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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der C N in M, vertreten durch Mag. Pamela Kellermayr, Rechtsanwältin in 4563 Micheldorf, Welser Straße 11/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juli 2021, L501 2213339-2/13E, betreffend Beiträge nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeweg ergangenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht die (teilweise: vorläufigen) monatlichen Beitragsgrundlagen der Revisionswerberin in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG für die Beitragszeiträume von 1. April 2012 bis 31. August 2018 fest und verpflichtete sie zur Entrichtung der auf dieser Basis berechneten Beiträge für die genannten Zeiträume.
5 Dem lag zugrunde, dass die Revisionswerberin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der B. KG und außerdem Beamtin des Landes Oberösterreich (seit 1. November 2017 im Ruhestand) war. In ihrer Versicherungserklärung vom 23. April 2012 hatte sie angegeben, dass sie der Pflichtversicherung nach dem B-KUVG unterliege, was aber - auf Grund ihrer Stellung als Landesbeamtin - tatsächlich nicht zutraf. Da sie auch keiner anderen Pflichtversicherung im Sinn des § 26 Abs. 3 GSVG unterlag, war der Ausnahmetatbestand nach der genannten Bestimmung nicht erfüllt und § 25 Abs. 4 GSVG betreffend die Mindestbeitragsgrundlage anzuwenden. Obwohl die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2012 bis 2016 negative oder keine Einkünfte der Revisionswerberin aus Gewerbebetrieb auswiesen (für die Jahre 2017 und 2018 lagen noch keine Einkommensteuerbescheide vor), wurden daher Beitragsgrundlagen in Höhe der Mindestbeitragsgrundlage festgestellt und auf dieser Basis Beiträge vorgeschrieben.
6 Das Bundesverwaltungsgericht sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 In ihrer - nach Ablehnung und Abtretung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde - ausgeführten außerordentlichen Revision erblickt die Revisionswerberin entgegen diesem Ausspruch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, dass zu beantworten sei, „inwiefern in Folge der geänderten Praxis bei der Vornahme von Pragmatisierungen in Bereichen eine mittelbare Diskriminierung bestehen kann, wenn bestimmte sozialversicherungsrechtliche Vorschriften nur auf bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern anwendbar sind“, wobei dagegen insbesondere unionsrechtliche Bedenken bestünden, sodass der Anwendungsvorrang des Unionsrechts allenfalls einer Anwendung der nationalen Normen entgegenstehe. Damit stellt die Revisionswerberin - wie in Verbindung mit den Revisionsgründen deutlich wird - eine mögliche Altersdiskriminierung in den Raum, weil die in § 26 Abs. 3 GSVG statuierte Ausnahme von der Mindestbeitragsgrundlage für Beamtinnen und Beamte nicht gelte, auf Grund des seit 2003 praktizierten „Pragmatisierungsstopps“ aber in den jüngeren Altersgruppen im Krankenpflegedienst (dem die Revisionswerberin angehörte) ausschließlich Vertragsbedienstete tätig seien, während in älteren Altersgruppen die Beschäftigung als Beamter/Beamtin vorherrschend sei. Dass tatsächlich eine Altersdiskriminierung vorliegen könnte, wird mit diesem Vorbringen aber schon deswegen nicht dargetan, weil nicht erläutert wird, aus welchen Gründen einerseits die Normierung einer (auch in Zusammenhang mit dem Leistungsrecht zu sehenden) Mindestbeitragsgrundlage eine Benachteiligung darstellt und inwiefern andererseits eine sachliche Rechtfertigung für die Differenzierung fehlt.
8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 15. Dezember 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022080159.L00Im RIS seit
30.01.2023Zuletzt aktualisiert am
30.01.2023