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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des T S in W, vertreten durch Dr. Alexander Bosio, Rechtsanwalt in 5700 Zell am See, Strubergasse 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 8. Februar 2022, 405-3/892/1/32-2022, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Zell am See; mitbeteiligte Partei: F GmbH, vertreten durch Dr. Siegfried Kainz, Rechtsanwalt in 5760 Saalfelden am Steinernen Meer, Lofererstraße 46; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Zell am See (Behörde) vom 9. April 2021, mit dem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung von zwei Doppelwohnhäusern in der KG X erteilt worden war, als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.
Begründend führte das LVwG - soweit für das Revisionsverfahren relevant - zusammengefasst aus, die mitbeteiligte Partei habe am 12. März 2021 - also während des anhängigen Baubewilligungsverfahrens - einen Antrag auf (gemeint: Änderung der) Bauplatzerklärung für das verfahrensgegenständliche Grundstück gestellt. Dem Revisionswerber komme in diesem Verfahren keine Parteistellung zu, ihm sei daher kein Parteiengehör gewährt worden. Er habe jedoch in der Beschwerde betreffend die verfahrensgegenständliche Baubewilligung und während des Verfahrens vor dem LVwG Gelegenheit gehabt, seine Interessen zu wahren (Hinweis auf VwGH 1.8.2019, Ra 2017/06/0248).
Mit Bescheid vom 26. März 2021 habe die Behörde die Bebauungsgrundlagen gemäß § 57 Abs. 2 Raumordnungsgesetz 2009 (ROG) festgelegt. Auch wenn die Bauplatzerklärung inhaltlich mit den Einreichunterlagen für das Bauvorhaben übereinstimme, liege keine Willkür vor. Die Bauplatzerklärung stehe mit § 57 ROG in Einklang und sei unter Einbindung eines bautechnischen Amtssachverständigen zur Vermeidung gleichheitswidriger Ergebnisse erlassen worden.
5 In der Zulässigkeitsbegründung bringt der Revisionswerber zunächst vor, es fehle an hg. Rechtsprechung zur Frage, ob die Abänderung eines Bauplatzerklärungsbescheides während eines laufenden Baubewilligungsverfahrens zu Gunsten des Konsenswerbers, wenn kein Bebauungsplan für das zu bebauende Grundstück vorliege, anlassbezogen bzw. willkürlich erfolge, und ob die Einwendungsmöglichkeit in einem Baubewilligungsverfahren „gegen einen Bauplatzerklärungsbescheid“ auch im zweitinstanzlichen Verfahren nachgeholt werden könne.
Zum letztgenannten Argument wird angemerkt, dass nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa LVwG 27.4.8.2021, Ra 2019/05/0334, Rz. 24, mwN) Mängel des Verwaltungsverfahrens vor der Behörde durch ein mängelfreies Verfahren vor dem Verwaltungsgericht saniert werden. Eine Mangelhaftigkeit des Beschwerdeverfahrens wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht behauptet.
Auch die Frage, ob die Abänderung eines Bauplatzerklärungsbescheides während eines laufenden Baubewilligungsverfahrens beantragt werden kann, wurde bereits im Sinn des angefochtenen Erkenntnisses beantwortet (vgl. VwGH 20.4.2022, Ro 2021/06/0017, Rn. 15). Ob eine solche Änderung „anlassbezogen bzw. willkürlich“ erfolgte, muss jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden und stellt dementsprechend vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung nur dann eine die Zulässigkeit der Revision begründende grundsätzliche Rechtsfrage dar, wenn dem Verwaltungsgericht bei der Beurteilung dieser einzelfallbezogenen Umstände eine zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlief. Mit dem pauschalen Vorwurf wird jedoch nicht dargetan, welchen konkreten (relevanten) Verfahrensmangel oder welche denkunmögliche Gesetzesanwendung der Revisionswerber dem angefochtenen Erkenntnis anlastet. Die Prüfung der Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten fällt darüber hinaus in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes, weshalb es sich dabei nicht um vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechte handelt (vgl. dazu z.B. VwGH 30.7.2021, Ra 2021/05/0073, Rn. 16, mwN). Der Verfassungsgerichtshof lehnte jedoch die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 19. September 2022, E 749/2022, bereits ab.
6 In der Zulässigkeitsbegründung wird weiter vorgebracht, die Behörde habe gegen die hg. Rechtsprechung verstoßen, indem sie vor Rechtskraft, während eines anhängigen Berufungsverfahrens [gemeint wohl: Beschwerdeverfahrens] neuerlich über die Sache entschieden habe. Die Behörde habe den Bescheid vom 9. April 2021 zweimal an den Revisionswerber zugestellt; durch die zweite Zustellung am 14. September 2021 habe die Behörde gegen den „Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels“ (gemeint wohl: „Einmaligkeit der Entscheidung“) verstoßen.
Nach der Darlegung des Verfahrensganges im angefochtenen Erkenntnis wurden die ersten beiden Beschwerden wegen „unwirksamer Erlassung der jeweils angefochtenen Bescheide als unzulässig zurückgewiesen.“ Die Rechtmäßigkeit dieser beiden Entscheidungen ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG über Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit, nicht jedoch über die Frage der Rechtmäßigkeit von Bescheiden.
7 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 6. Dezember 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060239.L00Im RIS seit
30.01.2023Zuletzt aktualisiert am
30.01.2023