TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/14 95/19/0076

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Veröffentlicht am 14.12.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
GebG 1957 §14 TP6 Abs1;
GebG 1957 §14 TP6 Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §48 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des R, vertreten durch den Magistrat der Stadt Graz (Jugendamt), Graz, Schmiedgasse 26, dieser vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. März 1995, Zl. 4.344.463/2-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag, von der Einhebung der mit der Beschwerde fälligen Gebühren abzusehen, wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. März 1995 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Mai 1994 der am 16. Mai 1994 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines liberianischen Staatsangehörigen, der am 15. Mai 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde das vom Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlich festgehaltenen Vernehmung am 16. Mai 1994 vor dem Bundesasylamt gemachte Vorbringen im wesentlichen im Bescheid dieser Behörde wiedergegeben, sodaß der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des bekämpften Bescheides erhoben werde. Bei dieser Vernehmung hatte der Beschwerdeführer - zusammengefaßt - angegeben, er habe sich im Juni 1993 in einem Lager für unterkunftslose Personen aufgehalten. In dieses Lager seien im Juni 1993 Soldaten der Regierung gekommen, hätten zu schießen begonnen und dabei einige Personen getötet. Er habe daraufhin das Lager verlassen und sich mit ca. 200 anderen Personen an verschiedenen Orten seines Heimatlandes aufgehalten. Er habe deshalb nicht versucht, Schutz bei den "ECOMOG-Truppen" zu suchen, weil trotz deren Anwesenheit im Land noch Personen getötet worden seien. Da er Zeuge des Überfalles auf das Lager gewesen sei, hätte er Angst gehabt und habe schließlich sein Land am 18. April 1994 verlassen. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung hat die belangte Behörde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer keine Umstände vorgebracht habe, die auf eine individuelle Verfolgung durch staatliche Institutionen aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe hinweisen würden. Er habe vielmehr generell und durch die von ihm vorgebrachten einzelnen Sachverhalte deutlich gemacht, daß der Grund für die Furcht, die ihn zum Verlassen seines Heimatlandes bewogen hätte, in der dort herrschenden Kriegssituation liege. Im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzung in der Heimat des Beschwerdeführers sei es auch in seinem Fall zu Übergriffen und Bedrohungen gekommen, welche jedoch nicht als Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes 1991 zu qualifizieren seien. Die Tatsache allein, daß es im Heimatland des Beschwerdeführers zu kriegerischen Handlungen komme, stelle keine gegen den Beschwerdeführer selbst konkret gerichtete Verfolgungshandlung dar. Die Begründung verweist schließlich auf die im Erstbescheid ausgeführte Begründung, "welche die Rechtslage des von ihr (der Erstbehörde) festgestellten Sachverhaltes richtig erkannt hat", und es werden in der Begründung des bekämpften Bescheides die diesbezüglichen Passagen zum Bestandteil dieses Bescheides erklärt.

Der Beschwerdeführer wendet zunächst unter dem Blickwinkel der Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegen den angefochtenen Bescheid ein, die belangte Behörde hätte es unterlassen, ihn zu befragen, ob es weitere Zeugen des Überfalls auf das Lager gegeben hätte, und ob ihm bekannt geworden sei, daß diese Zeugen verfolgt und zum Teil von Regierungssoldaten getötet worden seien. Die Behörde habe es auch unterlassen, zu fragen, ob bei dem Überfall auf das Lager "ECOMOG-Truppen" anwesend gewesen seien. Es sei der belangten Behörde die Pflicht auferlegt, gerade nach dem Grundsatz, im "Zweifel für den Asylwerber", die Ermittlungstätigkeit in jene Richtung zu lenken, daß von Amts wegen Umstände erhoben werden, die für das Vorbringen des Asylwerbers sprechen.

Diesem Vorbringen ist die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle im Asylverfahren darstellt und es diesem obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0708, und dort angeführte Vorjudikatur). Dazu kommt, daß die von der Beschwerde geforderten Ermittlungsschritte ungeeignet gewesen wären, GEGEN DEN BESCHWERDEFÜHRER gerichtete Verfolgungsmaßnahmen staatlicher Behörden seines Heimatlandes glaubhaft werden zu lassen.

Im übrigen wird nicht einmal in der Beschwerde behauptet, daß es weitere Zeugen des Überfalls gegeben hätte und daß diese verfolgt und zum Teil von Regierungssoldaten getötet worden wären.

Soweit die Beschwerde unter dem Blickwinkel der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorbringt, es sei die Beurteilung der belangten Behörde unzutreffend, die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände würden nicht auf eine individuelle Verfolgung durch staatliche Institutionen aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe hindeuten, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Tatsache allein, daß der Beschwerdeführer (Zufalls-)Zeuge eines Überfalles von Regierungstruppen auf das von ihm bewohnte Lager war, diesen noch nicht der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt hat bzw. die Angst davor objektiv nicht begründen konnte. Eine objektiv begründete Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung wegen seiner Zeugenschaft an dem Überfall hätte nämlich vorausgesetzt, daß der Zeuge als solcher den Behörden identifizierbar bekannt geworden wäre, was im gesamten Verfahren nicht behauptet wurde. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer weder bei seiner niederschriftlich festgehaltenen Einvernahme vom 16. Mai 1995 noch in seiner seinerzeitigen Berufung gegen den Bescheid der Erstbehörde behauptet hat, die Behörden seines Heimatlandes hätten versucht, seinen während seines monatelangen Aufenthaltes in Liberia zwischen dem Überfall und seiner Ausreise habhaft zu werden. Soweit in der Beschwerde (erstmals) behauptet wird, er hätte sich in dieser Zeit auf der "Flucht vor Regierungssoldaten" befunden, steht dieses Vorbringen im Gegensatz zum im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obwaltenden Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG; es braucht daher auf dieses Vorbringen nicht eingegangen zu werden.

Zusammenfassend ist zu sagen, daß der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe zur Begründung seines Asylantrages bzw. in seiner Berufung keine Umstände vorgebracht, die auf eine individuelle Verfolgung seiner Person durch staatliche Institutionen aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe hindeuten würden, nicht entgegengetreten werden kann.

Da sich also insgesamt ergibt, daß sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Der ausdrücklich betreffend die Einhebung der mit der Erhebung der Beschwerde fälligen Gebühren gestellte "Antrag auf Gebührenbefreiung" war gemäß § 34 VwGG mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190076.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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