TE Lvwg Erkenntnis 2022/12/19 405-8/1727/1/4-2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2022
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Entscheidungsdatum

19.12.2022

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
91/02 Post

Norm

EpidemieG §32
PTSG 1996 §10
PTSG 1996 §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Präsidentin Mag. Claudia Jindra-Feichtner über die Beschwerde der AA, AC, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein (belangte Behörde) vom 06.09.2022, Zahl xx,

zu Recht:

I.     Der Beschwerde wird vollumfänglich Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, als nunmehr antragsgemäß ein Betrag in Höhe von € 1.888,68 als Vergütung des durch die Behinderung des Erwerbs entstandenen Vermögensnachteils betreffend Herrn AE AF für den Zeitraum vom 14.09.2021 bis 28.09.2021 gemäß § 32 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 zuerkannt wird.

II.    Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.     Verfahrensgang:

Mit elektronischer Eingabe vom 18.10.2021 beantragte die Beschwerdeführerin die Vergütung von geleisteten Entgeltzahlungen samt Dienstgeberanteil gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 aufgrund der gemäß § 7 Epidemiegesetz 1950 erfolgten Absonderung des ihr zur Verwendung gemäß § 17 Poststrukturgesetz zugewiesenen Bundesbeamten Herrn AE AF für den Zeitraum vom 14.09.2021 bis 28.09.2021 in Höhe von insgesamt € 1.888,68.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.09.2022, Zahl xx, wies die belangte Behörde den verfahrenseinleitenden Antrag der Beschwerdeführerin zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei nicht Arbeitgeberin des Beamten im Sinne des § 32 Epidemiegesetz 1950, sodass sie gegenüber dem Bund keinen Ersatzanspruch geltend machen könne.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 29.09.2022 fristgerecht Beschwerde und führte begründend aus, dass ihr gemäß § 17 Abs 8 Z 1 Poststrukturgesetz die Bemessung, Berechnung und die Zahlbarstellung der ihr zugewiesenen Beamtinnen und Beamten obliege und sie dem Bund den Aufwand der Aktivbezüge zu ersetzen habe. Aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ließe sich ableiten, dass als Arbeit- bzw Dienstgeber derjenige gelte, der die Lasten im Arbeitsverhältnis wirtschaftlich übernehme, sodass ein Anspruch nach dem Epidemiegesetz 1950 - anders als von der belangten Behörde angenommen – jedenfalls zu Recht bestünde.

Die belangte Behörde legte die zitierte Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 05.10.2022 dem erkennenden Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Über telefonische Aufforderung des Landesverwaltungsgerichts gelangten via E-Mail vom 20.10.2022 seitens der Beschwerdeführerin ergänzend die verfahrensgegenständlichen Absonderungsbescheide zur Vorlage.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen. Im Beschwerdeverfahren waren lediglich Rechtsfragen auf Basis der bereits höchstgerichtlich geklärten Judikatur bzw des eindeutigen Gesetzeswortlauts zu klären.

2.     Sachverhalt:

Nachstehender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:

Herr AE AF (in weiterer Folge „Beamter“) ist seit 09.03.1987 für die Republik Österreich tätig und steht als Bundesbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Im Zuge der Umstrukturierung der Post- und Telegraphenverwaltung erfolgte am 09.03.1999 die Neugründung und Eintragung der Beschwerdeführerin in das Firmenbuch zu Nr yy (zuvor war die „BB“ eingerichtet), wobei gemäß § 17 Poststrukturgesetz die bisher bei der Post und Telegraphenverwaltung beschäftigten Beamten - wie auch der verfahrensgegenständliche Beamte – auf die Dauer ihres Dienststands der Beschwerdeführerin zur Dienstleistung zugewiesen wurden.

Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 14.09.2021, Zahl xy/3-2021, erfolgte die Absonderung des Beamten im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 dahingehend, dass er darin näher bezeichnete Räumlichkeiten bis einschließlich 26.09.2021 nicht verlassen durfte. Seine neuerliche Absonderung, nunmehr unbefristet, erfolgte mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 25.09.2021, Zahl xy/4-2021, welche mit (ebenfalls rechtskräftigem) Bescheid vom 29.09.2021, Zahl xy/5-2021, mit Ablauf des 28.09.2021 aufgehoben wurde.

Für September 2021 erhielt (bereits ausbezahlt) der Beamte einen Grundbezug in Höhe von € 2.519,45 zzgl einer Dienstzulage in Höhe von € 258,41, gesamt sohin einen Bezug in Höhe von € 2.777,86. Zudem gelangte eine (für das dritte Quartal gebührende) Sonderzahlung in Höhe von € 1.388,94 zur Auszahlung (monatlich aliquot sohin € 462,98). Der Beschwerdeführerin oblag und obliegt die diesbezügliche Bemessung, Berechnung, Zahlbarstellung und der Ersatz des Aufwands für die Aktivbezüge an den Bund. Arbeitsleistungen wurden vom Beamten im beantragten Absonderungszeitraum nicht erbracht.

3.     Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt konnte auf Basis der unstrittigen Aktenlage und des plausiblen und nachvollziehbaren Antragsvorbringens samt vorgelegten Lohnnachweisen festgestellt werden. Im Behördenakt erliegen zudem die im Sachverhalt zitierten und in Rechtskraft erwachsenen Absonderungsbescheide.

Allfällige Widersprüche bei der Feststellung des Sachverhalts, die beweiswürdigend aufzulösen gewesen wären, ergaben sich nicht, zumal im Gegenstand lediglich eine Rechtsfrage zu lösen war.

4.     Rechtliche Beurteilung:

4.1.   Rechtslage

Das Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 89/2022, lautet auszugsweise:

Vergütung für den Verdienstentgang.

§ 32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

1. sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind, (…)

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist. (…)

(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.

(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.

(3a) Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund gemäß Abs. 3 besteht ungeachtet privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zur Fortzahlung des Entgelts beziehungsweise der Bezüge. (…)

(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen. Dies gilt nicht im Falle der Fortzahlung des Entgelts bzw. der Bezüge gemäß Abs. 3a. (…)

Das Entgeltfortzahlungsgesetz, BGBl Nr 399/1974 idF BGBl I Nr 100/2018, lautet auszugsweise:

Höhe des fortzuzahlenden Entgelts

§ 3. (1) Ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes Entgelt darf wegen einer Arbeitsverhinderung für die Anspruchsdauer gemäß § 2 nicht gemindert werden.

(2) In allen anderen Fällen bemißt sich der Anspruch gemäß § 2 nach dem regelmäßigen Entgelt.

(3) Als regelmäßiges Entgelt im Sinne des Abs. 2 gilt das Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre.

(4) Bei Akkord-, Stück- oder Gedinglöhnen, akkordähnlichen oder sonstigen leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten bemißt sich das fortzuzahlende Entgelt nach dem Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeiten.

(5) Durch Kollektivvertrag im Sinne des § 18 Abs. 4 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, kann geregelt werden, welche Leistungen des Arbeitgebers als Entgelt nach diesem Gesetz anzusehen sind. Die Berechnungsart für die Ermittlung der Höhe des Entgelts kann durch Kollektivvertrag abweichend von Abs. 3 und 4 geregelt werden.

Das Poststrukturgesetz, BGBl Nr 201/1996 idF BGBl I Nr 153/2020, lautet auszugsweise:

Vermögensübertragung, Abgabenbefreiung

§ 10. (1) Das bisher im Eigentum des Bundes gestandene Vermögen der Post- und Telegraphenverwaltung einschließlich der Forderungen und Verbindlichkeiten geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in das Eigentum der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft über. (…)

Übernahme der Beamten und der Ruhe- und Versorgungsgenußempfänger

§ 17. (1) Die bisher bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten aktiven Beamten werden auf die Dauer ihres Dienststandes der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolgerin oder einem der Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft hervorgegangen sind und an denen sie oder die Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft direkt oder indirekt einen Anteil von mehr als 25% hält, zur Dienstleistung zugewiesen. (…)

(1a) Die gemäß Abs. 1 zugewiesenen Beamten werden, wenn sie überwiegend im Unternehmensbereich

1. der Gebühren Info Service GmbH oder der Österreichischen Post Aktiengesellschaft beschäftigt sind, letzterer,

2. der Telekom Austria Aktiengesellschaft beschäftigt sind, dieser, oder

3. der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft beschäftigt sind, dieser

auf die Dauer ihres Dienststandes zur Dienstleistung zugewiesen. Eine Verwendung der zugewiesenen Beamten bei einer Rechtsnachfolgerin eines dieser Unternehmen oder bei einem Unternehmen, das durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus einer der Gesellschaften hervorgegangenen ist, sowie bei der Gebühren Info Service GmbH ist zulässig.

(2) Beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft, beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft und beim Vorstand der Telekom Austria Aktiengesellschaft wird jeweils ein Personalamt eingerichtet, dem die Funktion einer obersten Dienstbehörde für die dem jeweiligen Unternehmen zugewiesenen Beamten zukommt. Das Personalamt wird vom Vorsitzenden des Vorstandes des jeweiligen Unternehmens geleitet. (…)

(6) Für die im Abs. 1a genannten aktiven Beamten hat das Unternehmen, dem der Beamte zugewiesen ist, dem Bund den Aufwand der Aktivbezüge zu ersetzen.

(6a) Aktivbezüge im Sinne des Abs. 6 sind

1.sämtliche den zugewiesenen Beamten gemäß dem Dienstrecht der Bundesbeamten gezahlten wiederkehrenden oder einmaligen Geldleistungen wie Monatsbezüge, Nebengebühren und Aufwandsersätze aller Art;

2.die den zugewiesenen Beamten gezahlten Familienbeihilfen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, oder die abgeführten Dienstgeberbeiträge nach § 39 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967;

3.die auf Grund der unter Z 1 angeführten Geldleistungen abgeführten Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung und zur Wohnbauförderung sowie Abgaben nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften.

(7) Der Bund trägt den Pensionsaufwand für die bisherigen Ruhe- und Versorgungsgenussempfänger der Post- und Telegraphenverwaltung sowie für Beamtinnen und Beamte, die nach Abs. 1 oder Abs. 1a zugewiesen waren, und deren Angehörige und Hinterbliebene. Das Unternehmen, dem die Beamtin oder der Beamte nach Abs. 1a zugewiesen ist, hat an den Bund monatlich einen Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwandes zu leisten („Dienstgeberbeitrag“). Der Dienstgeberbeitrag beträgt 12,55% der jeweiligen Bemessungsgrundlage des von der Beamtin bzw. des Beamten zu leistenden Pensionsbeitrags („Dienstnehmerbeitrag“). Die Dienstnehmerbeiträge sind an den Bund abzuführen. (…)

(8) Die Bemessung, Berechnung und die Zahlbarstellung der

1.Bezüge für die in Abs. 1a genannten Beamtinnen und Beamten obliegt demjenigen Unternehmen, dem sie nach Abs. 1a zugewiesen sind; (…)

4.2.   Rechtliche Erwägungen

4.2.1.  Vorliegen eines Ersatzanspruchs nach dem Epidemiegesetz 1950

4.2.1.1.   Ausgangssituation

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt liegen für den beantragten Absonderungszeitraum vom 14.09.2021 bis 28.09.2021 in Rechtskraft erwachsene Absonderungsbescheide der belangten Behörde vor, an die das erkennende Landesverwaltungsgericht als Vorfrage gebunden ist (vgl VwGH vom 10.02.2022, Ro 2022/03/0002), sodass gemäß § 32 Abs 1 Epidemiegesetz 1950 ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstentgangs dem Grunde nach zu Recht besteht.

Strittig ist im Gegenstand, ob dieser Anspruch des abgesonderten Beamten aufgrund erfolgter Entgeltfortzahlung auf die Beschwerdeführerin gemäß § 32 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 übergegangen ist.

4.2.1.2.   Bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in VwGH 21.03.2022, Ra 2021/09/0235 die Ansicht, dass einer Antragstellerin, der ein Bundesbeamter nach § 17 Abs 1 iVm Abs 1a Z 1 Poststrukturgesetz zur Dienstleistung zugewiesen wurde, kein Vergütungsanspruch für die dem Bund nach § 17 Abs 6 und Abs 7 Poststrukturgesetz ersetzten Aktivbezüge bzw den dem Bund geleisteten Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwands auf Grund der Absonderung dieses nach dem Poststrukturgesetz zugewiesenen Bundesbeamten zustehe, zumal einerseits nicht die dortige Antragstellerin, sondern vielmehr der Bund Arbeitgeber im Sinne des § 32 Epidemiegesetz 1950 sei, und andererseits dem dienstzugewiesenen Beamten aufgrund der im Gehaltsgesetz normierten gesetzlichen und Bundesbeamte betreffenden Fortzahlungsverpflichtungen kein Verdienstentgang entstanden sei, welcher gemäß § 32 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 auf den Arbeitgeber übergehen hätte können.

Auf diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stützte die belangte Behörde – wenn auch nicht ausdrücklich – die im angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung.

4.2.1.3.   Änderung der Rechtslage

Der Gesetzgeber nahm dieses Erkenntnis zum Anlass, mit BGBl I Nr 89/2022 in § 32 Epidemiegesetz 1950 den Vergütungsanspruch von allfälligen Fortzahlungsverpflichtungen abzukoppeln:

„(3a) Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund gemäß Abs. 3 besteht ungeachtet privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zur Fortzahlung des Entgelts beziehungsweise der Bezüge.“ (Hervorhebung durch das erkennende Landesverwaltungsgericht).

Begründend wurde im Zuge der erläuternden Bemerkungen ausgeführt:

Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist bisher davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Vergütung nach § 32 Abs. 3 EpiG als lex specialis vorgeht. Durch den nun eingefügten § 32 Abs. 3a wird im Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit angeordnet, dass der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund unabhängig davon gegeben ist, ob privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Verpflichtungen zur Fortzahlung des Entgelts oder des Bezugs bestehen. Zur Vermeidung etwaiger Ungleichheiten gilt dies auch für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse. In Hinkunft besteht ein Anspruch auf Vergütung von Verdienstentgang somit auch dann, wenn z.B. kein Entfall der Bezüge (s § 12c GehG) vorgesehen ist.“ (1503 der Beilagen XXVII. GP, Seite 4; Hervorhebungen durch das erkennende Landesverwaltungsgericht).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung zu VwGH 01.09.2022, Ra 2022/03/0112 nunmehr darlegt, ist seine oben zitierte und bis zu diesem Zeitpunkt vertretene Ansicht aufgrund nunmehr eingetretener Gesetzesänderung des § 32 Abs 3a Epidemiegesetz 1950 für Sachverhalte, die dieser neuen Rechtslage unterliegen, nicht mehr unmittelbar einschlägig.

4.2.1.4.   Anwendbarkeit der neuen Rechtslage

Nach Ansicht des erkennenden Landesverwaltungsgerichts ist diese neue Rechtslage, deren Abs 3a leg cit ohne weitere Übergangsbestimmungen mit 01.07.2022 in Kraft getreten ist (vgl § 50 Abs 31 Epidemiegesetz 1950) auch auf den gegenständlichen – vor dem 01.07.2022 verwirklichten – Sachverhalt anzuwenden.

Wenngleich der Verwaltungsgerichtshof in Fällen für die Beurteilung des Erlöschens oder Entstehens von Rechten aufgrund einer Zeitraumbezogenheit dort die damals maßgebliche Fassung zur Anwendung bringt, liegt dieser Rechtsprechung die Frage der Auslegung jener Bestimmungen zu Grunde, die den zeitlichen Anwendungsbereich zum Gegenstand haben. „Außer Kraft getretenes Recht“ ist (nur) in jenen Fällen zur Anwendung zu bringen, wenn die Übergangsvorschriften dies explizit anordnen oder sich dies implizit aus dem Regelungsgegenstand der betreffenden Norm ergibt. Im Zweifel ist infolge des gemäß § 5 ABGB angeordneten Grundsatzes der Nichtrückwirkung jedoch das im Entscheidungszeitpunkt in Geltung stehende Recht anzuwenden. (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 59 Rz 81 ff).

Aufgrund der vorliegenden Gesetzesmaterialien ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass das BMSGPK bis zum Vorliegen der Verwaltungsgerichtshofentscheidung VwGH 21.03.2022, Ra 2021/09/0235 von einer abweichenden Rechtsansicht ausgegangen ist, die nunmehr im Zuge des Gesetzgebungsprozesses in geltendes Recht gegossen werden sollte. Es ist somit zweifelsfrei zu konstatieren, dass diese Änderung bereits zu Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie erfolgt wäre, hätte diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs bereits existiert. Ausgehend von diesem klaren gesetzgeberischen Willen ist im Gegenstand aufgrund der (offensichtlich aus diesem Grund) nicht erfolgten Normierung konkreter Übergangsbestimmungen und der Zweifelsregel des § 5 ABGB davon auszugehen, dass sich diese Änderung auch auf vor dem 01.07.2022 verwirklichte Sachverhalte zu erstrecken hat. Dies entspricht auch einer verfassungskonformen Interpretation, zumal damit nicht sachgerecht zu rechtfertigende Ungleichbehandlungen von ident verwirklichten Sacherhalten vor und nach dem 01.07.2022 im Zuge der SARS-CoV-2 Pandemie vermieden werden.

4.2.1.5.   Änderung der bisherigen rechtlichen Betrachtung

4.2.1.5.1.    Änderung in der Anspruchsentstehung

Ausgehend von der neu seit 01.07.2022 vorliegenden Rechtslage ändert sich die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts im entscheidungswesentlichen Umstand dahingehend, als – anders als zuvor – der Bund als Arbeitgeber des Beamten zur Geltendmachung des verfahrensgegenständlichen Ersatzanspruchs berechtigt ist, zumal nunmehr „der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund gemäß Abs. 3 (…) ungeachtet (…) öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zur Fortzahlung des Entgelts [besteht]“ (§ 32 Abs 3a Epidemiegesetz 1950).

4.2.1.5.2.    Vorliegende Universalsukzession

Unter Berücksichtigung der in § 10 Poststrukturgesetz geregelten Gesamtrechtsnachfolge („einschließlich Forderungen und Verbindlichkeiten“) in Zusammenhang mit der in § 17 Abs 8 Poststrukturgesetz normierten Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Bemessung, Berechnung und die Zahlbarstellung der Bezüge ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der erfolgten Umstrukturierung auch sämtliche (auch zukünftige) Nebenrechte an die Beschwerdeführerin übertragen wurden, zumal „Nebenrechte, die ausschließlich dem Zweck der Hauptforderung, ihrer Sicherung oder Durchsetzung dienen, (…) mit der Hauptforderung über[gehen], ohne dass es dazu einer gesonderten Vereinbarung bedarf“ (Lukas in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1394 (Stand 01.05.2017, rdb.at) Rz 8; Hervorhebungen durch das erkennende Landesverwaltungsgericht).

Bei der Gesamtrechtsnachfolge tritt der Gesamtrechtsnachfolger, wenn es sich bei dem relevanten Recht um ein solches handelt, das übertragen werden kann (also kein höchstpersönliches ist), auch verfahrensrechtlich in die Position ein, in der sich auch der Rechtsvorgänger befunden hat (vgl. VwGH 14.10.2013, 2012/12/0148, mwN). Eine gesellschaftsrechtliche Universalsukzession erfasst auch verwaltungsrechtlich verliehene Berechtigungen und führt zur Rechtsnachfolge in die Parteistellung der Vorgängergesellschaft, ohne dass es auf eine mit Grund und Boden verknüpfte Dinglichkeit des in der betroffenen Verwaltungsangelegenheit zu erlassenden oder erlassenen Entscheidungen ankäme (vgl. VwGH 26.5.1998, 97/07/0168; 25.7.2002, 98/07/0073; 22.3.2012, 2011/07/0221) oder es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedürfte und es sich nicht um Verwaltungssachen handelt, die - zumindest überwiegend - in persönlichen Eigenschaften des Berechtigten begründet sind (vgl. VwGH 28.4.2005, 2004/07/0196).“ (VwGH 08.09.2021, Ra 2019/04/0079; Hervorhebungen durch das erkennende Landesverwaltungsgericht).

Mit dem Poststrukturgesetz wurde beabsichtigt, alle Tätigkeiten der Post- und Telegraphenverwaltung auf die (nunmehrige) Beschwerdeführerin zu übertragen und dieser zur völlig autonomen Erledigung zu überlassen. Aufgrund des vorliegenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses war es – anders als etwa bei Vertragsbediensteten, deren Arbeitgeber gemäß § 18 Poststrukturgesetz die Beschwerdeführerin wurde – aus rechtlichen Gegebenheiten nicht möglich, BeamtInnen des Bundes unmittelbar in ein Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin zu übertragen.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt obliegt der Beschwerdeführerin folglich auch die Bemessung, Berechnung und Zahlbarstellung der Aktivbezüge, wobei diese den damit einhergehenden Aufwand zur Gänze an den Bund zu ersetzen hat. Faktisch blieb der Bund zwar Dienstgeber, finanziell und wirtschaftlich betrachtet fungierte dieser jedoch aufgrund des erfolgten Ersatzes hinsichtlich der Bezüge als eine Art „Durchlaufposten“.

Im Hinblick auf die anzunehmende Gesamtrechtsnachfolge in Zusammenhang mit den übertragenen Aufgaben ist sohin zusammenfassend festzuhalten, dass im Zuge der Umstrukturierung der Post- und Telegraphenverwaltung jedenfalls auch sämtliche entgeltbezogenen (Neben-)Rechte betreffend die der Beschwerdeführerin dienstzugewiesenen BeamtInnen an diese übertragen wurden. Die Beschwerdeführerin ist folglich zwar nicht Arbeitgeberin des verfahrensgegenständlichen Beamten im Sinne des Epidemiegesetzes 1950, jedoch infolge Universalsukzession (aufgrund der dem Bund nach neuer Rechtslage zustehenden Forderungen und Rechte) zur Antragstellung legitimiert.

Nichts Anderes konnte vom Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt intendiert gewesen sein, da es sonst dem Bund obliegen würde, durch – wie im gegenständlichen Fall – bspw unterlassener Antragstellung direkt und unmittelbar auf die wirtschaftliche Belastung der Beschwerdeführerin einzugreifen.

Zudem käme es infolge einer Nichtübertragung der jeweiligen Antrags- und Forderungsrechte zu einer offensichtlich nicht gewollten wirtschaftlichen Vorzugsbehandlung des Bundes auf Kosten der Beschwerdeführerin, zumal letztere ausgehend vom Gesetzeswortlaut die Aktivbezüge zu ersetzen hat, der Bund diese an seine Beamtinnen und Beamten auszuzahlen hätte, jedoch der Bund selbst durch die Empfangnahme von Ersatzansprüchen oder Rückforderungsansprüchen bereichert wäre.

4.2.1.5.3.    Neuerliche Legalzession und Begleichung einer fremden Schuld

Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass keine Übertragung der Antrags- und Forderungsrechte erfolgt ist, so hat der Bund die Aktivbezüge des verfahrensgegenständlichen Beamten fortbezahlt, welche diesem seitens der Beschwerdeführerin entsprechend der ihr gesetzlich auferlegten Verpflichtung gemäß § 17 Abs 6 Poststrukturgesetz ersetzt wurden.

Ausgehend von dieser Struktur ist jedenfalls von einer neuerlich erfolgten Legalzession des Ersatzanspruchs vom Bund auf die Beschwerdeführerin auszugehen, zumal § 32 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 unter Berücksichtigung verfassungsrechtliche gebotener Gleichbehandlung beabsichtigt, dem Fortzahlenden den ihm übergangsweise entstandenen wirtschaftlichen Nachteil tatsächlich auszugleichen.

Jedenfalls kann ergänzend auch von einer vergleichbaren Situation der Zahlung einer fremden Schuld ausgegangen werden, zumal der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf den Obersten Gerichtshof in seiner Rechtsprechung die Ansicht vertritt, dass bspw der Arbeitgeber bei der Abfuhr der vom Arbeitnehmer einbehaltenen Lohnsteuer an den Bund eine fremde Schuld iSd § 1358 ABGB bezahlt und insoweit in die Rechte des Gläubigers eintritt (VwGH 10.03.2016, Ra 2015/15/0021), zumal im Gegenstand die epidemierechtlich geschuldete Entgeltfortzahlung letztendlich von der Beschwerdeführerin getragen wurde.

Auch aus diesem Grund ist die Beschwerdeführerin zur Antragstellung legitimiert.

4.2.1.5.4. Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin im Sinne des Gesetzes

Zur Vermeidung von Ungleichheiten“ (1503 der Beilagen XXVII. GP, Seite 4) erfolgte im Zuge der zitierten Neuregelung die Gleichstellung der Anspruchsberechtigung bei Vorliegen von privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Fortzahlungsverpflichtungen. Diese Gesetzesänderung hat nach Ansicht des erkennenden Landesverwaltungsgerichts folglich auch im Zuge einer Neubeurteilung Auswirkungen betreffend die Qualifikation der der Beschwerdeführerin als „Arbeitgeber“in im Sinne des Epidemiegesetzes 1950 zur Folge:

Die vom Gesetzgeber nachweislich beabsichtige Vermeidung von Ungleichheiten kann nur dann erreicht werden, wenn sie sich – ausgehend vom Wortlaut des Gesetzes und dessen expliziten Bezug auf „öffentlich-rechtliche Verpflichtungen“ – auch auf die Arbeitgebereigenschaft und sämtliche öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zur Fortzahlung bezieht.

Offensichtlich wurde damit jene verfassungskonforme Ausgestaltung des Epidemiegesetzes 1950 in den Gesetzestext eingearbeitet, welche – wie von der Beschwerdeführerin bereits angesprochen – vom Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung VfGH 13.09.2013, B 1536/2012 zum Heeresgebührengesetz 2001 in Verbindung mit dem Poststrukturgesetz vorgenommen wurde:

Die beschwerdeführende Partei, der jene Beamten, für deren Bezugsfortzahlung Kostenersatz begehrt wird, gemäß § 17 Abs. 1a PoststrukturG zur Dienstleistung zugewiesen sind ist – wenngleich diese in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen – im Zusammenhang mit der Fortzahlung von Bezügen unter den Begriff des Arbeitgebers iSd § 41 HGG 2001 zu subsumieren, zumal die Bezüge dieser Beamten wirtschaftlich jedenfalls von der beschwerdeführenden Partei zu tragen sind (§17 Abs. 6 leg.cit.) und auch die Berechnung und Zahlbarstellung dieser Bezüge der beschwerdeführenden Partei obliegt (§ 17 Abs. 8 PoststrukturG).“ (Hervorhebungen durch das erkennende Landesverwaltungsgericht).

Zusammengefasst ergibt sich aufgrund der nunmehr eingetretenen Gesetzesänderung, welche eine weitgehende Neuregelung des verfahrensgegenständlichen Anspruchs zur Folge hat, eine durch den Gesetzgeber offenkundig vorgenommene verfassungsrechtliche Gleichstellung der Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin im Sinne des Epidemiegesetzes 1950, sodass auch diesbezüglich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, welche sich auf die alte Rechtslage vor dieser beabsichtigten verfassungsrechtlichen Gleichstellung bezog, nicht mehr unmittelbar einschlägig ist und eine Neubeurteilung in rechtlicher Hinsicht geboten war.

Selbst unter der Prämisse, dass trotz vorliegender Universalsukzession und der Bezahlung einer fremden Schuld keine Antragslegitimation vorläge, wäre die Beschwerdeführerin als (nunmehrige) Arbeitgeberin nach neuer Rechtslage im Sinne des § 32 Epidemiegesetz 1950 zur Antragstellung berechtigt.

4.2.1.5.5.    Zwischenfazit

Zusammengefasst besteht sohin dem Grunde nach ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Vergütung von geleisteten Entgeltzahlungen samt Dienstgeberanteil gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 aufgrund der gemäß § 7 Epidemiegesetz 1950 erfolgten Absonderung des ihr zur Verwendung gemäß § 17 Poststrukturgesetz zugewiesenen Bundesbeamten zu Recht.

4.2.2.  Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts in merito

Nachdem nunmehr geklärt ist, dass die seitens der belangten Behörde vertretene Ansicht der alten und im gegenständlichen Verfahren nicht (mehr) anzuwendenden Rechtslage entspricht, ist festzuhalten, dass die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen hat.

Bei bloß prozessualen Erledigungen wie bspw der Zurückweisung eines Antrags ist Sache des Beschwerdeverfahrens ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/06/0055; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115 mwN; 13.10.2015, Ra 2015/03/0057; vgl auch VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025), also die Zulässigkeit des zugrundeliegenden Antrags (VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0070; vgl auch VwGH 03.08.2016, Ro 2016/07/0006), nicht aber dessen inhaltliche Begründetheit (vgl VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002) (vgl Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG (Stand 15.02.2017, rdb.at) Rz 39).

Im Gegenstand handelt es sich jedoch um einen materiell-rechtlichen Anspruch, was sich bereits an der (ebenfalls) materiell-rechtlichen Frist des § 33 iVm § 49 Epidemiegesetz 1950 zeigt (VwGH 22.06.2022, Ra 2021/09/0187), sodass die belangte Behörde den Anspruch der Beschwerdeführerin nicht zurück-, sondern abzuweisen gehabt hätte (VwGH 18.12.2003, 2002/06/0098).

Sofern – wie hier – eindeutig erkennbar eine Sachentscheidung getroffen wurde, schadet diese irrtümliche Bezeichnung „Zurückweisung“ anstelle von „Abweisung“ jedoch nicht (VwGH 16.04.1997, 96/21/0379), sodass der angefochtene Bescheid nicht zu beheben, sondern vielmehr in der Sache selbst zu entscheiden und über den zustehenden Vergütungsbetrag abzusprechen ist.

4.2.3.  Berechnung des Vergütungsanspruchs

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt und der soeben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung, ist nunmehr die Berechnung des Vergütungsanspruchs der Beschwerdeführerin vorzunehmen.

Gemäß § 32 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 ist die Vergütung nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu bemessen. Das regelmäßige Entgelt im Sinne des § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz beinhaltet neben dem laufenden Gehalt auch weitere Leistungen wie zB Sonderzahlungen (Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 3 EFZG Rz 10). Es handelt sich dabei um jenes Entgelt, welches dem Dienstnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre, und das als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit geleistet wird (VwGH 24.06.2021, Ra 2021/09/0094).

4.2.3.1.   Sozialversicherungsbeiträge, Pensionsbeitrag

Gemäß § 32 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 ist ebenfalls der vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung zu ersetzen.

In mehreren Parallelverfahren vertreten die dortigen Bezirksverwaltungsbehörden die Ansicht, dass zwar die Beiträge zur Unfall- und Krankenversicherung, nicht jedoch der Pensionsbeitrag an den Bund ersatzfähig sei.

Diese Ansicht teilt das erkennende Landesverwaltungsgericht nicht.

Dieser Pensionsbeitrag an den Bund gemäß § 17 Abs 7 Poststrukturgesetz ist unter den Begriff der Dienstgeberabgaben an die gesetzliche Sozialversicherung im Sinne des § 32 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 zu subsumieren, zumal einerseits die gesetzliche Sozialversicherung gemäß § 41 ASVG den Zweig einer Pensionsversicherung umfasst und es sich andererseits bei dem auf der Grundlage des § 17 Abs 7 Poststrukturgesetz zu leistenden Pensionsbeitrag um eine gesetzlich verpflichtende Abgabe zur Erlangung von Anwartschaften betreffend Altersvorsorge nach dem Poststrukturgesetz handelt (vgl auch VwGH 17.11.2014, 2002/08/0068, zur Bestimmung des § 21 Abs 3 ASVG bzgl Anknüpfung an die Pflichtversicherung).

Eine Ungleichbehandlung von Arbeitgebern, die für ihre Arbeitnehmer gesetzlich verpflichtende Beiträge zur Pensionsversicherung nach dem ASVG zu leisten haben, und von Arbeitgebern, die für ihre Arbeitnehmer gesetzlich verpflichtende Beiträge zur Pensionsversicherung nach dem Poststrukturgesetz zu leisten haben, kann sachlich nicht gerechtfertigt werden.

Im Rahmen einer verfassungs- und grundrechtskonformen Interpretation war der Begriff der gesetzlichen Sozialversicherung folglich auch auf die oben genannten Beiträge für den an die Beschwerdeführerin dienstzugewiesenen Beamten zu erstrecken.

Die seitens der Beschwerdeführerin beantragten Dienstgeberbeiträge in Höhe von 16,555 % (im Antrag gerundet, jedoch in dieser Höhe von der Beschwerdeführerin berechnet) bestehen im Hinblick auf das B-KUVG (Unfall- und Krankenversicherung) und das Poststrukturgesetz (Pensionsbeitrag) jedenfalls zu Recht.

4.2.3.2.   Berechnung

Zusammengefasst steht besteht sohin ein Anspruch der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 14.09.2021 bis 28.09.2021 dem Grunde nach zu Recht. Dieser errechnet sich wie folgt:

         Bruttobezug                                                  €  2.777,86

         aliquote Sonderzahlungen                                     €     462,98

                                                                        €  3.240,84

         Dienstgeberbeitrag 16,555%                            €     536,52

Monatsbruttobemessungsgrundlage                            €  3.777,36

         Abrechnungszeitraum:          01.09.2021 bis 30.09.2021, 30 Tage

         Absonderungszeitraum:          14.09.2021 bis 28.09.2021, 15 Tage

Die Vergütung nach § 32 Epidemiegesetz 1950 errechnet sich derart, dass die oben genannte Bruttobemessungsgrundlage inklusive Dienstgeberanteil durch die Tage des Abrechnungszeitraums zu dividieren und sodann mit der Anzahl der Tage des Absonderungszeitraums zu multiplizieren ist:

€ 3.777,36 : 30 Tage Abrechnungszeitraum x 15 Tage Absonderungszeitraum                                                                          = € 1.888,68

4.2.4.  Ergebnis

Zusammengefasst errechnet sich sohin wie beantragt ein Vergütungsanspruch in Höhe von € 1.888,68, sodass der Beschwerde spruchgemäß vollumfänglich stattzugeben war.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war.

Mit seiner Entscheidung weicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, zumal das zitierte Ausgangsjudikat (VwGH 21.03.2022, Ra 2021/09/0235) nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs in VwGH 01.09.2022, Ra 2022/03/0112 nicht mehr unmittelbar einschlägig ist. Im Hinblick auf VwGH 01.09.2022, Ra 2022/03/0112 fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und konnte die nunmehrige rechtliche Beurteilung auf den klaren Wortlaut der erfolgten Gesetzesänderung und die weitere zitierte Judikatur des Verwaltungs- und Verfassungsgerichthofs (insb VfGH 13.09.2013, B 1536/2012) gestützt werden.

Die zu den maßgebenden materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, soweit relevant, ist folglich auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Epidemiegesetz, Absonderung Arbeitnehmer, Änderung der Rechtslage, dienstzugewiesener Beamte

Anmerkung

ao Revision erhoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2022:405.8.1727.1.4.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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