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14 OrganisationsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Aufhebung des angefochtenen Bescheides aufgrund Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Dienstanweisung Betriebsprüfung des BMF vom 30.07.91, AÖF Nr 280, mit E v 12.10.93, V63/93.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters die mit 30.000 S bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Am 27. Mai 1992 erhob der Beschwerdeführer beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gegen eine bei ihm unternommene Betriebsprüfung Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach §67c AVG. Mit Schreiben der Großbetriebsprüfungsstelle Wien vom 11. Mai 1992 sei sein Vertreter von der am 21. Mai vorgesehenen Betriebsprüfung verständigt und zur Besprechung eingeladen worden. Rechtsgrundlage der Prüfung sei ein dem Finanzamt erteilter Auftrag des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewesen. Als Leiter der Amtshandlung habe Dr. Günther Kometer fungiert, Revident R. Vojta sei als prüfungs- und nachschaubeauftragtes Organ beteiligt gewesen. Die Großbetriebsprüfung sei dabei als eigene Abgabenbehörde eingeschritten, obwohl sie in keiner gesetzlichen Vorschrift als solche vorgesehen sei.
Die Administrativbeschwerde wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit der Begründung als unzulässig zurück, daß die "Großbetriebsprüfung Wien" keine eigenständige Behörde sei und keine hoheitlichen Befugnisse im eigenen Namen ausüben könne. Selbst aber wenn die bekämpften Handlungen von einer rechtlich nicht existenten Behörde gesetzt worden seien, wäre die Beschwerde zurückzuweisen, weil die bekämpften Handlungen dann nicht als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert werden könnten.
Die gegen diesen Zurückweisungsbescheid gerichtete Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm. Das Auftreten der Großbetriebsprüfung habe sich auf die Dienstanweisung Betriebsprüfung gestützt.
II. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof die Gesetzmäßigkeit einiger Bestimmungen der "Dienstanweisung Betriebsprüfung" (DBP) des Bundesministers für Finanzen vom 30. Juli 1991, AÖF Nr. 280, von Amts wegen geprüft. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V63/93, hat er einen Teil der in Prüfung gezogenen Bestimmungen als gesetzwidrig aufgehoben, weil sie (im Zusammenhang mit den nicht aufgehobenen) zwar keine eigene Behörde eingerichtet haben, aber doch eine Dienststelle mit teilweise behördenartigem Charakter, die nach Erteilung des Prüfungsauftrages unabhängig vom Finanzamt handelt, sodaß sie Rechtswirkungen für die Allgemeinheit entfaltet haben, der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrten und nicht ordnungsgemäß im Bundesgesetzblatt kundgemacht waren.
Nach Art139 Abs6 B-VG ist die aufgehobene Verordnung auf den Anlaßfall nicht mehr anzuwenden.
Es ist nicht ausgeschlossen, daß die belangte Behörde, wenn sie das in Anwendung (auch) der aufgehobenen Vorschriften gesetzte und darnach zu deutende Verhalten der die Betriebsprüfung vornehmenden Organe an der bereinigten Rechtslage mißt, zu einem anderen Ergebnis gelangt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben (§19 Abs4 Z3 VerfGG).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Betrag sind 5.000 S an Umsatzsteuer enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B919.1992Dokumentnummer
JFT_10068988_92B00919_00