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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AWG 1990 §1 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 23. Mai 1995, Zl. VIf-570/11-04, betreffend Behandlungsauftrag nach § 32 AWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) vom 3. Mai 1994 wurde dem Beschwerdeführer als alleinigem Eigentümer der Grundstücke Nr. 2442/2 und 2449/1, KG W., gemäß § 32 Abs. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG) der Auftrag erteilt, die von der E.-Metallbearbeitungs-GesmbH in der Galvanikanlage in W., B.-Straße 6, produzierten cyanidhältigen Schlämme
- ca. 20 Tonnen in 2 Metallmulden, derzeit zwischengelagert bei der Firma B.-Abfall-, Abluft-, Abwasser-, Umweltschutz-GesmbH in F. - bis spätestens 1. Juni 1994 zu entsorgen.
In der Begründung wurde ausgeführt, die E.-Metallbearbeitungs-GesmbH besitze am Standort W., B-Straße 6, eine gewerbebehördlich genehmigte Galvanikanlage. Der Betrieb der Anlage sei seit geraumer Zeit eingestellt. Auf Grund einer festgestellten unsachgemäßen Lagerung von cyanidhältigem Galvanikschlamm, ca. 20 Tonnen in
2 Metallmulden, sei zur Hintanhaltung einer Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen sowie einer negativen Beeinflussung der Umwelt am 13. Dezember 1993 von Amts wegen eine Entfernung des Abfalls veranlaßt worden. Die zwei Mulden seien derzeit in einem genehmigten Lager für gefährliche Abfälle in F. untergebracht. Eine "Letztentsorgung" durch die E.-Metallbearbeitungs-GesmbH sei trotz mehrfacher Zusagen bis zum heutigen Tag nicht erfolgt.
Aus der Aktenlage ergebe sich, daß ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen dieser Gesellschaft mangels hinreichenden Vermögens abgewiesen worden sei (Beschluß des Landesgerichtes F. vom 27. August 1993). Das Gericht führe in seiner Entscheidung u.a. an, es ergäben sich keine Anhaltspunkte, daß Vermögen realisiert werden könnte. Vom Firmenbuch beim Handelsgericht in F. habe weiters in Erfahrung gebracht werden können, daß die Gesellschaft auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften inzwischen von Amts wegen aufgelöst worden sei. Auf Grund eines Widerspruches durch das Finanzamt sei bislang eine Löschung nicht erfolgt. Laut einer Mitteilung der A.-GesmbH vom 12. Jänner 1994 seien bei dieser Gesellschaft noch Entsorgungskosten für zwischengelagerte Galvanikfilterkuchen im Ausmaß von 11,23 Tonnen in Fässern und 9,03 Tonnen in Containern ausständig.
Die BH gehe auf Grund dieses Sachverhaltes davon aus, die E.-Metallbearbeitungs-GesmbH sei auf Grund der finanziellen Notlage nicht mehr leistungsfähig, für die Entsorgung der auf den Grundstücken Nr. 2442/2 und 2449/1 angefallenen und derzeit in F. zwischengelagerten Abfälle aufzukommen. Dies habe auch der am 26. April 1994 durch das Bezirksgericht B. durchgeführte Freihandverkauf bestätigt, bei welchem unter Berücksichtigung der Vielzahl der bekannten Gläubiger nur geringe Geldmittel hätten realisiert werden können.
Nach § 32 Abs. 2 AWG sei unter bestimmten Voraussetzungen ein Behandlungsauftrag dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Abfälle befänden, zu erteilen, wenn der Verpflichtete nicht feststellbar, zur Entsorgung rechtlich nicht imstande sei oder aus sonstigen Gründen dazu nicht mehr verhalten werden könne. Ein Grund für die sofortige Verpflichtung des Liegenschaftseigentümers liege insbesondere dann vor, wenn der Abfallbesitzer aus finanziellen Gründen nicht mehr in der Lage sei, die Entsorgung durchzuführen.
Nach Maßgabe des § 32 AWG habe der Liegenschaftseigentümer, auf dessen Grundstück gefährliche Abfälle widerrechtlich zurückgelassen worden seien, diese, wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen habe, auf seine Kosten zu entsorgen. Die Verpflichtung treffe den Liegenschaftseigentümer auch dann, wenn die Abfälle über behördliche Weisung aus Gründen der Sicherheit kurzfristig vom Grundstück entfernt worden seien. Die Zustimmung könne im konkreten Fall angenommen werden, da für die Nutzung der Liegenschaften samt dem Objekt ein entsprechender Bestandvertrag abgeschlossen worden sei.
Der Beschwerdeführer berief. Er machte geltend, er könne nicht mehr zur Entsorgung verhalten werden, da diese bereits durch die Übergabe an den berechtigten Sammler erfolgt sei. Darüber hinaus lägen die materiellen Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 AWG nicht vor. Der Beschwerdeführer habe mit Mietvertrag vom 22. Juni 1987 der E.-Metallbearbeitungs-GesmbH die Werkhalle mit Laderampe und Nebenräumen vermietet. Im Mietvertrag sei vereinbart worden, daß das Mietobjekt nur für behördlich, gesetzlich und vertraglich zulässige Zwecke benützt werden dürfe. Als Mietzweck seien Metallbeschichtung und Bearbeitung von Werkstücken und Serienteilen sowie der Betrieb von Werkstätten zum Betriebsunterhalt und Anlagenbau genannt worden. Nach dem Mietvertrag sei jede Ablagerung gefährlicher Abfälle unzulässig. Der Beschwerdeführer habe derartigen Ablagerungen niemals zugestimmt und sie auch nicht geduldet. Nachdem sich herausgestellt habe, daß durch die Bestandnehmerin derartige Ablagerungen vorgenommen worden seien, sei deren Geschäftsführer mehrfach und wiederholt dringend ersucht worden, die gefährlichen Abfälle zu beseitigen. Diesen Aufforderungen sei keine Folge geleistet worden. Von einer freiwilligen Duldung der Ablagerung gefährlicher Abfälle könne somit keine Rede sein. Der Beschwerdeführer habe auch alle ihm zumutbaren Abwehrmaßnahmen gesetzt. Er habe auch das Bestandsverhältnis mit der Mieterin aufgelöst. Weder diese noch deren Gesellschafter hätten jedoch die Liegenschaft geräumt, sondern einfach alles stehen und liegengelassen. Weitere Abwehrmaßnahmen seien für den Beschwerdeführer nicht möglich gewesen.
Mit Bescheid vom 23. Mai 1995 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß die Frist zur Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen mit 1. August 1995 neu festgesetzt wurde.
In der Begründung wird ausgeführt, die erstinstanzliche Entscheidung gehe auf Grund des festgestellten Sachverhaltes folgerichtig davon aus, daß die E.-Metallbearbeitungs-GesmbH und deren Geschäftsführer nicht mehr in der Lage seien, die Entsorgung durchzuführen. Es sei daher auf den Liegenschaftseigentümer zu greifen. Aus der Aktenlage gehe zweifelsfrei hervor, daß der Beschwerdeführer die Art der Tätigkeit der E.-Metallverarbeitungs-GesmbH gekannt habe und daß ihm auch die Tatsache bewußt gewesen sei, daß bei dieser Tätigkeit gefährliche Abfälle anfielen und in der Betriebsanlage bis zur Entsorgung zwischengelagert würden. Wenn der Beschwerdeführer weiters behaupte, die Entsorgung sei durch die Übergabe an einen befugten Sammler erfolgt, so entspreche dies in keiner Weise dem Begriff der Entsorgung nach dem AWG, da darunter die biologische, thermische oder chemisch-physikalische Behandlung von nicht verwertbaren Abfällen vor ihrer Ablagerung zu verstehen sei. Auch dann, wenn der gefährliche Abfall auf Grund einer behördlichen Maßnahme auf ein anderes Grundstück verbracht werde, ändere dies nichts daran, daß der Adressat des Auftrages weiterhin zur Entsorgung der gefährlichen Abfälle verpflichtet sei.
Zum weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach das Mietobjekt nur für behördlich und gesetzlich zulässige Zwecke habe benutzt werden dürfen und als Zweck der Betriebsanlage die Metallbearbeitung angeführt und somit die Ablagerung von gefährlichen Abfällen unzulässig gewesen sei, werde seitens der belangten Behörde bemerkt, daß auch bei ordnungsgemäßem Betrieb etwa Metallbeschichtungsstoffe anfielen, welche eindeutig als gefährliche Abfälle einzustufen seien. Die E.-Metallbearbeitungs-GesmbH habe bereits mit Meldung vom 12. September 1984 der belangten Behörde mitgeteilt, daß cyanidhaltige Galvanikschlämme in der Betriebsanlage anfallen würden. Eine Überprüfung habe auch ergeben, daß die genannten Abfälle vom Zeitpunkt der Meldung bis zuletzt am 29. September 1993 über befugte Abfallsammler und -behandler entsorgt worden seien. Wenn diese Stoffe nach Beendigung der Tätigkeit nicht in der oben angeführten Form behandelt, sondern einfach auf dem Betriebsgrundstück abgelagert würden, gälten solche Stoffe als widerrechtlich auf einem Grundstück zurückgelassen.
Wenn vom Beschwerdeführer angeführt werde, er habe der Ablagerung weder zugestimmt noch diese geduldet, müsse dem entgegengehalten werden, daß schon durch den Abschluß eines Bestandvertrages für den in Rede stehenden Metallbearbeitungsbetrieb eine Duldung zur Zwischenlagerung derartiger Abfälle vorliege, da es beim Betriebsablauf eines Metallbeschichtungsbetriebes üblich sei, daß gefährliche Abfälle wie cyanidhaltiger Galvanikschlamm anfielen. Zumindest hätte der Beschwerdeführer bei Anwendung eines objektiven Sorgfaltsmaßstabes erkennen müssen, daß auf dem Grundstück gefährliche Abfälle anfielen und zwischengelagert würden. Der Beschwerdeführer und seine Gattin als seine Rechtsvertreterin sei bei diversen Besprechungen von der BH informiert worden, sodaß das diesbezügliche Vorbringen lediglich als Schutzbehauptung zu werten sei. Zudem sei das Vorhandensein von cyanidhaltigen Galvanikabfällen vom Beschwerdeführer in keiner Phase des Verfahrens bestritten worden.
Welche Abwehrmaßnahmen dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen seien, hänge in erster Linie von der rechtlichen Beziehung zwischen ihm und der E.-Metallbearbeitungs-GesmbH ab. Zwischen diesen Personen sei ein Bestandsvertrag abgeschlossen worden. Im Ergebnis treffe den Grundeigentümer bzw. Vermieter der Liegenschaft eine bestimmte Pflicht zur Überwachung seines in Bestand gegebenen Grundstückes. Dies ergebe sich aus der Formulierung "zumutbare Abwehrmaßnahmen" in § 18 Abs. 2 AWG. Eine Befreiung von der Tragung der Entsorgungskosten des Liegenschaftseigentümers sei demnach nur gegeben, wenn er der objektiven kaufmännischen Sorgfaltspflicht in Zusammenhang mit zumutbaren Abwehrmaßnahmen vollinhaltlich nachgekommen sei und die Abfallablagerung nicht freiwilig geduldet habe. Die belangte Behörde habe somit weiters zu prüfen gehabt, ob der Beschwerdeführer alle ihm zumutbaren Maßnahmen gesetzt habe. Nachdem der Beschwerdeführer und seine Gattin mehrfach von der BH in Besprechungen über den Fortbestand dieser Betriebsanlage eingeladen worden seien, habe der Beschwerdeführer als einzige nachweisliche Maßnahme erst am 31. Dezember 1993 einen eingeschriebenen Brief an den Geschäftsführer der E.-Metallbearbeitungs-GesmbH geschrieben und diesen aufgefordert, den in Containern gelagerten Galvanikschlamm, welcher bei der Firma B. zwischengelagert worden sei, zu entsorgen. Zuvor seien nach Angaben des Beschwerdeführers nur mündliche Aufforderungen ausgesprochen worden. Die mündlichen Aufforderungen sowie der erwähnte eingeschriebene Brief seien aus mehreren Gründen nicht geeignet, eine Haftungsbefreiung für den Grundeigentümer zu erwirken. Zunächst sei festzuhalten, daß die Aufforderung an die falsche Rechtsperson gerichtet gewesen sei. Der Besitzer der gefährlichen Abfälle sei nicht der Geschäftsführer gewesen, sondern die E.-Metallbearbeitungs-GesmbH. Weiters sei die gesetzte Maßnahme nicht ausreichend gewesen. Die Aufforderung des Beschwerdeführers durch den Brief vom 31. Dezember 1993 sei auch deshalb ungeeignet gewesen, weil die Aufforderung zu unbestimmt gewesen sei. Die bloße Ankündigung der Auflösung des Mietvertrages und auch die einseitige Auflösung des Mietvertrages reiche nicht aus, um sich einer allfälligen Haftung als Liegenschaftseigentümer zu entziehen. Vielmehr hätte der Beschwerdeführer eine Besitzstörungsklage, eine Unterlassungsklage, eine gerichtliche Räumung, etc. bei Gericht einbringen oder zumindest Anzeige an die BH erstatten müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt vor, nach § 32 Abs. 2 AWG sei es lediglich zulässig, den Eigentümer der Liegenschaft dazu zu verhalten, die Entsorgung von Abfällen zu veranlassen und durchzuführen. Die Entsorgung sei jedoch durch die von der BH veranlaßte Übergabe an den berechtigten Sammler erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt hätten sich die Abfälle auch nicht mehr auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers befunden. Auf der Basis des § 32 Abs. 2 AWG könne der Liegenschaftseigentümer mit den Kosten der Vornahme der Entsorgung durch die Behörde nicht belastet werden. Eine Aufforderung zur Entsorgung der im Bescheid genannten Abfälle sei nicht erfolgt. Auch sei die E.-Metallbearbeitungs-GesmbH als Verpflichtete eindeutig feststellbar, zur Entsorgung rechtlich (wenngleich nicht wirtschaftlich) imstande und es liege auch kein sonstiger Grund vor, die Entsorgungsverantwortlichkeit auf den Beschwerdeführer abzuschieben.
Darüber hinaus wäre eine Anordnung der Entsorgung gegenüber dem Liegenschaftseigentümer nur zulässig, wenn dieser den Ablagerungen zugestimmt oder sie freiwillig geduldet hätte oder zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen worden wären. Schon im Mietvertrag vom 22. Juni 1987 habe der Beschwerdeführer ausdrücklich vereinbart, daß das Mietobjekt nur für behördlich, gesetzlich und vertraglich zulässige Zwecke benützt werden dürfe. Zu einer derartigen gesetzeskonformen Ausübung der Erwerbstätigkeit habe es natürlich auch gehört, daß gefährliche Abfälle ordnungsgemäß entsorgt würden. Als Mietzweck seien Metallbeschichtung und Bearbeitung von Werkstücken und Serienteilen sowie der Betrieb von Werkstätten zum Betriebsunterhalt und Anlagenbau genannt worden. Jede Ablagerung gefährlicher Abfälle sei somit unzulässig gewesen. Der Beschwerdeführer habe derartigen Ablagerungen niemals zugestimmt und sie auch nicht geduldet. Nachdem sich herausgestellt habe, daß solche Ablagerungen vorgenommen worden seien, sei der Geschäftsführer der Mieterin mehrfach und wiederholt dringend ersucht worden, die gefährlichen Abfälle zu beseitigen. Die zuständige BH sei kontaktiert worden. Damit seien die zumutbaren rechtlichen Schritte gesetzt worden. Wenn im bekämpften Bescheid ausgeführt werde, schon der Abschluß des Mietvertrages stelle eine Duldung zur Zwischenlagerung cyanidhältiger Schlämme dar, sei dem entgegenzuhalten, daß aus dem Abschluß des Bestandvertrages gegebenenfalls abgeleitet werden könne, daß dem Entstehen gefährlicher Abfälle auf der Betriebsliegenschaft zugestimmt worden sei; keinesfalls zugestimmt worden sei aber der widerrechtlichen Zurücklassung und Ablagerung gefährlicher Abfälle.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Werden Problemstoffe und Altöle aus privaten Haushalten und vergleichbaren Einrichtungen nicht gemäß § 12 gelagert oder entsorgt, werden andere Abfälle - soweit für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind - oder Altöle nicht gemäß den §§ 16 bis 18 entsorgt oder werden sie entgegen den §§ 19, 20 und 28 bis 30 befördert, gelagert oder behandelt oder ist die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 geboten, so hat nach § 32 Abs. 1 AWG die Bezirksverwaltungsbehörde die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr in Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.
Ist der gemäß Abs. 1 Verpflichtete nicht feststellbar, zur Entsorgung rechtlich nicht imstande, oder kann er aus sonstigen Gründen dazu nicht verhalten werden, so ist nach § 32 Abs. 2 AWG der Auftrag unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 und 4 dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die im Abs. 1 genannten Abfälle befinden, zu erteilen; dessen Ersatzansprüche gegen den gemäß Abs. 1 Verpflichteten bleiben unberührt.
Nach § 18 Abs. 2 AWG hat nach Maßgabe des § 32 der Liegenschaftseigentümer, auf dessen Grundstück gefährliche Abfälle und Altöle widerrechtlich zurückgelassen wurden, diese, wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet hat und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat, auf seine Kosten gemäß § 17 zu entsorgen. Dies gilt auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von der Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten.
Nach § 17 Abs. 1 AWG sind gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfals so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln), daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.
Dem Beschwerdeführer wurde die Entsorgung der Abfälle, nicht die Bezahlung von Kosten für die von der BH veranlaßte Verbringung der Abfälle in ein Zwischenlager vorgeschrieben. Die Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend die Unzulässigkeit von Kostenvorschreibungen gehen daher ins Leere.
§ 18 Abs. 2 AWG sieht eine subsidiäre Haftung für den Liegenschaftseigentümer, auf dessen Grundstück gefährliche Abfälle und Altöle widerrechtlich zurückgelassen wurden, vor. Die Anknüpfung an die Liegenschaft, auf der gefährliche Abfälle widerrechtlich zurückgelassen wurden, ist unter dem Aspekt zu sehen, daß es sich bei Abfällen um bewegliche Sachen handelt (§ 2 Abs. 1 AWG), die sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten an unterschiedlichen Orten befinden können. Durch die Anknüpfung an das Grundstück, auf dem die gefährlichen Abfälle widerrechtlich zurückgelassen wurden, wird klargestellt, welcher von den Liegenschaftseigentümern, auf deren Grundstücken der Abfall sich einmal befunden hat, zur subsidiären Haftung heranzuziehen ist, nämlich jener, auf dessen Liegenschaft sich der Abfall zum Zeitpunkt der Setzung der behördlichen Maßnahmen befindet (vgl. Thienel, Abfallbehandlungsaufträge an den Liegenschaftseigentümer nach § 18 Abs. 2 AWG, in: ÖGZ 6/1992, S. 21). Die Anknüpfung an die Liegenschaft, auf der sich der widerrechtlich zurückgelassene Abfall befindet, bedeutet aber nicht, daß dann, wenn - wie im Beschwerdefall - von der Behörde wegen Gefahr in Verzug eine Zwischenlagerung veranlaßt wurde, der Liegenschaftseigentümer, auf dessen Liegenschaft die Abfälle vor der behördlichen Zwischenmaßnahme zurückgelassen wurden, nicht mehr im Wege der Haftung für die weitere Entsorgung herangezogen werden kann. Für die Annahme, der Liegenschaftseigentümer wäre in einem solchen Fall von der weiteren Entsorgung befreit, fehlt es an jeder sachlichen Rechtfertigung.
Die von der BH aus Gründen der Gefahr in Verzug veranlaßte Zwischenlagerung stellt nur eine vorübergehende Maßnahme dar; der Beschwerdeführer kann daher für die weiteren Entsorgungsschritte - bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen - herangezogen werden.
Die belangte Behörde hat - vom Beschwerdeführer unwidersprochen - festgestellt, daß der Verursacher der rechtswidrigen Ablagerungen zur Entsorgung aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist. § 32 Abs. 2 AWG sieht eine subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers nicht nur dann vor, wenn der gemäß Abs. 1 Verpflichtete nicht feststellbar oder zur Entsorgung rechtlich nicht imstande ist, sondern auch dann, wenn er aus sonstigen Gründen nicht zur Entsorgung verhalten werden kann. Aus sonstigen Gründen kann der Verpflichtete u.a. auch dann nicht zur Entsorgung verhalten werden, wenn er wirtschaftlich dazu nicht in der Lage ist.
Die Entsorgung darf dem Liegenschaftseigentümer nach § 18 Abs. 2 AWG nur dann aufgetragen werden, wenn er entweder der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet hat und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Der Umstand, daß "Zustimmung" und "Duldung" nebeneinander ausdrücklich genannt sind, ließe eine Deutung dahin zu, daß unter "Zustimmung" nur ausdrückliche Willenserklärungen zu verstehen sind, während "Duldung" konkludente Willenserklärungen erfaßt (vgl. Tienel, a. a.O., S. 23). Die Bestimmung könnte - von ihrem Wortlaut her - aber auch so gedeutet werden, daß mit "Zustimmung" ausdrückliche und konkludente Willenserklärungen gemeint sind (vgl. in diesem Sinn Hauer, Die öffentlich-rechtliche Verantwortung des Eigentümers belasteter Liegenschaften im Umweltrecht, S. 68, sowie Schröfl, Die Haftung des Unternehmens- und Liegenschaftserwerbers für Altlasten, ecolex 1990, S. 254 ff), während "Duldung" die bloße Unterlassung der Geltendmachung möglicher Abwehrrechte meint (vgl. Onz, Liegenschaftseigentum und Haftung, S. 104, unter Berufung auf Kerschner, Zivilrechtliche Haftpflichtfragen der Abfallwirtschaft und Altlastensanierung, in: Funk, Abfallwirtschaftsrecht, S. 223, FN 85). Bei letzterer Definition der Duldung stellt sich allerdings die Frage, was unter der Unterlassung der Geltendmachung möglicher Abwehrrechte zu verstehen ist, mit anderen Worten, ob das Vorliegen einer Duldung schon dann ausgeschlossen ist, wenn der Liegenschaftseigentümer zu erkennen gibt, daß er mit der Ablagerung nicht einverstanden ist - etwa durch eine Aufforderung an den Ablagerer, diese zu unterlassen - oder ob nur wirksame Abwehrmaßnahmen das Vorliegen einer Duldung ausschleßen.
§ 18 Abs. 2 AWG normiert als Voraussetzung für die subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers die freiwillige Duldung der Ablagerung und die Unterlassung zumutbarer Abwehrmaßnahmen als unabhängig nebeneinander bestehende Tatbestandselemente, die kumulativ vorliegen müssen, soll der Liegenschaftseigentümer zur Haftung herangezogen werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0055). Damit verbietet sich aber eine Deutung des § 18 Abs. 2 AWG in dem Sinne, daß eine freiwillige Duldung immer dann vorliegt, wenn vom Liegenschaftseigentümer keine wirksamen Abwehrmaßnahmen gegen eine Lagerung ergriffen werden, da ansonsten das als selbständiges Tatbestandselement formulierte Kriterium der Unterlassung zumutbarer Abwehrmaßnahmen überflüssig wäre. Hätte der Gesetzgeber eine Haftung des Liegenschaftseigentümers schon für den Fall bloßer Unterlassung wirksamer Abwehrmaßnahmen statuieren wollen, dann hätte es ausgereicht, dies als einziges Haftungskriterium zu normieren; die Erwähnung der Zustimmung und der Duldung sowie der Unterlassung zumutbarer Abwehrmaßnahmen als eigenständiges zusätzliches Kriterium hätte in diesem Fall unterbleiben können.
Gegen die Möglichkeit der Deutung der "freiwilligen Duldung" als bloße - nicht den Grad einer konkludenten Willenserklärung (Zustimmung) erreichende - Hinnahme der Ablagerung von Abfällen, die bereits dann nicht mehr gegeben ist, wenn der Liegenschaftseigentümer auch nur zu erkennen gibt, daß er damit nicht einverstanden ist, sprechen ebenfalls mehrere Gründe. Eine solche Interpretation würde bedeuten, daß die bloße - unbeeinspruchte - Kenntnis des Liegenschaftseigentümers von der Ablagerung eine freiwillige Duldung darstellen würde. Daß eine bloße Kenntnis des Liegenschaftseigentümers von einer Ablagerung aber nicht das Tatbestandselement der freiwilligen Duldung erfüllt, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0055, ausgesprochen. Überdies wäre bei einer solchen Interpretation unverständlich, welche Bedeutung die ausdrückliche Anführung der Zustimmung in § 18 Abs. 2 AWG haben sollte, da die Fälle der Zustimmung ohnedies unter einen derart weit verstandenen Begriff der freiwilligen Duldung fielen. Der Begriff der "freiwilligen Duldung" ist daher als konkludente Zustimmung zur Ablagerung zu verstehen.
Der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Abschluß des Mietvertrages über die Nutzung der Liegenschaften des Beschwerdeführers durch die E.-Metallbearbeitungs-GesmbH stellt aus mehreren Gründen weder eine Zustimmung noch eine freiwillige Duldung der Ablagerung der in Rede stehenden Abfälle dar.
Nach § 18 Abs. 2 AWG muß sich die Zustimmung oder die freiwillige Duldung auf eine Ablagerung beziehen. Das AWG verwendet den Begriff "ablagern" und "Ablagerung" an mehreren Stellen, wobei sich aus dem Wortsinn und aus dem Zusammenhang, in dem diese Begriffe verwendet werden, ableiten läßt, daß eine Ablagerung dann vorliegt, wenn sie nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer erfolgt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, Zl. 95/07/0113). Verwendet der Gesetzgeber einen Begriff mehrmals, ohne ihn an einzelnen Stellen verschieden zu umschreiben, so ist davon auszugehen, daß er dasselbe meint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1973, Slg. N.F. 8474/A, u.a.). Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber mit "Ablagerung" im § 18 Abs. 2 AWG einen anderen Begriffsinhalt verbunden hätte als an anderen Stellen, wo er diesen Begriff verwendet, lassen sich nicht finden. Die Auffassung von Hauer (a.a.O., S. 16), der Begriff der Ablagerung im § 18 Abs. 2 AWG sei nicht im engen, technischen Sinn zu verstehen, sondern erfasse auch jede Verwendung der Liegenschaft zur bloß vorübergehenden Aufbewahrung, kann daher nicht geteilt werden. Gegen diese Auffassung spricht auch der Umstand, daß die Vorläuferbestimmung des § 18 Abs. 2 AWG, nämlich § 4 Abs. 2 SAG, "den Liegenschaftseigentümer, auf dessen Grundstück Sonderabfälle zurückgelassen wurden,... soweit der Sonderabfallbesitzer die Liegenschaft mit Zustimmung
ihres Eigentümers ..... zur Sammlung oder Lagerung von
Sonderabfällen nutzte" für die Entsorgung einstehen ließ. Wenn der Gesetzgeber diesen umfassenden Begriff durch den engeren der Ablagerung ersetzte, dann kann nicht davon ausgegangen werden, dieser Wechsel in der Terminologie sei ohne Bedeutung.
Die belangte Behörde geht selbst in ihrem angefochtenen Bescheid davon aus, daß durch den Mietvertrag die Zwischenlagerung gestattet worden sei. Da sich aber die Zustimmung oder die freiwillige Duldung auf die Ablagerung beziehen muß, erfüllt der Mietvertrag nicht den Tatbestand des § 18 Abs. 2 AWG.
Außerdem wurde im Mietvertrag eine gesetzeskonforme Nutzung der Liegenschaft vereinbart. Die in Rede stehende Ablagerung durch die Mieterin ist rechtswidrig. Sie ist daher vom Mietvertrag nicht umfaßt.
Auch sonstige Anhaltspunkte für eine Zustimmung oder freiwillige Duldung im Sinne einer konkludenten Zustimmung lassen sich aus dem Akt nicht erkennen.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995070112.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
19.12.2012