TE Vwgh Erkenntnis 2022/12/13 Ra 2019/06/0040

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Veröffentlicht am 13.12.2022
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Index

L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Salzburg
L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg
L82000 Bauordnung
L82005 Bauordnung Salzburg
L82305 Abwasser Kanalisation Salzburg
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
BauPolG Slbg 1997 §7 Abs1
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z2
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6
BauRallg
BauTG Slbg 1976 §62
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12a Abs2
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3
ROG Slbg 2009 §55 Abs4

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätin Mag. Rehak und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Mag. E K in W, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1A, 3. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 22. Jänner 2019, 405-3/432/1/5-2019, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevertretung der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48; mitbeteiligte Partei: F GmbH in S, vertreten durch Dr. Klaus Michael Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 5; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Gemeinde Saalbach-Hinterglemm hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm vom 30. August 2017 wurden über Ansuchen der mitbeteiligten Partei das Grundstück X, KG S., zum Bauplatz erklärt und die Bebauungsgrundlagen festgelegt.

2        Demnach betrage die maximale Traufenhöhe Nord (zur Verkehrsfläche S.-Straße und daran anschließend zum Grundstück der Revisionswerberin hin) 1002,83 müA. Die maximale Geschossflächenzahl betrage 2,67. Die Baufluchtlinien verliefen zur Verkehrsfläche hin gestaffelt nach Geschossen unterschiedlich (wird näher dargelegt).

3        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm vom 10. April 2018 wurde auf Ansuchen der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für den teilweisen Abbruch und Neubau sowie Um- und Aufbau des Geschäfts-, Personal- und Gästehauses auf Grundstück X unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

4        Die Revisionswerberin erhob gegen den genannten Baubewilligungsbescheid Berufung, die mit Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 21. Juni 2018 abgewiesen wurde.

5        Der von der Revisionswerberin gegen den Berufungsbescheid erhobenen Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) keine Folge gegeben. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

6        Das Verwaltungsgericht stellte im angefochtenen Erkenntnis fest, gemäß den dem erstinstanzlichen Bescheid vom 10. April 2018 zugrundeliegenden Plänen weise das Bauvorhaben vier oberirdische Geschosse auf, der Bau werde nordseitig exakt bis an die jeweiligen Baufluchtlinien gemäß Bauplatzerklärung herangeführt. Unter Einrechnung der Breite der S.-Straße im gegenständlichen Bereich von 6 m (nordöstliches Eck der Bauplatzgrenze) bis zu 6,40 m (nordwestliches Eck) ergebe sich hinsichtlich des obersten Geschosses des Bauvorhabens ein Abstand zur Grenze des Grundstücks der revisionswerbenden Nachbarin von 7,65 m bis zu 7,70 m. Gemäß den Einreichplänen liege die Traufe des Dachgeschosses an der Nordseite in einer Höhe von 10,03 m.

7        In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das Verwaltungsgericht fest, die Revisionswerberin sehe ihre Rechte durch eine ihrer Ansicht nach (in der Bauplatzerklärung erfolgte) gesetzwidrige Festlegung der Baufluchtlinien beschnitten. Dazu sei festzuhalten, dass den Vorgaben für die Festlegung der Baufluchtlinien gemäß § 55 Abs. 4 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) in der Weise nicht Rechnung getragen worden sei, als die Baufluchtlinien nicht einen Abstand von der Achse der Verkehrsfläche von wenigstens zwei Drittel der für das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe festgelegten Höchsthöhe des Bauvorhabens aufwiesen. Die Traufenhöhe von 10,03 m würde einen Mindestabstand von der Verkehrsflächenachse von 6,69 m erfordern, tatsächlich lägen die Baufluchtlinien aber nur ca. 3,2 m bis maximal ca. 4,7 m von der Mitte der S.-Straße entfernt.

8        Allerdings stünden diese Vorgaben unter der Prämisse der Bedachtnahme auf die besonderen örtlichen Erfordernisse, wobei insbesondere das gegebene oder beabsichtigte Orts- und Straßenbild zu berücksichtigen sei und der Zwei-Drittel-Abstand unter der Prämisse „nach Tunlichkeit“ eingehalten werden solle.

9        Da jedenfalls das gegebene oder beabsichtigte Orts- und Straßenbild kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht darstelle (Verweis auf VwGH 5.7.2007, 2005/06/0268), würden nur besondere örtliche Erfordernisse im Sinne subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte die Revisionswerberin berechtigen, sich auf diese Bestimmung berufen zu können. Das bedeute, dass eine solche Beeinträchtigung durch die Lage bzw. die Höhe des Bauvorhabens gegeben sein müsste. In analoger Anwendung der Abstandsbestimmungen des § 25 Abs. 3 zweiter Satz Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) - also unter fiktiver Zugrundelegung der südlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks der Revisionswerberin als Bauplatzgrenze - sei diesbezüglich festzustellen, dass die Baufluchtlinie für das oberste Geschoss zur Grundstücksgrenze der Revisionswerberin hin einen Abstand von mindestens 7,65 m einhalte, was aber bei einer Traufenhöhe von 10,03 m mehr als drei Viertel (das wären demnach 7,52 m) ausmache. Die Revisionswerberin hätte also in dem Fall, dass ihre südliche Grundstücksgrenze die nördliche Bauplatzgrenze für die Bewilligungswerberin darstellen würde, das Recht auf Einhaltung eines Abstandes von zumindest 7,52 m des Bauvorhabens von ihrer Grundstückgrenze. Da aber das gegenständliche Bauvorhaben mindestens 7,65 m von dieser Grundstücksgrenze entfernt sei, könne die Revisionswerberin in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten auf Abstandseinhaltung nicht in gesetzwidriger Weise tangiert sein.

10       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

11       Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof beantragten sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Partei in ihrer jeweiligen Revisionsbeantwortung die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision und die Zuerkennung von Aufwandersatz.

12       Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

13       Aufgrund des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung der Revision, wonach das angefochtene Erkenntnis von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweiche, nach der dem Nachbarn nicht nur ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Baufluchtlinie, sondern auch auf deren gesetzmäßige Festlegung zukomme, und es der Baubehörde obliege, bei Abweichungen der Baufluchtlinie vom zu ermittelnden Sollabstand die Untunlichkeit der Einhaltung dieses Sollabstandes zu begründen, erweist sich die Revision als zulässig.

14       In der Revisionsbegründung wird dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhalts unter anderem ausgeführt, dem Nachbarn komme nicht nur ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Baufluchtlinie, sondern auch auf deren gesetzmäßige Festlegung zu. Da für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche die Baufluchtlinie oder Baulinie gelte, komme es diesbezüglich nach der Rechtsprechung auch nicht darauf an, ob zu einem Grundstück der Mindestabstand eingehalten werde, der sich aus § 25 Abs. 3 BGG ergäbe.

Im Hinblick auf § 55 Abs. 4 ROG 2009 wäre es den Baubehörden oblegen, zunächst den Sollabstand zu ermitteln, sodann zu prüfen, ob die vorgesehene Baufluchtlinie diesem Sollabstand entspreche oder nicht, und bei Abweichungen die Untunlichkeit der Einhaltung dieses Sollabstandes zu begründen.

Im vorliegenden Fall habe erstmals das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Sollabstand eindeutig unterschritten worden sei, wobei es jedoch keine weiteren Überlegungen dazu angestellt habe, warum die Einhaltung des Sollabstandes untunlich sein solle, weil es davon ausgegangen sei, dass der Revisionswerberin diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Recht zukomme. Nach Meinung des Verwaltungsgerichts liege die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts nur dann vor, wenn durch die Festlegung der Baufluchtlinie gleichzeitig die Regelung des Mindestabstandes gemäß § 25 Abs. 3 BGG verletzt werde. Dies finde im Gesetz jedoch keine Deckung.

15       Damit zeigt die Revision eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

16       Gemäß § 55 Abs. 1 ROG 2009, LGBl. Nr. 30/2009, ist die Baufluchtlinie jene Linie, die durch oberirdische Bauten gegen die Verkehrsfläche hin nicht überschritten werden darf.

17       Nach § 55 Abs. 2 leg. cit. ist die Baulinie jene Linie, an die ein oberirdischer Bau gegen die Verkehrsfläche herangebaut werden muss.

18       Gemäß § 55 Abs. 4 ROG 2009 ist die Baufluchtlinie oder die Baulinie unter Bedachtnahme auf die besonderen örtlichen Erfordernisse festzulegen; dabei sind insbesondere das gegebene oder beabsichtigte Orts- und Straßenbild zu berücksichtigen. Ihr Abstand soll von der Achse der Verkehrsfläche nach Tunlichkeit wenigstens zwei Drittel der für das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe festgelegten Höchsthöhe jener Bauten betragen, für die die Baufluchtlinien oder Baulinien gelten.

19       Gemäß dem im angefochtenen Erkenntnis herangezogenen Absatz 3 des § 25 BGG, LGBl. Nr. 69/1968 in der Fassung LGBl. Nr. 31/2009, gilt für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im Übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, dass ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u. dgl.), vermindert sich dieser Abstand um die Hälfte der Breite dieser Flächen, nicht jedoch unter 4 m. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen. Nicht als oberste Dachtraufe gelten hiebei Traufen von bloß geringfügiger Länge, die keinen negativen Einfluss auf die sonst gegebenen Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse ausüben (Traufen von Krüppel- oder Schopfwalmen).

20       Die Bauplatzerklärung entfaltet Nachbarn gegenüber, die gemäß § 12a Abs. 2 BGG im Verfahren zur selbständigen Bauplatzerklärung keine Parteistellung haben, keine Rechtswirkungen. Diese sind daher berechtigt, ihre mit der Bauplatzerklärung im Zusammenhang stehenden subjektiv-öffentlichen Einwendungen im Baubewilligungsverfahren zu erheben (vgl. etwa VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0007; 17.12.2019, Ra 2019/06/0159, 0160, jeweils mwN).

21       § 9 Abs. 1 Z 6 Baupolizeigesetz 1997, LGBl. Nr. 40/1997 in der Fassung LGBl. Nr. 1/2016, nennt ausdrücklich die Regelungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz als solche, die Nachbarrechte beinhalten (vgl. auch VwGH 30.1.2019, Ra 2017/06/0002, mwN).

22       Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den gegenüberliegenden Nachbarn, zwischen deren Grundstücken und dem Baugrundstück sich eine Verkehrsfläche (an die diese Grundstücke angrenzen) befindet, ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Baufluchtlinie bzw. ein diesbezügliches Mitspracherecht zu (vgl. nochmals VwGH 30.1.2019, Ra 2017/06/0002, mwN).

23       Ferner kommt es nach der hg. Rechtsprechung (in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden) grundsätzlich nicht darauf an, ob zu den (auf der gegenüberliegenden Straßenseite situierten) Grundstücken der Mindestabstand eingehalten wird, der sich aus § 25 Abs. 3 BGG ergäbe, weil für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche die Baufluchtlinie oder die Baulinie gilt (vgl. auch dazu VwGH 30.1.2019, Ra 2017/06/0002, mwN).

24       Unstrittig wurde im vorliegenden Fall in der Bauplatzerklärung betreffend den Abstand von der Achse der Verkehrsfläche der grundsätzlichen Vorgabe in § 55 Abs. 4 zweiter Satz ROG 2009 nicht Rechnung getragen. Nach der dargestellten Rechtslage konnte die Revisionswerberin somit den (aus ihrer Sicht) zu geringen Abstand geltend machen. Demzufolge war die Frage, ob die Einhaltung des (grundsätzlichen) Mindestmaßes von „zwei Drittel der für das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe festgelegten Höchsthöhe“ zur Achse der Verkehrsfläche im konkreten Fall nicht „tunlich“ war, zu klären. Dafür wären jedoch Feststellungen und die Würdigung der dafür relevanten Umstände - das Gesetz nennt „die besonderen örtlichen Erfordernisse“ und „das gegebene oder beabsichtigte Orts- und Straßenbild“ - erforderlich.

25       Zu den örtlichen Erfordernissen oder zum Orts- und Straßenbild hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis allerdings keine Feststellungen mit entsprechender Würdigung getroffen. Vielmehr hat es die Verkehrsfläche zum Bauplatz der mitbeteiligten Partei „hinzugedacht“ und diese - wie vom Verwaltungsgericht selbst angegeben - „fiktive“ Situation seiner Beurteilung zugrunde gelegt.

26       Nun ist aber die Verkehrsfläche nicht Teil des Bauplatzes. Die der Beurteilung des Verwaltungsgerichts zugrunde gelegte Fiktion hat mit seiner im angefochtenen Erkenntnis folgenden Argumentation im Hinblick auf die „Tunlichkeit“ des Mindestabstandes nichts zu tun.

27       Im Ergebnis ging das Verwaltungsgericht von der Annahme aus, dass die Einhaltung des in § 55 Abs. 4 ROG 2009 grundsätzlich vorgesehenen Mindestabstands dann als untunlich angesehen werden könne, wenn der Mindestabstand zum Nachbargrundstück (fiktiv) dann eingehalten würde, würde die Verkehrsfläche gedanklich dem Bauplatz des Bauwerbers zugeschlagen. Eine derartige Interpretation des § 55 Abs. 4 ROG 2009 entspricht jedoch nicht dem Gesetz.

28       Darüber hinaus trifft die Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass das Orts- und Straßenbild kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht darstelle, zwar insofern zu, als dem Nachbarn kein Recht „auf Beibehaltung der Eigenart der Umgebung und des Siedlungscharakters“ oder „ein Mitspracherecht in Bezug auf das Ortsbild oder Landschaftsbild“ zukommt (vgl. VwGH 5.7.2007, 2005/06/0268).

29       Im gegenständlichen Fall geht es jedoch nicht um die Einhaltung des Straßenbildes, sondern um die Frage, ob eine Unterschreitung des Mindestabstands, dessen Einhaltung die Revisionswerberin berechtigt ist geltend zu machen, aus den im Gesetz genannten Gründen (unter anderem die besonderen örtlichen Erfordernisse bzw. das Orts- und Straßenbild) zulässig ist. In diesem Rahmen muss die Revisionswerberin als Nachbarin auch einwenden können, dass die Unterschreitung nicht zulässig ist; dies ungeachtet des Umstands, dass im vorliegenden Fall die Unterschreitung des Mindestabstands offenkundig erfolgt ist, weil bei der Bauplatzerklärung die Grenze und nicht die Achse der Verkehrsfläche zugrunde gelegt wurde.

30       Aus den dargelegten Erwägungen war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

31       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 13. Dezember 2022

Schlagworte

Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019060040.L00

Im RIS seit

30.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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