TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/14 95/19/1152

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Veröffentlicht am 14.12.1995
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
StGB §107 Abs1;
StGB §164 Abs1 Z2;
WaffG 1986 §36 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. August 1995, Zl. 302.551/2-III/11/95, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 17. August 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen des ehemaligen Jugoslawiens, vom 20. April 1995 auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz - AufG, BGBl. Nr. 466/1992, gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 11. Oktober 1991 bis 19. Jänner 1994 dreimal rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden sei (1. Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt wegen § 36 Abs. 1 Waffengesetz,

2. Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt wegen § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB, 3. Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wegen § 107 Abs. 1 StGB iVm § 36 Abs. 1 Waffengesetz). Darüberhinaus sei der Beschwerdeführer am 22. Juni 1992 rechtskräftig wegen unerlaubten Aufenthaltes im Bundesgebiet bestraft worden.

Dadurch habe er gezeigt, daß er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren und einzuhalten. Daher liege der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor.

Hinsichtlich der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers hielt die belangte Behörde fest, daß im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit unter Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit den öffentlichen Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwiegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Tatsache der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen. Er führt aber aus, daß die belangte Behörde - anders als die Erstbehörde - vom Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG Gebrauch gemacht hat und dem Beschwerdeführer insoweit kein Parteiengehör gewährt wurde. Bei Einräumung des Parteiengehörs hätte der Beschwerdeführer vorgebracht, daß ungeachtet der Bestrafungen ein Sichtvermerksversagungsgrund nicht vorläge, hätte den Antrag auf Beischaffung der entsprechenden Akten, auf Akteneinsicht und auf Gewährung einer Stellungnahme nach Akteneinsicht gestellt. Mangels Kenntnis der Strafakten könne der Beschwerdeführer dieses Vorbringen nicht einmal jetzt in der Beschwerde vollständig nachholen.

Ein Verfahrensmangel führt nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn der Beschwerdeführer dessen Relevanz in der Beschwerde darlegt. Der Beschwerdeführer hat sich damit begnügt, Verfahrensmängel aufzuzeigen, ohne jedoch darzulegen, was er den aus dem den zitierten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Tatbeständen gewonnenen Sachverhalt entgegengesetzt hätte. Der Beschwerdeführer kann sich diesbezüglich nicht darauf berufen, daß diese Akten nicht beigeschafft worden wären, stand und steht ihm doch in den ihn selbst betreffenden strafgerichtlichen Verfahren das Recht der Akteneinsicht unmittelbar beim Strafgericht zu. Er hat auch nicht behauptet, daß ihm die betreffenden Urteile und deren Inhalte unbekannt gewesen wären. Die hypothetischen Ausführungen des Beschwerdeführers laufen im Ergebnis auf einen Erkundungsbeweis hinaus, nämlich ob aus den strafgerichtlichen Akten ein Argument für seinen Standpunkt zu gewinnen wäre.

Insoweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, daß die letzte Anzeige bereits vor zwei Jahren erfolgt sei und die Verurteilung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe erfolgt sei, sowie ein großer Teil der Bewährungsfrist bereits abgelaufen sei und sich der Beschwerdeführer in dieser Zeit wohlverhalten habe, ist ihm zu entgegnen, daß dafür, ob der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht ist, nicht das Vorliegen von rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen (oder einer rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafung) und auch nicht die ausgesprochenen Strafhöhen wesentlich sind, sondern, ob das (gesamte) Verhalten des Fremden die in der genannten Bestimmung umschriebene Annahme rechtfertigt. Die Behörde hat die aus dem Aufenthalt des Fremden resultierende Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit unabhängig von einem Ausspruch des Gerichtes betreffend eine bedingte Strafnachsicht zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0217). In einem Fall, in welchem der Fremde wegen der Vergehen des unerlaubten Waffenbesitzes, der Hehlerei und der gefährlichen Drohung rechtskräftig verurteilt wurde, ist aufgrund der den genannten Tatbeständen innewohnenden Gefährdung der Sicherheit von Personen und fremden Eigentums jedenfalls eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit anzunehmen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0321). Im gegenständlichen Fall muß der Beschwerdeführer gegen sich gelten lassen, daß die gerichtlichen Straftaten in einem relativ kurzen Zeitraum (erste Bestrafung 11. Oktober 1991, letzte Bestrafung 19. Jänner 1994) begangen wurden, was durch das Wohlverhalten seit der letzten Strafanzeige nicht aufgewogen werden kann.

Gegen die rechtskräftige verwaltungsbehördliche Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes im Bundesgebiet bringt der Beschwerdeführer vor, daß er sich seit 11. Februar 1986 "fast ununterbrochen legal" in Österreich befinde. Die Geldstrafe sei verhängt worden, nachdem dem Beschwerdeführer bereits ein neuerlicher Sichtvermerk für den Zeitraum 22. Mai 1992 bis 20. Mai 1993 erteilt worden sei. Dieses Vorbringen verkennt, daß es nicht auf den Zeitpunkt der Bestrafung ankommt, sondern auf den Zeitpunkt (oder Zeitraum), in welchem die letztlich bestrafte Übertretung begangen worden ist. Diesen Zeitpunkt (bzw. Zeitraum) läßt der Beschwerdeführer ungenannt.

Doch ist diese Bestrafung letztlich nicht ausschlaggebend für die Annahme gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG, sondern lediglich zusätzlich geeignet, die Berechtigung der behördlichen Annahme, der Aufenthalt des Beschwerdeführers stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, zu unterstreichen.

Der Beschwerdeführer wendet gegen die von der Behörde wenngleich in knapper Form vorgenommene Auseinandersetzung mit seiner persönlichen und familiären Situation ein, daß das Ergebnis deshalb unrichtig sei, weil er sich seit nunmehr 10 Jahren fast ausschließlich in Österreich aufhalte, keinerlei familiären oder sonstigen Kontakt zu seinem Heimatstaat habe und seine einzig lebende Verwandte seine Mutter sei, die schon 20 Jahre in Österreich lebe, völlig integriert und bei der Gemeinde Wien angestellt sei. Er selbst sei ordnungsgemäß gemeldet und beziehe ein eigenes Einkommen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde zu einem rechtswidrigen Ergebnis gelangt wäre. Denn die sich in den den rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers zugrundeliegenden strafbaren Handlungen manifestierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen (insbesondere Sicherheit der körperlichen Unversehrtheit von Personen und Sicherheit des Eigentums) ist von solchem Gewicht, daß zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) die durch die Versagung der Aufenthaltsbewilligung tangierten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers zurückzustehen haben.

Da nach dem Gesagten die belangte Behörde zutreffend den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG als verwirklicht angesehen hat, haftet der im Grunde des § 5 Abs. 1 AufG ausgesprochenen Versagung einer Bewilligung nach diesem Gesetz keine Rechtswidrigkeit an.

Mangels Vorliegens der behaupteten Rechtsverletzung - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995191152.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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