Index
14 OrganisationsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung einer Dienstanweisung des Finanzministers betreffend die Errichtung von Großbetriebsprüfungsabteilungen als eigene Dienststellen mangels Kundmachung dieser aufgrund ihrer Rechtswirkungen für die Allgemeinheit als Rechtsverordnung zu wertenden Dienstanweisung im Bundesgesetzblatt; behördenartiger Charakter dieser Dienststellen aufgrund ihrer weitgehenden Selbständigkeit und Ausgliederung aus den FinanzämternSpruch
Folgende Bestimmungen der Dienstanweisung Betriebsprüfung (DBP) des Bundesministers für Finanzen vom 30. Juli 1991, AÖF Nr. 280, werden als gesetzwidrig aufgehoben:
in Abschnitt 1.7 Abs4 der Eingangssatz und die ersten drei Sätze mit der Überschrift "Sachverhaltsermittlung",
in Abschnitt 1.7 Abs5 der zweite Satz und
in Abschnitt 5.3.5 Absatz 2.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. März 1994 in Kraft.
Der Bundesminister für Finanzen ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Im übrigen wird das Verordnungsprüfungsverfahren eingestellt.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 19. Juli 1990, GZ 02 OOO3/8-IV/2/90, wurden die beim Finanzamt für den 1. Bezirk und beim Finanzamt für Körperschaften in Wien sowie bei den Finanzämtern Linz, Salzburg-Stadt, Innsbruck, Feldkirch, Graz-Stadt und Klagenfurt bestehenden Großbetriebsprüfungsabteilungen mit Wirkung vom 1. September 1990 aus den genannten Finanzämtern ausgegliedert und "innerorganisatorisch als selbständige Stellen errichtet" (Punkt 1). Diese Stellen scheinen nunmehr (unter der Bezeichnung Großbetriebsprüfung Wien bzw. Wien-Körperschaften, Linz, Salzburg usw.) in der Reihe der Finanzämter als eigene Dienststellen auf (Punkt 2). Der Leiter der Großbetriebsprüfung "hat innerorganisatorisch die Stellung eines Vorstandes des Finanzamtes" (Punkt 5), die Geschäftsstelle übernimmt die Aufgaben einer Einlaufstelle (Punkt 6), unter anderem Personal- und sonstige Verwaltungsagenden sind von der Großbetriebsprüfung im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmen und der gesamte Postlauf geht von der Finanzlandesdirektion, von den örtlich zuständigen Finanzämtern "bzw. von den Parteien direkt, d.h. ohne Befassung des (ehemaligen) Sitzfinanzamtes an diese Großbetriebsprüfungen" (Punkt 6).
Mit Erlaß vom 30. Juli 1991, GZ 02 2210/5-IV/2/91, wurde ferner die sogenannte "Dienstanweisung Betriebsprüfung" vom 2. Mai 1988 (DBP) mit Wirkung vom 1. September 1991 geändert und wiederverlautbart. Die Neufassung wurde im Amtsblatt der Finanzverwaltung unter Nr. 280 kundgemacht.
1. Am 27. Mai 1992 erhob der Beschwerdeführer zu B919/92 beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gegen eine bei ihm unternommene Betriebsprüfung Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach §67c AVG. Mit Schreiben der Großbetriebsprüfungsstelle vom 11. Mai 1992 sei sein Vertreter von der am 21. Mai vorgesehenen Betriebsprüfung verständigt und zur Besprechung eingeladen worden. Rechtsgrundlage der Prüfung sei angeblich ein dem Finanzamt erteilter Auftrag des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewesen. Als Leiter der Amtshandlung habe Dr. G K fungiert, teilgenommen habe auch Revident R V. Die Großbetriebsprüfung sei dabei als eigene Abgabenbehörde eingeschritten. In keiner gesetzlichen Vorschrift sei jedoch die Großbetriebsprüfung als Abgabenbehörde vorgesehen. Der Einschreiter begehre daher, den angefochtenen Verwaltungsakt für nichtig zu erklären.
Diese Administrativbeschwerde wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien als unzulässig zurück. Eine eigenständige Behörde mit der Bezeichnung "Großbetriebsprüfung Wien" bestehe nicht. Die "Großbetriebsprüfung Wien" könne keine hoheitlichen Befugnisse in eigenem Namen ausüben. Vielmehr handle es sich dabei
"um eine organisatorische Einheit im Bereich der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, die Betriebsprüfungen bei Großbetrieben im Auftrag und im Namen des jeweils sachlich und örtlich zuständigen Finanzamtes tätigt.
Somit sind die in Beschwerde gezogenen Handlungen keineswegs einer rechtlich nicht existenten Behörde, sondern einem Finanzamt, somit einer bestimmten Abgabenbehörde, zuzurechnen.
Die Behauptung, daß im gegenständlichen Abgabenverfahren eine unzuständige Behörde eingeschritten sei, erweist sich daher als verfehlt.
Da somit der behauptete Beschwerdegegenstand (Einschreiten einer unzuständigen Behörde) gar nicht vorliegt, war die Beschwerde schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen".
Selbst wenn man aber von der Behauptung des Beschwerdeführers ausginge, daß die bekämpften Handlungen von einer rechtlich nicht existenten Behörde gesetzt worden seien, wäre die Beschwerde zurückzuweisen gewesen, da die bekämpften Handlungen dann nicht als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert werden könnten.
Gegen diesen Zurückweisungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm gerügt werden. Das Auftreten der Großbetriebsprüfung stütze sich auf die Dienstanweisung Betriebsprüfung, aus deren Abschnitt 1.7 Abs4 und 5 insbesondere hervorgehe, daß diese Einrichtung weitgehend - wenn auch nicht immer - im eigenen Namen selbständig handle, da dem Leiter des Finanzamtes ihr gegenüber kein Weisungsrecht zustehe. So habe sie hoheitliche Verfügungen, Ladungen, Verhandlungen und die Betriebsprüfung selbst durchgeführt und eine Besprechung abgehalten, ohne daß der Leiter der Amtshandlung mit einem Prüfungs- oder Nachschauauftrag versehen gewesen sei. Der mit einem solchen Auftrag versehene Revident V sei nur in untergeordneter Funktion beteiligt gewesen. Schon der Prüfungs- und Nachschauauftrag an einen nicht im Dienste des Finanzamtes Tätigen oder an eine andere Behörde als solche bedürfe einer gesetzlichen Grundlage. Die Dienstanweisung richte die Großbetriebsprüfung geradezu als selbständige Behörde ein. Unter Anwendung dieses gesetzwidrigen Erlasses sei somit eine unzuständige Behörde eingeschritten.
Gegen hoheitliches Einschreiten solcher Art müsse eine Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat zulässig sein.
2. Der belangte Verwaltungssenat hat über Einladung des Verfassungsgerichtshofes, darzutun, aufgrund welcher Tatsachen und Rechtsakte er zu seiner Rechtsauffassung komme, die Verwaltungsakten vorgelegt und unter Bekräftigung seiner Ansicht auf den Prüfungs- und Nachschauauftrag (Auftragsbuch GBP Nr. 348/88) des Finanzamtes für Körperschaften vom 23. März 1988, erteilt an "Rev. R
V (FA I, Gr.Bp)", verwiesen. Im Zeitpunkt der Erteilung des Prüfungs- und Nachschauauftrages sei die Großbetriebsprüfung nämlich noch eine Abteilung des Finanzamtes für den 1. Bezirk gewesen. Zufolge des erteilten Auftrages seien ihre Handlungen aber (ungeachtet der seitherigen Ausgliederung aus dem Finanzamt am Sitz der Finanzlandesdirektion) dem Finanzamt für Körperschaften zuzurechnen. Da der Beschwerdeführer die Beschwerde nur unter dem Gesichtspunkt einer nicht vom Gesetz eingerichteten Behörde erhoben habe, sei auf diesen Umstand nicht (weiter) einzugehen gewesen. Sonst hätte der Verwaltungssenat zu prüfen gehabt, ob die Betriebsprüfung im Rahmen eines abgabenbehördlichen Administrativ- oder aber eines Strafverfahrens vorgenommen wurde, da er zur Prüfung von Bescheiden im Finanzstrafverfahren des Bundes nicht zuständig sei.
Was die Leitung der Amtshandlung betreffe, sei Dr. K als Gruppenleiter der Großbetriebsprüfung Wien tätig und könne "daher bei Prüfungsaufträgen ohne weiteres neben dem jeweiligen Sachbearbeiter teilnehmen".
II. Aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen beschlossen, die Gesetzmäßigkeit näher genannter Teile der "Dienstanweisung Betriebsprüfung" zu prüfen. Es sind dies
Abschnitt 1.4.1 Abs2,
die Klammerausdrücke "(von der Großbetriebsprüfung)" in Abschnitt 1.4.2.2 Abs5 und "(der zuständigen Großbetriebsprüfung)" in Abschnitt 1.4.2.3 Abs1, Abschnitt 1.7 Abs4,
der zweite Satz in Abschnitt 1.7 Abs5,
Abschnitt 4.17 und Abschnitt 5.3.5 Abs2 und 3.
1. Der Gerichtshof ist vorläufig davon ausgegangen, daß er bei Erledigung der Beschwerde zu prüfen hätte, wem die beim Unabhängigen Verwaltungssenat bekämpften Akte zuzurechnen sind, und zu diesem Zweck jene Teile der Dienstanweisung Betriebsprüfung anzuwenden hätte, welche die Stellung der Großbetriebsprüfung näher bestimmen. Sie stehen in folgendem Zusammenhang:
Abschnitt 1.4.1 teilt die Zuständigkeit zur Betriebsprüfung auf die als Abteilung des Finanzamtes eingerichtete Amtsbetriebsprüfung (Abs1) und die - gemäß des Erlasses über ihre Ausgliederung aus den Sitz-Finanzämtern (vom 19. Juli 1990, GZ 020003/8 IV/2/90) dem Finanzamt gleichgestellte und wie dieses unmittelbar der Finanzlandesdirektion untergeordnete ("in der Reihe der Finanzämter als eigene Dienststelle" aufscheinende) - Großbetriebsprüfung (Abs2) wie folgt auf:
"(2) Die GroßBP ist grundsätzlich für die Prüfung der Großbetriebe des Amtsbereiches der Finanzlandesdirektion zuständig, in deren Bereich sie ihren Sitz hat."
Abschnitt 1.4.2.2 ordnet im ersten Satz des Abs5 an:
"(5) Die Prüfungsverfahren sind möglichst von dem Finanzamt (von der Großbetriebsprüfung) durchzuführen, in dessen Bereich der wirtschaftliche Schwerpunkt, die Geschäftsleitung oder der organisatorische Mittelpunkt der verbundenen Fälle liegt. ..."
Abschnitt 1.4.2.3 sieht in Abs1 vor:
"(1) Ist die Durchführung eines Prüfungsverfahrens durch Organe des örtlich zuständigen Finanzamtes (der zuständigen GroßBP), zB aus Gründen der Befangenheit, nicht zielführend oder aus personellen Gründen nicht möglich, kann die Prüfung auch Organen eines anderen Finanzamtes übertragen werden (Nachbarschaftshilfe)."
Abschnitt 1.7 ("Weisungsverhältnisse") spricht aus, daß sich Weisungsrecht und Weisungsgebundenheit grundsätzlich aus dem hierarchischen Aufbau der Abgabenbehörden und dem konkreten Geschäftsverteilungsplan ergeben und geht auf die Großbetriebsprüfung in Abs4 wie folgt ein:
"(4) Für die Abgrenzung der Weisungsverhältnisse zwischen dem sachlich und örtlich zuständigen Finanzamt und der Großbetriebsprüfung gilt:
Sachverhaltsermittlung:
Die Groß-BP ist für die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens - Auswahl und Zuteilung der Prüfungsfälle, Setzung der Prüfungsschwerpunkte und Bestimmung der Prüfungsintensität, Wahl der Prüfungsmethoden und der Prüfungsmaßnahmen - ausschließlich verantwortlich.
Das Finanzamt kann im Zusammenhang mit der Ausstellung des Prüfungsauftrages Anregungen hinsichtlich der Prüfung bestimmter Prüffelder erteilen.
Weitere Prüfungshandlungen kann das Finanzamt nur zur Klärung des Sachverhalts, der einer in Aussicht genommenen Prüfungsfeststellung zugrundegelegt werden soll, verlangen.
Rechtliche Würdigung:
Aufgrund der festgestellten Sachverhalte hat die Groß-BP die rechtliche Würdigung vorzunehmen.
Ergeben sich zwischen dem zuständigen Finanzamt und der Groß-BP Auffassungsunterschiede, so ist eine einvernehmliche Rechtsauslegung anzustreben.
Kann eine einvernehmliche Lösung nicht gefunden werden, so ist in der Schlußbesprechung und im BP-Bericht die Rechtsansicht des Finanzamtes zugrundezulegen. In diesem Fall hat das Finanzamt die Begründung für die rechtliche Würdigung der Prüfungsfeststellung beizubringen. In den Aktenvermerk (Abschn. 5.8.3) ist ein Hinweis auf die abweichende Rechtsmeinung der Groß-BP aufzunehmen. Sind die Auswirkungen der unterschiedlichen Rechtsauslegung von großer Bedeutung (zB: weil dadurch von der allgemeinen Rechtsauslegung abgewichen würde oder hinsichtlich der steuerlichen Folgen), kann die Groß-BP - vor der Schlußbesprechung - die Rechtsmeinung der FLD einholen."
Dieser Abgrenzung ist noch folgende Bestimmung angefügt (von der allerdings nur der zweiten Satz in Prüfung gezogen ist):
"(5) Schriftstücke mit Bescheidcharakter (zB Androhung bzw. Festsetzung von Zwangsstrafen), die im Rahmen der Prüfungshandlungen anfallen, sind im Namen des zuständigen Finanzamtes zu erlassen. Die Approbation ist in diesen Fällen stets vom Vorstand des zuständigen Finanzamtes an die Gruppenleiter der Großbetriebsprüfung delegiert."
Abschnitt 4.17 gebietet die Information des Vorstandes des zuständigen Finanzamtes mit folgender Maßgabe:
"(1) Nach Abschluß der Prüfungshandlungen der Groß-BP ist mit der Amtsleitung des sachlich und örtlich zuständigen Finanzamts zur Klärung, ob der Fall von der Groß-BP in eigener Verantwortung abgeschlossen werden kann oder ob vor der Schlußbesprechung eine Information zu erteilen ist, (telefonisch) Kontakt aufzunehmen. Der Vorstand kann die Informationspflicht einschränken.
(2) Bei koordinierter Prüfung verbundener Fälle ist analog vorzugehen."
Abschnitt 5.3.5 regelt die Leitung und Durchführung der Schlußbesprechung und nimmt dabei auf die Großbetriebsprüfung folgenderweise Bezug:
"(2) Nimmt der Vorstand des sachlich und örtlich zuständigen Finanzamtes an einer Schlußbesprechung der Groß-BP teil (Hinweis auf Abschn. 5.3.3), so obliegt dem ranghöchsten Funktionsträger (Vorstand des Finanzamtes oder Funktionär der Groß-BP) die Leitung der Amtshandlung.
(3) Der Vorstand des örtlich und sachlich zuständigen Finanzamtes kann die Großbetriebsprüfung im Rahmen der an ihn erfolgten Information ermächtigen, die Schlußbesprechung in eigener Verantwortung durchzuführen."
2. Seine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen hat der Gerichtshof dahin formuliert, daß sie
"in ihrem Zusammenhalt die organisatorisch selbständige Einrichtung Großbetriebsprüfung zu einer auch sachlich selbständig auftretenden Dienststelle machen, die lediglich in Schriftstücken mit Bescheidcharakter im Namen des zuständigen Finanzamtes aufzutreten hat (Abschnitt 1.7 Abs5), obwohl das zuständige Finanzamt selbst auf diese Akte inhaltlich keinen Einfluß hat (weil die Approbation schon kraft Dienstanweisung an den Gruppenleiter der Großbetriebsprüfung delegiert ist) und die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens der dafür ausschließlich verantwortlichen Großbetriebsprüfung obliegt, während das Finanzamt insgesamt auf Anregungen hinsichtlich der Prüffelder beschränkt ist (Abschnitt 1.7 Abs4). Selbst der dem zuständigen Finanzamt vorbehaltene Prüfungsauftrag ist von der Großbetriebsprüfung auszustellen und dem Vorstand des zuständigen Finanzamtes nur zur Zeichnung vorzulegen (Abschnitt 3.1.2), die offenbar gleichfalls nur die Form wahren kann, da ausschließlich die Großbetriebsprüfung zu dieser Amtshandlung 'zuständig' ist und sie andernfalls unterbleiben müßte (Abs1.4.1 Abs2). Demgemäß werden auch die Organe der Betriebsprüfung als solche den Organen des Finanzamtes gegenübergestellt (z.B. auch in Abschnitt 1.4.2.3 Abs1). Selbst wenn der Vorstand des sachlich und örtlich zuständigen Finanzamtes an einer Schlußbesprechung der Großbetriebsprüfung teilnimmt, kommt einem ranghöheren Funktionär der Großbetriebsprüfung die Leitung der Amtshandlung zu (Abschnitt 5.3.5 Abs2), und der Vorstand des Finanzamtes kann die Großbetriebsprüfung im Rahmen der ihm (nach Abschnitt 4.17) erteilten Information sogar ermächtigen, als solche die Schlußbesprechung in eigener Verantwortung durchzuführen (Abschnitt 5.3.5 Abs3) und den Fall abzuschließen (Abschnitt 4.17 Abs1).
Damit scheint dem Verfassungsgerichtshof ungeachtet der Etikettierung als bloß 'innerorganisatorische Ausgliederung' (in dem die Ausgliederung verfügenden Erlaß) eine Behörde eigener Art eingerichtet worden zu sein, die organisatorisch selbständig und nur der (für eine Betriebsprüfung nicht zuständigen) Finanzlandesdirektion unterstellt ist und in sachlicher Hinsicht nach Erwirken eines förmlichen Prüfungsauftrages des jeweils zuständigen Finanzamtes weitgehend unabhängig vom Willen dieses Finanzamtes agiert. Genau dies dürfte auch die Absicht gewesen sein, die mit der 'Verselbständigung der Großbetriebsprüfung' verfolgt werden sollte (vgl. Koller, ÖStZ 1991, 61 f und 1992, 4 ff).
Es scheint jedoch, daß die Einrichtung einer solchen behördenartigen Dienststelle einer gesetzlichen Grundlage bedarf und eine solche gesetzliche Grundlage nicht besteht. Außerdem dürfte für die Einrichtung einer solchen Dienststelle im Verordnungsweg deren Kundmachung im Bundesgesetzblatt erforderlich sein."
3. Der Bundesminister für Finanzen macht in seiner Äußerung geltend, daß weder das B-VG noch die Bundesabgabenordnung (BAO) oder das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz (AVOG) Bestimmungen über die innere Organisation der Finanzämter bzw. darüber enthielten, welcher Organwalter sich diese bei Besorgung ihrer Aufgaben zu bedienen haben, und rechtfertigt seine Vorgangsweise folgendermaßen:
"... Eine Behörde kann sich eines Beamten bei der Besorgung ihrer Aufgaben auch dann bedienen, wenn er ihr dienstrechtlich nicht zugeordnet ist. Die Abgabenbehörden können beispielsweise sogenannte Amtssachverständige (die nicht der zuständigen Behörde angehören) aber auch (außenstehende) Sachverständige im Ermittlungsverfahren einsetzen (§§177 ff BAO).
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) geht daher grundsätzlich davon aus, daß nicht nur Organwalter (Betriebsprüfer) des sachlich und örtlich zuständigen Finanzamts mit der Durchführung von abgabenbehördlichen Prüfungen beauftragt werden dürfen, daß aber jeder hoheitliche Akt eindeutig einer bestimmten Abgabenbehörde zugeordnet sein muß.
Die Erteilung des Prüfungsauftrages kann in Anlehnung an die Verwaltungslehre (vgl. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 310 f) als Mandat betrachtet werden. Das Prüfungsorgan ist dem zuständigen Finanzamt zwar nicht dienstrechtlich unterstellt, wohl aber für den Prüfungsfall zugeordnet (s. auch Ausführungen zu Abschn. 1.7 Abs4 DBP). Die Literatur zur BAO geht ebenfalls davon aus, daß der Auftrag zur Durchführung einer Betriebsprüfung auch einem Organwalter erteilt werden kann, welcher der zuständigen Behörde nicht dienstrechtlich unterstellt ist. Durch die Erteilung des Prüfungsauftrages, der ein Bescheid ist, wird nämlich die Zuständigkeit des auftragerteilenden Finanzamts nicht berührt (so Stoll im Handbuch zur Bundesabgabenordnung S 348f zu §147: Durch den Prüfungsauftrag ((§148 Abs2)), den der Prüfer bei Beginn der Prüfung vorzuweisen hat, wird das Prüfungsorgan erkennbar für das Finanzamt tätig, das den Auftrag erteilt hat. Seine Handlungen sind damit dem im Prüfungsauftrag ausgewiesenen Finanzamt zuzurechnen; allein danach beurteilt sich die Einhaltung der Vorschriften über die sachliche und örtliche Zuständigkeit ((vgl. zB VwGH 22.4.1975, 1213/73)); somit wird der Prüfer der Partei gegenüber nicht als Organ einer bestimmten Prüfungs-Organisationseinheit, sondern als Organ des Finanzamtes tätig, das ihn zur Vornahme der Prüfung beauftragt; in ähnlicher Weise äußert sich Stoll zu §148). Die gesetzliche Grundlage für die Berechtigung zur Erteilung dieses Mandats bildet nach Auffassung des BMF §148 BAO. Der Prüfungsauftrag wird immer einem bestimmten Organ(walter) und nicht der Einrichtung Groß-BP erteilt. Die Stellung des Betriebsprüfers im Ermittlungsverfahren wird bereits anläßlich der Schaffung der Organisationseinheit Betriebsprüfung im Jahr 1946 (Erl. d. BMF vom 18. Jänner 1946, Zl. 1907-7/46, s. Beilage 1) mit der eines internen Sachverständigen verglichen. Auch der VwGH geht in seiner Rechtsprechung offensichtlich von dieser Sicht aus, weil in den Erkenntnissen laufend Formulierungen zu finden sind, wie: 'Anläßlich einer umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest... Das Finanzamt schloß sich den Feststellungen des Prüfers im gemäß §151 Abs3 BAO erstatteten Bericht an und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren einen Bescheid ...' (zuletzt: VwGH 15.12.1992, Zl 89/14/0155, 12.1.1993, Zl 89/14/0216, 12.1.1993 89/14/0188).
Die organisatorische Trennung in Amtsbetriebsprüfung und Großbetriebsprüfung wurde vom Ansatz her bereits im Zuge der Schaffung einer Betriebsprüfung als organisatorische Einheit (i.S. von Zuordnung bestimmter Funktionen zu einer Organeinheit) innerhalb der Finanzverwaltung im Jahr 1946 (Hinweis auf den oben zitierten Erlaß des BMF) vorgenommen. Die Betriebsprüfung war zu dieser Zeit den Geschäftsabteilungen für Steuerverwaltung bzw. Steuerinspektion angegliedert. Im Jahr 1956 (Erl.d.BMF vom 29.11.1956, Zl. 168.241-7a/1956 und 168.240-7a/1956, s. Beilagen 2 und 3) erfolgte die Ausgliederung aus den Finanzlandesdirektionen und Bildung von 'Stamm-Betriebsprüfungsstellen' bei den Finanzämtern am Sitz der Finanzlandesdirektionen.
Maßgebliche Grundlage der Überlegungen, welche zur Bildung einer eigenen Organisationseinheit 'Großbetriebsprüfung' geführt haben, ist vor allem der in §114 BAO enthaltene Gesetzesauftrag, die gleichmäßige Anwendung der Abgabengesetze zu gewährleisten, sowie die Erkenntnis, daß die Komplexität der wirtschaftlichen Abläufe, deren Spiegelbild die abgabenrechtlichen Tatbestände sind, vor allem bei großen und größten Betrieben Kenntnisse und Erfahrungen der branchenspezifischen Vorgänge in den Betrieben erfordert. Dazu ist aber die Konzentration der personellen Kräfte und die organistorische Zusammenfassung der dazu geeigneten und besonders ausgebildeten Prüfungsorgane erforderlich. In der jüngeren Vergangenheit ist infolge der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung die Notwendigkeit des Einsatzes von Spezialisten für bestimmte Gebiete (EDV, Prüfung bei Auslandsbeziehungen und Konzernprüfung) dazugekommen.
Die personelle und organistorische Ausgliederung und Bildung der Einrichtung 'Großbetriebsprüfung' ist vor allem in verwaltungsinternen Überlegungen begründet (Ausbildung des Prüfernachwuchses und gezielte Anhebung der fachlichen Qualität der Prüfungsorgane sowie Rationalisierung der Prüfungsverfahren) und ist unabdingbares Erfordernis einer zweckmäßig eingerichteten, funktionierenden Finanzverwaltung. Die Rechtsstellung der Abgabepflichtigen bzw. Parteien wird dadurch in keiner Weise berührt, weil in die Kompetenz der sachlich und örtlich zuständigen Abgabenbehörde nicht eingegriffen wird. Die abgabenrechtlichen - insbesondere die verfahrensrechtlichen - Vorschriften kommen unabhängig davon zur Anwendung, welchem Organwalter der Prüfungsauftrag erteilt wird. Der Rechtsschutz ist im vollen Umfang gewährleistet."
Die Regelung über die Zuständigkeit (Abschnitt 1.4.1 Abs2) beträfe nur die Aufgabenverteilung innerhalb der Behörde; in diesem Sinne sei auch die Gegenüberstellung von Finanzamt und Großbetriebsprüfung (durch die Klammerausdrücke in den Abschnitten 1.4.2.2 Abs5 und 1.4.2.3 Abs1) zu verstehen; mit der Erteilung des Prüfungsauftrages werde der Betriebsprüfung sinnvollerweise auch die Verantwortung für die Sachverhaltsermittlung übertragen (Abschnitt 1.7 Abs4), wobei die verfügte Ausschließlichkeit in zweierlei Hinsicht durchbrochen werde:
"... Das Finanzamt kann anläßlich der Erteilung des
Prüfungsauftrages Anregungen hinsichtlich der Prüfung bestimmter
Prüffelder geben. Die Formulierung ...Anregungen... wurde
gewählt, weil die Prüfungsverfahren seit Inkrafttreten der DBP
(1. Juli 1988) im Sinne des Grundsatzes der Sparsamkeit der
Verwaltung als Schwerpunktprüfungen und nicht als Vollprüfungen
durchzuführen sind. Im Regelfall wird nur das Prüfungsorgan
selbst die Prüffelder - Schwerpunkte - festlegen können. Das
Finanzamt (der Amtsvorstand) hat die Möglichkeit in die Ermittlung
einzugreifen, wenn er im Rahmen der Information über die
vorgesehenen Prüfungsfeststellungen zur Auffassung kommt, daß der
Sachverhalt zu einer Prüfungsfeststellung noch nicht genügend
geklärt ist. Er bleibt damit auch hinsichtlich der
Sachverhaltsermittlung 'Herr des Verfahrens'."
In der Vornahme der rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhaltes durch die Großbetriebsprüfung könne keinesfalls eine Einschränkung der Zuständigkeit der Abgabenbehörde gesehen werden,
"weil das Finanzamt im weiteren die Möglichkeit hat, seine allenfalls abweichende Rechtsmeinung durchzusetzen. Die Möglichkeit der Einschränkung durch eine allfällige Weisung im Wege der Finanzlandesdirektion liegt im Wesen des Behördenaufbaues der Finanzverwaltung und ist auch gesetzlich geregelt (§2 AVOG)".
Durch die Bestimmung über die Approbationsbefugnis (Abschnitt 1.7 Abs5 zweiter Satz) komme
"im besonderen die Mandatserteilung durch das sachlich und örtlich zuständige Finanzamt zum Ausdruck. Durch ergänzende Weisungen zu dieser Bestimmung wurde bereits geklärt, daß darunter Schriftstücke zu verstehen sind, die den Verkehr mit den Parteien und Parteienvertretern betreffen. Die Großbetriebsprüfung tritt nur im internen (organisatorischen und dienstrechtlichen) Verkehr als selbständige Organisationseinheit auf. Die Bestimmung des 2. Satzes stellt lediglich den Hinweis darauf dar, daß mit dem Prüfungsauftrag das Mandat zur Setzung hoheitlicher Akte, die im Zusammenhang mit dem Prüfungsauftrag anfallen, verbunden ist."
Gleiches gelte in bezug auf die Pflicht zur Information des Vorstandes des zuständigen Finanzamtes nach Abschluß der Prüfungshandlungen (Abschnitt 4.17), während mit der Regelung über die Leitung der Schlußbesprechung (Abschnitt 5.3.5) nur die Courtoisie im Verhältnis eines höherrangigen Funktionärs der Großbetriebsprüfung zu einem niederrangigen Funktionär des Finanzamtes gewahrt werden solle.
Sodann bezieht der Bundesminister zu den vorläufigen Schlußfolgerungen des Verfassungsgerichtshofes wie folgt Stellung:
"Der Begriff Dienststelle ist weder im B-VG noch im AVOG geregelt. Nach der in der Verwaltungslehre gängigen Definition ist Dienststelle eine planmäßige, rechtlich geregelte, von einer physischen Person unabhängige Stelle, die zur Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben berufen ist (s. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 308). Nach dieser Definition wäre die organisatorische Einrichtung 'Großbetriebsprüfung' tatsächlich als Dienststelle zu bezeichnen. Dienststellen sind gemäß §241 Beamtendienstrechtsgesetz Behörden, Ämer und andere Verwaltungsstellen sowie die Anstalten und Betriebe des Bundes, die nach ihrem organistorischen Aufbau eine verwaltungs- oder betriebstechnische Einheit darstellen. Die rechtliche Regelung der organisatorischen Einrichtung 'Großbetriebsprüfung' ist durch die Verwaltungsanordnungen (Erlässe) des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 19.7.1990 GZ 02 1820/1-IV/2/90 und GZ. 02 0003/8-IV/2/90 (Akten liegen bei) erfolgt. Das BMF ist aufgrund des Bundesministeriengesetzes §2 Anlage 2 für organisatorische Angelegenheiten der Abgabenverwaltung des Bundes zuständig.
Dagegen ist Behörde eine mit Imperium - Kompetenz zu rechtsetzenden oder zu Zwangsakten (vgl. Merkl, Verwaltungsrecht 306) - ausgestattete Dienststelle. Die Großbetriebsprüfungen sind aber nicht mit eigenem Imperium ausgestattet, sondern üben ihre Tätigkeit ausschließlich im Auftrag und im Namen der sachlich und örtlich zuständigen Finanzämter aus. Das findet seinen Niederschlag vor allem in den Bestimmungen über den Prüfungsauftrag (§148 BAO) sowie in der DBP Abschn. 3.1.2 Abs2: Der Prüfungsauftrag ist vor Beginn der Betriebsprüfung nach den Angaben des Betriebsprüfers (auch für die Großbetriebsprüfung) in der örtlich zuständigen (Amts)BP-Abteilung ... auszustellen und dem zuständigen Gruppenleiter (in der Großbetriebsprüfung dem Vorstand des zuständigen Finanzamtes) zur Zeichnung vorzulegen.
Der Prüfungsbericht, der gemäß §150 BAO (bzw. gemäß §151 Abs3 BAO) zu erstatten ist, ist kein Bescheid; es handelt sich um die besondere Form eines finanzamtlichen Aktenvermerks (vgl. Reeger-Stoll, Bundesabgabenordnung S 524 zu §150 BAO). Die Bescheiderlassung selbst wird aber vom zuständigen Finanzamt (Approbation durch den Amtsvorstand) vorgenommen. Das Finanzamt kann vom Prüfungsbericht auch abweichen.
Der VfGH ist auch in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, daß es interne Organisationseinheiten - Dienststellen - geben kann, die nicht als selbständige Behörden auftreten. So hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1987, G78/87 festgestellt, daß die Bundeskellereiinspektoren nicht als selbständige Bundesbehörden zu qualifizieren sind. Ausschlaggebend für dieses Erkenntnis scheint gewesen zu sein, daß aufgrund einer Zurechnungsregel (§37 Abs1 Weingesetz) die Bundeskellereiinspektoren ausschließlich für den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft handeln. Wegen der Existenz dieser Zurechnungsregel könne von einer 'Übertragung' von hoheitlichen Aufgaben an die Bundeskellereiinspektoren also nicht gesprochen werden. Diese würden nur als Teil des dem Bundesminister zugeordneten Hilfsapparats Bundesministerium handeln. Das Verhältnis zwischen den sachlich und örtlich zuständigen Finanzämtern und den Großbetriebsprüfungen ist insofern gleichgeartet, als die Handlungen der Großbetriebsprüfung, wie auch aus den Bestimmungen der BAO - §147, insbesondere aber §148 - hervorgeht, der zuständigen Behörde - dem Finanzamt - zuzurechnen sind."
Aufgrund der ergänzenden Weisungen ergingen übrigens nahezu alle Schriftstücke der Großbetriebsprüfung, die an Parteien und Parteienvertreter gerichtet sind (und nicht etwa nur Schriftstücke mit Bescheidcharakter) im Namen des zuständigen Finanzamtes. Die "Ausstellung" des Prüfungsauftrages sei schließlich eine bloß vorbereitende Tätigkeit, die zudem ohnedies von der Amtsbetriebsprüfung vorzunehmen sei, die den Steuerakt führe.
Der Bundesminister kommt daher zum Schluß,
"daß die Großbetriebsprüfungen zwar Dienststellen aber keine Behörden sind, weil sie kein Imperium haben und somit keine hoheitlichen Akte im eigenen Namen setzen; eine gesetzliche Regelung dieser Organisationseinheiten ist daher nicht erforderlich. Das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch das Tätigwerden der Großbetriebsprüfungen nicht verletzt, weil die Handlungen der Großbetriebsprüfungen den sachlich und örtlich zuständigen Abgabenbehörden zuzurechnen sind.
Die Kundmachung der Verwaltungsanordnungen, mit denen die Großbetriebsprüfungen als eigene Dienststellen eingerichtet worden sind und die Ablauforganisation geregelt wird, im Bundesgesetzblatt war nicht erforderlich, weil durch diese Verwaltungsanordnungen in keiner Weise in Rechte oder Pflichten der Parteien eingegriffen worden ist",
und beantragt, das Verordnungsprüfungsverfahren einzustellen, im Falle der Aufhebung von Bestimmungen aber eine Frist von sechs Monaten, und wenn gesetzliche Vorkehrungen erforderlich sind, eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.
III. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist zulässig. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes sind begründet.
1. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens ist in Anbetracht des Umstandes, daß der Beschwerdeführer im Anlaßfall nicht etwa ein in seiner Rechtsstellung betroffener Organwalter ist, daß es sich um eine Rechtsverordnung, also um eine Norm handelt, die nicht nur Rechte und Pflichten von Organwaltern regelt, sondern auch Rechtswirkungen für die Allgemeinheit entfaltet (vgl. zB VfSlg. 12286/1990 und die dort genannte Rechtsprechung). Auch die vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Bedenken können nur zutreffen, wenn diese Voraussetzung gegeben ist. Die Zulässigkeit des Verfahrens entscheidet sich insoweit mit der Sachentscheidung, sodaß beide Gesichtspunkte unter einem geprüft werden können.
2. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, kann die innere Einrichtung der Behörde, ihre Gliederung in Sektionen, Abteilungen usw. durch interne Verwaltungsmaßnahmen geregelt werden (VfSlg. 3662/1959, 3993/1961, 5978/1969). Dagegen ist die Behördenzuständigkeit entweder im Gesetz selbst zu regeln oder so festzulegen, daß sie in verfassungsrechtlich zulässiger Weise auf ein Gesetz zurückgeführt werden kann (vgl. jüngst V 254-258, 262/91 vom 6. März 1992).
Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die durch Erlaß aus 1990 aus den Finanzämtern ausgegliederten Großbetriebsprüfungsabteilungen lediglich innerorganisatorisch als selbständige Dienststellen errichtet wurden oder ob durch die ihre Tätigkeit regelnde "Dienstanweisung Betriebsprüfung" - zumindest teilweise - auch selbständige Zuständigkeiten begründet wurden. Der Verfassungsgerichtshof hat seine Bedenken, daß mit der Dienstanweisung eine behördenartige, nicht nur organisatorisch selbständige, sondern auch sachlich selbständig auftretende Dienststelle eingerichtet wurde, der Summe der in Prüfung gezogenen Bestimmungen und der mit der Verselbständigung der Großbetriebsprüfung verbundenen Absicht entnommen. Die Einzelheiten der Regelung der Aufgaben und des Auftretens der Großbetriebsprüfung und das verfolgte Ziel sind deshalb von Bedeutung, weil es sich eben gerade nicht um Gliederungen (Abteilungen) innerhalb des Finanzamtes handelt, sondern um eine organisatorisch vom Finanzamt verschiedene, zur Besorgung der Aufgaben mehrerer Finanzämter bestimmte Einrichtung, deren Qualifikation als bloßer Hilfsapparat des jeweils zuständigen Finanzamtes davon abhängt, daß er auch tatsächlich als solcher auftritt und ein solcher ist.
Die im Prüfungsbeschluß dargelegten Bedenken gehen nämlich dahin, daß die Großbetriebsprüfung in Wahrheit nicht nur ein dem Finanzamt untergeordneter Hilfsapparat, sondern vielmehr eine dem Finanzamt gegenübertretende und auch nach außen hin mit einiger Selbständigkeit auftretende Dienststelle ist. Sie werden gestützt durch die literarische Aufbereitung der verfolgten Absichten bei Koller (Zur "Verselbständigung der Großbetriebsprüfung", ÖStZ 1991, 61 ff), wo es heißt, daß
"sich bei den Finanzämtern eine Schicht von jungen, gut ausgebildeten und damit selbstbewußten Fachbereichsleitern ... etabliert (hat), die insbesondere bei der rechtlichen Entscheidung ... der Großbetriebsprüfung zunehmend den Rang abgelaufen hat. Der Großbetriebsprüfer muß sich im derzeit geltenden Organisationssystem dem Finanzamt unterordnen - auch dann, wenn das einzelne Finanzamt gegen die gleichmäßige Auslegung innerhalb einer FLD verstößt. In vielen Betriebsprüfungsberichten mußte eine Auslegung vertreten werden, die nicht der Rechtsansicht der (Groß-)Betriebsprüfung entsprach. Das motiviert nicht."
und später (S. 62):
"Im hierarchischen Aufbau des Verwaltungsapparates müssen Ecken entstehen, wenn eine organisatorische Einheit zwar der Ebene der ersten Instanz - der Finanzämter - zugeordnet ist, örtlich aber für den Bereich tätig werden soll, den die zweite Instanz - die FLD - abdeckt - und ihr dazu als vornehmste Aufgabe die Durchsetzung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung im FLD-Bereich zugedacht ist."
Die Großbetriebsprüfung solle daher
"in aufbauorganisatorischer, dienstrechtlicher, aber auch ablauforganisatorischer/verfahrensrechtlicher Hinsicht so weit wie möglich verselbständigt werden".
So sollten die Großbetriebsprüfungsabteilungen nicht nur "hinsichtlich ihrer Struktur zur Gänze von der Einflußnahme des (früheren) Sitzfinanzamtes losgelöst" werden, sondern es soll durch die Umbenennung und Weglassung des Hinweises auf die Eingliederung in ein Finanzamt "auch nach außen die Verselbständigung deutlich" werden.
In ablauforganisatorisch/verfahrensrechtlicher Hinsicht soll die Sachverhaltsermittlung
"in die Zuständigkeit der Groß-BP fallen; das örtlich zuständige Finanzamt sollte nur bedingten Einfluß auf die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens (in Form von Anregungen) nehmen können. Jedenfalls sollten die Auswahl der Prüffelder, die Anordnung der Prüfungshandlungen, die Wahl der einzusetzenden Prüfungsmaßnahmen und insbesondere die Prüfungsintensität ausschließlich von der Groß-BP bestimmt werden".
Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluß davon ausgegangen, daß der in Prüfung gezogene Erlaß eben diese Absichten verwirklicht.
Nun ist jedoch die Frage, in welcher Eigenschaft die organisatorisch selbständige Dienststelle Großbetriebsprüfung einschreitet, nicht nur eine Frage bescheidförmiger Erledigungen (Abschnitt 1.7.5), sondern ihres gesamten Auftretens. Jede Betriebsprüfung ist als solche potentiell Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt, deren Duldung oder Befolgung gegebenenfalls erzwungen wird (vgl. Abschnitt 1.12 des Erlasses).
Das Auftreten als Organ des - allein zuständigen - Finanzamtes darf aber keine bloße Fiktion sein. Die Amtshandlung kann nur dann dem Finanzamt zugeordnet werden, wenn das Finanzamt in allen Stadien für den Steuerpflichtigen erkennbar Herr des Verfahrens bleibt. Gewiß darf der Leiter des als monokratische Behörde eingerichteten Finanzamtes den Organen der mit der Betriebsprüfung betrauten Großbetriebsprüfung die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens und die (vorläufige) rechtliche Würdigung überlassen und Approbation erteilen. Aber er bleibt nur dann Herr des Verfahrens, wenn er von Amts wegen oder über Anregung eines Verfahrensbeteiligten jederzeit in das Ermittlungsverfahren eingreifen, die rechtliche Würdigung an sich ziehen und die Approbationsbefugnis zurücknehmen kann. Denn nur dann kann das Verhalten der Organe der Großbetriebsprüfung der Behörde Finanzamt wirklich zugerechnet werden und diese auch die Verantwortung für dieses Verhalten tragen. Mit anderen Worten: Die Behörde, an die sich der Rechtsunterworfene förmlich und in der Sache zu wenden hat, weil sie das Verhalten ihrer Organe steuern kann und verantwortet, muß das Finanzamt sein. Nur dann bleibt die Großbetriebsprüfung bloßer Hilfsapparat dieses Finanzamtes und ihre nähere organisatorische Einrichtung eine interne Frage der Verwaltung.
Der "Dienstanweisung Betriebsprüfung" liegt jedoch ein anderes Konzept zugrunde. Demnach ist die Großbetriebsprüfung selbst ausschließlich für die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens verantwortlich, während das Finanzamt nur Anregungen im Zusammenhang mit der Ausstellung des Prüfungsauftrages erteilt und gegebenenfalls weitere Prüfungshandlungen verlangen kann. Von diesen Ausnahmen abgesehen bestehen keine Weisungsmöglichkeiten. Demgemäß kann die durch den Erlaß erteilte Approbation auch vom Vorstand des Finanzamtes nicht zurückgenommen werden. Dieser kann auch die Schlußbesprechung nicht an sich ziehen, weil er nur informiert werden muß und an der Schlußbesprechung der Großbetriebsprüfung zwar teilnehmen kann, dabei aber nicht einmal immer als Leiter der Amtshandlung auftreten darf. Auch bei der rechtlichen Würdigung fungiert die Großbetriebsprüfung nicht nur als Hilfs-, sondern in erheblichem Maß als Kontrolleinrichtung, die eine gegenüber dem Finanzamt selbständige Rolle in eigener Verantwortung wahrnimmt. Die dem Finanzamt organisatorisch nicht eingegliederte Betriebsprüfung kann das Verfahren daher weitgehend selbständig ohne Einflußmöglichkeit des Leiters des Finanzamtes oder des von diesem mit Entscheidungsbefugnis ausgestatteten und ihm organisatorisch untergeordneten Organwalters durchführen.
Unter diesen Umständen gewinnen jene in Prüfung gezogenen Teile des Erlasses eine dem Sinn des Wortes entsprechende Bedeutung, die von der "Zuständigkeit" zur Prüfung sprechen. In ihrer Gesamtheit konstituieren diese Vorschriften nämlich wohl zwar keine eigene Behörde, aber doch eine Dienststelle mit teilweise behördenartigem Charakter, die, wenn sie einmal mit einem Prüfungsauftrag des Finanzamtes versehen ist, unabhängig von diesem handelt und - wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt wurde - im wesentlichen nur in Schriftstücken mit Bescheidcharakter im Namen des zuständigen Finanzamtes auftritt.
3. Soweit sich der Bundesminister für Finanzen für die getroffene Lösung auf die Bestimmungen über Sachverständige beruft (§§177 ff BAO), übersieht er, daß die Heranziehung von Sachverständigen an der verfahrensleitenden Stellung der Behörde nichts ändert und der von einem sachverständigen Organwalter streng zu unterscheidende (und nicht zur Lösung von Rechtsfragen berufene) Sachverständige unbeeinflußt nach den Regeln seiner Kunst Beweise aufzunehmen und Gutachten zu erstellen hat, nicht aber förmlich als Behörde oder für diese in Erscheinung tritt, wie dies bei der Großbetriebsprüfung der Fall ist.
Daß die Ausstellung des Prüfungsauftrages nur dessen Vorbereitung ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht verkannt. Daß unter der dazu berufenen "örtlich zuständigen Betriebsprüfungsabteilung", die den Auftrag "in der Großbetriebsprüfung dem Vorstand des zuständigen Finanzamtes" zur Zeichnung vorzulegen hat, immer nur die Amtsbetriebsprüfung des zuständigen Finanzamtes zu verstehen sein soll, läßt sich dem Erlaß freilich nicht mit jener Deutlichkeit entnehmen, die der Bundesminister für Finanzen behauptet. Selbst wenn er mit dieser Deutung aber im Recht ist, bleibt das zuständige Finanzamt angesichts der in Abschnitt 2 enthaltenen Regeln über die Auswahl der Prüfungsfälle den Entscheidungen der Großbetriebsprüfung ausgeliefert, sodaß einem Amtsvorstand zur Aufnahme eines Falles in den Jahresprüfungsplan der Großbetriebsprüfung kein Weisungsrecht, sondern bloß das Recht zur Anregung zusteht (vgl. Abschnitt 2.1.2 Abs11). Es ist allerdings einzuräumen, daß diese Vorschriften - isoliert betrachtet - auch als innerorganisatorische Aufgabenabgrenzung verstanden werden können; eben deshalb sind sie auch nicht in Prüfung gezogen.
Was den Hinweis auf die Beurteilung der Stellung der Bundeskellereiinspektoren durch den Verfassungsgerichtshof betrifft, ist dem Bundesminister für Finanzen in der Tat einzuräumen, daß die in jenem Verfahren ursprünglich geäußerten Bedenken, es sei (entgegen der Absicht des historischen Gesetzgebers) in Wahrheit eine selbständige Bundesbehörde geschaffen worden, aus einer dem Gedankengang des vorliegenden Prüfungsbeschlusses ähnlichen Überlegung entstanden sind, die der Verfassungsgerichtshof im damaligen Prüfungsbeschluß wie folgt umschrieben hatte:
"... Ob eine Einrichtung nämlich bloß unselbständige Hilfseinrichtung einer Behörde oder selbständige Behörde ist, kann nicht allein von einer gesetzlichen Deklaration abhängen. Vielmehr muß aus der konkreten Organisation in Verbindung mit den derartigen Einrichtungen übertragenen Aufgaben ihre Qualität als selbständige Behörde oder bloße Hilfseinrichtung einer Behörde erschlossen werden."
Dennoch sind die Schlußfolgerungen des Bundesministers für Finanzen aus der Verwerfung dieser Bedenken im Erkenntnis VfSlg. 11403/1987 unzutreffend: Der Verfassungsgerichtshof folgte der Auffassung der Bundesregierung, daß der eindeutige Wille des Gesetzgebers in §37 Abs1 WeinG durch die Anordnung
verwirklicht war, der Bundesminister (für Land- und Forstwirtschaft) habe sich bei Überwachung des Verkehrs mit den dort genannten Getränken besonders geschulter Organe (Bundeskellereiinspektoren) zu bedienen, und daß die aus dieser Vorschrift hervorgehende uneingeschränkte Unterordnung unter den Willen des Bundesministers (ungeachtet der Verwendung des Begriffs "zuständiger Bundeskellereiinspektor") als Eingliederung der Inspektoren in den Hilfsapparat "Bundesministerium" verstanden werden könne. Es war also gerade nicht eine bloß deklarative Zurechnungsbestimmung, sondern die im Gesetz verfügte tatsächliche Eingliederung in den vorhandenen Hilfsapparat des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft entscheidend.
Die Großbetriebsprüfung wurde demgegenüber organisatorisch aus dem Bereich des Finanzamtes ausgegliedert und die in Prüfung stehenden Bestimmungen schränken die Einflußmöglichkeit des Finanzamtes zugunsten einer relativen Selbständigkeit der Betriebsprüfung gezielt ein. Sie lassen daher die ohnehin nur aus dem Prüfungsauftrag ableitbare Zurechnung in wesentlichen Punkten als bloße Deklaration erscheinen, welche den - gewiß nur aus verwaltungsinternen Überlegungen erwünschten - behördenartigen Charakter der Dienststelle verschleiert, an die das Finanzamt die Aufgabe in Wahrheit (teilweise) delegiert.
Die in Prüfung genommenen Vorschriften entfalten daher Rechtswirkungen für die Allgemeinheit, stellen eine Rechtsverordnung dar und sind mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt (§2 Abs1 litf des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1985) sowie wegen offenkundigen Fehlens einer für solche Wirkungen erforderlichen gesetzlichen Deckung gesetzwidrig.
Dieser Vorwurf trifft die in Prüfung gezogenen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang. Entgegen der vorläufigen Annahme des Gerichtshofes im Prüfungsbeschluß genügt es zur Beseitigung der Gesetzwidrigkeit aber, jene Teile aus der Dienstanweisung zu entfernen, die das verpönte Ziel eindeutig zum Ausdruck bringen und solcherart auch auf das Verständnis von Bestimmungen einwirken, die in anderem Zusammenhang einer gesetzeskonformen Auslegung zugänglich sind. Diese zentralen Bestimmungen sind (a) der für die Abgrenzung der Weisungsverhältnisse wesentliche erste Teil des Abschnittes 1.7 Abs4, nach dessen Beseitigung die Vorschriften über die rechtliche Würdigung als bloß interne Aufgabenteilung unter Verantwortung des zuständigen Finanzamtes verstanden werden können, (b) der zweite Satz in Abschnitt 1.7 Abs5, dessen Aufhebung einen richtigen, auch nicht zum Gegenschluß zwingenden und daher gar nicht in Prüfung gezogenen ersten Satz übrig läßt und (c) der zweite Absatz des Abschnittes
5.3.5 als organisationsrechtlicher Niederschlag der Gegenüberstellung von Finanzamt und Großbetriebsabteilung.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich daher auf die Aufhebung dieser Bestimmungen zu beschränken. Im übrigen ist das Verordnungsprüfungsverfahren wegen des mit dem Wegfall der aufgehobenen Bestimmungen beseitigten Verordnungscharakters der verbleibenden Bestimmungen einzustellen.
Die Aussprüche über das Inkrafttreten der Aufhebung und die Kundmachungspflicht stützen sich auf Art139 Abs5 B-VG. Daß gesetzliche Vorkehrungen erforderlich wären, kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden; es soll dem Verordnungsgeber aber möglich sein, die infolge der Aufhebung vielleicht notwendigen Anpassungen vorzunehmen, bevor sich die Aufhebung auswirkt.
Schlagworte
Verordnungsbegriff, Verordnung Kundmachung, Kundmachung Verordnung, RechtsV, VerwaltungsV, Finanzbehörden, Behörde Angelegenheiten innere, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Sachentscheidung Allg, Behördenzuständigkeit, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Finanzverfahren, VfGH / Verwerfungsumfang, Betriebsprüfung, Sachverständige, Verwaltungsorganisation, Abgabenverwaltungsorganisation, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:V63.1993Dokumentnummer
JFT_10068988_93V00063_00