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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1995, Zl. 107.139/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 28. Juni 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. April 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG abgewiesen.
Sie sei nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage im Jahr 1992 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist und halte sich seither durchgehend in Österreich auf. Sie sei im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung bis 1. Dezember 1993 gewesen. Im Februar 1994 habe sie einen österreichischen Staatsangehörigen geehelicht. Am 11. April 1994 habe sie den gegenständlichen Erstantrag gestellt, für dessen Beurteilung es allein maßgeblich sei, daß § 5 Abs. 1 AufG zwingend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschließe, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG sei das der Fall, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Diese Fallkonstellation liege hier vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Sichtvermerk nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden soll. Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin zwar im Jahr 1992 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist, hat in der Folge jedoch (vgl. Seite 9 des Verwaltungsaktes) eine Aufenthaltsbewilligung für den Zeitraum 1. Juli 1993 bis 1. Dezember 1993 erlangt. Die beantragte Aufenthaltsbewilligung soll daher nicht unmittelbar an eine sichtvermerksfreie Einreise anschließen, sondern an einen infolge Ablaufes einer Aufenthaltsbewilligung (illegal) fortgesetzten Aufenthalt im Inland. § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG trägt aber dem Bestreben Rechnung, die Fortsetzung des Aufenthaltes im Bundesgebiet im Anschluß an Touristenaufenthalte (die mit sichtvermerksfreier Einreise begonnen haben) nicht mehr zu gestatten (vgl. RV: 692 BlgNR 18. GP, zu § 10). Im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin nach ihrer sichtvermerksfreien Einreise aufgrund der danach erteilten Aufenthaltsbewilligung im Inland legal einen ordentlichen Wohnsitz begründet hat, kann von der beabsichtigten Fortsetzung eines Touristenaufenthaltes durch die hier beantragte Bewilligung keine Rede sein. § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ist dann nicht anwendbar, wenn der Fremde - aus welchen Gründen immer - nach seiner sichtvermerksfreien Einreise eine Bewilligung gemäß § 1 AufG erlangt, die ihn nach § 10 Abs. 1 AufG zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und einen gemäß dem Fremdengesetz notwendigen Sichtvermerk ersetzt.
Der von der belangten Behörde herangezogene Sichtvermerksversagungsgrund liegt daher - ausgehend von den Tatsachenannahmen der belangten Behörde - nicht vor, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Sollte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren die Heranziehung der Versagungsgründe nach § 6 Abs. 2 AufG oder nach § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG erwägen, wird sie auf die - kraft Größenschlusses auch auf Angehörige österreichischer Staatsbürger anwendbare - Bestimmung des § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 bzw. auf die hg. Erkenntnisse vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0348, und vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0263, Bedacht zu nehmen haben.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995190536.X00Im RIS seit
02.05.2001