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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Rechtssatz
Für die Frage, ob ein Einreiseverbot erlassen werden darf, ist vom VwG auf den Zeitpunkt der hypothetischen Ausreise bzw. der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung abzustellen (vgl. VwGH 10.11.2022, Ra 2022/21/0113; VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0088; VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). In dem zuletzt genannten Erkenntnis wurde diese Auffassung für die insoweit noch aktuelle Rechtslage mit § 53 Abs. 4 FrPolG 2005 begründet, wonach die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen beginnt. Für die Dauer des Freiheitsentzuges, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde, ist der Eintritt der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung allerdings gemäß § 59 Abs. 4 legcit. aufgeschoben. Das gilt sinngemäß auch für die Dauer der gemäß § 21 Abs. 1 StGB verfügten Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher (vgl. VwGH 29.9.2020, Ra 2020/21/0297). Vor allem bei der Gefährdungsprognose wäre daher vom VwG auf den Zeitpunkt der (hypothetischen) Entlassung des Fremden aus der Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher abzustellen gewesen. Entscheidend für die diesbezügliche Beurteilung ist, ob dann etwa eine Behandlung und Medikation Gewähr dafür bieten, dass eine Gefährdung aufgrund der psychischen Erkrankung künftig auszuschließen sein wird (vgl. VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0088). Das umfasst freilich auch die vom VwG nur mit vergangenheitsbezogenen Überlegungen beantwortete Frage, ob der Fremde dann krankheitseinsichtig ist und ob zu erwarten ist, er werde nach der Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug die Medikation absetzen. Demzufolge ist aber auch das der Unterbringung gemäß § 21 Abs. 1 StGB zugrundeliegende forensisch-psychiatrische Gutachten, das im Wesentlichen noch auf einem weitgehend unbehandelten Zustand des Fremden basierte, für die Darlegung einer von ihm bei der Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug noch ausgehenden relevanten Gefährdung für sich genommen nicht geeignet. Aber auch die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 ist schon deshalb fehlerhaft, weil dabei nicht auf den Zeitpunkt der Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug abgestellt wurde.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022210127.L01Im RIS seit
30.01.2023Zuletzt aktualisiert am
30.01.2023