TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/14 94/07/0156

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Veröffentlicht am 14.12.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §71 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §21 Abs1;
WRG 1959 §33g Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde

1) der AO und 2) der Dr. E, beide in X und beide vertreten durch Dr. FO, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 29. Juli 1994, Zl. 1/01-34.248/1-1994, betreffend Feststellung des Erlöschens eines Wasserrechtes und einen wasserpolizeilichen Auftrag,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen; und 2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg (BM) vom 24. Februar 1964 wurde Dipl.-Ing. Günther R. gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 die Bewilligung erteilt, die gereinigten häuslichen Abwässer aus dem auf Grundstück Nr. 2418/2 KG S. geplanten Einfamilienhaus auf diesem Grundstück zur Versickerung zu bringen (Spruchabschnitt I.).

Diese Bewilligung wurde gemäß § 21 Abs. 1 WRG 1959 "mit Beschränkung auf jene Zeit, in der ein öffentlicher, für den Anschluß geeigneter Abwasserkanal in der Nähe noch nicht errichtet ist, längstens auf die Dauer von 25 Jahren ab Rechtskraft dieses Bescheides" erteilt (Spruchabschnitt III.).

Mit Bescheid des BM vom 23. Februar 1965 wurde eine geringfügige Abweichung der örtlichen Situierung von Kläranlage und Sickergrube nachträglich bewilligt und im übrigen festgestellt, daß die Abwasseranlage mit der Bewilligung laut dem Bescheid des BM vom 24. Februar 1964 übereinstimme.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 30. März 1987 wurden anstelle des bisherigen wasserberechtigten Dipl.-Ing. Günther R. Gertrude R. und die Erstbeschwerdeführerin im Wasserbuch eingetragen.

Nach einer am 10. November 1992 vorgenommenen Überprüfung der Abwasserbeseitigungsanlage durch einen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik setzte der BM die Erstbeschwerdeführerin und Gertrude R. mit Schreiben vom 24. Jänner 1994 vom Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes zur Versickerung der häuslichen Abwässer in Kenntnis und informierte sie darüber, daß als Mindesterfordernis an Erlöschensvorkehrungen vorzuschreiben sein werde, daß der Überlauf von der Dreikammerkläranlage in den Sickerschacht flüssigkeitsdicht abzumauern ist, wofür eine Frist von sechs Monaten für ausreichend erachtet werde. Es bleibe den angesprochenen Personen jedoch unbenommen, als Überbrückung bis zum künftigen Kanalanschluß um Erteilung einer neuerlichen wasserrechtlichen Bewilligung anzusuchen, welchem Ansuchen ein Projekt beigefügt werden müßte (vierfach vergebührt), aus dem alle auf der Liegenschaft vorhandenen Abwasseranlagen (häusliche Abwässer, Waschküchenabwässer, Drainagewässer, Dachwässer etc.) ersichtlich seien. Gertrude R. teilte dem BM daraufhin mit, nicht mehr Miteigentümer der betroffenen Liegenschaft zu sein. Die Erstbeschwerdeführerin bestätigte dies in ihrem Schreiben an den BM und verwies auf einen von der Behörde noch im Jahre 1987 abgeforderten Überprüfungsbefund über die Abwasserentsorgungsanlage, welcher auch vorgelegt worden sei. Sollte die Vorlage dieses Schreibens des überprüfenden Zivilingenieurs als formeller Antrag auf Verlängerung der Frist für die Versickerung bis zu der bevorstehenden Fertigstellung des städtischen Kanales nicht ausreichend sein, so erbitte sie im eigenen Namen sowie namens der tatsächlichen Benützer der Abwasseranlage diese Verlängerung der Frist.

Mit seinem der Erstbeschwerdeführerin gegenüber erlassenen Bescheid vom 8. März 1994 stellte der BM zu Spruchpunkt I. gemäß § 27 Abs. 1 lit. c WRG 1959 das Erlöschen der mit Bescheid vom 24. Februar 1964 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung fest und trug zu Spruchpunkt II. der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 auf, innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides den Überlaufkanal von der Kläranlage zum Schmutzwassersickerschacht flüssigkeitsdicht abzumauern. Begründend verwies der BM auf den Inhalt der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen sowie darauf, daß die Liegenschaftseigentümer schon zuvor auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht worden seien, eine zeitlich befristete Bewilligung als Übergangslösung bis zur Errichtung des öffentlichen Kanales zu erwirken, wozu jedoch die Vorlage eines Abwasserprojektes erforderlich sei. Abschließend traf der BM den Hinweis, daß der dem Anbringen der Erstbeschwerdeführerin zu entnehmende wasserrechtliche Bewilligungsantrag gemäß § 106 WRG 1959 als zurückgezogen gelte, wenn das für die Bearbeitung dieses Antrages erforderliche Abwasserprojekt nicht bis längstens 15. April 1994 eingereicht werde.

Gegen diesen Bescheid erhoben Aloisia R. "als Buchberechtigte" (Fruchtgenußberechtigte) und die Erstbeschwerdeführerin eine Berufung, welche sie mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Begehren verbanden, daß das Verfahren "in jenen Stand zurückversetzt werden möge, als das bewilligte Wasserrecht noch nicht formell erloschen war". Die formell abgelaufene Frist für den Antrag auf Verlängerung des zugrundeliegenden Wasserrechtes sei nämlich nur deshalb versäumt worden, weil die behördlichen Mitteilungen an die nunmehr Beteiligten schlüssig zum Ausdruck gebracht hätten, daß es sich um ein zeitlich nicht befristetes Recht handeln würde. Ausdrücklich werde daher der Antrag auf Verlängerung des Wasserrechtes auf Versickerung bis zur Fertigstellung des rechtskräftig genehmigten und in Bau befindlichen Abwasserkanales der Stadtgemeinde Salzburg gestellt. Die Berufungsausführungen wenden sich gegen die Vorgangsweise des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik bei der Überprüfung der Anlage am 10. November 1992, machen unzureichende Manuduktion, unzureichende Feststellung des tatsächlichen Fristablaufes und behördliche Fehlbeurteilung über das Vorliegen eines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages geltend und stellten die wirtschaftlichen Auswirkungen des Bescheides mit der Behauptung dar, daß ungeklärt sei, inwieweit es sich im gegenständlichen Fall überhaupt "um einen wasserrechtlich bedeutenden Umstand" handle. Der von der Behörde getroffene Hinweis auf § 106 WRG 1959 sei zumindest unklar. Die gestellten Anträge würden nicht zurückgezogen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, der in seinem "Betreff" die Erstbeschwerdeführerin nennt und in seiner Zustellverfügung lediglich den Rechtsvertreter der berufungswerbenden Parteien anführt, entschied die belangte Behörde "auf Grund der rechtzeitig von (Erstbeschwerdeführerin) und von Frau Aloisia R. ... eingebrachten Berufung" mit folgendem Spruch:

"Spruchteil II. des Bescheides des (BM) vom 8.3.1994, ..., wird wie folgt abgeändert:

I. Gemäß § 138 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes - WRG 1959 i.d.g.F. wird der Liegenschaftseigentümerin aufgetragen, bis längstens 31.10.1994 entweder um die erforderliche Bewilligung nachträglich anzusuchen oder die unerlaubte Neuerung (Versickerung) zu beseitigen.

Für den Fall der Beseitigung der unerlaubten Neuerung ist der Überlaufkanal von der Kläranlage zum Schmutzwassersickerschacht flüssigkeitsdicht abzumauern.

II. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen."

Begründend legte die belangte Behörde dar, daß das mit Bescheid vom 24. Februar 1964 erteilte Wasserbenutzungsrecht seiner Befristung nach bereits Mitte März 1989 kraft Gesetzes erloschen sei, was im Bescheid des BM nur noch deklarativ festzustellen gewesen sei. Angesichts des bloß deklarativen Charakters des Feststellungsbescheides über das Erlöschen des Wasserrechtes erübrige sich ein weiteres Eingehen auf die vorgebrachten Berufungsgründe. Letztmalige Vorkehrungen aus Anlaß des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes habe die Behörde nach § 29 Abs. 1 WRG 1959 vorzuschreiben. Die durch das Bundesgesetz, BGBl. Nr. 184/1993, geschaffene Bestimmung des § 33g WRG 1959 sei auf erloschene Wasserbenutzungsrechte grundsätzlich nicht anzuwenden. Im Sinne der Gleichbehandlung und der ratio legis sowie aus dem Gedankengang, daß der Gesetzgeber für bestehende Altanlagen, die baubehördlich bewilligt wurden, aus bestimmten Überlegungen heraus eine befristete wasserrechtliche Bewilligung fingiere, könne jedoch für gleichgelagerte Fälle - wasserrechtlich befristet bewilligte Abwasseranlagen, deren Konsensdauer bereits abgelaufen sei - eine sinngemäße Anwendung in Form der Zulässigkeit der Erteilung einer neuerlichen wasserrechtlichen Bewilligung, befristet bis Ende 1996 bzw. 1998, abgeleitet werden. Dieser Lösungsansatz bedeute, daß hinsichtlich jener Abwasseranlagen, die wasserrechtlich befristet bewilligt wurden und deren Konsensdauer abgelaufen sei, die gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 vorgeschriebenen Löschungsvorkehrungen in einen Alternativauftrag gemäß § 138 Abs. 2 leg. cit. umzuwandeln seien.

Gegen diesen Bescheid erhoben die nunmehrigen Beschwerdeführerinnen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom 12. Oktober 1994, B 1945/94, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof begehren die Beschwerdeführerinnen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung, sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf unmittelbare Anwendung der Bestimmung des § 33g WRG 1959 sowie in ihrem Recht auf Entscheidung über die in ihrer Berufung erhobenen Anträge als verletzt zu erachten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Rechte der Zweitbeschwerdeführerin konnten durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt werden, weil dieser Bescheid ihr gegenüber nicht ergangen ist. Adressat des das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes aussprechenden Bescheides und Verpflichteter des Alternativauftrages nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 ist vielmehr ausschließlich die Erstbeschwerdeführerin, an die allein auch schon der erstinstanzliche Bescheid ergangen war. Daß aus dem letztgenannten Grund die Berufung, soweit sie namens Aloisia R. erhoben worden war, von der belangten Behörde nicht zurückgewiesen worden ist, konnte im übrigen eine Rechtsverletzung beider Beschwerdeführerinnen nicht bewirken.

Da die Rechtssphäre der Zweitbeschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht berührt wird, fehlt es ihr zur Erhebung der Beschwerde an der Berechtigung, weshalb ihre Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Die Erstbeschwerdeführerin befindet sich mit der Auffassung, die Bestimmung des § 33g WRG 1959 wäre auf die betroffene Abwasserbeseitigungsanlage anwendbar, im Irrtum. Die genannte Bestimmung setzt das Vorliegen einer baubehördlichen Bewilligung für eine solche Anlage voraus; den Bestand einer solchen Bewilligung hat die Erstbeschwerdeführerin zu keiner Zeit behauptet. Daß der weitere Betrieb einer Abwasserbeseitigungsanlage, deren wasserrechtliche Bewilligung durch Zeitablauf erloschen ist, eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 darstellt, wenn er nicht zufolge Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 33g Abs. 1 WRG 1959 durch die Rechtsfolge der Bewilligungsfiktion dieser Gesetzesbestimmung gedeckt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem, einen gleichgelagerten Fall betreffenden Erkenntnis vom 20. Juli 1995, 94/07/0174, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG verwiesen wird, bereits klargestellt.

Die Rüge der Erstbeschwerdeführerin über das Unterbleiben eines behördlichen Abspruches über die sonstigen Anträge ihrer Berufung ist ebenso nicht geeignet, die Beschwerde zu einem Erfolg zu führen. Daß die behördliche Feststellung über den Eintritt des Erlöschensfalles des § 27 Abs. 1 lit. c WRG 1959 auf der Basis der im seinerzeitigen Bewilligungsbescheid erteilten Befristung und des erfolgten Zeitablaufes unrichtig wäre, vermag die Erstbeschwerdeführerin gar nicht zu behaupten. Ihr Vorbringen über eine entweder rechtzeitig beantragte Verlängerung der Frist oder den Mangel eines Verschuldens an einer rechtzeitigen Antragstellung auf Verlängerung der Bewilligungsfrist ging rechtlich ins Leere, weil sich die dem Bewilligungsbescheid vom 24. Februar 1964 beigesetzte Befristung der Bewilligung nach § 21 Abs. 1 WRG 1959 in seiner Fassung vor der Wasserrechtsgesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 252, der rechtlichen Möglichkeit einer Verlängerung entzog (vgl. Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, Anm. 12 zu § 21 WRG 1959). Das im Jahre 1989 kraft Gesetzes eingetretene Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes auf Grund des Bescheides vom 24. Februar 1964 war durch keinen zu welchem Zeitpunkt immer gestellten Antrag auf "Verlängerung" zu verhindern. Daß die dem Bewilligungsbescheid beigesetzte Befristung nach § 21 Abs. 1 WRG 1959 als Frist des materiellen Rechtes dem Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zugänglich ist, wird der Vollständigkeit halber noch angemerkt.

Die Beschwerde erwies sich im zulässig erhobenen Umfang somit als unbegründet und war insoweit demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf der Basis des von der belangten Behörde gestellten Antrages auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994070156.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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