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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 6. Oktober 1993, Zl. 710.932/04-OAS/93, betreffend Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft L (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft L, vertreten durch den Obmann, dieser vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 27. November 1985 erließ das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (AB) den Regulierungsplan für die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP). Zu dem mit "Gebiet" überschriebenen Spruchpunkt I. der Haupturkunde traf die AB die Feststellung, daß das Regulierungsgebiet aus sämtlichen in EZ 327 II KG S. vorgetragenen Grundstücken, und zwar Gst.Nr. 239 Baufläche, Gst.Nr. 6711/1 A und Gst.Nr. 6713 Sonstige (unproduktiv) in näher bezeichnetem Flächenausmaß bestehe; gleichzeitig stellte die AB gemäß § 37 Abs. 1 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978, LGBl. Nr. 54, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 18/1984, (TFLG 1978) fest, daß diese Grundstücke agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 33 Abs. 1 TFLG 1978 darstellten und im Eigentum der MP stünden.
Auf Grund der Berufung einer Verfahrenspartei hob der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) mit Bescheid vom 17. April 1986 diesen Spruchpunkt I. der Haupturkunde des Regulierungsplanes gemäß § 66 Abs. 2 AVG auf und verwies die Angelegenheit in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Bescheiderlassung an die AB zurück. Die im Verfahren mehrfach angekündigte Klärung der Frage, ob auch Teile der Grundparzelle 6708 zum Regulierungsgebiet gehörten, sei bislang unterblieben und nur nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung möglich, führte der LAS zur Begründung dieser Entscheidung aus.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung traf die AB mit Bescheid vom 4. August 1989 eine Entscheidung dahin, daß sie zu Spruchpunkt I. der Haupturkunde des Regulierungsplanes in einem Unterabschnitt 1) den vom LAS behobenen Abspruch wiederholte und in einem Unterabschnitt 2) die Entscheidung der strittigen Eigentumsfrage über Teilflächen der Gp. 6708 in EZ 591 II KG S. gemäß § 59 AVG einem gesonderten Bescheid vorbehielt.
Diesen Bescheid erließ die AB am 13. Februar 1992 mit folgendem Spruch:
"(Die AB) entscheidet in Ergänzung des Regulierungsplanes für die (MP) vom 27.11.1985, ..., Punkt I.1., abgeändert durch den Bescheid "Anhang I" vom 4.8.1989, ..., gemäß § 65 Abs. 2 lit. b Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978, LGBl. Nr. 54, i.d.F. LGBl. Nr. 18/1984, (TFLG.) in Verbindung mit § 38 Abs. 1 und § 72 Abs. 5 lit. a leg. cit. wie folgt:
Es wird festgestellt, daß die laut Servitutenregulierungsurkunde vom 28.12.1867, verfacht 25.2.1868 - folio 36, Verfachbuch III. Teil samt beiliegender Skizze mit lit. A, B bezeichneten Teilflächen der ehemaligen Gp. 6708 KG S. (heute Gpn. 6708/1/2/3 in EZ 591 GB S.) keine agrargemeinschaftlichen Liegenschaften sind und im Eigentum der (Beschwerdeführerin) stehen.
Die der zitierten Servitutenregulierungsurkunde beiliegende Planskizze bildet einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides."
In der Begründung ihres Bescheides führte die AB im wesentlichen folgendes aus:
Es treffe zwar zu, daß die vom Streit zwischen der Beschwerdeführerin und der MP betroffenen Flächen nach dem Inhalt der Servitutenregulierungsurkunde vom 28. Dezember 1867 als im Eigentum der nunmehrigen MP stehend angeführt worden seien. Entgegen dem Inhalt dieser Servitutenregulierungsurkunde sei im Grundbuchsanlegungsprotokoll aber die Gp. 6708 zur Gänze der Beschwerdeführerin zugeschrieben worden. Zwar könne auf Grund dieses Umstandes allein das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin an den Teilflächen A und B noch nicht begründet werden, weil das Grundbuch über die Gestalt einer Grundfläche im einzelnen keinen Aufschluß gebe, doch vertrete die Beschwerdeführerin mit Recht die Auffassung, daß auch die Servitutenregulierungsurkunde allein noch keinen Beweis für die Unrichtigkeit des Grundbuchs darstelle. Es könne nämlich nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß die strittigen Teilflächen in der Zeit zwischen der Verfassung der Urkunde im Jahre 1867 und der Grundbuchsanlegung im Jahre 1909 wieder zurück ins Eigentum der Beschwerdeführerin übertragen worden seien. Aus dem Grundbuchsanlegungsprotokoll ergebe sich, daß die Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1867 bei der Grundbuchsanlegung zur Eintragung der zugunsten der MP unter anderem auf der Gp. 6708 bestehenden Holzbezugsrechte herangezogen worden sei und zum damaligen Zeitpunkt somit allen Beteiligten bekannt gewesen sein mußte. Daß der für das vorliegende Verfahren maßgebliche Teil der Urkunde, nämlich die Feststellung, daß die Teilflächen A und B der Gp. 6708 im Eigentum der MP stünden, bei der Grundbuchsanlegung einfach übersehen worden sei, müsse nach Meinung der AB ausgeschlossen werden. Diese Flächen seien nicht nur in der Urkunde, sondern auch der im Anhang der Urkunde beigeschlossenen Skizze detailliert beschrieben und graphisch dargestellt. Wäre bei der Beurteilung der Eigentumsverhältnisse an der Gp. 6708 zum Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung ausschließlich die Servitutenregulierungskunde aus dem Jahre 1867 maßgeblich gewesen, dann hätte die MP gemäß den damals in Geltung stehenden Bestimmungen über die Anlegung von Grundbüchern und die innere Einrichtung derselben gewiß von ihrem Recht Gebrauch gemacht, gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit des Besitzbogens Einwendungen zu erheben. Die in der Servitutenregulierungsurkunde beschriebenen Teilflächen A und B seien nämlich nicht in den Besitzbogen der MP aufgenommen worden. Das Unterlassen derartiger Einwendungen durch die MP lege den Schluß nahe, daß die MP bereits zum Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung nicht mehr Eigentümerin der strittigen Teilflächen gewesen sei, weshalb es dem damaligen Willen der Parteien entsprochen haben müsse, die gesamte Gp. 6708 - einschließlich der Teilflächen A und B - der Beschwerdeführerin zuzuschreiben. Durch Ersitzung könne die MP Eigentum an den betroffenen Teilflächen zum Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung nicht erworben haben, weil das Beweiden einer Grundfläche zum Erwerb des Sachbesitzes nicht ausreiche.
Der gegen diesen Bescheid von der MP erhobenen Berufung gab der LAS mit Bescheid vom 10. Dezember 1992 dahin Folge, daß er feststellte, daß die im bekämpften Bescheid der AB genannten Grundflächen agrargemeinschaftliche Grundstücke seien und im Eigentum der MP stünden. In der Begründung seines Bescheides stützte der LAS zunächst die Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung des Streitfalles auf die Bestimmungen der §§ 64 und 51 TFLG 1978 und legte in der Sache folgendes dar:
Die Servitutenregulierungsurkunde vom 28. Dezember 1867, verfacht am 25. Februar 1868, regle die Rechtsbeziehungen hinsichlich der Weide und des Holzbezuges der nunmehrigen MP. Nach dem Inhalt dieser Urkunde gehöre zum belasteten Gebiet der Beschwerdeführerin, auf welches sich die Servitutsrechte der MP erstreckten, auch die Gp. 6708, wobei in der Servitutenregulierungsurkunde ausdrücklich bestimmt worden sei, daß die beim belasteten Objekt aus Parzelle Nr. 6708 ausgeschiedenen und in der beiliegenden Skizze mit A und B bezeichneten Weideflächen in ihrer obbeschriebenen Begrenzung und Ausdehnung ebenfalls zum berechtigten Objekt gehörten und Eigentum der berechtigten Alpbesitzer von L. seien. Damit sei das Eigentumsrecht an den betroffenen Teilflächen ausdrücklich für die heutige MP anerkannt worden, was den maßgeblichen Eigentumstitel für die MP an diesen Teilflächen darstelle. Daß die Beschwerdeführerin nach dem Grundbuchsanlegungsprotokoll vom 18. Oktober 1909 auf Grund der Forsteigentumspurifikationstabelle vom 14. Juli, verfacht am 12. September 1848, als Eigentümerin der gesamten Gp. 6708 eingetragen und dabei offensichtlich nicht berücksichtigt worden sei, daß Teile dieser Grundparzelle im Eigentum der nunmehrigen MP stünden, könne daran nichts ändern. Die bloße Grundbuchsanlegung könne den für den Eigentumserwerb erforderlichen Titel im Sinne des § 380 ABGB nicht ersetzen. Die Unterlassung eines Widerspruches und die Versäumung der Ediktalfrist habe nur die Verwirkung des Rechtes auf Geltendmachung der anzumeldenden Ansprüche gegenüber denjenigen Personen zur Folge, die Rechte auf der Grundlage der in dem neuen Grundbuch enthaltenen und nicht bestrittenen Eintragungen im guten Glauben erworben hätten. Die unangefochtene Eintragung schließe aber nicht aus, daß sie so wie jede andere grundbücherliche Eintragung aus materiell-rechtlichen Gründen im Rechtsweg angefochten werden könne. Der Oberste Gerichtshof habe in SZ 38/206 ausgesprochen, daß eine im Richtigstellungsverfahren unterlassene Anfechtung nur die formelle Rechtskraft einer bei Anlegung des Grundbuches erfolgten Eintragung zur Folge habe, den materiell Berechtigten aber nicht hindern könne, seine Rechte im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. Dies erlaube der MP, ihre Rechte an den Teilflächen A und B der Gp. 6708 auf Grund der Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1867 nach wie vor geltend zu machen. Dies wäre der MP nur dann verwehrt gewesen, wenn ein Dritter im Vertrauen auf die formell rechtskräftige Grundbuchsanlegung Eigentum an den strittigen Flächen erworben hätte, was jedoch nicht der Fall sei. Aus dem Umstand der dem Inhalt der Servitutenregulierungsurkunde widersprechenden Grundbuchsanlegung und dem damaligen Schweigen der nunmehrigen MP zu dieser Grundbuchsanlegung seien die von der AB gezogenen Schlüsse deswegen nicht zu ziehen, weil die Servitutenregulierungsurkunde in der Hauptsache die Servitutsrechte an Weide und Holz geregelt und insoweit auch die Grundlage für die Eintragung der betroffenen Dienstbarkeit gebildet habe, während die Feststellung des Eigentumsrechtes der nunmehrigen MP an den Teilflächen A und B lediglich in einer Nebenbestimmung der Servitutenregulierungsurkunde enthalten gewesen und deshalb offensichtlich übersehen worden sei, was für die Organe der Grundbuchsanlegung in gleicher Weise gelte wie für die aus der Servitutenregulierungsurkunde Berechtigten. Es sei die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, einen von der Servitutenregulierungsurkunde abweichenden Eigentumstitel für die strittigen Teilflächen nachzuweisen; der einzige zuverlässige Titel für das Eigentum an den umstrittenen Flächen werde durch die genannte Servitutenregulierungsurkunde gebildet, weshalb das Eigentum an den betroffenen Flächen der MP zuzusprechen gewesen sei.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß die Grundbuchseintragung auf Grund des Grundbuchsanlegungsprotokolles rechtsbegründend gewirkt habe. Darüber hinaus verwies sie auf eine Servitutenregulierungsurkunde vom 25. Oktober 1901, in welcher die Grundparzelle Nr. 6708 ausdrücklich als ihr eigentümlich gehörig bezeichnet werde, woraus sich ergebe, daß jedenfalls zum Zeitpunkt des Ergehens dieser Regulierungsurkunde vom 25. Oktober 1901 kein Zweifel bestanden habe, daß diese Grundparzelle in ihrem Eigentum stehe. Das in dieser Urkunde angegebene Flächenausmaß der Grundparzelle Nr. 6708 stimme genau mit jenem überein, wie es sich für diese Parzelle in dem aus Anlaß ihrer Teilung erstellten Anmeldungsbogen Nr. 10/1967 ergebe. Die Bestimmung in der Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1867, auf welche die MP sich berufe, sei damit obsolet. Es vertrete die Beschwerdeführerin zudem die Ansicht, daß im zweiseitigen Agrarverfahren die allgemeinen Beweislastregeln heranzuziehen seien, wonach derjenige, der ein Recht in Anspruch nehme, die rechtsbegründenden Tatsachen beweisen müsse. Die Beschwerdeführerin könne sich auf Grund der Grundbuchseintragung schon auf den Anscheinsbeweis für ihr Eigentum an der gesamten Gp. 6708 berufen, während der MP der Beweis ihres Eigentumsrechtes an den strittigen Teilstücken dieser Parzelle nicht gelungen sei.
Die belangte Behörde wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des LAS vom 10. Dezember 1992 als unbegründet ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides trat die belangte Behörde der vom LAS gefundenen rechtlichen Beurteilung bei. Der grundbücherlichen Ersichtlichmachung des Eigentums komme wohl die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zu, die gemäß § 47 AVG in Verbindung mit § 292 Abs. 1 ZPO vollen Beweis dessen mache, was darin vom Gericht bezeugt werde. Gemäß § 47 AVG in Verbindung mit § 292 Abs. 2 ZPO sei aber der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsache zulässig. Daß eine im Zuge der Grundbuchsanlegung erfolgte Eintragung trotz unterlassener Anfechtung den materiell Berechtigten nicht hindern könne, sein Recht im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, habe der LAS in Einklang mit der von ihm zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend erkannt. Die Eintragungen aus Anlaß der Grundbuchsanlegung aus dem Jahre 1909 hätten sich bezüglich des Eigentums auf die Forsteigentumspurifikationstabelle vom 14. Juli 1848, verfacht am 12. September 1848, gestützt, nach welcher die gesamte Gp. 6708 als Eigentum der Beschwerdeführerin eingetragen gewesen sei. Die Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1867 sei lediglich zur Eintragung der Servituten herangezogen worden. Daß der in der Servitutenregulierungsurkunde des Jahres 1867 bezeugte Eigentumsübergang an den Teilflächen A und B des Grundstückes Nr. 6708 an die MP bei der Grundbuchsanlegung offensichtlich übersehen worden sei, habe der LAS zutreffend so beurteilt. Dieses Übersehen erscheine auch plausibel, weil Eigentumsübertragungen in Servitutenregulierungsurkunden nicht regelmäßig aufzuscheinen pflegen. Es habe die Grundbuchsanlegung im Jahre 1909 mit der bezüglich der Eigentumsverhältnisse allein vorgenommenen Berücksichtigung der Forsteigentumspurifikationstabelle aus dem Jahre 1848 nicht den damals aktuellen Stand der Rechtsverhältnisse wiedergegeben. Daß sich seit dem Jahre 1867 eine Änderung der Eigentumsverhältnisse ergeben habe, sei nicht hervorgekommen. Der Verweis der Beschwerdeführerin auf die Servitutenregulierungsurkunde vom 25. Oktober 1901 sei nicht geeignet, eine solche Änderung der Eigentumsrechtslage seit dem Jahre 1867 zu erweisen, weil diese Regulierungsurkunde, in welcher die gesamte Grundparzelle 6708 als der Beschwerdeführerin eingentümlich zugehörig bezeichnet werde, andere Servitutsrechte betreffe, die mit dem vorliegenden Verfahren nichts zu tun hätten; es werde auch von einem Eigentumsübergang in dieser Urkunde nicht gesprochen und es berufe sich auch das Grundbuchsanlegungsprotokoll auf diese Urkunde nicht. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin über die im Verfahren anzuwendenden Beweislastregeln sei nicht beizupflichten, weil sich aus den im § 39 AVG verankerten Grundsätzen der Offizialmaxime und der materiellen Wahrheit ergebe, daß die Behörde nach den betreffenden gesetzlichen Vorschriften zu bestimmen habe, was zu beweisen sei und wer für die Herbeischaffung der Beweise zu sorgen habe. Nichts zu gewinnen sei letztlich auch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin darüber, daß die heute in die Grundparzellen Nr. 6708/1, /2 und /3 unterteilte Grundparzelle Nr. 6708 genau jenes Ausmaß aufweise, welches in der Urkunde aus dem Jahre 1901 erwähnt sei. Zum einen seien die Teilflächen A und B, welche in der Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1867 klar beschrieben seien, mit einer der Unterteilungen 6708/1, /2 oder /3, nicht identisch und zum anderen habe sich das Ausmaß der gesamten Grundparzelle 6708 ohnehin nicht geändert und entspreche auch dem in der Urkunde des Jahres 1867 erwähnten Umfang, wobei das Flächenausmaß der damals ins Eigentum der nunmehrigen MP übertragenen Teilflächen ebenso genau bestimmt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf als verletzt anzusehen, daß das Begehren der MP auf Feststellung ihres Eigentumsrechtes an den betroffenen Flächen abgewiesen werde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Den gleichen Antrag hat die MP in der von ihr erstatteten Gegenschrift gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bei der Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte ist gemäß § 63 TFLG 1978 unter anderem auch die Feststellung der Grenzen des Gebietes und der zugehörigen Grundstücke. Nach § 64 leg. cit. sind im Regulierungsverfahren unter anderem auch die Bestimmungen der §§ 50 bis 56 TFLG 1978 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 51 TFLG 1978 hat die Agrarbehörde nach der Feststellung der dem Einleitungsbescheid entsprechenden Umfangsgrenzen des Gebietes weiters festzustellen, ob die Agrargemeinschaft außer den im Einleitungsbescheid angeführten Grundstücken noch andere Liegenschaften oder bewegliches Vermögen besitzt, welches Eigentum in das Verfahren einzubeziehen ist.
Der nach § 65 Abs. 1 TFLG 1978 zu erlassende Regulierungsplan hat gemäß § 65 Abs. 2 lit. b leg. cit. unter anderem auch die Entscheidung nach den §§ 33, 34 und 38 Abs. 1 TFLG 1978 zu enthalten.
Nach § 38 Abs. 1 TFLG 1978 schließlich hat die Agrarbehörde festzustellen, welche Liegenschaften agrargemeinschaftliche Liegenschaften sind und wem sie gehören, insbesondere ob das Eigentum daran mehreren Parteien als Miteigentümern oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht.
Auf der Basis dieser gesetzlichen Bestimmungen oblag der Agrarbehörde die Entscheidung über die im Zuge des Regulierungsverfahrens strittig gewordene Frage des Eigentumsrechtes der MP an den vom Streit betroffenen Grundflächen von Amts wegen, ohne daß es hiezu eines ausdrücklichen Feststellungsantrages der MP bedurft hätte. Angesichts des Vorliegens difformer Entscheidungen hat auch die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zur Entscheidung aus dem Grunde des § 7 Abs. 2 Z. 1 AgrBehG 1950 mit Recht in Anspruch genommen.
Die belangte Behörde hat im Einklang mit dem LAS den Bestimmungen der Servitutenregulierungsurkunde vom 28. Dezember 1867 die Qualität eines Eigentumstitels der nunmehrigen MP an den vom Streit betroffenen Grundflächen zuerkannt. Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde vor, zu dieser Beurteilung auf Grund einer unrichtigen Interpretation der betroffenen Regulierungsurkunde gelangt zu sein. Der Vorwurf ist unberechtigt, wie sich aus dem im folgenden auszugsweise wiedergegebenen Text der in Abschrift in den Akten erliegenden interpretierten Urkunde ergibt:
"I. Belastetes Objekt ist der sogenannte K.-Wald der Gemeinde S., welcher im Steuerkataster der Gemeinde S. nicht erscheint, im Grundparzellenprotokolle derselben Gemeinde jedoch unter Parz.Nr. 6705, 6708 und 6709 mit einem Gesamtflächeninhalte von 458 Joch 199 Quadratklafter verzeichnet ist;
Bezüglich des belasteten Objektes wird auf Grund der von den Partheien selbst vorgenommenen Ausscheidung der Weide und Waldflächen die Katastralmappe berichtiget wie folgt:
...
In der Parz.Nr. 6708 mit einem Flächeninhalte von 101 Joch 177 Quadratklafter befinden sich zwei Weideflächen u. zwar die erste Weidefläche beginnt 250 Klafter vom östlichen Anfange der Parz.Nr. beim L.-Bache u. hat eine Breite dem Bache entlang von 78 Klafter u. läuft in derselben Breite südwestlich bis zur eigentlichen Alpe Parz.Nr. 6711. Die beiläufige Ausdehnung dieser Fläche beträgt 14 Joch u. 1000 Quadratklafter. -
Die zweite Weidefläche in dieser Parz.Nr. beginnt beinahe in der gleichen Höhe mit der ersten u. westlich von dieser gelegen nach 156 Klafter beiläufig 40 Klafter südlich des K.-Baches u. hat einen nordöstliche Breite von 129 Klafter, in welcher Breite sie ebenfalls wieder bis zur eigentlichen L.-Alpe Parz.Nr. 6711 in südwestlicher Richtung läuft. -
Der Flächeninhalt dieser Weidefläche beträgt 29 Joch u. 400 Quadratklafter. -
Diese beiden Weideflächen in Parz.Nr. 6708 sind in der beiliegenden Skizze u.zw. die erste unter Lit. A, die zweite unter Lit. B verzeichnet. -
Die gesamte Parz.Nr. 6708 grenzt südlich ..., östlich ...,
nördlich ... u. westlich ... -
...
Eigenthümer der sämtlichen beschriebenen belasteten Objekte
ist unbestritten die (Beschwerdeführerin). -
II. Berechtigtes Objekt ist die sogenannte L.-Alpe, welche im Steuerkataster der Gemeinde H. unter Nr. 591 u. im Grundparz. Protokolle der Gemeinde S. unter Nr. 6711 mit einem Flächeninhalte von 474 Joch u. 46 Quadratklafter verzeichnet ist. -
Diese Parz.Nr. grenzt südwestlich u. südöstlich ...,
östlich ..., nördlich ... und westlich ...
...
Auch wird noch beigefügt, daß der beim belasteten Objekte aus Parz.Nr. 6708 ausgeschiedenen u. in der beiligenden Skizze mit Lit. A u. B bezeichneten Weideflächen in ihrer obbeschriebenen Begrenzung u. Ausdehnung ebenfalls zum berechtigten Objekte gehören u. Eigenthum der berechtigten Alpbesitzer von L. sind.
...
In dem man diesen Vereinbarungen hiemit die hierortige Genehmigung erteilt wird hievon mit dem Beifügen die Eröffnung gemacht, daß gleichzeitig die Hinterlegung eines Exemplares dieses mit einer Copie des von den Parteien beigebrachten Situationsplanes versehenen Ausfertigung in III Theile des Verfachbuches beim kk Bezirksamte S. veranlaßt wird und daß die Verhandlungsakten hierorts aufbewahrt werden.
Innsbruck, 28. Dezember 1867
von der kk. Statthalterei als Grundlastenablösungs & Regulierungslandeskommission"
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, daß die angeführten Bestimmungen dieser Servitutenregulierungsurkunde als agrarbehördlich genehmigtes Übereignungsgeschäft zu beurteilen sind, mit welchem der nunmehrigen MP ein rechtswirksamer Titel für das Eigentumsrecht an den in der Urkunde mit lit. A und B genannten Grundflächen des Grundstückes Nr. 6708 verschafft wurde. Daß die Beschwerdeführerin in der genannten Urkunde als Eigentümerin sämtlicher belasteten Objekte bezeichnet wird, widerspricht dieser Beurteilung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht, weil die Urkunde ausdrücklich darauf hinweist, daß die vom Streit betroffenen Grundflächen eben nicht mehr zum belasteten, sondern zum berechtigten Objekt gehören, weshalb die Feststellung des Eigentumsrechtes der Beschwerdeführerin an sämtlichen belasteten Objekten in der Urkunde ihren nunmehr eingenommenen Standpunkt nicht mehr tragen kann. Von der von der Beschwerdeführerin vermeinten bloß deklarativen, inhaltlich aber unrichtigen Qualität der in der Servitutenregulierungsurkunde des Jahres 1867 getroffenen Feststellungen über das Eigentumsrecht der nunmehrigen MP an den betroffenen Grundflächen kann keine Rede sein. Inhalt dieser Feststellungen war vielmehr die Beurkundung und agrarbehördliche Genehmigung eines Rechtsgeschäftes zwischen den betroffenen Parteien, welches die Übertragung des Eigentumsrechtes an den vom Streit betroffenen Grundflächen an die Vorgänger der nunmehrigen MP zum Gegenstand hatte.
Ebenso zutreffend hat die belangte Behörde beurteilt, daß aus dem Inhalt der Servitutenregulierungsurkunde vom 25. Oktober 1901 für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts gewonnen werden kann. Die Rechtsvorgänger der MP kommen in dieser Urkunde gar nicht vor, weshalb allein schon diese Urkunde keine die Beseitigung des Rechtstitels aus dem Jahre 1867 bedeutenden Rechtswirkungen entfalten hätte können. Die Anführung, daß die Grundparzelle 6708 im Ausmaß von 58,19 Hektar der Beschwerdeführerin gehöre, hat vielmehr gerade in dieser Servitutenregulierungsurkunde den Charakter einer materiell unrichtigen, weil den Rechtstitel aus dem Jahre 1867 vernachlässigenden deklarativen Feststellung. Daß das in dieser Urkunde angegebene Flächenausmaß der Gp. 6708 mit jenem übereinstimmt, welches sich für dieses Grundstück in seinem gesamten Umfang in einem aus Anlaß seiner späteren Teilung erstellten Anmeldungsbogen ergab, ist nicht verwunderlich und bei Anwendung der Denkgesetze nicht geeignet, die Tatsache zu widerlegen, daß die vom Streit betroffenen Grundflächen schon im Jahre 1867 aus der Grundparzelle Nr. 6708 ausgeschieden worden waren.
Soweit die Beschwerdeführerin schließlich auch vor dem Verwaltungsgerichtshof an ihrer Rechtsauffassung festhält, daß die Grundbuchsanlegung rechtsbegründend derart gewirkt habe, daß die MP durch Versäumung der Wahrnehmung ihrer Rechte im Zuge der Grundbuchsanlegung nicht mehr berechtigt sei, sich auf einen Rechtstitel aus dem Jahre 1867 für ihr Eigentumsrecht zu berufen, ist die Beschwerdeführerin auf die gegenteilige oberstgerichtliche Judikatur zu verweisen, auf welche die belangte Behörde sich zur Begründung ihres Rechtstandpunktes im Einklang mit dem LAS berufen konnte. Auch der Verwaltungsgerichtshof teilt den in der von den Behörden zitierten oberstgerichtlichen Judikatur ausgesprochenen Standpunkt. Mit dem Vorbringen, daß außerdem "auch anzunehmen" sei, daß in der Zeit zwischen 1867 und 1901 eine rechtswirksame Vereinbarung zwischen den Parteien zustande gekommen sei, die eine geordnete Situation bewirkt habe, und daß dieser Umstand bei der Grundbuchsanlegung berücksichtigt worden sei, begibt sich die Beschwerdeführerin auf das Gebiet der Mutmaßungen, welche nicht geeignet sein können, den urkundlich belegten Eigentumstitel der MP aus dem Jahre 1867 zu entkräften.
Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof schließlich trägt die Beschwerdeführerin ihren schon im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt zur Anwendbarkeit der allgemeinen Beweislastregeln vor, wonach sie sich auf den Anscheinsbeweis der Grundbuchseintragung ihres Eigentumsrechtes an der gesamten Gp. 6708 berufen habe können, welchen Anscheinsbeweis die MP nicht zu widerlegen vermocht habe. Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zu einem Erfolg zu führen. Jenseits der dazu von der belangten Behörde schon zutreffend erstatteten Ausführungen zur Bestimmung des § 39 AVG ist diesem Argument der Beschwerdeführerin zudem noch zu entgegnen, daß der MP die von der Beschwerdeführerin geforderte Widerlegung ihres aus dem Grundbuchsstand als gelungen behaupteten Anscheinsbeweises ihres Eigentumsrechtes an den vom Streit betroffenen Flächen durch den Hinweis auf den Inhalt der Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1867 gelungen ist, während der Beschwerdeführerin der auf der Basis ihrer verfahrensrechtlichen Rechtsanschauung dann ihr oblegene Beweis der Unwirksamkeit des von der MP vorgewiesenen Rechtstitels mißlang.
Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994; ein Zuspruch von Stempelgebühren im Rahmen des der MP zuzuerkennenden Aufwandersatzbetrages kam wegen der aus § 2 Z. 3 Gebührengesetz 1957 abzuleitenden Gebührenbefreiung der MP nicht in Betracht.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993070178.X00Im RIS seit
11.07.2001