Norm
PVG §30Schlagworte
Vertrauenspersonen (VP); Zuständigkeit PVAB für VP; Einberufung Dienststellenversammlung; Fortführung der Geschäfte durch VP; Mitteilung Beendigung der Tätigkeit der VPText
A 21-PVAB/22
Bescheid
Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer:innen über den Antrag von 6 Antragsteller:innen, (A, B, C, D, E, F), alle Bedienstete der Verwaltung des BRG***) in Wien, vom 25. Oktober 2022, die Geschäftsführung der Vertrauensperson F wegen der Nichteinberufung einer von den Antragsteller:innen am 11. Oktober 2022 verlangten Dienststellenversammlung (DV) auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, entschieden:
1. Dem Antrag wird gemäß § 41 Abs. 1 PVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 PVG sowie § 31 Abs. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 3 PVG stattgegeben und festgestellt, dass die frühere Vertrauensperson F in gesetzwidriger Geschäftsführung unterlassen hat, die am 10. Oktober 2022 gesetzeskonform beantragte Dienststellenversammlung einzuberufen.
2. Von Amts wegen wird festgestellt, dass die frühere Vertrauensperson F entgegen § 31 Abs. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 4 PVG die Beendigung ihrer Tätigkeit nicht dem Vorsitzenden des zuständigen Zentralwahlausschusses mitgeteilt hat.
Begründung
Mit E-Mail vom 25. Oktober 2022 beantragten die Antragsteller:innen, die Geschäftsführung der Vertrauensperson (VP) wegen der Nichteinberufung einer Dienststellenversammlung (DV) zur Enthebung der VP und der Übertragung von deren Zuständigkeit auf den zuständigen Fachausschuss (FA) entgegen den Vorgaben des PVG auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen.
Die PVAB erachtete aufgrund des Antragsvorbringens samt Anlagen und der Stellungnahme der VP vom 28. Oktober 2022 samt Anlagen folgenden Sachverhalt als erwiesen:
1. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2022 an die VP beantragten die Antragsteller:innen, umgehend, jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen, eine DV zu den TOP „Enthebung der VP“ und „Übertragung von deren Zuständigkeit auf den FA Verwaltung bei der Bildungsdirektion“ einzuberufen.
2. Dieser Antrag wurde der VP am Vormittag des 11. Oktober 2022 von den Antragsteller:innen persönlich zur Kenntnis gebracht und übergeben.
3. Bis zum 25. Oktober 2022 kam VP diesem Antrag nicht nach und berief die verlangte DV nicht ein.
4. Am 10. Oktober 2022 hatte die VP an den Vorsitzenden H des DWA bei der Bildungsdirektion ein Schreiben gerichtet, in dem sie diesem bekanntgab, mit Wirksamkeit vom 26. Oktober 2022 ihr Mandat als Personalvertreterin zurückzulegen.
5. In ihrer Stellungnahme vom 28. Oktober 2022 zum Antragsvorbringen teilte die VP der PVAB unter Anschluss ihres Schreibens an H mit, am 10. Oktober 2022 als Dienststellenvertretung zurückgetreten zu sein, weshalb es ihr nicht mehr möglich gewesen wäre, die Einberufung der DV zu veranlassen.
Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen wurden den Parteien des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG mit Schriftsatz vom 2. November 2022 zur Kenntnisnahme übermittelt und ihnen Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall des Nichteinlangens einer Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist angenommen werde, es bestünden keine Einwände gegen den festgestellten Sachverhalt.
Beide Parteien haben innerhalb dieser Frist keine Einwände gegen den von der Personalvertretungsaufsichtsbehörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt erhoben. Der Sachverhalt steht somit fest.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB u.a. Personen, die die Verletzung ihrer Rechte durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines PVO behaupten. Die Antragsteller:innen sind stimmberechtigte Bedienstete der Verwaltung des BRG***) und fühlen sich durch die Geschäftsführung der VP in ihren durch das PVG gewährleisteten Rechten verletzt. Ihre Antragsberechtigung ist gegeben.
Nach § 41 Abs. 1 PVG ist die PVAB zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der PVO und nicht des Verhaltens einzelner Personalvertreter:innen zuständig. Gemäß § 3 Abs. 1 lit. b PVG zählen die VP zu den PVO und unterliegen der Prüfzuständigkeit der PVAB. Die Handlungen und Unterlassungen der VP belasten deren Geschäftsführung mit Gesetzwidrigkeit, sofern sie gegen die Vorgaben des PVG und der PVGO erfolgen.
Zu Spruchpunkt 1
Gemäß § 6 Abs. 2 PVG ist eine DV binnen zwei Wochen auch einzuberufen, wenn u.a. mehr als ein Drittel der Bediensteten die Einberufung unter Angabe des Grundes verlangt.
Im vorliegenden Fall wurde von mehr als einem Drittel der Verwaltungsbediensteten der Dienststelle am 11. Oktober 2022 verlangt, eine DV zu den TOP „Enthebung der VP“ und „Übertragung von deren Zuständigkeit auf den FA Verwaltung bei der Bildungsdirektion“ einzuberufen. Diesem Verlangen hätte die VP bis längstens 24. Oktober 2022 zu entsprechen gehabt.
Dass dies unterblieb, belastet die Geschäftsführung der VP mit Gesetzwidrigkeit, woran deren Verantwortung, dazu wegen Zurücklegung ihrer Funktion nicht mehr dazu in der Lage gewesen zu sein, nichts zu ändern vermag.
Zum einen legte die – nicht funktionsunfähige – VP ihre Funktion erst mit Wirksamkeit vom 26. Oktober 2022, also nach Ablauf der zweiwöchigen Frist für die Einberufung der DV zurück.
Zum anderen besteht nach § 31 Abs. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 3 PVG die zwingende Verpflichtung für die VP, die Geschäfte auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bis zur Neuwahl einer VP oder bis zum Beschluss der DV, deren Zuständigkeiten auf den zuständigen FA zu übertragen, weiterzuführen.
Die VP wäre daher auch bei sofortigem Rücktritt gesetzlich zur Weiterführung der Geschäfte bis zur Übertragung ihrer Zuständigkeiten auf den FA verpflichtet gewesen und hätte daher die DV nach den Vorgaben des PVG und der PVGO bis längstens 24. Oktober 2022 einzuberufen gehabt, ganz abgesehen davon, dass ihre Tätigkeit erst mit Ablauf des 26. Oktober 2022 vorzeitig beendet wurde.
Da die VP die Einberufung der DV trotz begründeten Verlangens von mehr als einem Drittel der wahlberechtigten Bediensteten unterlassen hat, hat sie ihre Geschäftsführung mit Gesetzwidrigkeit belastet.
Dadurch konnte auch der beantragte Beschluss der DV, dem zuständigen FA die Aufgaben der VP zu übertragen, nicht gefasst werden und verblieben diese Zuständigkeiten bei der VP, die sie gemäß des § 31 Abs. 2 PVG in Verbindung mit § 23 Abs. 3 PVG wahrzunehmen hatte.
Zu Spruchpunkt 2
Nach § 41 Abs. 1 PVG hat die PVAB die Aufsicht über die PVO von Amts wegen wahrzunehmen, wenn auch nur Zweifel daran bestehen, dass eine Geschäftsführungshandlung rechtmäßig war. Im vorliegenden Fall hat die VP ihren Rücktritt ohne Zweifel aktenkundig und unbestritten entgegen der Vorgabe des § 31 Abs. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 4 dem Vorsitzenden des DWA und nicht dem Zentralwahlausschuss (ZWA) mitgeteilt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 21. November 2022
Die Vorsitzende:
Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:PVAB:2022:A21.PVAB.22Zuletzt aktualisiert am
30.01.2023