TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/14 95/19/0970

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Veröffentlicht am 14.12.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §60;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1995, Zl. 302.851/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer am 6. Oktober 1992 eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht habe; mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15. November 1994 sei diese Ehe für nichtig erklärt worden. Die Tatsache, daß die Gattin des Beschwerdeführers unter Sachwalterschaft gestanden sei, beweise nur, daß der Beschwerdeführer kein besonderes Interesse an ihr gehabt habe, da er andernfalls darüber informiert gewesen wäre.

Die belangte Behörde nahm in rechtlicher Beurteilung dieses Sachverhaltes an, daß der Beschwerdeführer die Ehe (nur) zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen sei. Dieses Verhalten verwirkliche den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG, weshalb die angestrebte Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG zu versagen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer hat aber bereits im Berufungsverfahren - worauf er vor dem Gerichtshof zutreffend verweist - vorgebracht, daß die Nichtigerklärung seiner Ehe ausschließlich darauf gestützt worden sei, daß die Sachwalterin seiner Frau der Eheschließung nicht zugestimmt habe; eine nähere Überprüfung des Tatbestandes nach § 23 Ehegesetz sei ausdrücklich nicht vorgenommen worden.

Aus dem auch der belangten Behörde vorgelegenen Urteil des Bezirksgerichtes Wien-Innere Stadt folgt eindeutig, daß dieses Gericht die Ehe - trotz der Formulierung des Spruches - aus dem vom Beschwerdeführer genannten Grund für nichtig angesehen hat. Auch dem bekämpften Bescheid kann entnommen werden (die belangte Behörde hat - wie oben dargelegt - auf die Sachwalterschaft hingewiesen), daß in ihm dieser Ehenichtigkeitsgrund als verwirklicht angesehen wurde. Damit jedoch hatte die belangte Behörde die Frage, ob der Ehenichtigkeitsgrund des § 23 Ehegesetz gegeben sei, als Vorfrage selbständig zu beurteilen.

Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muß in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1985, Zl. 84/08/0047, vom 28. Juni 1988, Zl. 87/11/0066 und vom 26. Juli 1995, Zl. 94/20/0722). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid insoweit nicht gerecht, als diesem nicht klar entnommen werden kann, ob die belangte Behörde überhaupt selbständige Ermittlungen durchgeführt hat, zu welchen Erhebungsergebnissen sie gekommen ist und welche Erwägungen sie diesbezüglich angestellt hat. Deshalb war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren an Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bloß die Vorlage einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides erforderlich war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190970.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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