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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf teilweise Aufhebung der Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 19.06.84, mit der der vereinfachte Flächenwidmungsplan abgeändert wurde. Der Antragsteller kann nur durch die für seine Liegenschaft derzeit maßgebliche Widmung im Flächenwidmungsplan des Raumordnungsprogrammes 1987 betroffen sein. Der diesem Raumordnungsprogramm vorausgegangene (vereinfachte) Flächenwidmungsplan in der Fassung des Jahres 1984 entfaltet keine Wirkung mehr. Zurückweisung des Individualantrags auf teilweise Aufhebung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17.12.87. Seit dem Inkrafttreten der 6. Novelle zur Nö BauO 1976 besteht auch in Niederösterreich das Institut der Bauplatzerklärung (§12 Nö BauO). Der Umstand, daß die Behörde die Bauplatzerklärung schon wegen Fehlens anderer Voraussetzungen verweigern kann, hindert den Verfassungsgerichtshof nicht, eine der Bauplatzerklärung allenfalls entgegenstehende Flächenwidmung auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.Spruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Mit dem als "Beschwerde" bezeichneten, aber ausdrücklich auf Art139 B-VG gestützten und daher nach dieser Verfassungsbestimmung zu behandelnden Schriftsatz begehrt der Antragsteller a) auszusprechen, daß die Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 18. März 1985, womit der vereinfachte Flächenwidmungsplan abgeändert wurde, insoweit gesetzwidrig war, als damit die Grundstücke 602/5 und 602/6 der Liegenschaft EZ 99 KG Kritzendorf als Grünland-Landwirtschaft gewidmet wurden, und b) den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als damit die Grundstücke 602/5 und 602/6 der Liegenschaft EZ 99 KG Kritzendorf als Grünland-Landwirtschaft gewidmet werden.
Er sei Eigentümer der Liegenschaft EZ 99 KG Kritzendorf, die aus den Grundstücken 602/3 bis 602/6 besteht. Die Liegenschaft sei stets Bauland gewesen. Bei der Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes von 1966 durch die Verordnung vom 18. März 1985 (richtig: vom 19. Juni 1984, von der Landesregierung genehmigt am 18. März 1985) sei das gesamte Grundstück 602/6 und ein Teil des Grundstücks 602/5, zusammen rund die Hälfte der Liegenschaft, von Bauland in Grünland umgewidmet worden. Von diesem Vorgang habe der in Deutschland lebende Antragsteller zunächst keine Kenntnis erlangt. Im Mai 1987 sei das Verfahren zur Erlassung des örtlichen Raumordnungsprogrammes im Sinne des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (NÖ ROG 1976) eingeleitet worden. In diesem Verfahren habe der Beschwerdeführer erfolglos die Rückwidmung seiner umgewidmeten Grundstücke begehrt. Das am 17. Dezember 1987 verabschiedete örtliche Raumordnungsprogramm weise die Fläche weiterhin als Grünland aus.
Der Beschwerdeführer habe zwar einen Bescheid erwirkt, wonach auf den in Rede stehenden Gründstücken kein Bauverbot bestehe, aus der Begründung sei jedoch zu entnehmen, daß nur eine Bebauung "zur Schaffung familieneigener Wohnbedürfnisse für Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe ... zulässig" bleibe. Infolgedessen stehe dem Antragsteller nur der Weg nach Art139 B-VG offen.
Der (vereinfachte) Flächenwidmungsplan 1985 sei rechtswidrig, weil er - wie die Stadtgemeinde 1991 dem Antragsteller mitgeteilt habe - insoweit einen "Vorgriff" auf das örtliche Raumordnungsprogramm 1987 darstelle. Ein solches Nachschieben von Begründungen sei dem geltenden Raumordnungsrecht fremd. Die Begründung (für die Beibehaltung der Widmung von 1985) im Erläuterungsbericht zum Raumordnungsprogramm 1987 sei falsch, weil die in Rede stehenden Grundstücke - entgegen der dort enthaltenen Behauptung - sehr wohl mit dem Straßennetz in Verbindung stünden (nämlich "über die anderen Grundstücke der Liegenschaft") und auch nicht zu steil seien, um bebaut zu werden (wie dies Planungen von 1981 bewiesen). Auch die Änderung vereinfachter Flächenwidmungspläne setze gemäß §30 Abs7 NÖ ROG 1976 eine wesentliche Änderung der Grundlagen im Sinne des §22 Abs1 Z2 NÖ ROG 1976 voraus. Prognostiziert sei jedoch ein beträchtliches Bevölkerungswachstum gewesen, weshalb die behauptete Zielsetzung einer Verringerung des Baulandes und der Einwohnerzahl verfehlt gewesen sei. Richtigerweise hätte - unter Beibehaltung der Baulandwidmung - die ursprünglich (süd-)westlich der Grundstücke verlaufende, aber unterbrochen gebliebene Berggasse gebaut werden müssen. Selbst wenn aber die Bevölkerungsverringerung oder die Vermeidung der Hangbebauung beabsichtigt gewesen sei, könne das nicht durch Umwidmung der in Rede stehenden Grundstücke (und - geringfügiger - Teile der Grundstücke 622/7, 622/8 und 637/3) geschehen. Da die Liegenschaft nördlich (genauer nordwestlich) und südlich (genauer südöstlich) von bebauten bzw. als Bauland ausgewiesenen Grundstücken umgeben sei und im Osten (genauer Nordosten) an die Landeshauptstraße grenze, werde durch diese Widmung (von Südwesten) eine landwirtschaftlich zu nutzende "Schneise" in Wohngebiet geschlagen, obwohl die Grundstücke für die Land- und Forstwirtschaft nicht wertvoll seien. Die Widmung greife unzulässig in das Eigentum des Antragstellers ein, da die Baulandtiefe südlich (südöstlich) seiner Liegenschaft 120 m betrage und die nördlich (nordwestlich) im Grünland gelegenen Grundstücke bis zu einer Tiefe von 160 m bebaut seien, während er selbst nur 35 bis 40 m tief bauen könne, was einer Enteignung gleichkäme.
Im Sinne der bisherigen Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Anfechtung von Flächenwidmungsplänen nach dem NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (VfSlg. 8463/1978, 8697/1979, 11743/1988 und zuletzt V239/91 vom 3. Dezember 1992) hat der Verfassungsgerichtshof das Vorverfahren über diese Anträge geführt. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg und die Niederösterreichische Landesregierung haben sich dazu geäußert.
II. Die Anträge sind jedoch unzulässig.
1. Der Antragsteller kann nur durch die für seine Liegenschaft derzeit maßgebliche Widmung im Flächenwidmungsplan des Raumordnungsprogrammes 1987 betroffen sein. Der diesem Raumordnungsprogramm vorausgegangene (vereinfachte) Flächenwidmungsplan in der Fassung des Jahres 1984 entfaltet keine Wirkung mehr. Daß die Umwidmung von Grundstücken des Antragstellers schon 1984 vorgenommen wurde, kann daran nichts ändern. Selbst eine Aufhebung der einschlägigen Teile des Flächenwidmungsplanes 1987 ließe die Widmung des Jahres 1984 nicht wieder aufleben. Insoweit ist der Antrag daher jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 9868/1983, 12413/1990, 12634/1991 und 12756/1991).
2. Die mögliche Betroffenheit des Antragstellers erfüllt aber auch in bezug auf den Flächenwidmungsplan von 1987 nicht die Voraussetzungen einer Antragstellung nach Art139 B-VG. Es kann zwar vom Antragsteller nicht erwartet werden, daß er allein zum Zweck der Anfechtung des Flächenwidmungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen (§97 NÖ BauO) anfertigen läßt. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Institut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so hinsichtlich der Rechtslage in Oberösterreich etwa die Erkenntnisse VfSlg. 9773/1983, 10004/1984; hinsichtlich der Rechtslage im Land Salzburg etwa die Erkenntnisse VfSlg. 11317/1987, 12395/1990).
Nun besteht seit dem Inkrafttreten der 6. Novelle zur NÖ BauO 1976 auch in Niederösterreich das Institut der Bauplatzerklärung:
Nach dem neu gefaßten §12 NÖ BauO ist auf Antrag des Eigentümers ein Grundstück im Bauland unter näher umschriebenen Voraussetzungen zum Bauplatz zu erklären.
Die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens sind wohl übereinstimmend der Meinung, eine solche Bauplatzerklärung könne schon an der geringen Breite der Parzelle 602/5 (§12 Abs1 Z2 NÖ BauO) und der mangelnden Verbindung der Parzelle 602/6 mit Verkehrsflächen (§12 Abs1 Z NÖ 1 BauO) scheitern, ohne daß dabei ihre Verträglichkeit mit dem Flächenwidmungsplan geprüft werden müßte. Die Kosten einer Zusammenlegung der Parzellen zwecks Schaffung einer tauglichen Konfiguration des Bauplatzes hält der Antragsteller gleichfalls für unzumutbar. Der Verfassungsgerichtshof teilt jedoch die Prämisse dieser Befürchtungen nicht. Denn der Umstand, daß die Behörde die Bauplatzerklärung schon wegen Fehlens anderer Voraussetzungen verweigern kann, hindert den Verfassungsgerichtshof nicht, eine der Bauplatzerklärung allenfalls entgegenstehende Flächenwidmung auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
Die Lage in Niederösterreich ist daher grundsätzlich ebenso geartet, wie die in jenen Bundesländern, in denen der Gerichtshof die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anfechtung von Flächenwidmungsplänen als nicht gegeben erachtet (vgl. auch V112/92 vom heutigen Tage).
Auch der Antrag auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes von 1987 ist folglich als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, BebauungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:V8.1992Dokumentnummer
JFT_10068986_92V00008_00