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L82407 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Tirol;Norm
AWG Tir 1990 §23 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Deponie R-Gesellschaft m.b.H. in K i.T., vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. Juni 1995, Zl. U-3362/471, betreffend Erteilung geschäftlicher Auskünfte, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 23 Abs. 3 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 50/1990, dazu verpflichtet, binnen drei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides die an die Deponie R. angelieferten Abfallmengen des Jahres 1993 der belangten Behörde in näher bezeichneter Weise bekannt zu geben. Begründet wurde dieser Bescheid damit, daß es in Zusammenhang mit dem Deponietarif betreffend die Deponie R. erforderlich sei, Auskünfte über die entsprechend aufgeschlüsselten Abfallmengen des Jahres 1993 "vorzulegen". Dies sei für die Deponiebetreiberin auch nicht mit besonderen Aufwendungen verbunden, da sie gemäß § 14 AWG ohnehin verpflichtet sei, entsprechende Aufzeichnungen zu führen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Aufhebung des Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt; die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf als verletzt, zur Erteilung der begehrten Auskünfte nicht ohne gesetzliche Grundlage verpflichtet zu werden.
Die belangte Behörde hat Teile der bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Bestimmung des § 23 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 50/1990, auf welche die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid gestützt hat, hat folgenden Wortlaut:
§ 23
Tarife für Behandlungsanlagen und Deponien
(1) Die Inhaber von öffentlichen Behandlungsanlagen und Deponien haben die Entgelte für die Behandlung bzw. für die Ablagerung von Abfällen in einem Tarif festzulegen.
(2) Die Tarife nach Abs. 1 bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung ist mit schriftlichem Bescheid zu erteilen, wenn die im Tarif festgelegten Entgelte betriebswirtschaftlich angemessen sind.
(3) Die Inhaber von öffentlichen Behandlungsanlagen und Deponien haben den Organen der Landesregierung die zur Überprüfung der Angemessenheit der Tarife erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihnen Einsicht in die entsprechenden Geschäftsunterlagen zu gewähren."
Die Beschwerdeführerin bringt vor, es habe ihr die belangte Behörde mit Bescheid vom 17. November 1993 eine bis 31. Dezember 1998 befristete Tarifgenehmigung erteilt. Dieses Beschwerdevorbringen wird von der belangten Behörde in der Gegenschrift als richtig zugestanden. Damit ist das Schicksal des angefochtenen Bescheides aber mit dem Ergebnis seiner Aufhebung entschieden. Der Beschwerdeführerin ist nämlich darin beizupflichten, daß der von der belangten Behörde zur Stützung des angefochtenen Bescheides herangezogenen Bestimmung des § 23 Abs. 3 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes eine Pflicht der Inhaber von öffentlichen Behandlungsanlagen und Deponien zur jederzeitigen Auskunfterteilung und Einsicht in die entsprechenden Geschäftsunterlagen nicht entnommen werden kann. Die den betroffenen Unternehmen in der genannten Gesetzesstelle auferlegte Obliegenheit ist lediglich für den Zweck des im § 23 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes geregelten Tarifgenehmigungsverfahrens als normiert zu erkennen und soll lediglich im Rahmen eines solchen Verfahrens der Tarifgenehmigungsbehörde den Zugang zu jenen betriebswirtschaftlichen Daten betroffener Unternehmen ermöglichen, anhand deren sich die betriebswirtschaftliche Angemessenheit zur Genehmigung eingereichter Tarife beurteilen läßt. Daß ein solches Tarifgenehmigungsverfahren zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht anhängig war, ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht strittig. Für den außerhalb eines solchen Tarifgenehmigungsverfahrens von der belangten Behörde der Beschwerdeführerin gegenüber erlassenen Auftrag fehlte es an einer Grundlage im Gesetz. Die von der belangten Behörde vorgenommene Interpretation der Bestimmung des § 23 Abs. 3 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes im Sinne einer auch außerhalb eines anhängigen Tarifgenehmigungsverfahrens und somit jederzeit bestehenden Auskunfts- und Einsichtsgewährungspflicht von Inhabern öffentlicher Behandlungsanlagen und Deponien ist durch den Wortlaut ("zur Überprüfung der Angemessenheit der Tarife") nicht geboten, widerspricht der Methode der systematischen Gesetzesauslegung nach dem Kontext der herangezogenen Bestimmung mit den ersten beiden Absätzen des § 23 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes und findet auch bei Anwendung der Methode der historischen Interpretation durch den Inhalt der Gesetzesmaterialien keine Deckung.
Der angefochtene Bescheid erwies sich mangels Bestehens einer Rechtsgrundlage für den darin ausgesprochenen Auftrag somit als inhaltlich rechtswidrig und war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens gründet sich auf überhöht verzeichneten Stempelgebührenaufwand; Stempelgebühren waren nämlich nur für die in lediglich zweifacher Ausfertigung zu überreichende Beschwerde und für den in lediglich einfacher Ausfertigung anzuschließenden angefochtenen Bescheid zuzusprechen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995070135.X00Im RIS seit
20.11.2000