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20/08 Urheberrecht;Norm
EStG 1972 §38 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner über die Beschwerde der C GesellschaftmbH in D, vertreten durch H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 25. Mai 1993, Zl. B 85-10/92, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1989 und 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat der Wiener Städtischen Wechselseitigen Versicherungsanstalt (in der Folge: Lizenznehmerin), die zum 31. Dezember 1991 nach dem StruktVG in die WS AG eingebracht wurde, in als Lizenzverträgen für die Nutzung und Wartung von Software-Programmen bezeichneten Verträgen das nicht ausschließliche, unbegrenzte und dauernde Recht eingeräumt, diese Programmme sowie die dazugehörigen Benutzerhandbücher auf der Datenverarbeitungsanlage in der Betriebsstätte der Lizenznehmerin zu den vereinbarten Bedingungen zu nutzen. Diesen Bedingungen zufolge verbleiben sämtliche Eigentums- und Urheberrechte an der Software bei der Beschwerdeführerin. Die Nutzung der Software darf nur durch die Lizenznehmerin und nur am vertraglich vereinbarten Einsatzort erfolgen. Eine Änderung des Einsatzortes ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Beschwerdeführerin zulässig. Die Lizenznehmerin ist verpflichtet, unmittelbar nach einer solchen Änderung die Beschwerdeführerin schriftlich davon zu informieren, daß alle Kopien am vorherigen Einsatzort vernichtet bzw. zum neuen Einsatzort gebracht worden sind. Die Lizenznehmerin ist n i c h t befugt, selbst oder durch Dritte ohne schriftliche Zustimmung der Beschwerdeführerin die Software in irgendeiner Form zu vervielfältigen, ausgenommen für Archivzwecke. Im Notfall darf zu Zwecken der Erhaltung oder Rekonstruktion ein Ausweichrechner verwendet werden. Die Software kann bei Umstellung auf eine größere CPU (MPS) und/oder zusätzliche Rechner am Einsatzort der Lizenznehmerin gegen Zahlung des entsprechenden Unterschiedesbetrages laut dann gültiger Preisliste erworben werden. Eine Weitergabe der Software einschließlich abgeleiteter Modifikationen oder Erweiterungen an im Vertrag nicht bezeichnete Rechner oder Einsatzorte oder an Dritte ist nicht gestattet.
Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen überließ die Beschwerdeführerin der Lizenznehmerin in den Streitjahren Software-Programme zur Nutzung auf deren EDV-Anlage. Für diese Umsätze beanspruchte die Beschwerdeführerin den gemäß § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 ermäßigten Steuersatz von 10 %.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid unterwarf die belangte Behörde diese Umsätze jedoch dem Normalsteuersatz von 20 %.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß die in Rede stehenden Umsätze "entgegen § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972" dem Normalsteuersatz unterworfen wurden, "obwohl die den Umsätzen der Beschwerdeführerin zugrunde liegenden Leistungen in der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus den urheberrechtlichen Vorschriften ergeben, bestehen".
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die von der Beschwerdeführerin erstattete Replik erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 unterliegt die "Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben", dem ermäßigten Steuersatz.
Die Auslegung der eben zitierten Gesetzesstelle hat sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an der urheberrechtlichen Rechtslage zu orientieren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. April 1991, Zl. 90/15/0088, m.w.N.).
Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in seinen ebenfalls auf das Urheberrechtsgesetz idF vor der UrhGNov 1993 bezugnehmenden Erkenntnissen vom 11. November 1993, Zl. 90/14/0001, und vom 18. September 1991, Zl. 88/13/0206, zu dem in § 38 Abs. 4 EStG 1972 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "Verwertung" von Urheberrechten näher ausgeführt hat, ist allen in den §§ 14 bis 18 UrhG genannten Verwertungstatbeständen gemeinsam, daß das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Zumindest ist zu fordern, daß im Vertragszeitpunkt eine entsprechende Absicht bestanden hat.
In der bloßen Benutzung von Software-Programmen zum eigenen Gebrauch liegt, wenn sie nicht zu dem Zweck vorgenommen wird, das Werk mit Hilfe des Vervielfältigungsstückes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen - siehe § 42 Abs. 1 und 2 UrhG (§ 40d Abs. 1 leg. cit. idF der UrhGNov 1993 gilt für die Streitjahre noch nicht) -, keine Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben, im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 (vgl. hiezu Röttinger, ÖJZ 1990, 33, 5.1.4., wonach die "Benutzung" eines Werkes oder eines Werkstücks keine selbständige Verwertungshandlung im Sinne des Urheberrechts ist, vielmehr nur dann der Zustimmung des Urhebers bedarf, wenn sie mit einer der in den §§ 14 bis 18 UrhG vorgesehenen Verwertungshandlungen verbunden ist).
Im Beschwerdefall beschränken sich die Vertragsbeziehungen zwischen der Beschwerdeführerin und der Lizenznehmerin nach dem unbestrittenen Sachverhalt darauf, daß diese die ihr von jener in den Streitjahren überlassenen Software-Programme für eigene Zwecke nutzen darf. Mit Ausnahme der zugelassenen Verwendung zum eigenen Gebrauch wurde der Lizenznehmerin kein Recht zur Vervielfältigung der Software-Programme und kein Recht zu ihrer Verbreitung eingeräumt.
Ein Verwertungsrecht iS der §§ 14 bis 18 UrhG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der UrhGNov 1993 liegt bei diesem Sachverhalt nicht vor. Dies hat - ohne daß noch auf das Beschwerdevorbringen, bei der Nutzung der Software-Programme durch die Lizenznehmerin kommme es jeweils beim Überspielen von der Diskette in den Massenspeicher, beim Überspielen vom Massenspeicher in den Arbeitsspeicher und beim Überspielen vom Arbeitsspeicher in das Rechenwerk (im technischen Sinn) zu Vervielfältigungen, näher eingegangen zu werden bräuchte - auf Grund des vorhin Gesagten zur Folge, daß die Nichtzuerkennung des gemäß § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 ermäßigten Umsatzsteuersatzes für die in Rede stehenden Umsätze frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit ist.
Da auch kein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte im Hinblick darauf, daß die strittige Rechtsfrage durch die Vorjudikatur klargestellt ist, gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993150121.X00Im RIS seit
07.06.2001