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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über den Antrag des Dkfm. WK in W, vertreten durch MMag. Dr. R, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. August 1994, Zl. 6/1-1021/94-05, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1985 bis 1989, erhobenen Beschwerde den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG stattgegeben.
Begründung
Mit hg. Beschluß vom 2. August 1995, Zl. 95/13/0131, war das Verfahre über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. August 1994, Zl. 6/1-1021/94-05, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1985 bis 1989, gemäß den §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG eingestellt worden, weil der Antragsteller den Mängelbehebungsauftrag im Umfang der aufgetragenen Vorlage einer weiteren Ausfertigung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde für den Bundesminister für Finanzen nicht erfüllt hatte.
In dem unter Anschluß der seinerzeit angeforderten Beschwerdeausfertigung fristgerecht gestellten Wiedereinsetzungsantra wird dargelegt, daß die mit derartigen Tätigkeiten seit langem befaßte, regelmäßigen Kontrollen unterliegende Sekretärin des Rechtsvertreters des Antragstellers entgegen ausdrücklicher Weisung die gleichzeitig mit den Ausfertigungen des Ergänzungsschriftsatzes unterschriebene zusätzliche Ausfertigung der Urbeschwerde versehentlich nicht mitversandt habe; ein derartiger Fehler sei der betroffenen Sekretärin bisher noch nie unterlaufen.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 656 f, zitierte Judikatur). Di Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit im Hinblick auf die Bestimmung des § 46 Abs. 1 zweiter Satz VwGG nur in Betracht, wenn de Antragsteller und seinem Vertreter kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann.
Im vorliegenden Fall liegt der Versäumung der Frist zur Mängelbehebung nach dem in Anbetracht des beigebrachten Bescheinigungsmittels als glaubhaft zu beurteilenden Wiedereinsetzungsvorbringen des Antragstellers ein der anwaltlichen Weisung widersprechender Kouvertierungsfehler einer bewährten und regelmäßig kontrollierten Kanzleikraft seines Rechtsvertreters zugrunde. Ein als grobes Verschulden zu qualifizierendes Fehlverhalten, welches der Bewilligung der Wiedereinsetzung entgegenstünde, kann darin nicht erkannt werden.
Dem Antrag war daher stattzugeben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995130244.X00Im RIS seit
20.11.2000