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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. November 1994, Zl. SD 883/94, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (belangte Behörde) vom 28. November 1994, mit welchem gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes (FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer im Juli 1991 in das Bundesgebiet eingereist sei und wenig später einen Asylantrag gestellt habe, der rechtskräftig abgewiesen worden sei. Ein weiterer Asylantrag des Beschwerdeführers vom März 1994 sei vom Bundesasylamt ebenfalls abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet und sei im Jahre 1992 vom Landesgericht Wr. Neustadt wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls und wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, bedingt auf drei Jahre Probezeit, und weiters vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt auf drei Jahre Probezeit, rechtskräftig verurteilt worden. Zwar halte sich die frühere Ehegattin des Beschwerdeführers, von der er geschieden sei, und die mit einem Österreicher verheiratet sei, im Bundesgebiet auf, seine Kinder lebten jedoch in Rumänien. Daher könne sich der Beschwerdeführer nicht auf private oder familiäre Beziehungen berufen, die gemäß §§ 19 oder 20 des Fremdengesetzes bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen wären. Für die unbefristete Verhängung des Aufenthaltsverbotes sei maßgeblich gewesen, daß der Beschwerdeführer auch nach einer bereits erfolgten Verurteilung nach kurzer Zeit neuerlich straffällig geworden sei. Es könne daher nicht abgeschätzt werden, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, weggefallen sein würden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht seine von der belangten Behörde festgestellten Verurteilungen und wendet sich auch nicht gegen die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung, daß diese Verurteilungen den Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG verwirklichten und weiters daß das diesen Verurteilungen zugrundeliegende Fehlverhalten sowie sein rechtswidriger Aufenthalt die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigten, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Subsumtion keine Bedenken.
4. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil er Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ("GFK", Genfer Flüchtlingskonvention) sei. In seinem Fall sei Art. 33 der genannten Konvention unmittelbar anzuwenden und die Anwendung des § 18 FrG wegen Vorliegens der "materiellen Voraussetzungen des Flüchtlingsbegriffs nach der GFK" ausgeschlossen. Von der rumänischen Botschaft in Wien sei seine Auslieferung zur Vollstreckung einer über ihn mit Urteil eines rumänischen Gerichtes verhängten Freiheitsstrafe von zwölf Jahren beantragt worden. Mit Beschluß des "Oberlandesgerichtes für Strafsachen Wien" vom 12. Oktober 1993, Zl. 24 Ns 629/93, sei dieser Auslieferungsantrag aber für unzulässig erklärt worden, da das Strafverfahren den Grundsätzen des Art. 6 Abs. 1 MRK widersprochen habe. In Ansehung der ihn in seinem Heimatstaat erwartenden Realität sei das vorliegende Aufenthaltsverbot als eine gemäß Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention verbotene Strafe anzusehen; es widerspreche auch Art. 33 der genannten Konvention.
Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Selbst wenn dem Beschwerdeführer Flüchtlingseigenschaft nach dem Asylgesetz 1991 oder nach der Genfer Flüchtlingskonvention zukäme, stünde dem die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen, zumal gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 die §§ 18 bis 21 FrG auch auf "Flüchtlinge, die Asyl haben", anzuwenden sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0057). Das vorliegende Aufenthaltsverbot wurde weiters auch weder wegen einer rechtswidrigen Einreise des Beschwerdeführers verhängt, noch ist es als eine Strafe im Sinne des Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention anzusehen. Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention steht dem Aufenthaltsverbot daher nicht entgegen. Das gegen den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot widerspricht auch Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention deswegen nicht, weil dadurch keine Ausweisung oder Zurückweisung "in irgendeiner Form" in ein bestimmtes Gebiet, sondern bloß das Verbot für den Beschwerdeführer verfügt wurde, sich im Bundesgebiet aufzuhalten. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer weder die Ausreise in einen bestimmten Staat aufgetragen, noch darüber entschieden, in welchen Staat er allenfalls abzuschieben wäre. Letztere Frage könnte vielmehr in allfälligen Verwaltungsverfahren gemäß § 54 oder § 36 Abs. 2 FrG aufgeworfen werden. Auch der Umstand, daß die Auslieferung nach Rumänien vom Gericht für unzulässig befunden wurde, spricht nicht gegen den angefochtenen Bescheid.
5. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde weiters vor, sie sei im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes gemäß §§ 19 und 20 FrG bloß auf den Teilaspekt des Familienlebens eingegangen und habe sein sonstiges Privatleben außer Betracht gelassen. In seiner Heimat drohe ihm asylrelevante Verfolgung; seitens der rumänischen Behörden würde versucht, mittels eines fingierten Strafverfahrens seiner Person habhaft zu werden. Auf diese Gefahren hätte die belangte Behörde im Rahmen der §§ 19 und 20 FrG eingehen müssen.
Mit diesem Vorwurf verkennt die Beschwerde die Rechtslage. Die §§ 19 und 20 FrG regeln nämlich bloß die bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gebotene Bedachtnahme auf die privaten und familiären Beziehungen des betroffenen Fremden im Bundesgebiet. Im Ausland drohende Gefahren sind von diesen Bestimmungen nicht erfaßt (vgl. etwa das bereits genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1995).
6. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde schließlich vor, sie habe ihm im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend Gelegenheit gegeben darauf hinzuweisen, daß er in Österreich integriert sei, Unterstützung seitens der Caritas genieße und immer noch guten Kontakt zu seiner (ehemaligen) Frau habe. Im Rahmen des Parteiengehörs hätte er auch darlegen können, daß er in Rumänien einer Verfolgung im Sinne des § 37 FrG ausgesetzt sei.
Auch dieser Beschwerdevorwurf vermag der Beschwerde - mangels Relevanz - nicht zum Erfolg zu verhelfen. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er sei in Österreich integriert, genieße Unterstützung seitens der Caritas und habe "immer noch guten Kontakt" zu seiner Frau, so würde auch bei Vorliegen dieser Umstände das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot im Lichte der §§ 19 und 20 FrG nicht rechtswidrig erscheinen. Das dem Beschwerdeführer zur Last liegende Fehlverhalten wiegt nämlich jedenfalls schwerer, als seine Beziehungen zu seiner ehemaligen Ehegattin. Selbst wenn es sich dabei um relevante Beziehungen im Sinne der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG handelte, würde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch in dieser Hinsicht in keinen Rechten verletzt.
Durch den angefochtenen Bescheid wird keine Abschiebung des Beschwerdeführers in einen bestimmten Staat verfügt; der Umstand, daß er in Rumänien Verfolgung zu gewärtigen habe, ist daher für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit ebenfalls nicht von Relevanz.
7. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995180715.X00Im RIS seit
20.11.2000