedrohter Pflanzenarten heute schon für ganz Tirol einmalig sei.
Der Beschwerdeführer habe in der mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle am 22. Juni 1988 behauptet, daß die Voraussetzungen für den weiteren Bestand einer Feuchtwiese bereits im Jahr 1986 zerstört worden seien und die noch vorhandene Restfläche ihren Charakter als Feuchtgebietsfläche kurzfristig verlieren werde. Zum einen sei diese Fläche in ihrem Ausmaß bereits zu klein, zum anderen würden durch die Grundwasserentnahmen der Biochemie Kundl, die Innverbauung und die kürzlich vorgenommene Begradigung eines Bewässerungsgrabens die notwendigen Wasserversorgungen nicht mehr gewährleistet sein. Zu dieser Behauptung habe die Berufungsbehörde eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Amtssachverständigen für Naturschutz eingeholt. Der Amtssachverständige komme darin zum Ergebnis,
"daß die gegenständliche Fläche ca. 800 m östlich der Kammlinie eines Schuttfächers liege und dementsprechend in keiner Weise mehr durch die Wasserentnahme durch die Biochemie Kundl beeinträchtigt würde. In bezug auf die Größe und die Ausprägung der Feuchtfläche stellte der Amtssachverständige fest, daß in bezug auf die floristische und faunistische Ausbildung von Feuchtflächen das gegenständliche Gebiet von ca. 18.000 m2 bei weitem dazu geeignet sei, die Bedingungen zur Erhaltung des Charakters einer Feuchtgebietsfläche zu erfüllen. Feuchtbiotope werden in weit geringerer Flächenerstreckung, beispielsweise niedermoorartige Anlandungsflächen im Bereich von Weihern oder kleineren Seen, im Moorschutzkatalog der grünen Reihe des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz (1986) in größerer Zahl angeführt. Für die Ausbildung beispielsweise einer Hochmoorgesellschaft des Typs Schnabelried, Torfmoosgesellschaft oder niedermoorartige Gesellschaften des Typs Schlankseggenried, des Typs Schwarzseggengesellschaft, des Typs Davallseggenried genügten allenthalben Flächen im Ausmaß von 30 x 30 m. Caricetum nigrae-Bestände der montanen und subalpinen Lagen mit ihren charakteristischen Dominanzen von Wollgras benötigten beispielsweise Flächen von 5 x 5 m, um sich voll auszubilden.
Zu den Auswirkungen der Innverbauung stellte der Amtssachverständige fest, daß sich durch diese zweifelsfrei eine Absenkung des Grundwasserspiegels im gegenständlichen Bereich ergeben habe. Dies sei allerorten im gesamten Inntal festzustellen, nachdem die übliche Einengung des Flusses meist auf die durchschnittliche Regelbreite u.a. bewirke, daß die Schleppkraft erhöht werde und somit laufend mehr Material aus der Sohle abtransportiert werde als früher.
Die gegenständlichen Grundparzellen hätten vor der Entwässerung sicherlich im unmittelbaren Einflußbereich des Grundwassers gelegen und waren als Kleinseggenried ausgebildet. Vordem viel stärker vernäßt, konnten in diesen hauptsächlich Seggen und Binsen aufkommen, wo hingegen sich nach Senkung des Wasserspiegels zuerst Molinieten breit machen, die immerhin noch einmal pro Jahr im Herbst abgemäht worden seien. Zur Zeit seien auch diese Bestände übergegangen in Schilfvegetation, die nur mehr alle paar Jahre abgemäht werde. Alle diese Vegetationsgesellschaften würden jedoch eindeutig die Beeinflussung durch erhöhte Grundwasserstände in sich tragen, was u.a. auch bewirke, daß sowohl nach den roten Listen des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz als auch vom Aussterben bedrohte Arten, als auch nach dem Tiroler Naturschutzgesetz geschützte Arten in diesen Assoziationen enthalten sind. Dies beziehe sich insbesondere auf die Orchideenarten, Primeln und andererseits Seggen und Binsen. Da in einem ökologischen System aber immer alle Glieder sich gegenseitig bedingen und in ihren Lebensgrundlagen voneinander abhängen, kann auch gesagt werden, daß die schon nach Gutachten explizit beschriebenen zoologischen Gemeinschaften in ebensolcher Weise bedroht sind durch indirekte Zerstörung der Pflanzengesellschaften. Zugleich muß jedoch erwähnt werden, daß auch im Zuge der Absenkung des Grundwasserspiegels sich die tierischen Lebensgemeinschaften zwar änderten, immer jedoch geschützte und vom Aussterben bedrohte Tierarten vorkommen. INSOFERNE KÖNNE HIER NICHT DIE DURCH LAIEN BELEGTE AUSSAGE, DAß
DIE EHEMALIGEN FEUCHTBEREICHE NACH EINIGER ZEIT VERSCHWUNDEN
SEIN WERDEN, MIT DEN BEREITS KURZ BESCHRIEBENEN FACHLICHEN
ERKENNTNISSEN, DIE SICH AUF MEHRJÄHRIGE UND WIEDERHOLBARE
BEOBACHTUNGEN STÜTZEN, ENTKRÄFTET WERDEN und somit in Übereinstimmung mit der direkt erfolgten Beurteilung des Geländes als irrelevant angesehen werden."
Zu dieser ergänzenden Stellungnahme habe der Beschwerdeführer ausgeführt,
"daß der Sachverständige in keiner Weise darlege, ob tatsächlich das Abziehen des Grundwassers kurzfristig oder a la longue geeignet sei, den Charakter der gegenständlichen Teilfläche als Feuchtwiese zu erhalten. Außerdem lasse der Sachverständige Ausführungen dahingehend missen, warum das gegenständliche Gebiet in bezug auf die floristische und faunistische Ausbildung bei weitem dazu geeignet sei, diese Bedingungen zu erfüllen. Der Sachverständige hätte zwar schlüssig festgestellt, daß durch die erfolgte Innverbauung sich der Grundwasserspiegel derart abgesenkt habe, daß die Pflanzen nicht mehr den ursprünglichen Schluß zum Grundwasserspiegel hätten, er habe jedoch wiederum eine gutachterliche Stellungnahme zur seitens des Antragstellers angeschnittenen Problematik der nunmehrigen Austrocknung dieser Flächen missen lassen. Aus diesen Gründen stellte der Berufungswerber die Anträge,
1.
dem Sachverständigen wolle aufgetragen werden, seine Gutachten im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu ergänzen und explizit zu den ihm gestellten Fragestellungen Stellungen nehmen sowie
2.
ein unabhängiger Sachverständiger wolle beauftragt werden, welcher die gegenständlichen Flächen einer Beurteilung im Hinblick auf die zu erteilende naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung zum jetzigen Zeitpunkt zu unterziehen sowie eine unmittelbare Zukunftsprognose über die weitere Entwicklung abzugeben hat."
Da die Berufungsbehörde, so heißt es im angefochtenen Bescheid weiter, der Ansicht gewesen sei, daß der Sachverhalt auch hinsichtlich der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragestellung durch die ergänzende gutachterliche Stellungnahme im Zusammenhalt mit den weiteren bereits erwähnten Gutachten ausreichend und schlüssig erhoben sei, habe sie mit Rücksicht auf ihre Entscheidungspflicht und den Grundsatz der Verwaltungsökonomie diesen Anträgen keine Folge gegeben.
Zusammenfassend ergebe sich, daß eine Ausnahmebewilligung nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. a Tir NSchG 1974 nicht zulässig sei.
Zur Frage des Verhältnisses eines rechtskräftigen Flächenwidmungsplanes zur naturschutzbehördlichen Ausnahmebewilligung wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, aus der Flächenwidmung lasse sich nicht erschließen, daß die Naturschutzbehörde gewissermaßen für ihr späteres Verfahren betreffend einen Antrag auf Ausnahmebewilligung nach § 24 Tir NSchG 1974 präjudiziert sei. Richtig sei zwar, daß das Ziel der überörtlichen und örtlichen Raumplanung nicht nur die Pflege und Erhaltung von Natur und Landschaft, sondern auch die Vorsorge für die bestmögliche Anordnung von gewerblich nutzbaren Flächen sei. Nach der österreichischen Rechtslage herrsche das sogenannte "Kumulationsprinzip"; für ein bestimmtes Vorhaben bedürfe es daher unter Umständen mehrerer behördlicher Bewilligungen. Das Vorhaben könne erst dann verwirklicht werden, wenn alle erforderlichen behördlichen Bewilligungen vorlägen. Es wäre rechtlich unzutreffend, eine allfällige Widmung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz so zu deuten, daß damit sämtliche erforderlichen (bundes- oder landesrechtlichen) Bewilligungen nicht mehr einzuholen seien.
Die beantragten Maßnahmen lägen auch nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse; sie dienten überwiegend dem privaten Interesse des Antragstellers. Nach dem Tiroler Erholungsraumkonzept (September 1981) solle der Schutz der Landschaft dort absoluten Vorrang haben, wo durch eine Nutzung unersetzliche Werte der Natur und Landschaft verloren gingen oder wo natürliche Grundlagen existenzbedrohend geschmälert würden (Seite 39). Zur Erhaltung einer gesunden Umwelt und eines funktionsfähigen Naturhaushaltes sowie zur Sicherung der Vielfalt der Naturausstattung müsse der Schutz im Sinne der Erhaltung des Erholungs- und Lebensraumes im öffentlichen Interesse dort Vorrang haben, wo Landschaften von besonderer Eigenart oder "Beispielslandschaften" durch eine Nutzung in einem Maße beeinträchtigt werden könnten, daß der Charakter solcher Landschaften erheblich verändert würde. Schon aufgrund dieser Ausführungen sei das Gewicht der Gp. n1, KG Liesfeld, als Landschaftsteil besonderer Eigenart als bedeutend einzuschätzen. Verfehlt sei auch die Annahme des Beschwerdeführers, daß die Nichterlassung der geplanten Verordnung über die Erklärung der "Söller Wiesen" zum Naturschutzgebiet ihren Grund in der mangelnden Schutzwürdigkeit hätte. Letztere werde durch Gutachten und Stellungnahmen kompetenter Fachleute festgestellt. Das Scheitern einer Unterschutzstellung könne mannigfache andere rechtliche und tatsächliche Gründe haben. Nicht bestritten habe der Beschwerdeführer, daß zu jenem Zeitpunkt, als er die Parzelle mit Kaufvertrag vom 1. April 1986 gekauft habe, bereits ein Berufungsverfahren wegen beantragter Schüttung auf zwei anderen Grundparzellen im nämlichen Gebiet anhängig gewesen sei. Da ein Ausgang eines Berufungsverfahrens nie prognostiziert werden könne, sei er ganz offensichtlich das Risiko einer naturschutzrechtlichen Versagung von Schüttmaßnahmen auf diesen Feuchtflächen eingegangen.
Zur Frage der Interessenabwägung nach § 24 Abs. 1 lit. b Tir NSchG 1974 wird im wesentlichen ausgeführt, daß nach dem sogenannten "Irreversibilitätseffekt" (Berichte zur Raumforschung und Raumplanung, Heft 2/3, 1983, 45) die Erhaltung des gegenständlichen Landschaftsteiles im Interesse der zukünftigen Generationen liege. Vergleiche man diese öffentlichen Interessen mit den berechtigten privaten Interessen des Beschwerdeführers, so könne die Berufungsbehörde nicht zur Auffassung gelangen, daß die privaten Interessen den öffentlichen Interessen gleichzuhalten seien oder diese gar überwögen. Als Hilfsmittel zur Vornahme der Interessenabwägung sei auch auf das Tiroler Erholungsraumkonzept und das Tiroler Fremdenverkehrskonzept II Bedacht zu nehmen. Die Zuschüttung der "Söller Wiesen" wäre ein irreversibler Eingriff.
Der Antragsteller habe trotz nachweislicher Aufforderung keine konkreten Angaben darüber gemacht, weshalb bzw. zu welchem Zweck die Aufschüttungen auf der in Rede stehenden Grundparzelle erfolgen sollten. Er habe im Schriftsatz vom 12. August 1988 dezidiert angegeben, daß "eine detaillierte Konkretisierung des Aufschüttungszweckes derzeit nicht abgegeben werden könne". Für die Beurteilung eines regionalwirtschaftlichen Interesses sei es allerdings von großer Bedeutung, welche Betriebserrichtungskonzepte bzw. Betriebsansiedlungen der Antragsteller beabsichtige. Dazu habe er jedoch, aus welchen Gründen immer, keine näheren Auskünfte erteilt. Öffentliche, wie etwa regionalwirtschaftliche, wissenschaftlich oder pädagogische Interessen, die das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Beeinträchtigungen von geschützten Tieren und geschützten Pflanzen übersteigen würden, seien somit nicht gefunden worden.
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung nach § 24 Tir NSchG 1974 verletzt.
1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
1.5. Die belangte Behörde hat mit den Verwaltungsakten unter anderem einen Grundbuchsauszug vom 9. April 1990 vorgelegt, aus dem sich ergibt, daß das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. n1, KG Liesfeld, mit Kaufvertrag vom 24. Mai 1988 in das Eigentum je zur Hälfte des B und des O übertragen wurde. Das Bezirksgericht Rattenberg teilte mit, daß die grundbücherliche Eintragung am 21. September 1988 erfolgt sei. Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes teilte der Beschwerdeführer mit, daß er nach der zwischen ihm und den Käufern getroffenen Abmachung auch nach dem Verkauf der Liegenschaft Projektwerber hinsichtlich der ausnahmebewilligungsbedürftigen Aufschüttung geblieben sei; auf eine gleichzeitig vorgelegte Zustimmungserklärung der neuen Grundeigentümer werde verwiesen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der 4. Abschnitt des Tir NSchG 1974 trägt die Überschrift "Schutz der Pflanzen- und Tierwelt und der unbelebten Natur".
§ 24 leg. cit. lautet auszugsweise:
"(1) Eine Bewilligung, die in einer Bestimmung dieses Abschnittes - mit Ausnahme des § 19 Abs. 3 erster Satz und des § 21 Abs. 5 - oder in einer auf Grund einer solchen Bestimmung erlassenen Verordnung vorgesehen ist, ist zu erteilen,
a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, den Schutzzweck des Verbotes nicht beeinträchtigt oder
b) wenn öffentliche, wie etwa regionalwirtschaftliche, wissenschaftliche oder pädagogische Interessen an der Erteilung der Bewilligung das öffentliche Interesse an der Wahrung des Schutzzweckes übersteigen.
...
(2) ...
(3) Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn keine der Voraussetzungen für ihre Erteilung vorliegt.
(4) Für das Erlöschen einer Bewilligung, für die Verpflichtungen des ehemaligen Inhabers einer Bewilligung sowie für Anlagen, die nicht der Bewilligung entsprechen, gilt § 13 Abs. 4 bis 9 sinngemäß."
Gemäß § 27 Abs. 2 Tir NSchG 1974 sind im Ansuchen Art, Lage und Umfang des Vorhabens anzugeben. Dem Ansuchen sind die zur Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Pläne und Beschreibungen anzuschließen.
2.2. Das Verfahren zur Erlassung einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Tir NSchG 1974 ist ein Projektgenehmigungsverfahren. Partei dieses Verfahrens ist derjenige, der um naturschutzbehördliche Bewilligung eines Vorhabens angesucht hat (Projektwerber). Dabei ist es nicht erforderlich, daß der Projektwerber zugleich Grundeigentümer ist. Das Gesetz, insbesondere dessen § 27, enthält keine derartige Bestimmung. Wie sich unter anderem aus dem im § 24 Abs. 4 Tir NSchG 1974 für sinngemäß anwendbar erklärten § 13 Abs. 8 leg. cit. ergibt, können Bewilligungsinhaber und Grundeigentümer verschiedene Personen sein. § 13 Abs. 8 Tir NSchG 1974 normiert nämlich eine Duldungspflicht des Grundeigentümers, falls eine nach § 13 Abs. 5, 6 oder 7 leg. cit. (z.B. für den Fall des Erlöschens der Bewilligung oder der Einstellung des Betriebes der bewilligten Anlage) dem Bewilligungsinhaber aufzutragende Entfernungs- oder Wiederherstellungsverpflichtung nicht den Grundeigentümer trifft, und läßt dadurch erkennen, daß Bewilligungswerber bzw. Bewilligungsinhaber und Grundeigentümer nicht identisch sein müssen.
Durch die am 21. September 1988 erfolgte grundbücherliche Einverleibung der Eigentumsrechte des B und des O an der gegenständlichen Liegenschaft GSt. Nr. n1, KG Liesfeld, aufgrund eines Kaufvertrages zwischen diesen Personen und dem Beschwerdeführer wurde daher kein Parteiwechsel im Verwaltungsverfahren bewirkt. Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den letztinstanzlichen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Es ist somit im Beschwerdefall, insbesondere unter Bedachtnahme auf die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegte Zustimmungserklärung der neuen Liegenschaftseigentümer, nicht ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen, die beantragte Bewilligung versagenden Bescheid der Tiroler Landesregierung in seinen Rechten verletzt sein kann. Die Beschwerdelegitimation ist somit zu bejahen. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.
2.3.1. Die im 4. Abschnitt des Tir NSchG 1974 enthaltenen §§ 20 und 21 lauten auszugsweise:
"§ 20
Geschützte Pflanzenarten
(1) Die Landesregierung hat jene Arten von wildwachsenden Pflanzen, die in ihrem Bestand allgemein oder in bestimmten Gebieten gefährdet sind, an deren Erhaltung aber aus Gründen des Naturschutzes ein öffentliches Interesse besteht, durch Verordnung zu geschützten Pflanzenarten zu erklären.
(2) Die Landesregierung kann, soweit dies zur Sicherung des Bestandes bestimmter Arten von Pflanzen erforderlich ist, durch
Verordnung
a) verbieten, Pflanzen solcher Arten sowie deren Teile (Wurzeln, Zwiebeln, Knollen, Blüten, Blätter, Zweige, Früchte u. dgl.) und Entwicklungsformen von ihrem Standort zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, ...;
b) verbieten, den Standort von Pflanzen solcher Arten so zu behandeln, daß ihr weiterer Bestand an diesem Standort unmöglich wird.
...
(5) Für die Entscheidung über ein Ansuchen um die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von den in Verordnungen nach Abs. 2 festgesetzten Verboten gilt § 24. Die Entscheidung obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde.
§ 21
Geschützte Tierarten
(1) Die Landesregierung hat jene Arten von freilebenden, nichtjagdbaren Tieren, die in ihrem Bestand allgemein oder in bestimmten Gebieten gefährdet sind, an deren Erhaltung aber aus Gründen des Naturschutzes ein öffentliches Interesse besteht, durch Verordnung zu geschützten Tierarten zu erklären.
(2) Die Landesregierung kann, soweit dies zur Sicherung des Bestandes bestimmter Arten von Tieren erforderlich ist, durch
Verordnung
a)
...
b)
verbieten, den Lebensraum (wie etwa Brutplatz, Einstandsort u.dgl.) von Tieren geschützter Arten und ihre Entwicklungsformen so zu behandeln, daß ihr weiterer Bestand in diesem Lebensraum unmöglich wird.
...
(7) Für die Entscheidung über ein Ansuchen um die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von den in Verordnungen nach Abs. 2 und 6 festgesetzten Verboten gilt § 24. Die Entscheidung obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde."
Aufgrund der §§ 20 und 21 Tir NSchG 1974 erging die Naturschutzverordnung der Tiroler Landesregierung LGBl. Nr. 29/1975 (im folgenden: Tir NSchV 1975), die je einen Katalog gänzlich geschützter Pflanzenarten (§ 1), teilweise geschützter Pflanzenarten (§ 2), geschützter Vogelarten (§ 3), geschützter Säugetierarten (§ 4) und anderer geschützter Tierarten (§ 6) samt entsprechenden Verboten der Vernichtung und Beeinträchtigung enthält.
2.3.2. In der Beschwerde wird geltend gemacht, die belangte Behörde sei zu Unrecht dem Antrag des Beschwerdeführers nicht mehr nachgekommen, dem Amtssachverständigen für Naturschutz eine Ergänzung seiner "ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme" aufzutragen bzw. einen unabhängigen Sachverständigen zu beauftragen. Zu Unrecht vertrete die belangte Behörde die Auffassung, daß der Sachverhalt auch hinsichtlich der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragestellung durch die ergänzende gutachterliche Stellungnahme im Zusammenhang mit den weiteren Gutachten ausreichend und schlüssig erhoben worden sei. Die "ergänzende gutachterliche Stellungnahme" erfülle die gesetzlichen Anforderungen an ein Sachverständigengutachten nicht, da weder Befund aufgenommen noch ein ausführliches Gutachten erstattet worden sei. Stellungnahmen, die die ihnen zugrundeliegenden Annahmen nicht erkennen ließen und daher eine Überprüfung der Schlußfolgerungen nicht zuließen, könnten nicht als taugliche Gutachten angesehen werden. Auch seien "gutachtliche Stellungnahmen" dem Gesetz fremd.
Bei richtiger Würdigung der Beweisergebnisse hätte sich ergeben, daß die ehemals vorhandenen Bestände bereits in Schilfvegetation übergegangen seien. Festzustellen sei, daß sowohl das Vorkommen von geschützten Pflanzen als auch von geschützten Tieren im Laufe der letzten Jahre deutlich abgenommen habe. Die Voraussetzungen für den weiteren Bestand einer Feuchtwiese im fraglichen Gebiet seien bereits im Jahr 1986 zerstört worden, sodaß die noch vorhandenen Restflächen ihren Charakter als Feuchtgebietsfläche kurzfristig verlieren würden.
2.3.3. Gegenstand der Verfahrensrüge der Beschwerde ist im wesentlichen die "Ergänzung des Gutachtens" (so die eigene Bezeichnung des Ergänzungsgutachtens) des Amtssachverständigen für Naturschutz des Amtes der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, vom 21. August 1989. Diese Ergänzung war von der belangten Behörde aufgrund der Berufung, und deren Bezugnahme auf die Einwendungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 1988 eingeholt worden. Bei dieser Augenscheinsverhandlung hatte der Beschwerdeführer nämlich vorgebracht, daß die Voraussetzungen für den weiteren Bestand einer Feuchtwiese bereits im Jahre 1986 zerstört worden seien und die noch vorhandene Restfläche ihren Charakter als Feuchtgebietsfläche kurzfristig verlieren werde. Zum einen sei diese Fläche in ihrem Ausmaß bereits zu klein, zum anderen würde die notwendige Wasserversorgung infolge der Grundwasserentnahme der Biochemie Kundl, der Innverbauung und schließlich der kürzlich vorgenommenen Begradigung eines Bewässerungsgrabens nicht mehr gewährleistet.
Wenn nun der Beschwerdeführer die Eigenschaft der in der Folge eingeholten "ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme" des Amtssachverständigen als eines tauglichen Beweismittels verneint, weil eine klare Gliederung in Befund und Gutachten nicht gegeben sei, dann ist ihm entgegenzuhalten, daß sich diese Ergänzung auf ein bereits erstattetes Sachverständigengutachten bezieht und klar erkennen läßt, von welchen Sachverhaltsgrundlagen der Sachverständige bei der Entgegnung auf die Einwendungen des Beschwerdeführers ausgeht und welche sachverständigen Schlußfolgerungen er daraus zieht. Sind diese Inhaltserfordernisse erfüllt, dann kommt es auf eine förmliche Gliederung in Befundaufnahme und Gutachten im engeren Sinn nicht an. Maßgebend sind vielmehr Vollständigkeit und Schlüssigkeit von Sachverhaltsaufnahme und Gutachten.
Beiden Kriterien wird das ergänzende Gutachten des Sachverständigen für Naturschutz vom 21. August 1989 gerecht. Der Sachverständige beschäftigte sich darin ZUM EINEN mit dem Einwand, die Fläche von 18.000 m2 sei bereits zu klein, um die für Feuchtwiesen typischen und geschützten Pflanzen- und Tiergesellschaften auszubilden. Er widerlegte diesen Einwand unter Angabe im einzelnen genannter, geschützter Pflanzenarten und ihres Raumbedarfes, der erforderlich ist, jeweils Hochmoorgesellschaften des Typs Torfmoorgesellschaft, des Typs Schnabelried, oder niedermoorartige Gesellschaften des Typs Schlankseggenried, des Typs Schwarzseggengesellschaft oder des Typs Davallseggenried auszubilden (Flächen im Ausmaß von 30 x 30 m). Caricetum nigrae-Bestände der montanen und subalpinen Lage mit ihren charakteristischen Dominanzen von Wollgras (Scheuchzeria palustris) benötigten beispielsweise Flächen von 5 x 5 m, um sich voll auszubilden. Noch krasser sei dies bei sogenannten Quelltuffluren zu sehen (Cratoneurion, Cardaminion, Montion), die sich an örtlich ganz klar eingegrenzten wasserbestimmten Standorten fänden und Flächen von weniger als 1 m2 benötigten. Derartige Biotope, seien in botanisch einschlägiger Literatur (Heinz Ellenberg, Vegetation Mitteleuropas in den Alpen 1988; Strasburger, Lehrbuch der Botanik 1978; Paul Ozenda, Die Vegetation der Alpen 1988; Grabherr/Pollatschek, Lebensräume und Flora Vorarlbergs 1986) zur Genüge beschrieben.
Unzutreffend ist auch der Einwand der Beschwerde, die "ergänzende gutachterliche Stellungnahme" enthielte keine taugliche Befundaufnahme, um welche Pflanzengesellschaften es sich konkret handle. Diese Stellungnahme, die sich als Ergänzung der vorgelegten Gutachten versteht und bezeichnet, enthält vielmehr ausdrücklich die sachverständige Befundung, daß sich auch nach dem erfolgten Absinken des Grundwasserspiegels auf den "gegenständlichen Grundparzellen" zuerst Molinieten (Pfeifengraswiesen) breit gemacht hätten, die immerhin noch einmal im Jahr im Herbst abgemäht worden seien; zur Zeit seien auch diese Bestände in Schilfvegetation übergegangen, die nur mehr alle paar Jahre abgemäht werde; die Mittelbereiche, die besser zugänglich seien, seien hingegen als Hochstaudenfluren ausgebildet, die weichlaubigere und hochwüchsige Kräuter enthielten; alle diese Vegetationsgesellschaften trügen jedoch eindeutig die Beeinflussung durch erhöhte Grundwasserstände in sich, was unter anderem auch bewirke, daß sowohl nach den Roten Listen des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz als auch vom Aussterben bedrohte Arten als auch nach dem Tir NSchG geschützte Arten in diesen Assoziationen enthalten seien; dies beziehe sich insbesondere einerseits auf die Orchideenarten und Primeln sowie andererseits auf Seggen und Binsen; da sich in einem ökologischen System aber immer alle Glieder gegenseitig bedingten und in ihren Lebensgrundlagen voneinander abhingen, könne auch gesagt werden, daß die schon nach den Gutachten explizit beschriebenen zoologischen Gemeinschaften in ebensolcher Weise bedroht seien, und zwar durch die direkte Zerstörung der Pflanzengesellschaften.
Zum anderen beschäftigt sich die gegenständliche sachverständige Gutachtensergänzung auch eingehend mit dem Einwand, die Innverbauung werde bewirken, daß die Feuchtfläche durch Absinken des Grundwasserspiegels austrocknen und ihre Charakteristik verlieren werden. Dies belegen die eben wiedergegebenen Ausführungen des Ergänzungsgutachtens, was die Pflanzengesellschaften anlangt. Was die tierischen Lebensgemeinschaften anlangt, so enthält das Ergänzungsgutachten die Feststellung, daß sich diese im Zuge der Absenkung des Grundwasserspiegels zwar ändern, immer jedoch geschützte und vom Aussterben bedrohte Tierarten vorkämen; insoferne könne hier die nicht durch Fachleute belegte Aussage des Beschwerdeführers, die ehemaligen Feuchtbereiche würden nach einiger Zeit verschwunden sein, durch die bereits kurz beschriebenen fachlichen Erkenntnisse, die sich auf mehrjährige und wiederholbare Beobachtungen stützten, entkräftet und somit in Übereinstimmung mit der direkt erfolgten Beurteilung des Geländes als irrelevant angesehen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag angesichts dieser Darlegungen des Sachverständigen dem Beschwerdeführer nicht zu folgen, wenn dieser in seiner Stellungnahme dagegen einwendete, der Sachverständige habe zu der angeschnittenen Problematik der nunmehrigen Austrocknung der in Rede stehenden Flächen eine Stellungnahme vermissen lassen. Der Gerichtshof erachtet vielmehr die Beurteilung der belangten Behörde, die im angefochtenen Bescheid verwerteten Gutachten der verschiedenen Gutachter einschließlich des ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen für Naturschutz seien vollständig und schlüssig, nicht als verfehlt. Wenn der Beschwerdeführer laienhaft in seiner Stellungnahme zum ergänzenden Gutachten die Frage nach den Auswirkungen der Grundwasserabsenkung durch die Innverbauung wiederholte, so reichte dies jedenfalls nicht hin, um die belangte Behörde neuerdings zur Einholung eines (weiteren) Gutachtens zu veranlassen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt nämlich die Auffassung der belangten Behörde, daß zu einer solchen Ergänzung des Beweisverfahrens kein Anlaß mehr bestand, denn der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf der Unvollständigkeit ist unzutreffend. Auch eine mangelnde Schlüssigkeit des Gutachtens des Sachverständigen für Naturschutz einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahme, also ein Widerspruch der Ergebnisse zu den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des täglichen Lebens, ist nicht zu erkennen. Der Beschwerdeführer hätte freilich vorbringen können, das Gutachten stehe mit den Erfahrungen der in Betracht kommenden Wissenschaften in Widerspruch; diesfalls hätte die Behauptung - und zwar tunlichst unter präziser Darstellung der gegen das Gutachten gerichteten sachlichen Einwände - durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen unter Beweis gestellt werden müssen; von diesem Erfordernis kann nur dann Abstand genommen werden, wenn unter Beweis gestellt werden kann, daß sich das Parteivorbringen auf der Höhe eines wissenschaftlichen Gutachtens bewegt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1969, Slg. 7615/A). Eine bloß gegenteilige Behauptung genügt jedenfalls nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. September 1983, Zl. 82/11/0130, vom 16. Oktober 1986, Zl. 85/16/0102, uva.). An sich schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen kann jedenfalls nicht mit laienhaften Äußerungen in wirksamer Weise begegnet werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 1968, Zl. 563/66, und vom 19. September 1985, Zl. 85/06/0063).
Aus diesen Erwägungen folgt, daß das Ermittlungsverfahren nicht mit dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmangel der Ergänzungsbedürftigkeit und der angefochtene Bescheid, soweit er die Bewilligungspflicht des Vorhabens bejaht, nicht mit der in der Beschwerde behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist.
2.4.1. Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides wird in der Beschwerde weiters geltend gemacht, aus der Widmung des Gebietes als Gewerbe- und Industriegebiet im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Kundl ergebe sich zwingend das gemäß § 24 Abs. 1 lit. b Tir NSchG 1974 erforderliche öffentliche Interesse an der Nutzung eben dieser Flächen als Gewerbe- und Industriegebiet. Damit sei das öffentliche Interesse an der Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung dokumentiert. Dies umso mehr, als im Rahmen der Erstellung des Flächenwidmungsplanes gemäß den Zielen der überörtlichen und örtlichen Raumplanung auch auf die Pflege und Erhaltung von Natur und Landschaft Rücksicht zu nehmen sei. Demgegenüber habe sich die belangte Behörde zu Unrecht auf das Kumulationsprinzip zurückgezogen. Die geübte Praxis würde den Grundverkehr praktisch zum Erliegen bringen, denn der Fall zeige, daß ein Vertrauen des Käufers in die vorliegende Widmung nicht geschützt sei. Allein aufgrund des rechtskräftigen Flächenwidmungsplanes sei somit das überwiegende öffentliche Interesse bereits bescheinigt.
2.4.2. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die Auffassung des Beschwerdeführers, daß ALLEIN die rechtskräftige Flächenwidmung des Gebietes als Gewerbe- und Industriegebiet ein ÜBERWIEGENDES öffentliches Interesse im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. b Tir NSchG 1974 darstelle, nicht zu teilen.
Nach der bereits oben wiedergegebenen Bestimmung des § 24 Abs. 1 lit. b Tir NSchG 1974 ist eine Bewilligung zu erteilen, wenn öffentliche, wie etwa regionalwirtschaftliche, wissenschaftliche oder pädagogische Interessen an der Erteilung der Bewilligung das öffentliche Interesse an der Wahrung des Schutzzweckes übersteigen. Gemäß § 24 Abs. 3 Tir NSchG 1974 ist eine Bewilligung zu versagen, wenn keine der Voraussetzungen für ihre Erteilung vorliegt. § 24 Abs. 1 lit. b Tir NSchG 1974 enthält somit keine Bestimmung, die die Naturschutzbehörde bei der Erteilung einer Ausnahmebewilligung für ein Vorhaben an einen raumplanerischen Akt, im besonderen an einen Flächenwidmungsplan, in der Weise binden würde, daß sich im Falle der Widmung einer Grundfläche als Gewerbe- und Industriegebiet eine Abwägung der Interessen an der Erteilung der Bewilligung mit jenen an der Wahrung des Schutzzweckes des NSchG im Einzelfall erübrigen würde und zugunsten der ersteren Interessen verbindlich vorweggenommen wäre. Auch keine andere Bestimmung des Tir NSchG 1974 sieht derartiges vor.
Auch das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Tiroler Raumordnungsrecht enthält keine Bestimmung mit einem solchen Inhalt. § 13 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 10/1972 (im folgenden: Tir ROG 1972), beschränkt die normative Bedeutung der Widmung als Gewerbe- und Industriegebiet vielmehr darauf, daß auf diesen Grundflächen nur gewerbliche und industrielle Betriebsanlagen (und bestimmte im einzelnen genannte damit im Zusammenhang stehende Bauten) errichtet werden dürfen. Gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. können Gewerbe- und Industriegebiete nach der zulässigen Art der Betriebe und nach einem zulässigen Maß der Störwirkungen in Zonen unterteilt werden. Diese Regelungen enthalten jedenfalls keine ausdrückliche Anordnung, daß die Prüfung eines Vorhabens in einem solchen Widmungsgebiet unter dem Gesichtspunkt der im NSchG vorgesehenen Interessenabwägung im Einzelfall entbehrlich wäre.
Eine solche, die in jedem Einzelfall gebotene Interessenabwägung nach dem Tir NSchG 1974 vorwegnehmende Wirkung einer Flächenwidmung "Gewerbe- und Industriegebiet" kann auch nicht aus anderen Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes abgeleitet werden. Die Erstellung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde dient gemäß § 8 Abs. 3 Tir ROG 1972 der Durchführung der örtlichen Raumordnung. Diese dient gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. der geordneten baulichen Entwicklung des Gemeindegebietes im Hinblick auf die abschätzbaren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse seiner Bewohner. Nach § 8 Abs. 2 leg. cit. sind Ziele der örtlichen Raumordnung insbesondere:
"a) die bestmögliche Anordnung und Gliederung des Baulandes;
b) die Erhaltung zusammenhängender, unverbaut bleibender landwirtschaftlicher Flächen und Erholungsräume;
c) die Sicherstellung geeigneter Flächen für erforderliche Bauten und Einrichtungen des Gemeinbedarfes;
d)
die Sicherstellung der erforderlichen Verkehrsflächen;
e)
der Schutz des Landschaftsbildes und erhaltenswerter Orts- und Straßenbilder."
Gemäß § 9 leg. cit. sind in einer Bestandaufnahme als Grundlage für die örtliche Raumordnung die hiefür bedeutsamen Gegebenheiten zu erheben. Gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. hat die Bestandsaufnahme für jene Gebiete, die nach ihrer natürlichen Beschaffenheit und ihrer Lage geeignet sind, im Flächenwidmungsplan als Bauland festgelegt zu werden jedenfalls die überörtlichen Anlagen und Einrichtungen sowie die Grundflächen, für die gesetzliche Nutzungsbeschränkungen bestehen, zu umfassen; zu den hiezu gehörigen Flächen werden insbesondere auch Naturschutzgebiete, Naturdenkmäler und Landschaftsschutzgebiete aufgezählt. Aufgabe jeder Gemeinde ist es nun, gemäß § 10 Abs. 1 Tir ROG 1972 für ihr Gemeindegebiet einen Flächenwidmungsplan zu erlassen. Im Flächenwidmungsplan ist unter Bedachtnahme auf die Ziele der örtlichen Raumordnung und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Bestandsaufnahme für alle Grundflächen des Gemeindegebietes der Verwendungszweck durch Widmungen festzulegen. Dabei darf der Flächenwidmungsplan gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. bestehenden Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes, insbesondere Entwicklungsprogrammen (§ 4), nicht widersprechen.
Im Zusammenhalt mit den wiedergegebenen Bestimmungen des Tir ROG 1972 macht die zuletzt zitierte Bestimmung, wonach der Flächenwidmungsplan bestehenden Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes nicht widersprechen darf, deutlich, daß die Auffassung, ein Flächenwidmungsplan nehme durch seine Widmung als Bauland (Gewerbe- und Industriegebiet) bereits die naturschutzbehördliche Bewilligung vorweg (oder schließe sie gleichsam in sich), einen so verstandenen Inhalt einer Baulandwidmung mit dem Naturschutzgesetz in einen - nach § 10 Abs. 2 Tir ROG 1972 unzulässigen - Widerspruch setzen würde. Der Flächenwidmungsplan, also eine Verordnung der Gemeinde, schlösse eine Erlaubnis in sich, die zu erteilen gemäß § 20 Abs. 5 und § 21 Abs. 7 iVm § 24 Tir NSchG 1974 in die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde fällt. Der in Rede stehende Flächenwidmungsplan ist daher gesetzeskonform so zu verstehen, daß er nicht den Inhalt hat, eine generelle Ausnahmebewilligung von den Verboten und Nutzungsbeschränkungen der Tir NSchV 1975 in sich zu schließen oder dadurch, wie der Beschwerdeführer meint, zu bewirken, daß die von der Naturschutzbehörde bei Erteilung der Ausnahmebewilligung vorzunehmende Interessenabwägung von vornherein und bindend von einem Überwiegen der Interessen an der Ausführung des Projektes auszugehen hätte. Es trifft eben nicht zu, daß der Gegenstand der Entscheidung des Gemeinderates bei Erlassung des Flächenwidmungsplans einerseits und jener der Entscheidung der Naturschutzbehörde bei Erlassung der Ausnahmebewilligung ident ist. Die erstere Entscheidung - eine in die Zukunft wirkende Planungsentscheidung - dient der geordneten baulichen Entwicklung des Gemeindegebietes im Hinblick auf die abschätzbaren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse seiner Bewohner (§ 8 Tir ROG 1972), die letztere hat eine konkret projekt- und zeitpunktbezogene Ausnahmebewilligung von naturschutzrechtlichen Verboten aufgrund einer Interessenabwägung zum Gegenstand. Die Verschiedenheit dieser Prüfungsgesichtspunkte zeigt auch der gedachte Fall eines sich nach Erlassung des Flächenwidmungsplanes bildenden schutzwürdigen Sachverhaltes nach dem 4. Abschnitt des Tir NSchG 1974 (ähnlich einer erst später eintretenden Neubewaldung, die nach dem Forstgesetz eine Rodungsbewilligung erforderlich machen würde). Es trifft daher die Auffassung der belangten Behörde zu, daß verschiedene Gesichtspunkte gegeben sind und eine Konzentrierung dieser Prüfungen bei einer Behörde nach der hier anzuwendenden Gesetzeslage nicht vorgenommen wurde (ähnlich und ebensowenig, wie dies für die allenfalls erforderlichen forst- oder wasserrechtlichen Bewilligungen, deren Erteilung freilich in die Bundeszuständigkeit fällt, gilt).
Der Einwand des Beschwerdeführers, allein aufgrund des rechtskräftigen Flächenwidmungsplanes sei das überwiegende öffentliche Interesse an der Verwirklichung seines Aufschüttungsprojektes bereits bescheinigt und für eine selbständige Prüfung durch die Naturschutzbehörde verbleibe daher kein Raum, erweist sich somit als unzutreffend.
2.5.1. In der Beschwerde wird zur Frage der Interessenabwägung weiters geltend gemacht, die Handelskammer Kufstein habe sich mit Schreiben vom 20. September 1988 für das Vorliegen regionalwirtschaftlicher Interessen ausgesprochen. Auch in der Regionalbeiratssitzung der Region 30 vom 5. August 1988 hätten sich etliche Mitglieder für die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung ausgesprochen. Auch sei ein Verordnungsentwurf über die Erklärung der "Söller Wiesen" im Gebiet der Gemeinde Kundl zum Naturschutzgebiet nicht beschlossen worden, dies offenbar deshalb, weil die Voraussetzungen nicht als gegeben angenommen worden seien.
2.5.2. Mit diesem Vorbringen werden Gründe dargetan, die für die vorzunehmende Interessenabwägung im Sinne des Beschwerdeführers von Bedeutung sein können. Unzutreffend ist allerdings die Auffassung des Beschwerdeführers über den Gegenstand dieser Interessenabwägung. Dem Beschwerdeführer scheint auch in diesem Zusammenhang eine abstrakte, nicht projektbezogene Interessenabwägung vorzuschweben, wenn er davon spricht, aufgrund der von ihm ins Treffen geführten Umstände könne nicht bezweifelt werden, daß das öffentliche Interesse an der Nutzung des Gebietes als Gewerbe- und Industriegebiet gegenüber der Erhaltung der dort befindlichen schützenswerten Pflanzen und Tiere überwiege. Nach dem Tir NSchG 1974 kommt es aber nicht auf die abstrakte Abwägung zwischen Interessen des Naturschutzes und Interessen an widmungsgemäßen gewerblichen Nutzungen