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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. März 1994, Zl. SD 605/93, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 17. März 1994 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen chinesischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FrG ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge im Juni 1992 in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist und habe am 10. Dezember 1992 einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gestellt. Dabei habe er gegenüber der Erstbehörde angegeben, daß er zum Zeitpunkt seiner Einreise im Besitz eines Sichtvermerkes gewesen sei, der ihm von der österreichischen Botschaft in Mailand am 1. April 1992 mit einer Gültigkeit bis 1. Juli 1992 ausgestellt worden wäre. Er habe gleichzeitig deponiert, seinen Reisepaß verloren zu haben. Anläßlich einer Überprüfung seiner Angaben habe sich herausgestellt, daß ihm von der von ihm genannten Behörde in Mailand nie ein Sichtvermerk ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe somit den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 Fremdengesetz erfüllt, zumal der von ihm namhaft gemachte Zeuge nicht befragt habe werden können, weil dieser an der angegebenen Adresse nicht wohnhaft sei und der Beschwerdeführer auch keine andere Anschrift des Zeugen bekanntgegeben habe. Die lapidare Erklärung des Beschwerdeführers, "in Italien sei eben alles möglich", sei jedenfalls nicht geeignet, die Berufungsbehörde von der Richtigkeit seines Vorbringens zu überzeugen. Der Beschwerdeführer habe gegenüber einer österreichischen Behörde völlig bewußt unrichtige Angaben über die Existenz eines Sichtvermerkes gemacht, um sich die Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet zu verschaffen, sodaß auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Bedenken, sich über die für ihn maßgeblichen fremdenrechtlichen Bestimmungen hinwegzusetzen.
Von einem durch das Aufenthaltsverbot bewirkten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinne des § 19 Fremdengesetz könne wegen des kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und des Fehlens familiärer oder sonstiger Bindungen in Österreich nicht die Rede sein. Es sei daher weder zu prüfen, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "als rechtswidrig" aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liege nach Ansicht des Beschwerdeführers darin, daß die belangte Behörde amtswegig in den näher bezeichneten Akt des Arbeitsamtes Einsicht nehmen hätte müssen, weil aus diesem Akt hervorgehe, daß der Beschwerdeführer sowohl im Besitz eines Passes als auch eines Sichtvermerkes gewesen sei. Auch hätten entsprechende Anfragen an die Meldebehörden dieses Ergebnis gebracht.
In seiner Berufung vom 5. Oktober 1993 gegen den erstinstanzlichen Bescheid hatte der Beschwerdeführer auf sein Schreiben vom 8. September 1993 verwiesen. Er habe dort all jene Umstände bekanntgegeben, aus welchen ersichtlich sei, daß in seinem Paß ein gültiger Sichtvermerk gewesen sei. Andernfalls hätte dies einer der zahlreichen Behörden, die seinen Paß gesehen hätten, auffallen müssen.
In diesem Schreiben hatte der Beschwerdeführer auf die - von der belangten Behörde nunmehr unbestritten als unrichtig festgestellte - Abgabe seines Passes beim Bundespolizeikommissariat Alsergrund verwiesen. Weiters hatte er ausgeführt, daß er sich bei den polizeilichen Meldungen in Zell am See und Wien-Alsergrund mit seinem später verlorenen Reisepaß ausgewiesen habe. Außerdem seien "für die Beschäftigungsbewilligung, Bescheid habe ich ebenfalls vorgelegt, sämtliche Dokumente vorzulegen (gewesen), so auch der Paß mit Sichtvermerk".
Weder im Schreiben vom 8. September 1993 noch in jenem vom 9. Juni 1993 (auf welches verwiesen wird) hatte der Beschwerdeführer konkrete Beweisanträge in diesem Zusammenhang gestellt. Vage Angaben ohne konkretes Beweisanbot braucht die Behörde nicht zum Anlaß weiterer Nachforschungen zu nehmen (Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, E. 47 zu § 45 AVG). Da der Beschwerdeführer in seiner Berufung in keiner Weise die Unterlassung der nunmehr begehrten Ermittlungen rügte und auch nicht ein entsprechendes konkretes Beweisanbot stellte, mangelt der nunmehrigen Verfahrensrüge die Berechtigung.
Soweit der Beschwerdeführer die Unterlassung der Vernehmung des von ihm namhaft gemachten Zeugen anspricht, ist ihm zu entgegnen, daß es ihm oblegen wäre, eine Anschrift des Zeugen bekanntzugeben, an die ein Ladungsbescheid zugestellt hätte werden können. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, dazu keine Möglichkeit gehabt zu haben.
2. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde wird vom Beschwerdeführer nicht konkret bekämpft. Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer bewußt unrichtige Angaben über die behauptete Existenz eines von der österreichischen Botschaft in Mailand ausgestellten Sichtvermerkes getätigt hatte. Davon ausgehend kam die belangte Behörde in unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt sei. Nicht darzutun vermochte der Beschwerdeführer, in welcher Weise er über die Besorgung (und somit über die Existenz) des Visums durch den namhaft gemachten Zeugen getäuscht hätte werden können. Seine Angaben, er sei in subjektiver Hinsicht immer davon ausgegangen, daß sein Aufenthalt in Österreich "zu Recht genehmigt wurde", entspricht nicht dem festgestellten Sachverhalt.
Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die - zutreffende - Ansicht der belangten Behörde über das Gerechtfertigtsein der in § 18 Abs. 1 Fremdengesetz umschriebenen Annahme durch das beschriebene Verhalten des Beschwerdeführers; er bekämpft auch nicht die ebenfalls zutreffende Rechtsansicht der belangten Behörde über das Fehlen eines im Grunde des § 19 leg. cit. relevanten Eingriffes in sein Privat- oder Familienleben durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes.
3. Da - wie ausgeführt - dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Beweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärter Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Erheblichkeit des BeweisantragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994180200.X00Im RIS seit
20.11.2000